Bewegender französischer Liederabend aus drei Jahrhunderten

Im Dortmunder Konzerthaus stand am 17. Juni 2025 erneut ein Abend der Reihe „Junge Wilde“ auf dem Programm. Diesmal gab die französisch-italienische Mezzosopranistin Lea Desandre ihr Debüt – mit einer facettenreichen Reise durch drei Jahrhunderte französischer Liebeslieder. Begleitet wurde sie einfühlsam an der Laute von Thomas Dunford (Frankreich, *1988).

Das Programm spannte den Bogen vom musikalischen Liebesreigen des 17. Jahrhunderts am Hof von Versailles – mit Werken von Honoré d’Ambruys, Michel Lambert, Sébastien Le Camus, Robert de Visée und Marc-Antoine Charpentier – über die Salonlieder der Belle Époque (Ende des 19. Jahrhunderts bis 1914) mit Kompositionen von Erik Satie, Reynaldo Hahn, Claude Debussy und André Messager, bis hin zu Liedern zweier starker französischer Stimmen des 20. Jahrhunderts: der unvergessenen Barbara und Françoise Hardy. Den Abschluss bildete eine Ode an die Liebe aus der Operette „Die schöne Helena“ von Jacques Offenbach.

Alle Facetten der Liebe – Freude, Scherz, Leid, Wehmut und Hoffnung – wurden berührt. Neben heiteren Momenten hatten auch melancholische Klänge ihren Platz. Besonders frech und augenzwinkernd wurde es bei André MessagersJ’ai deux amants“ („Ich habe zwei Liebhaber“).

Thomas Dunford  und Lea Desandre (Foto: (c) Julien Benhamou)
Thomas Dunford und Lea Desandre (Foto: (c) Julien Benhamou)

Die Laute, sensibel gespielt von Thomas Dunford, erhielt viel Raum für träumerische Solopassagen, in die man sich förmlich verlieren konnte.
Lea Desandre überzeugte mit ihrer klaren, ausdrucksstarken Stimme und großer stilistischer Bandbreite. Gemeinsam punkteten die beiden Musiker auch mit charmanten Moderationen und humorvollem Kontakt zum Publikum.

Ein gelungener musikalischer Liederabend mit zwei jungen, charismatischen Interpret*innen, von denen man in Zukunft sicher noch viel hören wird.




Randall Goosby und schwarze Stimmen in der klassischen Musik

Die Welt der klassischen Musik wurde über Jahrhunderte hinweg nahezu ausschließlich von weißen männlichen Komponisten geprägt – von Bach über Mozart bis hin zu Mahler. In den vergangenen Jahren hat sich das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit zwar spürbar entwickelt: Werke von Komponistinnen wie Clara Schumann, Louise Farrenc oder Florence Price finden zunehmend Eingang in die Konzertprogramme.Doch schwarze Komponist:innen bleiben nach wie vor weitgehend im Hintergrund. Ihre Beiträge zur Musikgeschichte – etwa von Joseph Bologne, Samuel Coleridge-Taylor oder William Grant Still – werden noch immer selten aufgeführt und oft kaum wahrgenommen. Die Repertoirelandschaft vieler Konzertsäle bildet somit die tatsächliche Vielfalt der Musikgeschichte nur unzureichend ab.

Der Violinist Randall Goosby hat mit seinem Konzertprogramm am 13.05.25 unter der Rubrik „Junge Wilde“ im Konzerthaus ein bemerkenswert vielfältiges Repertoire zusammengestellt, das nicht nur musikalisch überzeugt, sondern zugleich eine klare kulturhistorische Aussage trifft.

Ein Programm mit Haltung

Er eröffnet den Abend mit einer Sonate des afrofranzösischen Komponisten Joseph Bologne (1745–1799), einem Zeitgenossen Mozarts. Dass Goosby das Konzert mit Bologne beginnt, ist ein starkes Zeichen: Bologne war nicht nur ein gefeierter Virtuose und Komponist, sondern auch eine Ausnahmeerscheinung – ein Schwarzer in der höfischen Musikwelt des Ancien Régime.

