„Infinity“ – eine mutige Reise

Mit dabei sind Jennifer Ewert, Emilia Haag und Johanna Weißert (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Mit dabei sind Jennifer Ewert, Emilia Haag und Johanna Weißert
(Foto: ©Birgit Hupfeld)

Als Auftragswerk und Koproduktion des Kinder-und Jugendtheater Dortmund mit dem Consol Theater Gelsenkirchen und dem Teatr lolo in Cardiff (Wales) findet am Donnerstag, dem 08.09.2016 um 19:00 Uhr die Uraufführung von „Infinity“, nach der Vorlage von Autor Charles Way (geb. 1955-Südengland) statt. Regie führt Andrea Kramer vom Consol Theater.

Der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Georg Kentrup vom Consol Theater Gelsenkirchen freut sich über die Koproduktion: „Wir haben mit dem KJT schon seit 2009 bei „pottfiction“ zusammen gearbeitet. Wir suchen immer die Kooperation, um mehr Menschen zu erreichen und Synergieeffekte zu nutzen.“ Bei „Infinity“ gab es nicht nur eine gemeinsame Stückentwicklung, auch die drei weiblichen Personen des Stücks wurden von sowohl von Schauspielerinnen der beiden Theater des Ruhrgebiets besetzt.

Worum geht es? Wir befinden uns im Jahr 2033. Die 12-jährige Eloise (Jennifer Ewert – Consol Theater), lebt mit ihrer Mutter ( Johanna Weißert – KJT) auf einem Bauernhof. Helen ( Emilia Haag – Consol Theater) ist Eloises Tante und Astronautin. Sie wird für eine dreijährige Mission mit der ersten bemannten Rakete (Infinity) ausgewählt. Während Eloise die Notwendigkeit der riskanten Reise sieht und stolz auf ihre Tante ist, hat ihre Mutter gemischte Gefühle und Bedenken. Die Mutter repräsentiert die bodenständige, auf Sicherheit bedachte Seite. Die Schwester ist die neugierige und risikobereite Forscherin. Eloise steht dazwischen. Über die vielen Millionen Kilometer hinweg versuchen sie so gut es geht Kontakt per modernen Skype zu halten. Sie informieren sich gegenseitig über ihr tägliche leben auf dem Bauernhof und im All. Als die „Infinity“ nach zweieinhalb Jahre den Rückweg zur Erde ist, kommt es zu Komplikationen. Kann Helen ihr Versprechen einer glücklichen Heimkehr einlösen?

Zwei Dinge waren für die Regisseurin bei der Stückentwicklung von Bedeutung.

1. Wie stellen wir die gefühlte Distanz im Unterschied zur realen Distanz auf der begrenzten Bühne dar?

So werden die drei Schauspielerinnen je nach ihrer emotionalen Nähe, unabhängig von ihrer realen Distanz, zueinander platziert.

2. Es geht bei diesem Stück um die Frage nach dem Wert von Risiken und der mutigen Gestaltung der Zukunft, sowie der Bereitschaft, Fehler zu machen.

„Infiniy ist auf das jugendliche Publikum so ab 12 Jahren ausgerichtet. In dem Alter fängt die Suche nach der Positionierung der Kinder nach außen an. Sie stellen sich die Frage, wo will ich hin und wie ist meine Position in der Gesellschaft“, so Kentrup.

Nach der Uraufführung findet die Premiere von „Infinity“ im Consol Theater Gelsenkirchen am 18.09.2016 um 18:00 Uhr statt. In Teatr lolo Cardiff wird in einem Jahr die Premiere sein.

Karten für die Uraufführung im KJT gibt es noch unter www.theaterdo.de




Beeindruckendes Flüchtlingsprojekt

Elias singt über den Verlust seines Freundes. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Elias singt über den Verlust seines Freundes. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit „Say it loud – Stories from the brave new world“ hatte am 03.06.2016 ein bemerkenswertes Projekt mit Flüchtlingen (ab 14 Jahren) im Dortmunder Kinder-und Jugendtheater Premiere.

In Kooperation mit dem VMDO, Grone Bildungszentren NRW gGmbH, Haus der Vielfalt, Adlerhaus Dortmund arbeiteten Regisseur Andreas Wrosch, Theaterpädagogin Inga Waizenegger und mit Hilfe des Sprachcoaching von Dr. Ulrike Eichenauer seit August 2015 zusammen mit zunächst 17 damals frisch in unserer Stadt gestrandeten Flüchtlingen aus 5 verschiedenen Ländern.

