Jazz meets Volkslieder im Jazzclub domicil

Als Kooperation zwischen Klangvokal Musikfestival und dem domicil in Dortmund fand am 11.06.2023 im hiesigen Jazzclub das SOUNDZZ Familienkonzert mit Basil Smash, der neuen Band von Eva Bächli, statt.



Zum interaktiven Konzept gehört, dass die fünf Musiker*innen und deren Instrumente von einer Gruppe von Kindern unterschiedlichen Alters vorgestellt wurden. So erhielten die kleinen und großen Zuhörenden genauere Informationen über die Instrumente des Konzerts.

Neben der Sängerin Eva Bächli mit ihrer klaren vollen Stimme spielten Tom Rieder auf der Trompete, Ansgar Wallstein am Piano, Lea Horch am Bass sowie Basil Weiss an den Drums.

Über alle Genregrenzen hinweg kreierte „Basil Smash“ einen ganz eigenen Sound.  Das gilt für bekannte Jazzstandards (etwa „On The Sunny Side Of The Street“) wie auch bei den humorvollen Bearbeitungen von bekannten Volksliedern zum Mitmachen (etwa „Auf der schwäbschen eisenbahne“).

Es war eine gelungene Mischung von Jazz, Volksliedern und Kunstliedern.

Sowohl die Sängerin wie auch die vier Kolleg*innen hatte genug Gelegenheit, ihr vielfältiges Können und Spielspaß zu beweisen.

Spaß hatten auch die drei Kids, als sie bei einer zweiten Darbietung von „On The Sunny Side Of The Street“ selbst eingreifen konnten. Durch antippen der einzelnen Akteure auf der Bühne mussten diese jeweils ihr Spiel oder Gesang stoppen. Nachdem sie noch einmal angetippt wurden, ging es für die Einzelnen weiter.

Ein gelungenes Familienkonzert mit Humor und Spaß an der Musik und den Instrumenten. Begleitet wurde das Ganze mit fantasievollen Leinwandprojektionen im Hintergrund.




Melodramatische Opernrarität voll emotionale Kraft und Energie

Das Klangvokal Musikfestival Dortmund überrascht immer wieder mit speziellen musikalischen Raritäten, gerade auch im Bereich Oper.



Am 03.06.2023 wurde im Rahmen des Festivals so ein „seltener Schatz“ mit der konzertanten Oper „Il Giuramento“ (Das Gelübde) des italienischen Komponisten Saverio Mercadante (1795 – 1870) im Dortmunder Konzerthaus aufgeführt. Das Libretto stammt von Gaetano Rossi (nach der Tragödie „Angelo, tyran de Padoue“ von Victor Hugo).

Das Melodrama hat es in sich und bietet gleich vier dankbare Hauptrollen. Elaísa (Sopran) liebt Viscardo (Tenor), dessen Zuneigung jedoch Bianca (Mezzosopran) gilt. Die wiederum hatte in politisch schwierigen Zeiten dem Vater von Elaísa das Leben gerettet. Als Biancas Mann Manfredo (Bariton) Verdacht schöpft und seine Frau für untreu hält, beschließt er, sie zu vergiften. Dabei hat er selber ein Auge auf Elaísa geworfen. Diese rettet Bianca, indem sie das Gift gegen ein Schlafmittel austauscht. Sie verzichtet auf ihr eigenes Liebesglück. Viscardo denkt fälschlicher Weise, das Bianca von Elaísa ermordet wurde und ersticht diese. Erst als Bianca wieder aufwacht, erkennt er seinen Irrtum….

Neben dem WDR Rundfunkchor als emotionaler Verstärker, wurde die Handlung vom WDR Funkhausorchester unter der lockeren Leitung durch den italienischen Paolo Carignani musikalisch begleitet. Einzelne Instrument aus dem Orchester hatten zwischendurch die Möglichkeit, besondere Akzente zu setzen.

