Vielseitige Klangwelten: Das 4. Kammerkonzert verband Klassik und Moderne

Die Akademie für Theater und Digitalität war der Schauplatz für das 4. Kammerkonzert der Spielzeit 24/25. Das gut besuchte Kammerkonzert bot eine reizvolle Reise durch verschiedene musikalische Epochen und Stile. Im Zentrum standen vier Werke, die von subtiler Raffinesse bis hin zu expressiver Dramatik reichten und die Wandlungsfähigkeit des Zusammenspiels von Fagott und Streichern eindrucksvoll unter Beweis stellten.

Ein abwechslungsreicher Auftakt

Den Auftakt bildete Anton Reichas selten gespieltes Werk Variationen für Fagott und Streichquartett. Der Zeitgenosse Beethovens verband in diesem Stück Eleganz mit spielerischer Virtuosität. Besonders reizvoll war der Kontrast zwischen dem lyrischen Lento-Eingang und dem lebhaften Allegretto, in dem das Fagott mit charmanter Leichtigkeit brillierte.

Zu den vier Instrumenten des klassischen Streichquartetts kamen noch das Fagott und der Kontrabass hinzu. (Foto: (c) flutie8211/pixabay)
Zu den vier Instrumenten des klassischen Streichquartetts kamen noch das Fagott und der Kontrabass hinzu. (Foto: (c) flutie8211/pixabay)

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett Nr. 19 in C-Dur KV 465, bekannt als „Dissonanzen-Quartett“, folgte ein Klassiker der Kammermusikliteratur. Das Werk erhielt seinen Beinamen aufgrund der kühnen harmonischen Einleitung, die zu Mozarts Zeit als gewagt galt. Zwischen feinsinniger Melodik und harmonischer Spannung entfaltete das Quartett eine erstaunliche Ausdrucksvielfalt – von der kontemplativen Tiefe des „Adagio“ bis zum mitreißenden „Allegro molto“ des Finalsatzes.

Dramatik und heitere Eleganz

Nach der Pause erklomm das Programm einen expressiven Höhepunkt mit Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 8 op. 110. Das fünfsätzige Werk, das der Komponist 1960 in nur drei Tagen vollendete, war eine bewegende musikalische Selbstreflexion. Geprägt von Schostakowitschs persönlichem Monogramm „D-Es-C-H“ durchzog ein Geflecht aus Trauer, Sarkasmus und Resignation die einzelnen Sätze. Besonders das gravierende Largo-Thema bildete den emotionalen Rahmen dieser tief berührenden Komposition. Schostakowitsch verarbeitete darin seine Angst, während Stalins Säuberungen von der sowjetischen Geheimpolizei abgeholt zu werden. Die Instrumente imitierten sogar das bedrohliche Klopfen.

Zum Abschluss sorgte Jean Françaix‘ Divertissement für Fagott und Streichquintett für eine heitere Auflockerung. Mit französischer Eleganz und feinem Humor entfaltete sich ein musikalisches Spiel aus spritzigen Rhythmen und klanglicher Raffinesse. Die vier Sätze boten dem Fagott Gelegenheit, seine ganze Ausdrucksbandbreite von schalkhafter Lebendigkeit bis zu inniger Kantabilität zu zeigen und entließen das Publikum mit einem Augenzwinkern in den Abend.

Musiziert haben Gesa Renzenbrink und Anne-Kristin Grimm an der Violine, Dahee Kwon an der Viola, Denis Krotov am Cello, Pablo Gonzàlez Hernàndez am Fagott und Michael Naebert am Kontrabass.

Dieses Kammerkonzert verband meisterhafte Kompositionen aus drei Jahrhunderten zu einem Programm voller Kontraste – ein Fest für Freunde der Kammermusik, die sich auf emotionale Tiefe ebenso freuen durften wie auf virtuose Leichtigkeit. Das wurde mit begeistertem Applaus gewürdigt.