Randall Goosby begeisterte das Publikum durch sein Spiel. (Foto: (c) Kaupo Kikkas)
Randall Goosby begeisterte das Publikum durch sein Spiel. (Foto: (c) Kaupo Kikkas)

Mozarts e-Moll-Sonate, die einzige seiner Violinsonaten in Moll, verleiht der Violine große Ausdruckstiefe. Goosby nutzt diesen Raum für eine fein nuancierte Interpretation.
Franz Schuberts Rondo D 895, ein spätes Werk voller technischer Raffinesse, beschließt den ersten Programmteil mit einem kraftvollen Ausbruch romantischer Virtuosität.

Unsichtbares hörbar machen

Im zweiten Teil des Konzerts stellt Goosby dann sein zentrales künstlerisches Anliegen in den Vordergrund: die Sichtbarmachung schwarzer Stimmen innerhalb der klassischen Musik. Jeder der drei präsentierten Komponisten entwickelt dabei eine ganz eigene musikalische Sprache, die das klassische Idiom auf besondere Weise bereichert.

Samuel Coleridge-Taylor, ein britischer Komponist mit afrokaribischen Wurzeln, zeigt in seiner Suite de pièces op. 3 spätromantische Eleganz und lyrische Finesse – geschrieben zu Beginn seiner Karriere.

Florence Price, eine der bedeutendsten afroamerikanischen Komponistinnen des 20. Jahrhunderts, verbindet in ihrer Fantasie Nr. 2 in fis-Moll romantische Klangwelten mit Elementen aus Spirituals und afroamerikanischer Volksmusik. Ihre Tonsprache ist emotional unmittelbar und gleichzeitig tief verwurzelt in afroamerikanischen Traditionen.

William Grant Still schließlich gilt als „Dean“ afroamerikanischer Komponisten. Seine Suite für Violine und Klavier kombiniert klassische Formen mit jazzigen Rhythmen, bluesartigen Linien und volkstümlichen Motiven – ein ausdrucksstarkes Finale.

Randall Goosby ist jedoch nicht nur ein engagierter Botschafter für schwarze Komponist:innen – er ist auch ein Musiker von außergewöhnlichem Format. Seine technische Präzision, gepaart mit großer interpretatorischer Tiefe, prägten diesen Abend entscheidend. Gemeinsam mit dem Pianisten Zhu Wang bildete er ein harmonisches Duo, das musikalisch wie emotional überzeugte – und vom Publikum zu Recht begeistert gefeiert wurde. Kein Wunder, dass Goosby sich mit zwei Zugaben verabschieden musste.

 




Zwischen Klassik und Improvisation

Die Unterschiede zwischen Klassik und Jazz können mitunter erstaunlich gering sein. Obwohl beide zunächst aus unterschiedlichen ästhetischen und gesellschaftlichen Kontexten stammen, traten sie im Verlauf des 20. Jahrhunderts zunehmend in einen fruchtbaren Dialog.
Heute sind die Grenzen zwischen klassischer und improvisierter Musik fließender denn je. Komponistinnen, Interpretinnen und Ensembles bewegen sich selbstverständlich zwischen beiden Welten – etwa in der zeitgenössischen Ensemblepraxis, im Crossover oder in improvisatorischen Konzerten mit klassischem Instrumentarium. In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch die französische Trompeterin Lucienne Renaudin Vary, die gemeinsam mit dem Pianisten Tim Allhoff am 30.04.2025 im Rahmen der Konzertreihe „Junge Wilde“ im Konzerthaus Dortmund auftrat.

Ein musikalischer Streifzug durch das 20. Jahrhundert

Es überrascht daher kaum, dass Werke aus dem 20. Jahrhundert im Zentrum des Programms standen – mit einer einzigen Ausnahme: Johann Sebastian Bach. Den Auftakt bildete die „Sonatine für Trompete und Klavier“ von Jean Françaix. Dieses Werk verströmt französischen Esprit und besticht durch rhythmische Raffinesse, die stellenweise an jazzige Synkopen erinnert, ohne den Jazz direkt zu zitieren. Das Zusammenspiel zwischen Trompete und Klavier ist dabei eng verzahnt, geprägt von pointierten rhythmischen Kontrasten.

