Klangvokal 2019 – Eine Mixtur der Geschlechterrollen

Ein
außergewöhnliches Programm bot das Festival „Klangvokal“ mit
dem Abend „Gender Stories“. Begleitet von der Lautten Compagney
Berlin unter der Leitung von Wolfgang Katschner sangen Vivica Genaux
und Lawrence Zazzo am 30. Mai 2019 im Orchesterzentrum Arien und
Duette aus Opern des Barock.

Xerxes ist doch ein
Mann und seine Ehefrau Amestris klar weiblich. Also müsste die
Singstimme von Xerxes Tenor oder Bass sein. Doch im Barock galten die
natürlichen Geschlechterrollen nicht. Frauen tauchten auf der Bühne
auf, die Männerkleidung trugen und Tenöre und Bässe spielten noch
nicht die große Rolle wie in der Romantik. Das Zeitalter des Barocks
war natürlich auch die große Zeit der Kastraten. So konnte ein
Kastrat eine Frauenrolle singen, während die Sopranistin den Helden
sang.

Begleitet von der Lautten Compagney Berlin unter der Leitung von Wolfgang Katschner (rechts) sangen Vivica Genaux und Lawrence Zazzo Arien aus dem Barock, die mit dem Rollenbild der Geschlechter spielten. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Begleitet von der Lautten Compagney Berlin unter der Leitung von Wolfgang Katschner (rechts) sangen Vivica Genaux und Lawrence Zazzo Arien aus dem Barock, die mit dem Rollenbild der Geschlechter spielten. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Mit der
Mezzosopranistin Vivica Genaux und dem Countertenor Lawrence Zazzo
hatte das Festival zwei exzellente Sänger, die den Besuchern das
barocke Spiel der Geschlechter gesanglich nahebrachten. Eine Auswahl
aus bekannten und eher unbekannten Komponisten war die ausgezeichnete
Wahl für einen fulminanten barocken Abend.

Auffallend war, wie
oft der persische Großkönig Siroe Thema von barocken Opern war.
Nicht nur Georg Friedrich Händel, sondern auch Johann Adolf Hasse,
Baldassare Galuppi, Georg Christoph Wagenseil oder Tommaso Traetta
befassten sich musikalisch mit dem Stoff. Daneben waren sehr viele
Stücke von Händel zu hören, was den Abend durchaus zu einem
Händel-Abend werden ließ. Zwischen den Gesangsstücken gab es auch
immer wieder instrumentale Zwischenspiele, die das musikalische
Können der Lautten Compagney unterstrich.

Genaux und Zazzo
lieferten mit ihren Stimmen einen gelungenen Abend dramatische Arien
und Duette wechselten sich mit eher lyrischen Stücke ab. Eine
gehörige Portion barocker Stimmung, die vom begeisterten Publikum
mit drei Zugaben belohnt wurden.




Neue Klangerfahrungen

Ob Claudio Monteverdi ein Singer-Songwriter genannt werden kann, wie es Wolfgang Katschner, der Leiter der Lautten Compagney Berlin, bleibt wohl jedem selbst überlassen. Aber es ist natürlich mehr als ein Körnchen Wahrheit dran. Denn Monteverdi schrieb eine Vielzahl von Lieder, die sich neben religiösen auch um weltliche Themen wie Liebe und Schmerz drehten. Da kann man schnell einen Bogen zu Mine schlagen, die eine waschechte Singer-Songwriterin ist. Zusammen führen sie am 03. Juni 2016 im domicil eine muntere Kombination aus Liedern von Monteverdi und Mine auf.

„Wahnsinning spannend“, fand Mine das gemeinsame Projekt mit der Lautten Compagney Berlin und das war es auch für die Zuhörer. Abwechselnd sang Mine ihre eigenen Songs im Barockgewand und Robin Johannsen interpreitierte die Lieder von Monteverdi. Die elf Musiker waren das verbindende Element und verhinderten, dass zwei parallele Konzerte entstanden. Denn das barocke Feeling passte sehr gut zu Mines Liedern, die sie am E-Piano oder Omnichord selbst begleitete. Perkussionist Peter Kuhnsch hatte dabei eine wichtige Rolle zu spielen.

Aber auch Monteverdi wurde neu arrangiert, bei Liedern, die für mehrere Sänger geschrieben waren, wurden die weiteren Stimmen durch Instrumente ersetzt. So erklang streng genommen neue Musik. Für Mine war es keine neue Erfahrung, denn sie spielte 2013 für ein Konzert bereits mit einem Kammerkonzert zusammen.

Auf jeden Fall war das Konzert im domicil eine neue Klangerfahrung für Freunde von Monteverdi und von Mine.