Musik zum Ende der Zeit: Messiaens Meisterwerk

Wann endet die Zeit? Laut der Relativitätstheorie bilden Raum und Zeit eine Einheit. Die Raumzeit kann entweder durch eine starke Expansion des Universums oder durch dessen Kollaps enden. Doch der Komponist Olivier Messiaen, ein gläubiger Katholik, hatte eine ganz andere Vorstellung vom Ende der Zeit: die Apokalypse, wie sie in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird.Diese Vision hat er in seinem berühmten Werk „Quatuor pour la fin du temps“ („Quartett für das Ende der Zeit“) musikalisch umgesetzt. Das Stück wurde im Rahmen des 3. Kammerkonzertes am 23.01.2025 im domicil aufgeführt.

Die Entstehung des „Quatuor pour la fin du temps“

Das „Quatuor pour la fin du temps“ entstand 1941 unter außergewöhnlich schwierigen Umständen. Messiaen komponierte es während seiner Gefangenschaft im deutschen Kriegsgefangenenlager Stalag VIII-A in Görlitz (heute Zgorzelec, Polen). Die Uraufführung fand ebenfalls im Lager statt, mit Musiker:innen , die wie Messiaen Kriegsgefangene waren. Die zur Verfügung stehenden Instrumente waren rudimentär, was die Aufführung zusätzlich erschwerte. Im domicil interpretierten Bianca Adamek (Violine), Andrei Simion (Cello), Ailina Heinl (Klarinette) und Çağdaş Özkan (Klavier) das Werk mit großer Hingabe.

Das Ende der zeit wie es sich die AI ausdenkt. Massiaen hatte andere Vorstellungen. (Foto: ensen Art Co from Pixabay)
Das Ende der Zeit wie es sich die AI ausdenkt. Massiaen hatte andere Vorstellungen. (Foto: Jensen Art Co from Pixabay)

Messiaens Kompositionsstil ist geprägt durch den Einsatz von modalen Skalen, rhythmischer Freiheit und seiner Faszination für Vogelgesänge. Viele Sätze des „Quatuor pour la fin du temps“ besitzen eine meditative und zeitlose Qualität, die durch langsame Tempi und schwebende Harmonien verstärkt wird. Diese Elemente verleihen dem Werk eine einzigartige Tiefe und Spiritualität.

Messiaens Botschaft: Zeit und Spiritualität

Obwohl Messiaen das Stück aus seiner tiefen religiösen Überzeugung heraus schuf, spricht es auch nicht-religiöse Menschen an. Das „Quatuor pour la fin du temps“ lädt dazu ein, über das Konzept der Zeit jenseits von religiösen Vorstellungen nachzudenken. Messiaen löst die Musik in vielen Sätzen von der klassischen linearen Zeitstruktur – durch langsame, schwebende Melodien und rhythmisierte Formen, die zyklisch statt zielgerichtet wirken.

Die Entstehungsgeschichte des Werks unterstreicht zudem, wie Kunst selbst unter den widrigsten Umständen – wie in einem Kriegsgefangenenlager – eine Quelle der Hoffnung, des Widerstands und der Menschlichkeit sein kann. Das „Quatuor pour la fin du temps“ ist nicht nur ein musikalisches Meisterwerk, sondern auch ein Triumph des menschlichen Geistes über Leid und Zerstörung.

Durch die Verbindung von Spiritualität, zeitloser Schönheit und historischer Bedeutung bleibt Messiaens Werk ein faszinierendes Thema für Musikliebhaber:innen und ein wertvoller Beitrag zur klassischen Musik. Das Stück ist ein Muss für alle, die sich für das Thema Massiaen und seine einzigartige musikalische Vision interessieren.




Kammerkonzert an einem außergewöhnlichen Ort

Die Kokerei Hansa ist ein Architektur- und Industriedenkmal in Huckarde, das unter anderem für Kunst- und Kulturveranstaltungen genutzt wird. Bereits in der vergangenen Spielzeit fand ein Kammerkonzert in der Kompressorenhalle statt, und am 24. Oktober 2024 diente das Salzlager als Konzertort.

Im Salzlager wurde früher Ammoniumsulfat gelagert, ein Nebenprodukt der Koksherstellung, das als Dünger verwendet wurde. An diesem Abend zeugten nur noch die Förderbänder und Maschinen von dieser Vergangenheit. Im Mittelpunkt standen neun Musiker der Dortmunder Philharmoniker, die ein abwechslungsreiches Programm darboten.