Lucienne Renaudin Vary überzeugte mit ihrer Improvisationskunst an der Trompete das Publikum im Konzerthaus. (Foto: (c) Simon Fowler)
Lucienne Renaudin Vary überzeugte mit ihrer Improvisationskunst an der Trompete das Publikum im Konzerthaus. (Foto: (c) Simon Fowler)

Anschließend führte die musikalische Reise nach Spanien: Die „Siete canciones populares españolas“ von Manuel de Falla versprühen folkloristische Klangfarben. Jede Miniatur spiegelt einen eigenen musikalischen Charakter und eine spezifische regionale Herkunft wider – von andalusischer Melancholie bis zu kastilischer Herbheit.

Nach der Pause wurde es jazziger: Mit George Gershwins „I Loves You, Porgy“ aus Porgy and Bess stellten Vary und Allhoff eindrucksvoll ihre Improvisationskunst unter Beweis. Es folgte eine weitere Station des Abends – Südamerika: „Retrato em Branco e Preto“ („Porträt in Schwarz und Weiß“) von Antônio Carlos Jobim ist ein melancholisches, introspektives Stück, das in der Fassung für Klavier und Trompete eine besonders intime und zugleich elegante Wirkung entfaltete.

Tim Allhoff erhielt darüber hinaus Gelegenheit, sich auch solistisch zu präsentieren: Im ersten Teil interpretierte er ein Werk von Bach, nach der Pause folgte seine eigene Version von „Blackbird“ von den Beatles – ein poetischer, zugleich moderner Kontrastpunkt.

Das Publikum zeigte sich durchweg begeistert von diesem abwechslungsreichen und berührenden Konzertabend und dankte den Künstlern mit langanhaltendem Applaus.




Die Vielfalt der romantisch-musikalischen Welten mit Timothy Ridout

Im Rahmen der Konzertreihe „Junge Wilde“ war am 19. November 2024 der britische Musiker Timothy Ridout, einer der herausragenden Bratschisten seiner Generation, im Dortmunder Konzerthaus zu Gast. Gemeinsam mit seinem temperamentvollen Klavierpartner Jonathan Ware, gebürtig aus Texas und heute in Berlin lebend, präsentierte er ein vielseitiges Programm, das die Zuhörer auf eine faszinierende Reise durch die unterschiedlichen Facetten der romantischen Musik mitnahm.

Der Abend begann mit den drei Romanzen op. 94 (1849) von Robert Schumann, die speziell für Viola und Klavier arrangiert wurden. Besonders die zweite Romanze entfaltete eine bemerkenswerte Innigkeit, sodass sich das Publikum in eine zauberhafte romantische Welt versetzt fühlte. Anschließend folgte ein echtes Juwel der Romantik: die Sonate für Klavier und Violoncello Nr. 1 in e-Moll op. 38 (1865) von Johannes Brahms, die in einer Bearbeitung für Viola und Klavier dargeboten wurde. Timothy Ridout und Jonathan Ware schufen in den drei Sätzen – geprägt von ausdrucksstarken Übergängen – eine eindrucksvolle und bewegende Klangwelt. Besonders hervorzuheben ist das Menuett im zweiten Satz sowie die strahlende E-Dur-Schlussklanglandschaft, die durch ihre elegante Transformation des Hauptthemas beeindruckte.

Uraufführung und Abschluss mit César Franck

Nach der Pause wartete das Publikum gespannt auf die Uraufführung von Shadow Walkers, einem Werk der koreanisch-amerikanischen Komponistin Nahra Sol (*1991). Dieses fünfteilig angelegte Stück faszinierte durch den Kontrast zwischen meditativen und dynamischen Passagen, in denen avantgardistische Elemente die traditionellen Formen ergänzten. Diese geschickte Verbindung schuf eine Balance zwischen Licht und Schatten, die nicht vollständig greifbar, aber umso eindringlicher war. Es gelang dem Werk, eine besondere Tiefgründigkeit zu erzeugen, die die Zuhörer in ihren Bann zog.