Renommierten Sänger*innen wie Roberta Mantegna (Elaísa), Germán E. Alcántara (Manfredo), Teresa Iervolino (Bianca), Jean-François Borras (Viscardo), sowie in Nebenrollen John Heuzenroeder (Brunoro) und Ivana Rusko (Isaura) überzeugten mit ihren ausdrucksstarken Stimmen.

Das Libretto bietet ihnen viele Möglichkeiten, ihr Können und Sensibilität bei den Kavatinen, Arien, Duetten und Ensembleszenen zu beweisen.

Die Sängerdominanz wurde bei dieser „Reformoper“ zugunsten der Handlung durchbrochen.

Die Partitur besticht vor allem durch die schwärmerischen Tenor- und Bariton-Kantilenen (ähnlich bei Donizetti) oder dramatischen Koloraturen (ähnlich Rossini).

Höchste Emotionalität und dramatische Zuspitzungen erinnern an Verdis späteren Werke.

Es war ein besonderes Gesangsfest, welches vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde.




Eine Nymphe, ein Gott und Barockmusik

Der 2. Juni 2023 stand im Zeichen der Barockmusik. Georg Philip Telemann, Carl Heinrich Graun und Georg Friedrich Händel ließen die Zeit des 18. Jahrhunderts wiederaufleben. Für das Konzert im Reinoldisaal im Rahmen des Festivals Klangvokal gaben sich Sopranistin Sophie Junker und Bariton Tomáš Král die Ehre, unterstützt vom {oh!} Orkiestra unter der Leitung von Martyna Pastuszka.



Doch für die beiden Sänger gab es zunächst eine Pause. Denn zunächst war Telemann an der Reihe und das Orchester spielte seine Ouvertüre-Suite „L’omphale“. Der Titel der Suite bezieht sich auf die griechische Mythologie, genauer gesagt auf Omphale, die Königin von Lydien. Die Suite ist daher von einem gewissen mythologischen und exotischen Flair geprägt. Charakteristisch für „L’omphale“ ist Telemanns geschickte Instrumentation und seine Fähigkeit, verschiedene Klangfarben zu nutzen, um die verschiedenen Stimmungen und Charaktere der einzelnen Sätze hervorzubringen. Diese Aufgabe wurde vom {oh!} Orkiestra mühelos umgesetzt.

Dann wurde es Zeit, die Geschichte von Apollo und Daphne zu erzählen, oder besser zu singen. Worum geht es? Apollo verfolgte Daphne hartnäckig, während sie seine Annäherungsversuche energisch ablehnte. Um ihrer Verfolgung zu entkommen, flehte Daphne zu ihrem Vater und bat ihn um Hilfe. Peneios erhörte ihr Gebet und verwandelte sie in einen Lorbeerbaum, der als Symbol der Reinheit und des Schutzes galt. Die Geschichte von Apollo und Daphne symbolisiert die Unmöglichkeit der Liebe zwischen einem göttlichen Wesen und einer sterblichen Kreatur. Sie thematisiert auch das Streben nach Freiheit und den Widerstand gegen die Liebe, die oft als unausweichliche und unkontrollierbare Kraft dargestellt wird.

Es ist kein Wunder, dass Barockkomponisten diese Geschichte liebten und vertonen mussten. Das geschah oft in Form der Kantate, die meisterlich durch Johann Sebastian Bach ausgeführt wurde. Graun lässt in seiner Kantate „Apollo amante di Dafne“ nur den Gott zu Wort kommen, so dass wir zunächst Bariton Tomáš Král erleben, der die Verwandlung von Daphne in einen Lorbeerbaum beklagt.

Nach der Pause stand Händel mit seiner Kanrtate „Apollo e Dafne“ auf dem Programm. Die Musik von „Apollo e Dafne“ zeichnet sich durch ihre Virtuosität, ihre lyrische Schönheit und ihre emotionale Ausdruckskraft aus. Händel verwendet eine breite Palette musikalischer Ausdrucksmittel, um die Gefühle und Charaktere der Protagonisten darzustellen. Die Musik ist reich an melodischen Erfindungen, kunstvollen Ornamenten und kontrapunktischen Passagen. Auch die beiden Solisten waren in guter Stimmung.  Tomáš Král als auch Sophie Junker, die uns schon im November 2021 in die Barockzeit entführte, schafften es, uns mit ein paar kleinen Schauspieleinlagen die Handlung näherzubringen. Dass beide über außergewöhnliche Stimmen verfügen, machte den Musikgenuss an diesem Abend komplett.