Beethoven, Klein und Mozart im Fokus

Das Oktett in Es-Dur, op. 103, von Ludwig van Beethoven wurde vermutlich zwischen 1792 und 1793 komponiert, in einer Phase, als Beethoven noch stark vom Stil der Wiener Klassik und insbesondere von Mozart beeinflusst war. Ursprünglich für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Hörner und zwei Fagotte geschrieben, trägt das Werk eine leichte, unterhaltsame und charmante Note und gehört zur sogenannten Harmoniemusik, einer Form höfischer Bläsermusik.

Mit dabei: Alina Heinl (Klarinette). Foto: (c) Leszek Januszewski.
Mit dabei: Alina Heinl (Klarinette). Foto: (c) Leszek Januszewski.

Ein bedrückendes Zeitzeugnis ist das Divertimento für Bläseroktett von Gideon Klein. Der tschechische Komponist verarbeitete in diesem Werk die Besetzung seines Landes durch die Wehrmacht. Es offenbart eine bemerkenswerte künstlerische Tiefe und formale Raffinesse, die die Tragik und zugleich die künstlerische Widerstandskraft des Komponisten unter schwierigen Bedingungen widerspiegelt.

Mozarts Serenade in c-Moll, KV 388, auch als Bläseroktett oder Nachtmusique bekannt, hebt sich von der sonst heiteren und geselligen Tradition der Serenade ab. Komponiert um 1782 für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Hörner und zwei Fagotte, verleiht die Tonart c-Moll dem Werk eine ungewöhnlich ernste und dramatische Ausdruckskraft, die klassische Erwartungen an das Genre durchbricht.

Ein gelungener Kammermusikabend in einer außergewöhnlichen Umgebung. Mitwirkende waren Reika Kosaka und Stefanie Dietz (Oboe), Alina Heinl und Amely Preuten (Klarinette), Minori Tsuchiyama und Pablo Gonzáles Hernández (Fagott), Sofie Herstvik Berge und Peter Loreck (Horn) sowie Tomoko Tadokoro (Kontrabass).




Vom Barock bis zum Swing: Blechbläser verzaubern im Phoenix des Lumières

Das erste Kammerkonzert der neuen Spielzeit brachte einen spannenden musikalischen Bogen über Jahrhunderte – von den barocken Klängen Giovanni Gabrielis bis hin zu den schwungvollen Rhythmen des Jazz und Swing. Besonders der zweite Teil des Abends stand ganz im Zeichen von George Gershwin und weiteren Jazz-Einflüssen.

Gestaltet wurde das Konzert von fünf Blechbläsern: Daniel Hufnagel und Mitsugo Hotta (beide Trompete), Jan Golebiowski (Horn), Dirk Ellerkamp (Posaune) und Thomas Kerstner (Tuba). Mit ihrem Zusammenspiel verliehen sie den Werken sowohl historischer als auch moderner Komponisten einen unverwechselbaren Klang.

Die fünf Blechbläser der Dortmunder Philharmoniker machten gute Stimmung im Phoenix des Lumières.
Die fünf Blechbläser der Dortmunder Philharmoniker machten gute Stimmung im Phoenix des Lumières. Foto: (Rainer Sturm / pixelio.de)

Musik im Dialog mit visueller Kunst

Wie schon in der vergangenen Saison fand das Konzert im Phoenix des Lumières statt – einem Ort, der sich durch die Kombination von Musik und eindrucksvollen, projizierten Kunstwerken auszeichnet. Der Raum, geflutet von riesigen, leuchtenden Bildern, bot den perfekten visuellen Rahmen für die Darbietungen. So wurde Giovanni Gabrielis „Canzona per sonare II“ von prächtigen Projektionen venezianischer Architektur begleitet, während Samuel Barbers „Adagio for Strings“ in eine melancholische blaue Lichtstimmung getaucht wurde – eine subtile, aber kraftvolle visuelle Untermalung der Bläserbearbeitung dieses Streichwerks.

Nach der Pause: Jazz und Swing im Zeichen von Gershwin und Jobim

Nach der Pause eroberte der Jazz die Bühne. George Gershwins unvergängliche Melodien eröffneten und schlossen den zweiten Teil des Programms, wobei das Quintett die Werke mit schwungvoller Leichtigkeit und Präzision präsentierte. Luther Henderson, Harry DeCosta und Herbert Meyer ergänzten das Programm mit weiteren swingenden Beiträgen. Besonders Thomas Kerstner am „Tuba Tiger Rag“ brachte das Publikum zum Staunen, als er die Tuba „von der Leine ließ“.

