Frau Luna – Der Mond als Sehnsuchtsort

Die burlesk-fantastische Ausstattungsoperette Frau Luna von Paul Linke (1866-1946) und dem Libretto von Heinz Bolten-Baeckers hatte am 13.01.2018 unter der Regie von Erik Peters im Opernhaus Dortmund seine Premiere. Lincke gilt als der Initiator der Berliner Operette. Dabei kam es mehr auf das Wie als das Was an. Das kleinbürgerliche „Milljöh“ samt Slang wurde in der glitzernden fantastischen Welt ( z.b. der Mond) gegenübergestellt. Eingängige einfache Melodien wechselten sich ab mit Show-Elementen und Akrobatik.

Der erfahrene Regisseur von Operetten inszenierte „Frau Luna“ als ein glamouröse Revue-Operette. Tatjana Ivaschina hat dabei wieder einmal wunderbare Kostüme für das Ensemble auf die Bühne gebracht. Musikalisch begleitet wurde der Abend schwungvoll von der Dortmunder Philharmoniker unter der Regie von Philipp Armbruster.

Mit dem Ballon zu Frau Luna

Eine wichtige Rolle spielten neben den starken Sängern auch die Statisterie und der Opernchor des Theaters Dortmund (Leitung Manuel Pujol) bei den vielen Kometen, Mondgrazien und Planeten.

Frau Luna ist am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Es war eine Zeit der technisch rasanten Entwicklungen. Die Menschen sucht in einer schnelllebigen Welt Ablenkung und die Möglichkeit, den Alltagsproblemen und einer verbreiteten Endzeitstimmung zu entfliehen. Da boten die viele Varietees und Theater genug Gelegenheit.

Kammersänger Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe umringt von Fans in Frau Luna. (Foto: © Oper Dortmund)
Kammersänger Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe umringt von Fans in Frau Luna. (Foto: © Oper Dortmund)

Kurz zum Inhalt: Der abgebrannte Mechaniker Fritz Steppke (Bonko Karadjov) hat einen lenkbaren Luftballon erfunden, und will zusammen mit dem Schneider Lämmermeier (Morgan Moody) und dem Steuerbeamten Pannecke (Marvin Zobel) nicht nur der resoluten Wirtin Frau Pusebach (Johanna Schoppa) entfliehen, sondern auch eine abenteuerliche Reise zum „Mann im Mond“ unternehmen. Es fällt ihm zunächst nur schwer, seine bodenständige geliebte Marie (Julia Amos) zurück zu lassen. Es begint eine wundersame Reise voller Überraschungen. Frau Pusebach ist als „Anhängsel“ mitgekommen, der „Mann im Mond“ entpuppt sich als „Frau Luna“. Auch dort gibt es menschliche Probleme…

In den ersten beiden Akten ging es zu nächst eher bedächtig mit der Einführung in das kleinbürgerliche typische Berliner Milieu und der Fahrt zum Mond los. Schöne Melodien wie etwa „Schlösser, die im Monde liegen“ (Marie) wechselten mit witzigen Elemente. Amüsant vor allem die schwarz-weiß auf die Leinwand projizierte Fahrt zum Mond mit Frau Pusebach im Schlepptau einschließlich „Milchgetränk aus der Glasflasche“.

Grandiose Revue im dritten Akt

Der Höhepunkt des Abends war aber der dritte Akt nach der Pause. Was da an Glamour und Glitzer angeboten wurde, konnte sich sehen lassen. Das Ensemble konnte neben seinen starken Stimmen auch sein komödiantisches Talent voll zur Geltung bringen. Frau Pusebach war mit Johanna Schoppa als „resolute Berliner Schnauze“ ebenso wunderbar besetzt wie die anderen Rollen. Bonko Karadjov gefiel als der zwar kleine Fritz Steppke, aber mit dem Herz am rechten Fleck und starker stimme. Morgan Moody hat schon öfter sein komödiantisches Können bewiesen. Das Gleiche konnten auch Ileana Mateescu (Stella) und Julia Amos in ihrer Doppelrolle als Marie und Mondgroom zeigen. Marvin Zobel konnte als Steuerbeamter Pannecke und Dirk Weiler als witzig-charmanter Theophil (Hausmeister auf dem Mond) gefallen.

Eine Paraderolle gab es für Kammersänger Hannes Brock in seiner letzten Spielzeit. Als unglücklich in Frau Luna verliebter Prinz Sternschnuppe sang er eines der drei in das Programm aufgenommene „Es war einmal“ mit etwas wehmütiger Melancholie.