Von diesen 17 Flüchtlingen wagten sich letztendlich zwei junge Mädchen und sieben junge Männer auf die Bühne. Das beweist ihre starke Persönlichkeit trotz ihrer traumatischen Erlebnisse und schwierigen Lebensbedingungen.

Mit einem Symbolischen pochenden Herzschlag begann die Aufführung, dann Musik und acht der Flüchtlinge kriechen aus ihren Schlafsäcken und Zelten. Auf der Bühne befinden sich acht flexibel einsetzbare Euro-Paletten, wo sie sich hinsetzen oder hinstellen können.

Oamile, Firas, Iman, Elias, Mamet, Ekrem, Osama, Ayam und Mohamad erzählten von ihrem Leben vor der Flucht, ihre Träume und Sehnsüchte, ihre Traurigkeit und Hoffnungen. Neben den anschaulichen Spielszenen und Erzählungen wurde die Aufführung durch Musik, Tanzeinlagen und akrobatischen Kunststücken aufgelockert. Eindrucksvoll berührende Lieder voll trauriger Melancholie wurden in der Heimatsprache gesungen und auf einer Leinwand projiziert in deutscher Sprache für das Publikum übersetzt.

Die neun Menschen kamen aus fünf verschiedenen Ländern (Nordsyrien, Mazedonien, Kosovo, Palästina und Marokko). Im Mittelpunkt stand die schreckliche Situation in den zerstörten Städten in Syrien, wo Assad (unterstützt von Russland und dem Iran ) einen Krieg gegen das eigene Volk führt, im Mittelpunkt. Unter die Haut gingen die authentischen Berichte über Folter, Armut, Angst und Hoffnungslosigkeit. Bilder der völlig zerstörten Stadt Homs waren auf der Leinwand zu sehen.

In Saudi Arabien, Katar, Jordanien oder Libanon gab es keine Hoffnung auf Aufnahme. So führt sie ihr Weg nach Europa. Nur ein System aus Bestechung führt sie dort hin.

Das Publikum bekam auch Einblicke in das strenge Schulwesen in Syrien, wo sich Schüler mit „kleinen Gefälligkeiten“ Erleichterung und bessere Behandlung durch die Lehrer erkaufen können.

An ihre emotionalen Grenzen kamen die aus Syrien geflüchteten jungen Männer, als sie von ihren getöteten Verwandten und Freunden sprachen, deren Bilder auf der Leinwand zu sehen waren.

Am Ende hatten die Flüchtlinge Fragen zu den Ängsten der Menschen in Deutschland und eine eindringliche Bitte an das Publikum und die Politiker.. Helft mit, die Fluchtursachen wie Krieg und Not zu beseitigen! Alle lieben ihre Heimat und wollen eigentlich so schnell wie möglich zurück.

Der Projektleiter Wrosch und Theaterpädagogin Waizenegger gaben noch ein paar Anekdoten über die teils schwierige, aber auch lustige Zusammenarbeit mit den Flüchtlingen zum Besten.

Wie wichtig das Projekt auch von der Stadt Dortmund gesehen wird , zeigte die Anwesenheit von Oberbürgermeister Ullrich Sierau, der vor der Aufführung „DORTBUNT“-Anstecker verteilte.

Werbung für mehr ein wenig mehr Verständnis für die Flüchtlings-Ursachen auf einer direkten, persönlichen Ebene.

Infos zu weiteren Aufführungsterminen erhalten sie unter www.theaterdo.de




Flüchtlingsprojekt „Say it loud“

In Kooperation mit dem Verbund sozial-kultureller Migrantenvereine e.V. Dortmund (VMDO), – Grone Bildungszentren NRW gGmbH, Haus der Vielfalt und Adlerhaus Dortmund hat das Kinder-und Jugendtheater ein besonderes Projekt ins Leben gerufen. Bei der Premiere von „Say it loud – Stories from the brave new world“ am Freitag, den 03.06.2016 um 19 Uhr, nehmen im Augenblick zehn Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Norden von Syrien, Mazedonien, Kosovo, Palästina und Marokko teil. Es geht um ihre persönlichen Fluchtgründe und Traumata, ihre Wünsche sowie Erfahrungen in Dortmund. Neben dem ernsten Hintergrund soll aber auch die humorvoll-ironischen Momente nicht zu kurz kommen.