Timothy Ridout faszinierte mit dem Spiel auf seiner Viola. (Foto: (c) Jiyang Chen)
Timothy Ridout faszinierte mit dem Spiel auf seiner Viola. (Foto: (c) Jiyang Chen)

Den krönenden Abschluss des Abends bildete César Francks berühmte Sonate für Violine und Klavier in A-Dur (1886), die in einer Bearbeitung für Viola und Klavier aufgeführt wurde. Dieses Meisterwerk begeisterte durch die motivische Verknüpfung aller vier Sätze. Nach einem ruhigen Beginn entwickelte sich die Sonate über leidenschaftliche Hymnen und träumerische Passagen bis hin zu einem lebhaften Rondo-Finale. Ridouts meisterhafte Interpretation und die einfühlsame Begleitung durch Ware verliehen der Aufführung eine mitreißende Intensität.

Dank der beeindruckenden Performance von Timothy Ridout und Jonathan Ware wurde das Publikum auf eine musikalische Reise mitgenommen, die nicht nur die Vielfalt romantischer Musik aufzeigte, sondern auch die außergewöhnliche künstlerische Qualität der beiden Musiker unterstrich. Der Abend bewies eindrucksvoll, warum diese „Jungen Wilden“ zu den spannendsten Künstlern ihrer Generation zählen.




Zauber traditioneller Musik im Konzerthaus Dortmund

Im Rahmen der Reihe „Junge Wilde“ stand am 29.10.2024 im Konzerthaus Dortmund die junge niederländische Blockflötistin Lucie Horsch im Mittelpunkt. An ihrer Seite musizierten Emmy Storms (Violine) und der französische klassische Gitarrist Raphaël Feuillâtre. Das vielseitige Programm umfasste hauptsächlich lebendige Arrangements traditioneller Volksmusik, darunter Werke aus Irland (Thomas Tollett), den Niederlanden (Jacob van Eyck) sowie dem Barock (Antonio Vivaldi). Hier zeigte sich, wie viel Verbindendes in der Musik steckt.

Meisterhaftes Zusammenspiel und feine Nuancen

Neben der Musik aus früherer Zeit reichte das Programm auch in die jüngere Vergangenheit und beinhaltete Kompositionen von Claude Debussy, Gabriel Fauré (Frankreich), Manuel de Falla (Spanien), Béla Bartók (Ungarn), Igor Strawinsky (Russland) und zum Abschluss Astor Piazzolla (Argentinien). Die drei Künstler*innen beeindruckten das Publikum nicht nur durch die virtuose Beherrschung ihrer Instrumente und ihr harmonisches Zusammenspiel. In wechselnden Konstellationen – solo, zu zweit oder im Trio – überzeugten sie durch großes Feingefühl für die Eigenheiten der jeweiligen Stücke. Mit Leichtigkeit meisterten sie den Wechsel zwischen temperamentvoll-rasanten und ruhig-melancholischen Passagen.

Lucie Horsch zeigte ihre große Vielseitigkeit, indem sie mühelos zwischen Flöten verschiedener Größe und Tonlage wechselte. (Foto: (c) Simon Fowler)
Lucie Horsch zeigte ihre große Vielseitigkeit, indem sie mühelos zwischen Flöten verschiedener Größe und Tonlage wechselte. (Foto: (c) Simon Fowler)

Lucie Horsch zeigte dabei ihre große Vielseitigkeit, indem sie mühelos zwischen Flöten verschiedener Größe und Tonlage wechselte, darunter Renaissance- und Barockflöten. Wer dachte, Blockflöte sei langweilig, wurde hier eines Besseren belehrt. Horsch ließ sogar zweimal ihre klare, helle Gesangsstimme erklingen und verlieh dem Konzert damit zusätzliche Intensität.

Durch den Einsatz besonderer Instrumente vermittelten die drei Künstler*innen die besondere Magie der traditionellen Musik und zogen das Publikum in ihren Bann. Besonders berührte die sensible Interpretation von Astor Piazzollas berühmtem „Libertango“ aus dem Jahr 1974. Man darf gespannt sein, was von diesen „Jungen Wilden“ noch zu erwarten ist.




Von lyrisch bis dramatisch – Die Cellistin Julia Hagen

Am 25. September 2024 eröffnete Julia Hagen die neue Spielzeit der „Jungen Wilden“ im Konzerthaus Dortmund. Die neuen „Jungen Wilden“ werden sich drei Spielzeiten lang in unterschiedlichen Besetzungen und Programmen präsentieren. Denn Anfang machte Julia Hagen mit der Pianistin Annika Treutler.