Es war ein imposantes Auftreten von allen Planeten und Kometen oder Mondgrazien. Nur Pluto durfte nicht beim Mondfest dabei sein.

Frau Luna hatte im dritten Akt ihren großen Auftritt, den Emily Newton mit sichtlichem Vergnügen zelebrierte. Sie hatte sich neben Spiel und Gesang noch einer anderen Herausforderung zu stellen. Zusammen mit den fantastischen „Luftballett“ (Sylvia Idelberger, Petra Tobies) führte sie an vier weißen Tüchern akrobatische Übungen durch.

Das fulminante Finale mit einem musikalischen Mix aus „Das macht die Berliner Luft“ „aus die Berliner Luft 1905) und „Schlösser die im Monde liegen“ beendete den unterhaltsamen Revue-Abend einer etwas entstaubten Operette.

Weitere Aufführungstermine und Infos unter www.theaterdo.de




Wunderland – Alice im zauberhaften Operntreff

Wer kennt nicht die Geschichte von Lewis Carolls „Alice im Wunderland“. Bei der Premiere der Familienoper „Wunderland“ verwandelte sich der Operntreff im Dortmunder Opernhaus zu einem zauberhaftes Wunderland.
Unter der Regie von Ilaria Lanzino wurde die märchenhafte Story für die Junge Oper mit einem speziellen Songzyklus (Anna Schreier) und Text von Alexander Jansen bearbeitet.
Anna Schreier konzipierte der Handlung entsprechende eine abwechslungsreiche Klangmusik für Klarinette, Schlagzeug, Akkordeon und Kontrabass. Ein kleine Abteilung der Dortmunder Philharmoniker begleitete die Handlung tatkräftig und effektiv.
Als Sänger und Sängerinnen dabei waren die schon aus „Piraten fluchen nicht“ 2015/2016 in guter Erinnerung Boshana Milkov und Marvin Zobel, sowie die hier durch viele Aufführungen bekannte Sopranistin Julia Amos als Alice.
Der Innenraum war neben den Stühlen im hinteren Bereich mit vielen Kissen ausgestattet, so das die kleinen und großen Zuhörer auch teilweise mitten drin in der Handlung befanden. Diese erstreckte sich über den ganzen Raum.
Beim Spielen mit zwei Freunden bekommt Alice einen Ball an den, fällt hin und der „goldene Nachmittag“ nimmt seinen Lauf. Ihr Stoffhase wird lebendig und läuft weg. Auf der Suche nach ihm beginnt für Alice ein fabelhaftes, fantasievolles Abenteuer. Großes wird klein, und Kleines wird groß. Alles ist plötzlich anders. Antworten, auf die es keine Fragen gibt. Im Wunderland ganz normal.

Das Wunderland verzaubert: Alice beim Hutmacher. (v.l.n.r.) Boshana Milkov, Julia Amos und Marvin Zobel. (Foto: © Theater Dortmund)
Alice beim Hutmacher. (v.l.n.r.) Boshana Milkov, Julia Amos und Marvin Zobel. (Foto: © Theater Dortmund)

Auf ihrer Abenteuerreise begegnen ihr unter anderem ein sprechendes Kaninchen, eine rauchenden Raupe, eine Grinsekatze und ein verrückter Hutmacher. Er verrät ihr:„Unmögliche gelingt nur, wenn man es für möglich befindet“. Kleiner Wermutstropfen: Die Herzkönigin und der Herzkönig fehlten leider.
Mit einfachen Mitteln und verschiedensten Accessoires wurde eine zauberhafte Atmosphäre erzeugt. Die drei SängerInnen überzeugten nicht nur mit ihren Stimmen, sondern legten auch eine enorme Spielfreude an den Tag. Ein Motto von „Wunderland“ lautete: „Bei Gefahr wird gesungen.“
Eine Parabel um Macht und Bedeutung der Fantasie, mit Spaß auf die junge Opernbühne gebracht.