Andreas Gruhn, Direktor des KJT, verriet im Vorgespräch, dass die Idee zu einem Flüchtlingsprojekt schon vor zwei Jahren angedacht wurde. Also noch vor dem massiven Zustrom im seit dem letzten Jahr aufgrund der verheerenden Krisen und Kriegssituation in vielen Teilen der Welt. Seit August 2015 gab es dann erste Kontakte zu den verschiedenen Kooperationspartnern und Flüchtlingen. Die Menschen sind immer noch die selben Menschen. Die Situation in den Ländern hat sich nicht geändert. Wir wollen den einzelnen Menschen mit ihren Wünschen, Ängsten und Hoffnungen Raum für ihre Geschichten geben“, so Gruhn. Dabei geht es um Kommunikation ohne Anspruch auf einfache Lösungen.

Ümit Koşan (VMDO) wies darauf hin, dass dieses Projekt den Flüchtlingen die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung und Auseinandersetzung mit ihrer Situation bietet. Wichtig ist dabei die gemeinsame Arbeit an einem Projekt von Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund. Eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit und Öffnung des KJT für Flüchtlinge ist geplant, fügte Gruhn hinzu.

Der Projektleiter und Regisseur Andreas Wrosch lobte die Unterstützung der Stadt. Mit dabei sind seit Anfang zwei Sprachlehrer, darunter Dr. Ulrike Eichenauer. „Die zur Zeit zehn jungen Menschen aus fünf verschiedenen Ländern sprechen inzwischen so verständlich Deutsch, dass wir sie authentisch möglichst ohne Übersetzung sprechen lassen wollen“, so Wrosch.

Mit leichtem Schmunzeln spricht er von der Schwierigkeit für die Flüchtlingen, notwendigerweise pünktlich zu den Proben zu erscheinen.

Ernster wird er, als es um den schwierigen Umgang mit zum Teil auch schwer traumatisierten Menschen geht. „Die jungen Leute bekommen ja über ihre Smartphones und Handys mit, wie schlecht es ihren Angehörigen in der Heimat geht“, weiß der Projektleiter. Von den anfänglich siebzehn Teilnehmen sind zur Zeit nur noch zehn beidem Projekt dabei. Leider keine mehr aus Eritrea und dem Irak.

Wichtig bei der Arbeit ist uns deshalb immer, zwischendurch zu lachen“, erklärte Theaterpädagogin Inga Waizenegger. Es geht bei dem Stück nicht darum , schockierende „Betroffenheitsbilder“ zu zeigen, sondern um Verständnis und Kontakt.

Wir planen auch eine Partnerschaft mit ähnlichen Projekten in Frankreich (Calais), Schweden und eventuell in Portugal. Im September 2016 geht es zunächst nach Calais“, verriet Gruhn zum Schluss. Dann könnte sich zeigen, ob Europa nur eine Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft ist, oder uns auch humanistische Ideale verbinden.




Abheben mit einem Lada

Zu einem Roadmovie gehört auch das passende Gefährt. (v.l.n.r.) Philip Pelzer, Talisa Lara und Thorsten Schmidt. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Zu einem Roadmovie gehört auch das passende Gefährt. (v.l.n.r.) Philip Pelzer, Talisa Lara und Thorsten Schmidt. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Es gab schon viele Road-Movies, auch schräge, aber „Tschick“, nach dem gleichnamigen Buch von Wolfgang Herrndorf, ist eine Art „Huckleberry Finn“ im 21. Jahrhundert. Damals konnte man Abenteuer am Fluss erleben, heute entlang der Autobahnen. Andreas Gruhn, der Leiter des Kinder- und Jugendtheaters, wird das Stück selbst inszenieren. Die Premiere ist am 20. Mai 2016 um 19 Uhr im KJT.

Die Geschichte zweier Außenseiter: Maik (14) wird in den großen Ferien von seinen Eltern alleingelassen. Aber sein Vater hat ihm 200 € dagelassen. Zu allem Überfluss wird er auch nicht zur Geburtstagsparty der Klassenschönheit Tatjana eingeladen. Da kommt sein Freund Tschick, der schon mal mit einer Alkoholfahne in den Unterricht kommt, um die Ecke mit einem geklauten Lada. Die Spritztour kann beginnen. Unterwegs treffen sie auf weitere seltsame Menschen.