Jazz, Soul und afrikanischer Groove

Somi – eine Hommage an Miriam Makeba

Die mehrfach für den Echo nominierte Somi (Laura Kabasomi Kakoma), bot in diesem Klangvokale Konzert im Domizil ihr Programm „Zenzile“. Somi ist eine Singer-Songschreiber*in mit fantastischer Stimme aus Afrika. „Zenzile“ ist eine Hommage an die große Miriam Makeba. Das Programm, die Lieder und Arrangements sprachen Makeba und ließ uns in die Welt eintauchen. Miriam Makeba musste der wegen der Apartheid für 31 Jahre im Exil. Somi hatte die beliebtesten Songs ihres Vorbilds Makeba einfühlsam, inspiriert und arrangiert.



Dafür aber mit Stimmkraft „Qongqothwane“ / „Pata Pata“ (The Click Song), in der Sprache der Xhosa und Malaika intoniert. Nicht nur diese „Gassenhauer“ von Makeba begeisterten das Publikum, Liebhaber des modern Jazz. Typisch für Modern Jazz ging das Publikum kommentierend bei den Intonationen von Somi, aber auch bei den zahlreichen Soli des begleitenden Musiktrios mit. Für Klassikfans sicher ungewohnt, aber der Groove bringt es eben so mit sich.

Die fabelhafte Stimme von Somi, jetzt in Chicago lebend, bringt die Makeba Songs authentisch und nicht in billigen Cross-over-Klischees versinkenden Arrangements. Modern Jazz und Worldmusic, Soul und Afrobeat finden hier perfekt zusammen.

Somi sieht sich, wie Makeba selbst, als Musikerin und Aktivistin. Mit ihrem Studioalbum „Petit Afrique“ (2017) etwa erzählte sie die Geschichte afrikanischer Einwanderer inmitten eines gentrifizierten Harlem in New York. Davon erzählte sie uns im Laufe des Konzerts. Wie auch, dass ihr die Entstehung von „Zenzile“ in vielerlei Hinsicht geholfen habe: als Künstlerin und als afrikanische Frau. Besonders in diesen außergewöhnlichen Zeiten, in denen der Mut, unsere Geschichten zu erzählen, von größter Bedeutung ist, berichtete uns Somi,  42 Jahre jung.

Somi knüpft mit Stimmkraft und Feingefühl bei Künstlerinnen und Makeba-Verehrerinnen wie Dianne Reeves, Nina Simone oder Dee Dee Bridgewater an. „Seit ich denken kann, kenne ich Miriam Makebas Stimme. Dadurch habe ich das Gefühl, sie persönlich zu kennen“, erklärte uns Somi zwischen den Songs. Das Programm, das Album „Zenzile“ ist Ergebnis ihrer Bewunderung und Achtung vor und für Makeba. Seit ihrem Debütalbum 2003 wird Somi immer wieder auch mit Makeba verglichen … die Verbindung besteht musikalisch und politisch. So trat Somi 2013 zum Gedenktag für die Opfer des transatlantischen Sklavenhandels vor der UN Vollversammlung auf. Zudem hat Somi eine NGO gegründet: New Afrika Live.

Diese Neubewertung der Makeba Songs durch Somi waren eine Offenbarung, auch durch ihre fantastische Stimme und die exzellenten Jazzmusiker. Schon im Vorbild von Somi waren Jazz und afrikanischer Groove vereint. Das zeigte sich besonders in „Pata Pata“, damals ein Modetanz in Südafrika, den auch weiße Apartheidsgegner tanzten. Diesen präsentierte Somi in einer ganz eigenen Art neu.