Denn Anfang machte Robert Schumanns, Fantasiestücke für Cello und Klavier op. 73. Obwohl die ursprüngliche Besetzung für Klarinette und Klavier gedacht war, wird die Cello-Version oft als besonders einfühlsam und innig empfunden, da das Cello durch seine Klangfarbe gut zur melancholischen und gefühlvollen Stimmung des Werks passt.

Julia Hagen begeisterte das Publikum im Konzerthaus Dortmund. (Foto: (c) Simon Pauly)
Julia Hagen begeisterte das Publikum im Konzerthaus Dortmund. (Foto: (c) Simon Pauly)

Einen Dialog zwischen Cello und Klavier schuf Ludwig van Beethovenmit seiner Sonate für Klavier und Violoncello Nr.3 in A-Dur. Die Sonate vermittelt einen optimistischen, kraftvollen Charakter, der typisch für Beethovens mittlere Schaffensphase ist, und verbindet lyrische Schönheit mit technischer Virtuosität. Julia Hagen und Annika Treutler schufen gemeinsam ein Klanggebilde, das im Finale zu einem energiegeladenen Ende führte.

Vielschichtiges Werk von Schostakowitsch

Nach der Pause ging es mit einem kleinen Stück weiter: Bohuslav Martinůs Variationen für Cello und Klavier über ein Thema von Rossini (1942) sind ein charmantes und lebendiges Werk, das humorvolle und virtuose Elemente verbindet. Die Komposition basiert auf einem Thema aus Rossinis Oper „Moses in Ägypten“, das Martinů mit seiner charakteristischen Leichtigkeit und Einfallsreichtum verarbeitet. Die rhythmischen Überraschungen wurden von den beiden Musikerinnen mit Bravour gemeistert.

Dmitri Schostakowitschs Sonate für Cello und Klavier in D-Moll, op. 40, aus dem Jahr 1934, ist ein emotional vielschichtiges Werk, das verschiedene Stile und Stimmungen miteinander verbindet. Sie gehört zu den frühen Werken des Komponisten und wurde während einer Zeit persönlicher und politischer Umbrüche geschrieben. Persönlich, weil sich seine Ehe mit Nina Varzar in einer Krise befand und politisch, weil Stalins Politik immer repressiver wurde.

Beeindruckend war vor allem der dritte Satz, das Largo. Eine tiefe, introspektive Elegie, die düstere und klagende Töne anschlägt. Diese Intensität wurde von Julia Hagen und Annika Treutler gut herausgearbeitet.

Als Zugabe spielten die beiden noch „Du bist die Ruh“ von Franz Schubert.

Julia Hagen begann im Alter von fünf Jahren mit dem Cellospiel und erhielt ihre Ausbildung bei namhaften Lehrern wie Heinrich Schiff und Jens Peter Maintz. Im Laufe ihrer Karriere trat sie mit renommierten Orchestern und bei großen Festivals auf. Ihre musikalische Interpretation reicht von klassischen Werken bis hin zu modernen Kompositionen, und sie ist eine begeisterte Kammermusikerin. Julia Hagen spielt auf einem wertvollen Cello von Francesco Ruggieri aus dem Jahr 1684.




Oper im Kammermusikformat

Eine Oper braucht kein riesiges Orchester, ein großes Ensemble oder aufwändige Kostüme. Manchmal reichen auch vier Musiker, eine Sopranistin und eine spannende Geschichte. Christine Gansch, die junge Wilde, zeigte im Konzerthaus am 10. April 2024 mit ihren Mitmusikerinnen eine schöne, fiktive Geschichte über Händel und mit Musik des Komponisten aus Sachsen.



Was wäre, wenn…ja wenn Georg Friedrich Händel ein Spion für den Kurfürsten Georg von Hannover gewesen wäre. Ein wenig bei Königin Anne spionieren, um herauszufinden, ob alles glatt geht mit der Thronbesteigung für Georg, wenn Anne stirbt.

Die Geschichte „Händel, der Spion“ stammt von Chad Kelly und Leo Duarte, das Libretto von Jennifer Lee. Mit Rezitativen und Arien aus den verschiedenen Opern von Händel wird die Handlung erzählt. Dabei darf natürlich auch „Lascia ch’io pianga“ aus „Rinaldo“ nicht fehlen. Hinzu kommt noch Musik von Henry Purcell.