„Tschick ist eine Geschichte mit Boden, die aber abhebt“, erklärt Gruhn. „Sie lässt uns mit den beiden Jungs treiben.“ Statt an einem Fluss entlang erleben Maik und Tschick die seltsamen Abenteuer in der brandenburgischen Provinz.

Mit dabei sind drei neue, junge Schauspieler des Ensembles. Thorsten Schmidt übernimmt den Part des Tschick, Philip Pelzer spielt Maik und Talisa Lara stellt Isa dar.

Auf der Bühne steht ein echter Lada und die Umgebung wird mit abfotografierten Filmsets silmuliert, so entstehen mehr naive als realistische Landschaften. Normalerweise spielt in solchen Roadmovies die Musik eine wichtige Rolle, aber für Andreas Gruhn sind die Geräusche von größerer Bedeutung. Da die Jungs auf ihrer Reise eine Kassette von Richard Clydermann finden, wird dessen „Ballade pour Adelaine“ zu hören sein.

Im Gegensatz dazu wird in dem Stück viel mit Video gearbeitet, da Tschick und Maik einen Videoblog über ihr Abenteuer machen.

Die Premiere ist bereits ausverkauft, aber es gibt noch Karten für den 28. und 29. Mai sowie den 18. und 19. Juni 2016.

Mehr Infos unter www.theaterdo.de




Alpenwestern-Ambiente bei Wilhelm Tell

Das Ensemble beim Alphornblasen: (v.r.n.l.) Rainer Kleinespel, Andreas Ksienzyk,Bettina Zobel, Talisa Lara, Thorsten Schmidt und Philip Pelzer. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Das Ensemble beim Alphornblasen: (v.r.n.l.) Rainer Kleinespel, Andreas Ksienzyk,Bettina Zobel, Talisa Lara, Thorsten Schmidt und Philip Pelzer. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit ihrer Inszenierung von Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ für das Kinder-und Jugendtheater (Sckellstraße 5-7) in Dortmund will Regisseurin Johanna Weißert einen umfangreichen, komplexen Stoff für Jugendliche und Erwachsene ab 13 Jahren, auch ohne politisch-historisches Hintergrundwissen, auf verständliche Weise näher zu bringen.

Beim Presse-Vorgespräch erklärte Weißert: „Wir versuchen, die komplette Geschichte in anderthalb Stunden komprimiert darzustellen. Dabei konzentrieren wir uns auf die eigentliche Handlung mit ausgewählten Textstellen und sechs klare Hauptfiguren.“ Rainer Kleinespel spielt als Einziger nur den Tell, während die fünf anderen Schauspieler/innen KJT- Ensembles gleich mehrere Rollen übernehmen. Das einfache ländliche Leben mit Volksmusik und Alphorn (aus dem Baumarkt) wird der Welt der Besatzer (Habsburger) und der durch zwei junge Figuren repräsentierten Welt gegenüber gestellt. Daher ist der Stoff spannend und von aktueller Brisanz.

Das 1804 erschienene Geschichtsdrama spielt um 1300 in der Schweiz und behandelt den Freiheitskämpfer der Urkantone. Tell wird als Einzelkämpfer wider Willen zum Tyrannenmörder. Er handelt so, weil er nicht anders kann. „Es geht um die Frage: Welche Stellung innerhalb eines Konflikts nehme ich ein?“, so Weißert. Johanna Weißert erläuterte:„Wilhelm Tell ist ein Außenseiter und Einzelgänger, der seine Entscheidungen selbstständig trifft. Er ist eine brüchige und ambivalente Figur.“ Die Inszenierung hat laut der Regisseurin durchaus auch komische Elemente (ohne Schenkel klopfen).

Die Kostüme sind einfach und der ländlichen Umgebung mit viel Holz auf der Bühne angepasst. „Die Bühne wird ein Alpenwestern-Ambiente vermitteln“,verriet Weißert. Für die Musik im KJT ist wieder einmal Peter Kirschke zuständig.

Die Premiere am am 26.02.2016 um 19 Uhr im KJT ist schon ausverkauft. Weiter Aufführungen , wie zum Beispiel am 28.02.2016 und den Rest der Spielzeit gibt es aber noch Karten zu kaufen.

Achtung! Eine extra Aufführung für Pädagogen findet vorab am 24.02.2016 um 18.00 Uhr statt. Eine Einführung gibt es schon ab 17.30 Uhr.