So wie Somi, hatten sich viele Künstler von Zenzile, der erste Taufname von Makeba, beeindrucken und inspirieren lassen. Sowohl in Afrika als auch im Rest der Welt. Und dieses Programm von Somi zeigte aber auch, wie das Album, dass sie das Zeug zur Inspiration hat. Das Publikum hat sie beeindruckt und mitgerissen.

Ovationen zum Abschluss und ein beständig mitgroovendes Publikum waren der Beweise für die Begeisterungskraft von Somi.

Somi                           Vocals

Jerry Leonide             Piano
Gino Chantoiseau       Bass
Otis Brown III            Drums




Klangkörper St. Reinoldi

Il Divino! Leonardo García Alarcón und die CAPELLA MEDITERRANEA eröffneten mit Claudio Monteverdis „Marienvesper“ das Klangvokal Musikfestival 2023 Dortmund. „Eine vielstimmige Messe für Kirchenchöre und mehrstimmige Vesper mit einigen geistlichen Gesängen für Kapellen oder fürstliche Privatgemächer“, so der endlose Untertitel des Werkes.



Monteverdi komponierte vor mehr als 400 Jahren die „Marienvesper“ in Mantua. Er pilgerte mit dem Werk, das er Papst Paul V. widmete, als Bewerbung nach Rom. Dieses Opus Magnum, die „Vespero delle Beata Vergine“, sollte „Il Divino“, wie Zeitgenossen Monteverdi schon nannten, eine neue, beruflich bessere Alternative in Rom ermöglichen. Monteverdi wollte unter allen Umständen Mantua, nicht nur des Klimas wegen, verlassen. Die Gonzagas, Fürsten von Mantua, waren nicht nur knauserige Arbeitgeber, sondern auch sehr unzuverlässige Lohnzahler. Zudem fehlte Monteverdi die Wertschätzung seines Dienstherren. 1613 erst sollte Monteverdi dann eine neue Stelle in Venedig antreten, als Maestro della Capella die San Marco.

Das Werk zeigt eine stilistische, verwundernde Vielfalt auf. Was Leonardo García Alarcón mit seinem Ensemble und Orchester bewundernswert herausstrich. Dabei nutzte er die Reinoldi Kirche geschickt als einen eigenen Klangkörper, den er in das Orchester mit Leichtigkeit integrierte. Gerade gotische Kirchen bieten sich wegen ihrer speziellen Akustik an.

Alarcón setzte geschickt die Klangraummöglichkeiten der gotischen Reinoldi Kirche wie ein zusätzliches Instrument des CŒUER DE CHAMBRE NAMUR ein. Klangmöglichkeiten, die nur einer gotischen Kirche eigen sind. Auch ohne Rechenschieber oder gar Computer wussten die Baumeister genau, was sie machten und zu tun hatten, damit der Priester auch ganz hinten zu verstehen war. So drehten sich die Musiker z. B. in den Chor, mit dem Rücken zum Publikum, wie auch die Sänger. Dadurch wurde eine Klangfülle erreicht, die man so „frontal beschallt“ nicht kennt. Alarcón variierte dabei noch zusätzlich die Positionierung des Chorensembles, indem er den Chor sich an verschiedenen Stellen im Kirchenschiff zwischen dem Publikum oder auf der Empore im Turm platzierte und singen ließ.

Paul V. konnte irgendwie nichts mit dem genialen Werk von Monteverdi anfangen, denn zu sehr brach er mit der Tradition der Vokalpolyfonie, mit neuen konzertierenden und opernhaften Ideen. Es überforderte offensichtlich Paul V. wie den VI. die Pille.

Dafür konnte Alarcón mit seiner CAPELLA MEDITERRANEA und CŒUER DE CHAMBRE NAMUR das Dortmunder Publikum überraschen, mitreißen und begeistern.

Egal, ob das Werk so jemals zu „Il Divinos“ Lebzeiten so aufgeführt wurde, oder es sich tatsächlich „nur“ um eine Zusammenstellung der Musikstücke durch seinen Verleger ist … und welche Rolle dabei Paul V. wirklich hatte … 1612 jedenfalls entließen die Gonzagas Monteverdi in Mantua und der zunächst Mittellose brauchte einen neuen Dienstherren.