Einen Hauch Südamerikas brachte Antônio Carlos Jobims „One Note Samba“, der den Raum in tropische Farben tauchte. Passend dazu projizierte man an die Wände ein Bild eines Leguans, das an die Formenwelt Gaudís erinnerte – ein faszinierendes Detail, das die Verbindung zwischen Musik und visueller Kunst im Phoenix de Lumières auf die Spitze trieb.

Ein beeindruckender Konzertabend mit kleinen Hürden

Der Abend bot nicht nur ein akustisches, sondern auch ein visuelles Erlebnis, das seinesgleichen sucht. Die fünf Musiker präsentierten ein vielseitiges Programm, das die Vielfalt der Blechbläsermusik auf höchstem Niveau zeigte. Einziger Wermutstropfen: Die Anbindung des Phoenix des Lumières bleibt ausbaufähig, was den Zugang zu diesem außergewöhnlichen Kulturort erschwert. Es bleibt zu hoffen, dass sich hier bald etwas verbessert, damit mehr Menschen die außergewöhnliche Atmosphäre in diesem Ambiente erleben können.




Schwelgen im barocken Bläserklang

Das fünfte und letzte Kammerkonzert dieser Spielzeit fand am 16. Mai 2024 in der ehrwürdigen Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte statt. Ursprünglich als Gebäude für die Sparkasse erbaut, verwandelte sich der Tempel des Geldes über einen Tempel der Geschichte hin zu einem Tempel der Musik.



Umgeben von Artefakten aus der langen Geschichte Dortmunds stand Barockmusik auf dem Programm. Das frühe 18. Jahrhundert war eine äußerst fruchtbare Zeit für Barockmusik, in der unzählige Komponisten wie Bach, Händel oder Telemann ihre Werke schufen.

Das fünfte Kammerkonzert trug den Titel „Bläserkolorit“ und konzentrierte sich auf die Holzbläser. Zwei Oboen (Tomoharu Yoshida und Sarah Kaufmann), ein Fagott (Minori Tsuchiyama), ein Kontrabass (Tomoko Tadokoro) und Ursula Hobbing am Cembalo spielten Werke von Händel, Telemann, de Boismortier, Fasch, de Fesch und Zelenka.

Vieles in der Barockmusik entspringt höfischen Tänzen, sowohl langsamen als auch schnellen, wie zum Beispiel das Menuett, die Sarabande oder die Allemande. Auch dieses Kammerkonzert war tänzerisch geprägt, es war viel Lebensfreude zu spüren, die sich auch auf die Musizierenden übertrug.

Ein Abend für Barockliebhaber und solche, die es noch werden wollen.




Kammerkonzert im besonderen Ambiente

Diese Spielzeit bietet für Kammermusikfreundinnen und -freunde etwas Besonderes: Die Konzerte finden an ungewöhnlichen Orten statt. So wurde beispielsweise die Kokerei Hansa, die Ausstellungshalle von Phoenix des Lumières oder die Akademie für Theater und Digitalität zum Ort von klassischer Musik. Am 18. April 2024 war der Pioneer Cube des Unternehmens Wilo der Schauplatz für das Kammerkonzert.



Auf dem Programm stand Mozart und Mendelssohn Bartholdy. Das Divertimento in D-Dur, KV 136, von Wolfgang Amadeus Mozart ist ein charmantes und lebhaftes Werk, das typisch für die eleganten und verspielten Divertimenti dieser Zeit ist. Komponiert im Jahr 1770, ist es eines von drei Divertimenti, die Mozart innerhalb einer Woche komponierte, während er in Salzburg weilte.

Die Anmut, Leichtigkeit und Eleganz des frühen Stückes wurde durch das Streichquartett wunderbar unterstrichen.

Mendelssohn Bartholdy reichte ein Streichquartett nicht, er verdoppelte es zu seinem Oktett in Es-Dur op. 20. Es ist ein bemerkenswertes Werk, das die Brillanz und Jugendlichkeit des Komponisten widerspiegelt. Mendelssohn schrieb dieses Oktett im Alter von nur 16 Jahren, und doch zeigt es bereits seine außergewöhnliche Begabung und seinen reifen musikalischen Stil.