Weitere Informationen unter www.theaterdo.de




Tradition trifft Moderne

Noch ist das Gespenst Sir Simon (Rainer Kleinespel) guter Dinge. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Noch ist das Gespenst Sir Simon (Rainer Kleinespel) guter Dinge. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Wie jedes Jahr gastiert das Ensemble des Kinder-und Jugendtheaters auch 2015 mit einem Weihnachtsmärchen für die ganze Familie im Schauspiel Dortmund. Diesmal hat sich der Leiter des KJT, Andreas Gruhn, das „Gespenst von Canterville“ nach einer Erzählung von Oscar Wilde (1856 -1900) vorgenommen und bearbeitet. Am 26.11.2015 war die Premiere im Schauspielhaus.

Zur Geschichte: In den 60iger Jahren kauft der New Yorker Geschäftsmann Hiram Otis das englische Schloss Canterville. Als er dort mit seiner Frau Lucretia (Lucy) Otis, seinen jugendlichen Söhnen Washington und Buddy sowie der elfjährigen Virginia ankommt, erwartet sie die Verwalterin Mrs. Umney und warnt vor dem Geist von Sir Simon von Canterville, der dort nach seinem Tod vor 350 Jahren sein Unwesen treibt. Doch die rationalen, von der Fortschrittlichkeit ihrer Nation und materialistisch denkenden Amerikaner reagieren anders als erwartet. Ohne Angst bieten sie dem Geist die „Errungenschaften der neuen Zeit“ an, um zum Beispiel seine quietschenden Ketten mit einem speziellen Öl zu schmieren. Die Söhne attackieren ihn mit Wasserpistolen.

Mr. Otis plant, das alte Schloss und das Gespenst in einer Art „Disneyland“ zu verwandeln und zu vermarkten. Das Gespenst, versteht nicht, warum diese Menschen keine Angst vor ihm haben.

Nur die elfjährige Virginia begegnet ihm mit Empathie und kindlicher Offenheit. Ihr verrät er seinen sehnlichen Wunsch, nur zu „schlafen“ und in den „Garten des Todes“ hinüber zu gehen. Das kann er aber nur mit Hilfe des Mädchens…

Die Bühnenausstattung von Oliver Kostecka bot all das, wie sich viele Zuschauer/innen ein altes englisches Schloss vorstellen. Kronleuchter, dunkle Fassaden, alte Wendeltreppe, eine Ritterrüstung und einen ausgestopften Eisbären mit um Mitternacht rot funkelnden Augen. An der linken Seite eine schwarze Truhe. Nebel und Donnereffekte sorgten für eine schaurige Atmosphäre.

Mrs. Omney war bieder hochgeschlossen angezogen, während die Familie Otis in bunten Outfit der 60iger Jahre auftrat. Lustige Idee, dass alle in den gleichen leuchtend blauen Pyjama mit Aufdrucken auf die Bühne kamen.

Das Gespenst war weiß geschminkt und trug Halskrause und Pluderhosen aus der Renaissance-Zeit.

Es erinnerte ein wenig an den Poltergeist „Beetlejuice“ (Betelgeuse) aus dem gleichnamigen Film (1988) mit einer ähnlichen Thematik.

Wie bei einem Musical gab es eine Mischung aus Musik (Songs: unter anderem Swing, Rock und aus der Renaissance), Tanz und Schauspiel mit Slapstikelementen.

Im Stück prallen zwei Welten aufeinander. Die britisch-konservative, mit einer fast paranoiden Panik vor übernatürlichen Phänomene und dem materialistischen, rationalen Fortschrittsglaubens des amerikanischen Kapitalismus der 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Oscar Wilde hat beides in seiner Erzählung ironisch Charakterisiert.

Die Schauspieler brachten die verschiedenen Typen sehr plastisch und gelungen auf die Bühne.

Bettina Zobel als spröde Mrs. Umney, die bei der kleinsten Störung in Ohnmacht fällt, aber dann kurz „auftaut“ und ein flottes Tänzchen mit Mr. Otis und den anderen auf der Bühne wagt. Joeri Burger (bekannt aus einem früheren Weihnachtsmärchen als „Pinocchio“) steuerte für das Stück einige schöne Choreographien bei. Johanna Weißert und Andreas Ksienzyk als Mr. Und Mrs. Otis spielen die fortschrittsgläubigen, geschäftstüchtigen Amerikaner mit großer Lust und Engagement. Mit Akribie preisen sie die Produkte der neuen Welt wie Fleckenentferner,Tropfen gegen Verdauungsprobleme oder gar Coca-Cola bei Ohnmacht an.