Tatsache ist aber, dass Monteverdi nicht ein Erneuerer der geistlichen Musik ist, sondern auch der Vater der modernen Oper, wie wir sie heute kennen. Denn sein „L´Orpheo“ ist DIE Oper schlechthin. Auch die Erste! Ist die „Marienvesper“ bahnbrechend? Nein! Aber sie ist fantastisch, egal welche Geschichte hinter ihr steckt.

Der Dirigat Alarcón, die CAPELLA MEDITERRANEA und das CŒUER DE CHAMBRE NAMUR zauberten einen Klang kräftigen Hörgenuss. Und dass es sowohl Alarcón, als auch den beiden Ensembles Spaß machte, konnte man nicht nur hören, sondern auch sehen.

Wir werden hoffentlich noch öfter Alarcón und seine Ensembles in Dortmund, vielleicht nicht nur bei Klangvokal erleben und hören dürfen. Denn nicht nur Monteverdi ist „Il Divino“.




Weltmusik und die abenteuerlichen Reisen des Leo Africanus

Viele Menschen müssen aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimatländer verlassen und versuchen, durch Flucht in für sie sichere Länder ihre Freiheit und Leben zu sichern. Heute wie auch damals.



Im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals Dortmund stand am 01.06.2023 im hiesigen Orchesterzentrum Weltmusik um diesen Themenbereich auf dem Programm.

Der Sänger, Musiker und Komponist Rebal Alkhodari (verließ 2011 Syrien) widmete sich in diesem Jahr gemeinsam mit Orpheus XXI NRW, dem Amaan Choir XXI sowie weiteren musikalischen Gästen der Musik aus gleich mehreren unterschiedlichen Ländern. Darunter Marokko, Ägypten, Mali, Saudi-Arabien, Syrien, Türkei, Italien oder Frankreich. Dabei kamen auch traditionelle Instrumente wie die afrikanische Kora oder der arabische Kanun zum Einsatz.

Die Sänger*innen und Instrumentalist*innen wandeln zu jeweils passenden Videoprojektionen und kurzen Texterklärungen (deutsch) auf den Pfaden des Diplomaten und Forschers Leo Africanus (geboren ca. 1488 als Abu Hassan al-Wazzan in Andalusien). 

Dieser war schon als Kind gezwungen, gemeinsam mit seiner Familie seine Heimat zu verlassen. Nach einer Odyssee durch verschiedene arabische und afrikanische Länder auf seiner Reise wurde er schließlich von europäischen Piraten gefangen genommen und danach dem Papst in Rom als Sklave übergeben. Um frei leben zu können, konvertiert Leo Africanus zum Christentum und erhielt so seinen neuen Namen. Wie auch bei den heutigen Flüchtlingen war die Sehnsucht nach Heimat bis zuletzt immer dabei.

Die Instrumente hatten eine ganz besondere Atmosphäre und einen arabischen Flair. Die wunderbaren Stimmen gaben den oft religiösen, von der Liebe zur Natur oder Heimatsehnsucht getragenen Texten Tiefe und Ausdruckskraft. Der afrikanische Rhythmus begeisterte beim Auftritt von Ibou Kalaama.

Weltmusik als Plädoyer für Toleranz und Verständnis.

Nicht nur unter den Religionen, sondern den Menschen in ihrer Vielfalt im Allgemeinen.




The Tallis Scholars – Musik zu Ehren von heiligen Frauen

Nach 2015 und 2018 konnte ich zum dritten Mal das Vokalensemble „The Tallis Scholars“ im Rahmen des Festivals Klangvokal erleben.  Und erneut gab es ausgewählte Musik aus der Zeit der Renaissance, wobei sich auch drei modernere Komponisten mit „hineingeschmuggelt“ hatten. Das Konzert fand am 25. Mai 2023 in der Propsteikirche statt.