Vor allem der 3. Satz, das Scherzo begeisterte die Zuhörer: Mendelssohn zeigt hier sein Talent für kontrastierende Rhythmen und überraschende harmonische Wendungen, die dem Stück einen frischen und dynamischen Charakter verleihen.

Kein Wunder, dass es als Zugabe wiederholt wurde.

Als MusikerInnen waren dabei: Nemanja Belej, Anna Straub, Vera Plum und Iris Plettner (Violine), Dahee kwon und Carlotta Guijarro Alonso (Viola) und Emmanuel Matz und Markus Beul (Cello).




4. Dortmunder Kammerkonzert mit Tango nuevo und mehr

Die Dortmunder Philharmoniker lud ihr Publikum zum 4. Kammerkonzert am 14.03.2024 unter dem Motto „Argentinische Jahreszeiten“ an einen außergewöhnlichen Ort ein: In den hiesigen Jazz-Club „domicil“.



Das Ruhrgebiet steht in dieser Spielzeit im Mittelpunkt und die Philharmoniker geht in verschiedene Veranstaltungsorte in unserer Stadt, die einen Bezug zum musikalischen Thema haben.

Eine Hauptrolle spielten in diesem Konzert zwei Beispiele des schon in jungen Jahren bekannten argentinischen Bandoneon-Spielers und Entwicklers seiner ganz persönlichen Form des kammermusikalischen Tangos, des Tangos nuevo und Jazz-Elementen, nämlich Astor Piazolla. Da passte der Jazz-Club als Ortschaft für das Kammerkonzert wunderbar.

Das Bandoneon hatte in der Bergmannskultur der 1920er Jahre eine große Bedeutung.

Die Dortmunder Philharmoniker hatte mit Karsten Scholz (Solo-Repetitor) am Klavier, Nemanja Belej (Violine), sowie Mladen Miloradovic (Violoncello) drei hervorragende Musiker für diesen Abend auf die Bühne geschickt.

Zu Begin wurde jedoch erst das Klaviertrio Nr.1 d-Moll op. 35 des spanischen Komponisten Joaquín Turina (1882-1949) gespielt.

Das Stück vereint Elemente der andalusischen Volksmusik (dort hat auch der Tango seine Wurzeln), mit bekannten Formen der klassischen Kunstmusik (wie etwa Fuge und Sonate), die ein wenig an den Impressionismus erinnern. Eindrucksvoll der zweite Satz mit seinen fünf Variationen, die jeweils von einer anderen Tanzform beherrscht wurden.

Astor Piazollas (1921-19929) „Le Grand Tango für Violoncello und Klavier” verdeutlichte die interessante Verbindung des Tango nuevo mit feinen Elementen des Jazz. Das befeuerte die Popularität des Komponisten.

Nach einer Pause begeisterten Astor Piazollas „Die vier Jahreszeiten von Buenos Aires“ die Zuhörenden. Leichte Anklänge zum barocken Konzert gab es beim langsamen Abschnitt in der Mitte. Ein wunderbares musikalisches Stadtportrait von Buenos Aires. Es führt dem Publikum die unterschiedlichen Stimmungen, je nach Jahreszeit und Temperatur, in der quirligen argentinischen Großstadt lebendig vor Augen. Ein starkes Kammerkonzert-Erlebnis in einer passenden Location.




Außergewöhnliche Streichquartette am außergewöhnlichen Ort

Ein Labor machte die Tür auf und lies Musik hinein. Die Akademie für Theater und Digitalität öffnete sich am 22.02.24 für ein Konzert des Equilé Quartett als 3. Kammerkonzert, bestehend aus Nemanja Belej, Sanjar Sapaev (beide Violine), MinGwan Kim (Viola) und Risto Rajakorpi (Violoncello), alle Mitglieder der Dortmunder Philharmoniker.