Die beiden Söhne Washington (Thosten Schmidt) und Buddy (Philip Pelzer) sind typische „New Yorker Boys“ ihrer Zeit. Sie spielen gerne Rockabilly-Musik und lieben die Annehmlichkeiten ihrer Zeit. Talisa Lara spielte die die Tochter Virginia, die mit ihren elf Jahren noch ein Kind ist und als einzige sensibel, offen und ohne Vorbehalte auf das Gespenst zugeht und ihm hilft. In der Sorge um ihr Kind, überdenken die Eltern ihre Pläne schließlich noch einmal. Talisa Lara meisterte die schwierige Aufgabe, eine Elfjährige zu spielen mit viel Einfühlungsvermögen.

Rainer Kleinespel spielt das Gespenst von Canterville in all seinen komischen und tragischen Facetten.

Ob das Stück für kleine Kinder zu gruselig ist? Ich denke nicht, denn Kleinespel bringt trotz unheimlicher Montur immer ein gewisses Augenzwinkern mit, selbst beim fürchterlichsten Kettenrasseln. Wer hat eigentlich Angst vor wem? Schnell bekommen die Zuschauer Mitleid mit Sir Simon, denn er will eigentlich nur seine Ruhe.

Fazit: Ein Besuch auf Schloss Canterville lohnt sich auf jeden Fall.

Karten und weitere Infos  unter www.theaterdo.de

 




Zweifeln erlaubt

Laura und ihre Onkel beim Üben der Kommunionsfeier. (v.l.n.r.) Talisa Lara, Andreas Ksienzyk, Thorsten Strunk und Rainer Kleinespel. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Laura und ihre Onkel beim Üben der Kommunionsfeier. (v.l.n.r.) Talisa Lara, Andreas Ksienzyk, Thorsten Strunk und Rainer Kleinespel. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Knapp 200.000 katholische Kinder gehen alljährlich zur Kommunion. Trotz Rückgänge ist die Zahl immer noch imposant. Um so erstaunlicher ist es, dass es bis jetzt kein Theaterstück darüber gibt. Welche Fragen haben die Kinder? Geht es eigentlich nur noch um die Geschenke? Jörg Menke-Peitzmeyer schrieb das Stück „Kommunionkinder“ im Rahmen des Projektes „Nah dran! Neue Stücke für das Kindertheater“. Eins vorweg: Das Stück soll auch für Eltern und Kinder von Protestanten, Muslimen oder Konfessionsfreien geeignet sein. Premiere ist am 25. September 2105 um 19 Uhr im KJT.

Das Stück handelt von der 10-jährigen Laura, die sich auf das kommende Kommunionsfest freut und auch auf ihr Geschenk, ein Handy. Laura hat drei Onkel mit denen sie die Kommunion übt. Dabei sind die Onkel in ihrer Art völlig unterschiedlich. Einer ist Priester, ein anderer wieder skeptisch und sieht die Kirche durchaus kritisch. Der dritte Onkel ist harmoniebedürftig und versucht zwischen den beiden Polen zu vermitteln.

Der Sinn und Zweck des Kommunionsfestes wird in diesem Stück nicht in Frage gestellt, doch Laura (und somit alle anderen Kinder) soll, so Regisseurin Antje Siebers, in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, vielleicht auch mal an Gott zu zweifeln oder ihn in Frage zu stellen. Auf welche Antwort sie kommen, sollen sie selbst herausfinden. So könnte die Kommunion auch als Abschied vom Kinderglauben zu verstehen sein.

Wie es zu einem kirchlichen Fest gehört, wird viel gesungen. Die Onkel stimmen häufig ein Kirchenlied an. Die Musik kommt aber vom Band. Dazu gibt es ein Bibelquiz mit einem Publikumsjoker. Die Käbbeleien zwischen den Onkeln sind ein großer Spaß nicht nur für Laura, sondern auch für alle Kinder, egal welcher Konfession.

Für die Premiere gibt es noch Restkarten. Weitere Vorstellungen gibt es am 18.10.15 (16 Uhr) und am 08.11.15 (16 Uhr). Für Schulklassen bieten sich die Aufführungen am 21.10.15, 04.11.15 und 05.11.15 jeweils um 11 Uhr an.