Das bemerkenswerte an dem Konzert war, dass alle aufgeführten Werke eine heilige Frau im Mittelpunkt hatte. Überwiegend stand Maria, die Mutter Jesu, im Zentrum, Francesco Guerrero widmete Maria Magdalena eine Motette.

Nach Orlando di Lassos „Alma redemptoris mater” war der erste Teil des Konzertes der Missa „Ave maris stella“ von Josquin Desprez gewidmet. Die „Ave maris stella“ ist eine Marienantiphon, eine Hymne an die Jungfrau Maria, und Josquin Desprez basierte seine Messe auf diesem gregorianischen Choral. Die Messe wurde wahrscheinlich um das Jahr 1500 komponiert und ist eines von Josquins bekanntesten Werken. Josquin Desprez schafft eine eindringliche musikalische Darstellung der Verehrung der Jungfrau Maria. Durch den Einsatz verschiedener kompositorischer Techniken wie Imitation, Kontrapunkt und Klangfarbenwechsel erzeugt er eine vielschichtige und emotionale Wirkung. Diese Wirkung wurde von den die Sänger:innen der Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Philips in gewohnt hochwertiger Weise erzielt.

Nach der Pause ging es mit Renaissancemusik von Francesco Guerrero weiter.  Seine Musik zeichnet sich durch eine ausgeprägte melodische Schönheit, sorgfältige Textausdeutung und ein feines Gespür für Kontrapunkt und Harmonie aus. Danach gab es eine kleine Zeitreise in die Jetztzeit. Der zeitgenössische Komponist Matthew Martin zeichnet sich durch eine moderne Tonsprache und eine sorgfältige Textausdeutung aus. Seine Kompositionen vereinen traditionelle und zeitgenössische Elemente und zeigen eine beeindruckende Beherrschung von Harmonik, Rhythmik und Klangfarben.  Auch hier überzeugten die Tallis Scholars ebenso wie beim russischen „Bogoroditse Devo“ von OIgor Strawinsky, der sehr stark auf die russisch-orthodoxe Kirchenmusik in seiner Komposition zurückgreift.

Ein Name durfte bei moderner geistlicher Chormusik natürlich nicht fehlen: Arvo Pärt. Hier erklang „Virgencita“, die an eine Marienerscheinung im 16. Jahrhundert in Mexiko erinnern soll.

Zum Schluss ging es wieder zurück in die Renaissance. Heinrich Isaacs „Virgo prudentissima“ ist ein mehrstimmiges Chorstück, das typisch für die polyphone Musik der Renaissance ist. Die Komposition besteht aus vier oder fünf Stimmen, die in kunstvoller Weise miteinander verwoben sind. Isaac ist durch seine Komposition „Innsbruck, ich muss dich lassen“ bekannt geworden.

Das Konzert hat wieder mal gezeigt: Wer Chormusik aus Renaissance-Zeit liebt, wird an den Tallis Scholars nicht vorbeikommen.




Caravaggios Reise – musikalische Hommage

Das Festival Klangvokal brachte uns die Musik von Michelangelo Merisi da Caravaggio in einem fantastischen A-Capella-Konzert näher.



Caravaggio war ein unkonventioneller Künstler, ein Meister des Lichts, der zahlreiche Filmschaffenden beeinflusst hat, Licht in Szenen zu setzen. Er war ein Geschichtenerzähler mit Bildern, ein offener schwuler Mann an der Schwelle zur Renaissance zum Barock.

Die Cappella Mariana entführte die Zuhörer:innen in das Zeitalter von Caraviaggo. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)
Die Cappella Mariana entführte die Zuhörer:innen in das Zeitalter von Caravaggio. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)

Caravaggio hatte mächtige Gönner, die auch wie er, mehr am eigenen Geschlecht interessiert waren und soweit es ging, ihre schützenden Hände über ihn hielten … wobei das nicht immer gelang. Die Händel, die der aufbrausende, jähzornige Maler immer wieder provozierte, führten zu einem Duell. Die Ursache ist unbekannt. Vielleicht ging es um einen Liebhaber?

