Operette im Spannungsfeld von Liebe und fremder Kultur

Regisseur Thomas
Enzinger konnte sich schon mehrfach seinen Ruf als Spezialist für
das Genre Operette in Dortmund unter Beweis stellen. Nach seinen
Erfolgen mit „Roxy und das Wunderteam“ oder „Die Blume von
Hawaii“ hatte am 12.01.2019 seine neueste Inszenierung der
romantischen Operette „Land des Lächelns“ von Franz Lehár
(Libretto Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda) im hiesigen Opernhaus
Premiere. Musikalisch
begleitet wurde die Aufführung sensibel von der Dortmunder
Philharmoniker unter der souveränen Leitung von Generalmusikdirektor
Gabriel Feltz.

Musikalisch
anspruchsvoll ambitioniert, wollte der der Komponist zu seiner Zeit
den bisherigen Rahmen der als „seichte Unterhaltung“ verschrienen
Operette sprengen und ihr unter anderem durch Elemente der Oper Tiefe
und als Kunstgattung Geltung zu verschaffen. Enzingers Inszenierung
besticht nicht nur durch eine opulente Bühnen-Ausgestaltung und
schonen farbenfrohen Kostümen, die sinnbildlich für die damalige
Zeit stehen. Eine zugefügte tänzerische Ebene verlieh den Emotionen
der handelnden Protagonisten eine weitere verstärkende Dimension.

Die
Handlungskonflikte bieten sich dafür gut an. Nicht nur bei der
Ouvertüre wurde getanzt – übrigens eine sehr nette Idee –
sondern ebenfalls während der Zwischenmusiken wurde die Dramatik des
Liebespaares tänzerisch dargestellt.

Die selbstbewusste
Grafen-Tochter und Witwe Lisa ist ein begehrter Mittelpunkt der
Wiener Highsociety. Verehrt vor allem von dem Dragonerleutnant Graf
Gustav von Pottenstein (genannt Gustl), ihrem besten Freund. Sie
verliebt sich aber in den exotischen und zurückhaltend charmanten
chinesischen Prinzen Sou-Chong. Wohl gerade wegen seiner
geheimnisvollen, für sie anziehenden und fremden Art. Auch er ist
von ihr angetan, wird aber als Ministerpräsident in sein Heimatland
zurück beordert. Hals über Kopf folgt ihm Lisa und heiratet ihn.
Doch die Liebe wird durch die unterschiedlichen Kulturen und
Lebensentwürfe dieser beiden Persönlichkeiten auf eine harte Probe
gestellt. Als Sou-Chong sich letztendlich durch die Verantwortung der
ihm verliehenen „Gelben Jacke“ der Tradition unterwirft, vier
Mandschu-Mädchen zu heiraten, eskaliert die Situation. Lisa ist
zutiefst enttäuscht und will von Heimweh geplagt, China mit Hilfe
von Gustl verlassen. Am Ende gibt es nicht nur für Sou-Chong,
sondern auch für seine Schwester Mi kein Happy End…

Erste Zweifel werden bei Lisa in China bemerkbar. Martin Piskorski (Prinz Sou-Choung) und Irina Simmes (Lisa).
(Foto © Oper Dortmund)
Erste Zweifel werden bei Lisa in China bemerkbar. Martin Piskorski (Prinz Sou-Choung) und Irina Simmes (Lisa).
(Foto © Oper Dortmund)

Für die beiden
Haupt-Protagonisten Lisa und Prinz Sou-Chong konnten mit Irina Simmes
und Martin Piskorski zwei hochkarätige Sänger*innen mit klaren
Stimmen und sensibler, aber nicht zu kitschiger Interpretationen der
romantisch, oft melancholischen Arien gewonnen werden.

Ein Höhepunkt war
sicherlich die starke Darbietung der bekanntesten Arie „Dein ist
mein ganzes Herz“ von Tenor Piskorski.

Fritz Steinbacher,
ein alter Bekannte hier im Opernhaus, füllte seine Rolle des Graf
Gustl wie schon so oft mit viel Sinn für Humor aus. Ihm zur Seite
stand als kongeniale PartnerinAnna Sohn als die in ihn verliebte Mi.
Eine der lustigsten Szenen ist die, als Gustl Mi mit der als geschenk
für Lisa vorgesehenen Sacher-Torte „füttert“.

Humor bringt auch
seine resolute Tante, die Exzellenz Hardegg, wunderbar dargestellt
von Johanna Schoppa , in die Inszenierung.

In weiteren
Nebenrollen wussten Georg Kirketerp als Lisas Vater Graf Ferdinand
Lichtenfels und und Hiroyuki Inoue als Sou-Chongs gestrenger Onkel
Tschang zu gefallen.

Diese Inszenierung
bringt die trotz starker Gefühle der beiden Protagonisten die
Unvereinbarkeit ihrer persönlichen Lebensentwürfe und die mangelnde
Fähigkeit zu einem Kompromiss über die fremden Kulturen hinweg mit
der ganze emotionale Palette von Liebe und Sehnsucht, sowie Neugier
und Verzweiflung mit dem desillusionierendem Ende verdeutlicht. Das
alte konfuzianische Weltbild hatte bis zur Kulturrevolution von Mao
bestand. Bei all den negativen Folgen und den vielen Toten hatte die
Kulturrevolution wenige Lichtblicke. Dazu gehörte die
Frauenemanzipation: Danach wurden auch die Frauen in China freier,
denn so Mao „die Frauen können die Hälfte des Himmels tragen.“

Weitere
Aufführungstermine und Infos gibt es wie immer unter
www.theaterdo.de oder Tel.
0231 5027222.