Der erste Musiker war Schlagzeuger

Die drei Wesen (Johanna Weißert, Philip Pelzer und Bettina Zobel) entdecken über den Würfel den Zauber der Musik. (Foto: © Birigt Hupfeld)
Die drei Wesen (Johanna Weißert, Philip Pelzer und Bettina Zobel) entdecken über den Würfel den Zauber der Musik. (Foto: © Birigt Hupfeld)

Zumindest wenn man dem Stück „Als die Musik vom Himmel fiel“ von Andreas Gruhn und Peter Kirschke folgt. Hier entdecken drei Wesen einen schwarzen Würfel, der Musik abspielt und plötzlich aufhört. Sie versuchen mit allen möglichen Gegenständen diese Musik nach zuspielen, was am Ende auch gelingt. Ein Premierenbericht vom 11. September 2015 aus dem Sckelly.

„Als die Musik vom Himmel fiel“ ist ein Stück für Kinder ab drei Jahre. Daher wird man auch keine musikwissenschaftliche Analyse erwarten, es geht eher darum, Kindern die Klänge beizubringen und die Möglichkeit, allen möglichen Gegenständen Musik oder Töne zu entlocken.

Zunächst wurden in dem etwa 40 Minuten langen Stück die drei Wesen (Philip Pelzer, Johanna Weißert und Bettina Zobel) vorgestellt, die in einem offenen zeltähnlichen Bau leben und die anscheinend allerlei Alltagsgegenstände gesammelt haben. Besonders witzig dargestellt wurde das morgendliche Waschen der Drei.

Dann erschien plötzlich der Würfel und machte Musik. Ein wenig erinnerte die Situation an den Film „Die Götter müssen verrückt sein“, bei dem eine aus einem Flugzeug geworfene Cola-Flasche bei einem Eingeborenenstamm landet. Staunend lauschen sie der Musik, bis sie verklingt. Danach machen sie sich auf der Suche in ihrem Gerümpel und probieren aus, was sich zum Musikmachen eignet.

Zuerst entdecken sie die Kunst des Schlagzugspielens und der Percussioninstrumente. Später gelangen sie zu den Blasinstrumenten, in dem sie in Gartenschläuche und ähnliches hinein blasen. Durch Trichter und Gießkannen lernen sie, den Resonanzkörper zu verändern. Zuletzt experimentieren sie auf spielerische Art und Weise mit Schnüren und ähnlichen Gegenständen die Saiteninstrumente. Ein wenig aus Reihe fiel die Melodica, die ja ein „fertiges“ Instrument ist.

Am Ende waren die drei Wesen in der Lage, die Melodie des Würfels nach zuspielen. Danach entschwebte der Würfel genauso wie er gekommen war.

Ein ganz klein wenig bedauere ich die Eltern schon, deren Kinder jetzt auf die Idee gekommen sind, auf alles herumzukloppen oder in alles hineinzublasen. Aber nur auf diese spielerisch-experimentelle Weise lernt man die schönen Seiten der Musik kennen.




Von der Kunst zuzuhören

Yasemin Cetinkaya (Hamide) und Thorsten Schmidt (Anton) haben sich was zu erzählen. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Yasemin Cetinkaya (Hamide) und Thorsten Schmidt (Anton) haben sich was zu erzählen. (Foto: © Birgit Hupfeld)

„Gespenstermädchen“ ist kein Gruselstück, obwohl es um ein Mädchen geht, das kurz auftaucht und wieder verschwindet. Es geht vielmehr um die Kunst, jemanden zuzuhören. Das Stück ist ein Klassenzimmerstück und kann für Schulklassen gebucht werden. Daher ist die Premiere am 18.09.2015 auch im Robert-Schumann-Berufskolleg. 2012 gewann das Stück den Jurypreis des 3. dm-Autorenwettbewerbs.
Das Mädchen Hamide ist nur einen Tag in der Schule anwesend und hinterlässt dennoch deutliche Spuren. Zu Beginn spricht sie nicht, und Anton versucht ihr mit Hilfe der Zeichensprache etwas zu erzählen und sie aus der Reserve zu locken. Hamide ist schüchtern und taut aber langsam auf. Nach und nach erzählt sie ihre Geschichte. Ihre Mutter ist Deutsche, sie kommt aber aus Afghanistan. Hamide erzählt vom Krieg und von Menschen auf der Flucht. Anton erzählt von seiner Befürchtung, dass die tote Biene, die er in den Käsekuchen gesteckt hat, seinen Opa umgebracht hat. Wohin sie am Ende des Stückes geht wird offen gelassen.