Das Ensemble Cappella Mariana unter der Leitung von Vojtěch Semerád, Hana Blažiková, Barboa Kabáthová, Daniel Čermáková, Tomáš Lajtkep, Ondřej Holub und Jaromír Nosek intonierte die CapellaMadrigal Gesänge aus der turbulenten Zeit des Wechsels von der Renaissance zum Barock in Italien.

In wechselnder Besetzung intonierte das Ensemble in mitnehmender Weise, geradezu, um sich hinweg zu träumen, oder Traum zu wandeln, unterstützt von den eingeblendeten Meisterwerken, des Lichtregisseurs Michelangelo Caravaggio.

Die Musikstücke kamen von verschiedenen Zeitgenossen von Caravaggio und handeln in erster Linie von Liebe und Sehnsucht, wovon Caravaggio getrieben war.

Die gezeigten Gemälde und ihre darin dargestellten Figuren stammten zumeist von Straßen der Wirkungsorte des Meisters des Lichts, Straßenjungen, Spieler, Tagelöhner und Dirnen. Diese Personen bildeten einen derben Kontrast zu den Liebesliedern, aber aus religiösen Themen wie „Ilumina nos“ aus Sacrae Cantiones II. Bis auf Claudio Monteverdi, dessen Oper L´Orfeo einem breiteren Publikum bekannt ist, dürften die anderen Musikschaffenden weniger bis unbekannt sein. Dennoch schufen sie Meisterwerke der Musik, und Ohrenschmaus für Liebhaber des Madrigal.

Klangvokal hat es wieder einmal geschafft, mit dem Ensemble der Cappella Mariana einen fantastischen Gesangsabend nach Dortmund zu bringen, der beinahe nicht zustande gekommen wäre. Glücklicherweise konnte er jetzt etwas mehr als ein Jahr nach dem ursprünglichen Termin dieses Jahr stattfinden.

Caravaggios Reise endet vorzeitig 1610 in Porto Ercole mit ungeklärter Todesursache, ohne seine Begnadigung erhalten zu haben, auf die er dort gewartet hatte. Der getriebene Mensch, dem kein Glück vergönnt war, aber der Welt seine Meisterwerke schenkte.




Mit „Zuversicht“ in die 15. Spielzeit vom KLANGVOKAL MUSIKFESTIVAL

Das KLANGVOKAL Musikfestival Dortmund startet in seine 15. Saison und präsentiert unter dem Motto „Zuversicht“ bei 24 Veranstaltungen an acht verschiedenen Spielorten vokale Höhepunkte aus Oper, Chor, Jazz und Weltmusik mit illustren Gästen wie Jordi Savall, Vox Luminis und Daniel Behle. Das Festival wird am 21. Mai feierlich mit Claudio Monteverdis „Marienvesper“ in der St. Reinoldikirche eröffnet und endet am 18. Juni mit der konzertanten Aufführung der Barockoper „Carlo il Calvo“ im Konzerthaus Dortmund. Vom 7. September 2023 bis zum 15. März 2024 schließt sich eine Saison mit sieben weiteren Konzerten an und ermöglicht Freund*innen des Gesangs damit fast ein ganzes Jahr voller Konzertfreuden.



Opernraritäten aus Italien und Liedgesang aus Deutschland
Gleich drei Werke aus dem Mutterland der Oper sind in diesem Jahr bei Klangvokal zu erleben: Im Juni gelangt Saverio Mercadantes Wiederentdeckung „Il giuramento“ exklusiv im Rahmen des Festivals zur Aufführung und Nicola Antonio Porporas barockes Kleinod „Carlo il Calvo“ erklingt unmittelbar nach einer Aufführung an der Mailänder Scala in gleicher Besetzung in Dortmund. Emilio de‘ Cavalieris frühbarockes Meisterwerk „Rappresentatione di anima et di corpo“ steht im Oktober auf dem Programm und Gaetano Donizettis opernnahe „Messa di Requiem“ wird exklusiv für das Festival einstudiert.        