Auf dem Programm standen drei sehr unterschiedliche, aber gleichzeitig virtuose Streichquartette. Zu Beginn erklang Mozarts Streichquartett in C-Dur KV 157. Obwohl Streichquartette noch eine relativ „junge“ Gattung waren zu seiner Entstehung 1772/73, zeigen sie dennoch seine bemerkenswerte Beherrschung der Form und sein Talent für Melodie und Harmonie. KV 157 ist ein schönes Beispiel für Mozarts frühe kammermusikalische Meisterschaft und bietet einen Einblick in die Entwicklung seines Stils als Komponist. Sehr schön ist der vierte Satz, das „Presto“. Dieser Satz zeichnet sich durch seine Virtuosität und seine lebendige Energie aus, die den Höhepunkt des Quartetts bildet.

Danach sprangen wir ins 20. Jahrhundert und das Streichquartett Nr.2 in C-Dur von Benjamin Britten erklang. Das Streichquartett Nr. 2 von Britten ist geprägt von einer düsteren Atmosphäre, die die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg reflektiert, in der es komponiert wurde. Diese Stimmung wird durch dissonante Harmonien, ungewöhnliche Klangeffekte und intensive Emotionen verstärkt. Gleichzeitig ist der letzte Satz, die „Chacony“, eine Hommage an Henry Purcell.

Etwa 70 Jahre zuvor komponierte Edvard Grieg sein Streichquartett in g-moll op.27. Griegs Streichquartett Op. 27 ist stark von der norwegischen Volksmusik beeinflusst. Grieg integriert folkloristische Melodien, Rhythmen und Harmonien in das Werk, wodurch eine unverwechselbare nordische Klangwelt entsteht. Diese folkloristischen Elemente verleihen dem Quartett einen einzigartigen Charakter und vermitteln ein Gefühl von regionaler Identität. Die Musik vermittelt oft eine Atmosphäre von Weite, Naturverbundenheit und mystischer Stimmung, die an die majestätischen Landschaften Norwegens erinnert. Was dieses Konzert so besonders machte, war natürlich der Raum in der Akademie. Die Musiker saßen in der Mitte überkreuz auf Podesten. Die Zuschauer in der ersten Reihe saßen teilweise nur einen Meter von den Musikern weg und hatten die Möglichkeit in die Notenblätter zu schauen.




Kammermusik zwischen Klezmer und Romantik

Beim 5. Kammerkonzert im Dortmunder Orchesterzentrum am 17.04.2023 stand die mit der jüdischen Geschichte verbundenen Klezmer-Musik mit ihrem besonderen Klang und  der Klarinette als Zentrum sowie der Verbindungsbogen zur Romantik im Mittelpunkt.



Wie der Titel des Konzerts „Mazel un Schlamazel“ schon andeutet, spielen Glück und Pech, Fröhlichkeit und Tragik bei dieser facettenreich-emotionalen Musik eine große Rolle.

Mit Alexander Schwab (Philharmonisches Orchester Hagen, Klarinette), Tatiana Prushinskaya (Solorepetitorin, Klavier), Irina Blank sowie Sanjar Sapaev (Dortmunder Philharmoniker, Violine), Zsuzannna Pipták-Pikó (Viola) sowie Markus Beul  (Violoncello) von der Dortmunder Philharmoniker) standen sechs ausgezeichnete Musiker*innen zur Verfügung.

Am Anfang wurde es mit dem Quintett für Klavier und Streichquartett g-moll von Max Bruch (1838 – 1920) romantisch. Es ist an traditionelle Satzmuster orientiert und wechselt zwischen schwelgerisch- romantischen, melancholischen (besonders gegen Ende 2. Satz) oder aufbrausenden Klängen.

Nach einer kurzen Pause ging es mit „Der Golem“, einer Suite für Klarinette und Streichquartett der israelischen Komponistin Betty Olivero (* 1954) Musik aus dem Geist der jüdischen Tradition auf dem Programm.

Angeregt durch den expressionistischen Stummfilm „Der Golem“ aus dem Jahr 1920 (nach dem Roman von Gustav Meyrink) schuf die Komponistin eine Begleitmusik, die 1997 zu einer Suite für den Konzertsaal umgearbeitet wurde.

Um dem Golem ranken sich viele Mythen. Die sagenhafte Gestalt soll etwa von einem Rabbiner (Rabbi Löw) aus einem Klumpen Lehn zum Schutz für die bedrohten Juden zum Leben erweckt worden sein.