„Gespenstermädchen“ ist ein Zweipersonenstück mit unterschiedlichen Rollen. Während der Gespräche schlüpfen die Schauspieler in die verschiedenen Charaktere. Schauspieler Thorsten Schmidt hat die Arbeit an dem Stück auch selbst bereichert. Die Auseinandersetzung mit der aktuellen Flüchtlingssituation sei für ihn viel intensiver geworden.

Da das Stück in verschiedenen Klassen vor unterschiedlichen Schülern und verschiedenen Orten gespielt wird, ist auch viel Improvisation mit eingeplant. Reaktionen und Bemerkungen der Schüler sollen aufgegriffen werden, ohne den roten Faden der Handlung zu verlieren. Es wird vor 3. – 6. Klassen gespielt. Termine sind noch frei. Die Dauer des Stückes beträgt 35 Minuten. Der gesamte Zeitbedarf mit Vor- und Nachbesprechung mit der Theaterpädagogin etwa zwei Schulstunden.

Die Premiere am 18.09.2015 im Robert-Schuman-Berufskolleg ist ausverkauft. Mobile Termine sind am: 22., 23., 29., 30. September 2015, Informationen und Buchung unter: 0231 / 50 22 416.




Frech und frisch am Bambus

Die Beteiligten in "Pussy Riot"-Pose. (Foto: © Melanie Nagler)
Die Beteiligten in „Pussy Riot“-Pose. (Foto: © Melanie Nagler)

„Ich bin wie ein Teenager. Ich habe ein eigenes System. Und fast niemand außer mir kann es verstehen“ (Locas in Love, Teenager)

Das Dortmunder Kinder- und Jugendtheater präsentierte für das Projekt „Industriegebietskinder“ gleich zwei Projekte. Nach „Ach je die Welt“ von Anne Lepper (wir berichteten) präsentierten Jugendliche der Marie Reinders Realschule das theaterpädagogische Projekt „Asche unter meinen Docs“. Die Themen waren dieselben: Was mache ich nach der Schule und werde ich geliebt? Die Premiere am 15. Mai 2015 besuchte Ars tremonia.

Da die beiden Stücke ähnliche Themen behandeln, wurde das Bühnenbild von „Ach je die Welt“ behalten. So befinden sich die fünf Jugendlichen im „Bambus“, wo früher auf Phoenix-West Stahl gekocht wurde. Hier arbeiteten früher tausende Menschen und heute? So stellten sich die Fünf erst einmal per Video kurz vor und präsentierten ihre beruflichen Träume. Ob sie tatsächlich einen gesicherten Arbeitsplatz finden? Denn schnell ist ihnen klar „Berufsorientierung ist Kacke“, ruft einer.

Was also tun in einer Welt, in der nichts mehr sicher ist? Revolte. Doch der Verstoß gegen die Regeln ist schnell vorbei. Statt dem uralten Sponti-Motto „Macht kaputt, was euch kaputt macht“, heißt es „Gewalt ist auch keine Lösung“. Statt dessen stehen die Smartphones im Mittelpunkt des Lebens. Auch wenn sie „wie Seile an meinem Körper ziehen“, scheinen sie unentbehrlich. Zumal die Geräte ja auch nützlich sind, vor allem, wenn der Freund um 1 Uhr morgens eine SMS schickt, ob man noch raus kommt.

Doch gegen Ende kommt heraus, was den Jugendlichen letztendlich wirklich wichtig ist : Freundschaft, Vertrauen und Freiheit.

„Asche unter meinen Docs“ ist ein frisches kleines Stück, das die Problematiken der Jugendlichen auf angenehme authentische Art angeht. Es ist nicht verkopft wie „Ach je die Welt“ und bietet einen einfacheren Zugang. Lustiges Beiwerk waren die Allegorien auf den Phoenix-See mit schicken Hut, der eines der typischen Häuser dort präsentierte und auch der Bambus erschien auf der Bühne. Ein kleiner Seitenhieb auf den Film „Ted“ brachte auch einige Lacher.

Ein großes Lob an die fünf Schülerinnen und Schüler: Finn Ole Jaworek, Laura Jacqueline Färber, Lea Haubner, Michelle Burmester. Philip Effenberger. Judith Bruzies spielte den See und Michael Kieser den Bambus.

Begleitet haben das Stück die beiden Theaterpädagogen Melanie Nagler und Manuel Schmitt.