Es ist wirklich bemerkenswert, was Christina Gansch auf die Bühne des Konzerthauses zaubert.  Zusammen mit dem Klingzeug Barockensemble, bestehend aus Robert de Bree (Oboe), Claudia Delgado-Norz (Violine), Anna Müller (Cello) und Chad Kelly (Cembalo) und einigen wenigen Requisiten wird eine Oper im Kammermusikformat aufgeführt.

Ein gelungener Abend mit einer tollen Sängerin und sehr guten Musikern, die auch aktiv im Stück involviert waren.




Eintracht in Harmonie: Die Geschwister Kanneh-Mason im Konzerthaus

Geschwisterliche Eintracht im Konzerthaus. Nachdem schon im Oktober 2023 seine Schwester Isata Kanneh-Mason am Klavier als „junge Wilde“ überzeugen konnte zeigte am 19. März Sheku Kanneh-Mason sein Können am Cello. Begleitet von Isata und Braimah (Violine) spielten die Geschwister in großer Harmonie.



Auf dem Programm standen vor der Pause zwei Trios, die mit der Nr.1 glänzen konnten. Zunächst erklang das Trio élégiaque Nr. 1 in g-Moll von Sergei Rachmaninow. Das Stück ist reich an melancholischen Melodien, die von den Streichinstrumenten und dem Klavier gleichermaßen getragen werden. Rachmaninows melodische Erfindungsgabe ist deutlich spürbar und verleiht dem Werk eine tiefgreifende emotionale Resonanz.

Fast 100 Jahr vor Rachmaninow komponierte Ludiwg van Beethoven 1794/95 sein Klaviertrio op 1 Nr.2 in G-Dur. Hier sind die ersten Schritte Beethovens als eigenständiger Komponist zu hören. Die Themen sind kraftvoll und voller Leben, wobei das Klavier oft die Führung übernimmt und die Streichinstrumente unterstützt oder kontrastiert. Beethoven schafft eine subtile und komplexe Interaktion zwischen den drei Instrumenten – Klavier, Violine und Cello. Das Cello trägt oft wichtige melodische Materialien und Themen, insbesondere in den langsameren Sätzen oder lyrischen Passagen. Beethoven gibt dem Cello und somit Sheku Kanneh-Masoin die Möglichkeit, melodische Linien zu präsentieren, die sowohl expressiv als auch singbar sind.

Nach der Pause hatte Sheku Kanneh-Mason die Bühne des Konzerthauses für sich allein, denn er spielte die Preludes für Violoncello von Edmund Finnis, die er auch 2021 selbst uraufführte. Die fünf kurzen Stücke zeigen sehr gut die unterschiedlichen Stimmungen, die das Cello hervorbringen kann.

 Den Schlusspunkt setzte das Klaviertrio Nr.2 in C-Dur von Brahms. Trotz der Dominanz des Klaviers schafft Brahms eine ausgewogene kammermusikalische Interaktion zwischen Klavier, Violine und Cello. Die Instrumente dialogisieren miteinander, ergänzen sich und wechseln sich in der Führung der musikalischen Phrase ab.

Danach gab es noch Zugaben, wobei sich das Trio zu einem Quartett mauserte, denn die Flötistin Lucie Horsch gesellte sich zu den drei Geschwistern. Der Grund: Die „jungen Wilden“ der neuen Spielzeit wurden vorgestellt und Lucie Horsch ist eine davon. Doch zurück zu Sheku Kanneh-Mason. Er verzückte nicht nur damals die Hochzeitsgäste der Trauung von Prinz Harry und Megan Markle, sondern auch das Publikum im Konzerthaus mit seinem lyrischen Cellospiel.




Isata Kanneh-Mason – Klaviermusik zum Schwelgen

Wer Lobeshymnen in Zeitungen wie der „Süddeutschen“ oder „Zeit“ bekommt, wie die Pianistin Isata Kanneh-Mason, muss schon etwas Besonders sein. Und die „junge Wilde“ wurde bei ihrem Konzert am 26.10.23 im Dortmunder Konzerthaus ihrem Ruf gerecht. Ihr Klavierspiel ist kraftvoll und emotional und sie vermag es, die Zuhörer mit ihrer virtuosen Technik und ihrem musikalischen Ausdruck zu fesseln.