Nach einer längeren Zäsur ist auch wieder Liedgesang vertreten: Mit Daniel Behle widmet sich einer der renommiertesten deutschen Tenöre dem Œuvre von Robert Schumann und Richard Strauss.

Musik der Renaissance und des Barock        
Mit der Cappella Mediterranea, The Tallis Scholars, dem {oh!} Orkiestra Historyczna unter Martyna Pastuszka, der Accademia Bizantina unter Ottavio Dantone und der lautten compagney BERLIN unter Wolfgang Katschner präsentieren weitere Akteure der internationalen Alte Musik-Szene Werke der Renaissance und des Barock.

Chorgesang und Weltmusik        
Auch im Bereich Weltmusik gibt es viel zu entdecken: Während Jordi Savall sich mit seinen Ensembles auf „Die Routen der Sklaverei“ begibt, wandeln der Amaan Choir XXI und Orpheus XXI NRW unter der Leitung von Rebal Alkhodari auf den Spuren des andalusischen Forschers „Leo Africanus“. Das Quintett L’Alba lädt unterdessen zu einer musikalischen Reise nach Korsika ein und die Singer-Songwriterin Somi präsentiert eine Hommage an ihr Vorbild Miriam Makeba. Ein weiterer Höhepunkt: Zum 15. FEST DER CHÖRE haben sich wieder über 100 Chöre angemeldet.

Treue lohnt sich        
Bei Buchungen ab drei Veranstaltungen erhalten die Kund*innen über das Festival-Büro zusätzlich 20 % Ermäßigung auf ihre Karten. Schüler*innen, Auszubildende, Bufdis, Studierende bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres sowie Inhaber des Dortmund-Passes erhalten über das Klangvokal-Büro sogar 50 % Ermäßigung auf den Kartennettopreis.

Hier finden Sie die Veranstaltungsübersicht: https://www.klangvokal-dortmund.de/programm/veranstaltungen.html

Das programmbuch als PDF: https://www.klangvokal-dortmund.de/fileadmin/user_upload/Programmbuch_2023/230207_KLANGVOKAL_Programmbuch_final.pdf




Eine Reise mit dem fliegenden Teppich

Am 22. Oktober 2022 entführte Rebal Alkhodari und die Mitmusizierenden die Zuhörenden im Reinoldisaal und nahm sie mit auf seinem fliegenden Teppich auf eine weite Reise. Unsere musikalische Tour begann in Granada und führte uns über das Mittelmeer bis in den Iran und nach Afghanistan. Einen Abstecher nach Deutschland gab es auch.



Zusammen mit dem Orpheus XXI NRW Ensemble und dem Orpheus XXI NRW Chor standen fast 30 Beteiligte auf der Bühne, die mit verschiedener orientalischer Musik die Menschen im Reinoldisaal faszinierten.

Nach einem beinahe Ouvertüre-artigen Stück namens „Rumi 2222“ begann unsere Reise. Sie führte uns im Zickzackkurs durch eine islamisch-orientalisch geprägte Welt, sei es aktuell oder historisch. So wurden Lieder aus Spanien und Portugal ebenso gespielt wie Lieder aus dem Nahen Osten.

Auf einer Leinwand wurden einige Drohnenaufnahmen von Städten der betreffenden Länder gezeigt. Beispielsweise sah man Petra in Jordanien oder Lissabon zu Portugal.

Die Musik war abwechslungsreich, von traurigen Stücken wie dem portugiesischen „Una tarde“, dem schon ein wenig die Fado-Schwermütigkeit eingeimpft scheint bis hin zu fröhlichen „Wa’uniha“ aus Palestina. Die beiden gespielten Lieder aus dem „Westen“ nämlich „Ecco la prima vera“ und „Unter den Linden“ klangen auch nicht völlig fehl am Platz, denn durch die Kreuzzüge kam auch die arabische Musik in den Westen.

Besonders zu erwähnen sind die Sänger*innen aus dem Chor, die neben Rebal Alkhodari solistische Funktionen übernommen haben.

Fazit: Eine gelungene Reise auf dem fliegenden Teppich durch eine alte und reiche Musikkultur.