Musikalisch-literarische Revue über Frauengeschichte

Am 13.05.2023 gab die Schauspielerin und Sprecherin Jutta Seifert mit ihrem frech-humorvollem Programm „Angebissen!“, eine literarisch-musikalische Revue rund um die Frauenfrage, die Liebe, das Leben und die Gewürze dazwischen, ein Gastspiel im Dortmunder Theater Fletch Bizzel.



In 70 Minuten führte sie das Publikum durch die letzten hundert Jahre Frauengeschichte in Deutschland. 

Revue über Frauengeschichte mit Jutta Seifert. (Foto: (c) M. Bischoff)
Revue über Frauengeschichte mit Jutta Seifert. (Foto: (c) M. Bischoff)

Scheinbar mühelos, mit wenigen Accessoires und passender Gestik, Mimik und Bewegungen schlüpfte Seifert in verschiedene Charaktere. Ob als Diva und Vamp der 1920er-Jahre, als die Frauen sich von dem beengenden Korsett befreiten, oder in die Rolle als „Gebärmaschinen für den Führer“, kennzeichnend für Zeit des Nationalsozialismus. In den 1950er-Jahren zogen jungen Frauen Petticoats an und tanzten Rock ’n’ Roll. Gleichzeitig wurden sie in die Rolle des „Hausmütterchens“ gedrängt, die für Wohlbefinden bei Mann, Haushalt und Familie zu sorgen hatte.

Erst Ende der 1960er-Jahre kämpften sie für das Recht auf eigener Berufswahl, Gleichberechtigung und Abtreibungsmöglichkeit unter legalen Bedingungen.

Klischees, witzig-ironisch interpretierten Songs, Texte von Djuna Barnes bis Lisa Fitz, oder Tucholsky bis Katja Kulmann beleuchten nicht nur das Frauenleben.  Auch die Männerwelt wird bei dieser Revue ironisch und teilweise mit Galgenhumor betrachtet.

Diese bissig-komische Zeitreise zeigt am Ende aber auch, dass die Frauen von heute sich immer noch für gleiche Bezahlung bei derselben Arbeit wie die Männer einsetzen müssen.

Sie stoßen oft an „gläserne Decken“, die ihnen das Leben schwer machen.

Interessant und eindrucksvoll waren die eingeschobenen O-Töne aus der damaligen Zeit.

Für Play-back und Technik verantwortlich war Roland Klare.




Der letzte Vorhang – Bohème oder Biedermeier

Nachdem mich der ÖPNV bei der Premiere von „Der letzte Vorhang“ schmählich im Stich gelassen hatte, nutze ich die Gelegenheit, um mir die nächste Vorstellung am 11.02.22 im Fletch Bizzel anzuschauen. Julias Seifert und Karl Hartmann überzeugten in der Rolle von Lies und Richard.

Das Zweipersonenstück von Maria Goos fesselt auf zwei Ebenen. Zum einen ist da die Probe zu einem nicht genannten Stück, das die beiden Proben, welches deutliche Anklänge an „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ besitzt. Zum anderen geht es um verschiedene Lebensentwürfe. „Der letzte Vorhang“ unter der Regie von Rainer Muxfeldt wechselt öfter zwischen diesen Ebenen.

Lies und Richard waren ein Traumpaar des Theaters, vor zehn Jahren entschied Lies sich, einen reichen Arzt zu heiraten und nach Südfrankreich zu gehen. Richard hingegen blieb dem Theater und seinem unsteten Leben treu. Für das aktuelle Stück, an dem er arbeitet, fehlt ihm die Bühnenpartnerin. Also fragt er Lies, die zusagt.

Foto vom Flyer für das Stück „Der letzte Vorhang“.
Foto vom Flyer für das Stück „Der letzte Vorhang“.

Die Wortgefechte zwischen Lies und Richard – ob im „realen“ Leben oder im zu probenden Stück – wecken Erinnerungen an Richard Burton und Elisabeth Taylor, die ihre Eheprobleme in der Verfilmung von „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ quasi mit verarbeiteten.

Doch „Der letzte Vorhang“ ist noch mehr. Es geht hier auch über verschiedene Lebensentwürfe. Richard ist der geborene „Bohème“, typischer Künstler, dessen zweite Wohnung seine Stammkneipe ist und der natürlich ein Alkoholproblem hat, wie seine Rolle im Theaterstück. Lies hat sich in den 10 Jahren in Frankreich an ein geregeltes Leben in Südfrankreich gewöhnt. Bezeichnend dazu ist, dass Richard in der Probenpause einen gekauften Hamburger isst, während Lies an einer Möhre knabbert. Lies Mann, Wouter, der seine Frau begleitet, taucht nur kurz auf (auch gespielt von Hartmann). Der Gynäkologie, der sich für Kunst interessiert, ist Richard jedoch nicht gewachsen. Dennoch bleibt Lies bei ihm, auch wenn Wouter sich mit einem Rubens verspekuliert und Richard sie an die schönen gemeinsamen Momente erinnert.

„Der letzte Vorhang“ ist ein ruhiges Zweipersonenstück, es hat ein leisen Humor und zeigt vor allem die innere Zerissenheit von Lies ganz deutlich, die die Schauspielerei vermisst, aber dennoch die Sicherheit vorzieht. Richard hingegen entwickelt sich immer mehr zu seinem „Kollegen“ Bruscon aus dem Stück „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhard, der rechthaberisch alle seine Kolleginnen und Kollegen vergrault.