Auf dem Programm standen verschiedene Stücke aus Klassik und Romantik auf dem Programm. Den Beginn machte die Klaviersonate in C-Dur von Joseph Haydn. Die Sonate ist lebhaft und voller Kontraste zwischen den Sätzen.

Danach folge die Ostersonate von Fanny Hensel, die lange ihrem Bruder Felix Mendelssohn Bartholdy zugeschrieben wurde. Die „Ostersonate“ ist ein beeindruckendes Beispiel für Fanny Hensels Beitrag zur Musik des 19. Jahrhunderts und zeigt ihre Fähigkeit, gefühlvolle und ausdrucksstarke Klaviermusik zu komponieren.

Nach der Pause wurde es Zeit für ein bekanntes Werk für Klavier. Einzelne Melodien aus den „Kinderszenen“ von Robert Schumann wurden für Werbung benutzt, beispielsweise die „Träumerei“. Die „Kinderszenen“ bestehen aus 13 kürzen Sätzen. Jeder Satz ist wie ein kleines musikalisches Porträt, das die kindliche Vorstellungskraft, Emotionen und Erlebnisse einfängt. Die Stücke reichen von fröhlich und verspielt bis nachdenklich und träumerisch.

Danach wurde es fordernder: Die Sonate für Klavier Nr. 3 von Chopin zeichnet sich durch ihre bemerkenswerte thematische Entwicklung, expressive Tiefe und die Vielfalt der musikalischen Ausdrucksmittel aus. Sie stellt hohe Anforderungen an den Pianisten in Bezug auf Technik, Ausdruck und Interpretation. Alles das lies Kanneh-Mason spielerisch leicht aussehen. Ihr Spiel ist beeindruckend und inspirierend.




Viva Vassileva – Ein Abend für Percussion

Freund:innen von Schlagwerk und Percussion jeder Art hatten am 22. Juni 2023 einen großen Abend im Konzerthaus. Denn die Percussionistin Vivi Vassileva war nicht nur alleine gekommen, sie hatte auch das Extasi Ensemble mit dabei: Jürgen Leitner, Aleksandar Georgiev, Valentin Vötterl und Leon Lorenz sorgten dafür, dass die Bühne des Konzerthaus gefüllt war mit Toms, Becken, Xylophone, Marimbaphone und anderen Dingen, die zur Klangerzeugung nützlich sind. Mit dabei war auch der Pianist Per Rundberg.



Mir als „einfachen“ Schlagzeuger, der schon froh darüber ist, Groove und Tempo zu halten, nötigte das Konzert höchsten Respekt ab. Denn es geht ja nicht nur darum, einen Rhythmus zu spielen, sondern auch die Melodieinstrumente wie Xylophone perfekt zu spielen.

Nach einem kleinen Aufwärmstück ging das Konzert mit dem „Inferno“ von Daniel Bjarnasson weiter. Hier ging es direkt in die Hölle mit Gongs, Becken und anderen unheilvollen Klängen. Zum Einsatz kam auch ein Txalaparta, ein baskisches Schlaginstrument. Insgesamt ein starkes Stück, dass die Dunkelheit und Düsternis feiert.

Nach der Pause ging es mit dem „Oraculum“ von Oriol Cruixent weiter. Ebenfalls ein modernes Stück, geschrieben 2019, mit sieben Sätzen, die den sieben Chakren zugeordnet sind. Gingen wir vor der Pause im letzten Stück in die Hölle, so arbeiteten sich die Künstler langsam in den Himmel, oder zur „Erleuchtung“. Auch hier wurden unzählige Schlagwerke gebraucht und kombiniert, so dass magische Klänge zustande kamen.

Steve Reichs „Drumming“ Part I ist ein Kleinod der minimal music. Im Mittelpunkt stehen Rhythmen, die durch Phasenverschiebung neue Muster bilden. Ein sehr intensives Stück, bei dem vier Musiker gleichzeitig für einen intensiven Sound sorgten.

Ein gelungener Abend, nicht nur für Freund:innen von Percussions. Gut aufgelegte Musiker und moderne Musik, eine tolle Kombination bei den „jungen Wilden“.