Die dazu gestaltete Musik der Komponistin ist vielseitig und farbig. Sie trägt der unheimlichen Seite der Geschichte wie auch den romantischen Aspekten Rechnung.

Es werden hier zahlreiche Melodien und Tonfälle traditioneller jüdischer Musik verarbeitet.

Die Klezmer-Musik changiert intensiv zwischen fröhlich lebendig und melancholischer Traurigkeit.

Zum Schluss vereinigt die Ouvertüre über hebräische Themen von Sergej Prokofjew (1891 – 1953) mit „Jüdischem aus New York“ auf wunderbare Weise Klezmer, Klarinette und Klavier.

Ein eindrucksvoller Konzertabend, der vor allem auch durch das gelungene Zusammenspiel von Klavier, Streichern und starker Klarinette überzeugte.




Klassik und Jazz vereint beim vierten Kammerkonzert

Das 4. Kammerkonzert in der Spielzeit 2022/23 im Dortmunder Orchesterzentrum am 20.02.2023 stand unter dem Motto „Klassik und Jazz vereint“. Das hatte auch etwas mit den Blechblasinstrumenten zu tun, die an diesem Abend im Mittelpunkt standen. Die Trompete und Posaune spielten sowohl während der musikalischen Barockepoche wie auch beim Jazz eine bedeutende Rolle.



Mit Daniel Hufnagl (Trompete, Flügelhorn) und seinem Bruder Berndt Hufnagl (Posaune) von der Dortmunder Philharmoniker standen zwei hervorragende Solisten auf ihrem Instrument für das umfangreiche Programm zur Verfügung. Unterstützt wurden sie tatkräftig von Karsten Scholz (Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung beider Philharmoniker).

Berndt und Daniel Hufnagel (Foto: (c) Paul Galke)
Berndt und Daniel Hufnagel (Foto: (c) Paul Galke)

Barock und Jazz haben die klare Formsprache, Rhythmus und Struktur gemeinsam.

Der Schwerpunkt des Konzerts lag auf den aus den Vereinigten Staaten herübergeschwappten Jazz. Das wurde schon bei den ersten beiden Programmpunkten deutlich klar. Das sehr variationsreiche und jazzlastige  Concerto in A Dur (für Trompete, Posaune und Klavier) des dänischen Komponisten Julius Jacobsen (1915-1990) sowie das folgende „Arrows of Time“ (für Posaune und Klavier) des amerikanischen Komponisten Richard Peaslee (1930-2016)

Der einzige echte im Programm vertretene Komponist aus dem 18. Jahrhundert war Georg Philipp Telemann (1681-1767) mit der Triosonate c-Moll TWV 42: c2, arrangiert für Flügelhorn, Posaune und Klavier. Dahinter folgte noch eine Interpretation von Tomaso Albinonis Adagio g-Moll durch Remo Giazotto (1910-1999) gefühlvoll arrangiert für Posaune und Klavier.

Bei George Gershwins (1898-1937) „Three Preludes“ und der bekannten „Rhapsody in Blue“ konnte Daniel Hufnagl mit sensibler Klavierbegleitung sein Können auf seiner Trompete voll ausspielen.

Eine besondere Herausforderung zu meistern musste Berndt Hufnagl bei dem rasanten Stück „Doolalllynastics“ von Brian Lynn (`*1958). Eine 7-Minuten Tortur!

Bei „Fly or Die“ von Gilles Rocha (*1988) kam es zu einem amüsanten musikalischen Duell zwischen Klavier und Posaune.

Zwei Arrangements zweier Songs von John Lennon und Paul McCartney für Trompete, bzw. Flügelhorn und Klavier sowie von den beiden Brüdern mit Klavierbegleitung gespielte „Cousins“ von Herbert I. Clarke (1867-1945) rundeten den Abend mit Polkaklängen ab.

Als Zugaben für das begeisterte Publikum gab es noch eine berührende Interpretation von Eric Claptons (Tears in Heaven) und eine „Schmankerl“ aus der österreichischen Heimat der beiden Brüder Hufnagl.

Ein Kammerkonzert, bei dem das Publikum ausreichend Gelegenheit hatte, die Vielseitigkeit und Intensität der Blechblasinstrumente zu erleben.