Informationen über weiter Aufführungen erhalten Sie unter www.theaterdo.de




Familienoper im perfektem Licht

Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © ©Anke Sundermeier)
Mit Smartphone wäre das nicht passiert: Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © Anke Sundermeier)

„Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck ist ein Klassiker. Seine kindgerechte Bearbeitung des Grimmschen Märchen steht in Regelmäßigkeit auf den Spielplänen der Theater. Regisseur Erik Petersen tat gut daran, den Stoff nicht krampfhaft zu modernisieren, sondern wie bei seiner vorherigen Arbeit „La Cenerentola“ einige visuelle Highlights zu setzen. Neben den fantastischen Kostümen und dem aufwändigen Bühnenbild, war vor allem das Lichtdesign ein Hingucker. Ein Premierenbericht vom 08. November 2015.

Die Lebenssituation von Selbstständigen scheint in Petersens Inszenierung extrem schlecht zu sein, denn die Eltern von Hänsel und Gretel haben Mühe über die Runden zu kommen. Die Mutter (Martina Dike) unterrichtet als Lehrerin für Lebensmittel und der Vater (Sangmin Lee) ist als Besenbinder eine Art „Ich AG“. Die Behausung der Familie erinnert ein wenig an das berühmte Bild von Spitzweg mit dem armen Poeten, das Dach ist im Eimer und die Töpfe sammeln das Regenwasser. Klar ist auch, dass es in dieser Zeit kein Arbeitsschutzgesetz gibt und die Kinder kräftig mithelfen sollen. Gretel (Julia Amos) soll Strümpfe stricken und Hänsel (Ileana Mateescu) seinem Vater nachfolgen und Besen binden.

Diese fast schon pittoreske Situation verändert sich im zweiten Bild völlig. Denn Vater kommt mit Lebensmitteln zurück und Mutter muss ihm beichten, dass sie die Kinder in den Wald geschickt hat. Die Szenerie wird etwas gruseliger als der Vater das „Hexenlied“ anstimmt. Türen öffnen sich und am Ende tanzt eine in roten Licht getauchte Hexengestalt über dem Szenario.

Auch im Wald geht es bald gruselig zu. Nach dem bekannten „Ein Männlein steht im Walde“ senkt sich der Abend über die Kinder und unheimliche Gestalten und Irrlichter tauchen auf. Gut, dass der Sand- und Taumann (Tamara Weimerich) sowie 14 sterndurchflutete Engeln um die Kinder wachen.

Nach der Pause gelangen die Kinder ins Herrschaftsgebiet der Knusperhexe (Fritz Steinbacher) und das Schicksal nimmt ihren Lauf für die alte Dame: Sie wird von den Kindern ausgetrickst und landet im Ofen. Passend-erweise kommen noch die Eltern von Hänsel und Gretel vorbei und die von der Hexe verzauberten Lebkuchenkinder erwachen wieder zu neuem Leben.

Diese Inszenierung ist eine großartige Arbeit von Tatjana Ivschina (Bühne und Kostüme) und Florian Franzen (Licht). Beide zaubern ein märchenhaftes, buntes Ambiente, in der sich die Sängerinnen und Sänger sichtlich wohlfühlen. Das Hexenhaus besteht aus mehreren Etagen und ist liebevoll und detailliert ausgeschmückt. Ein optisches Highlight.

Gut aufgelegt war auch das Ensemble bei der Premiere. Mateescu gab einen frechen und übermütigen Hänsel, während Amos (mit roter Perücke), eine etwas schüchterne, aber zum Schluss entschlossene Gretel sang.

Großen Applaus gab es auch für Sangmin Lee, der einen herrlich überdrehten Vater spielte und dem man die Lust auf diese Rolle förmlich ansah. Eine kleinere, aber eindrucksvolle Rolle hatte Martina Dike als Mutter, die mit ihren Kindern überfordert war. Das Sandmännchen und das Taumännchen sind eine Erfindung von Humperdinck. In der Doppelrolle überzeugte Tamara Weimerich nicht nur gesanglich, sondern sorgte durch ihre Kostüme für ein märchenhaftes Erlebnis.

„Böse“ Rollen mit Charme und Humor zu spielen: eine Spezialität von Fritz Steinbacher. Nach einem Wiener Ganoven bei „Kiss me Kate“ singt er jetzt die Hexe.

Im Verlauf der Aufführungen wechselt die Besetzung ein wenig: Julia Amos und Tamara Weimerich tauschen ihre Rollen und anstelle von Steinbacher wird Kammersänger Hannes Brock die Hexe spielen.

Die Musik von Humperdinkc war bei Phillip Armbruster und den Dortmunder Philharmonikern in guten Händen, denn spät-romantische Musik gehört zu ihren Spezialitäten. Humperdinck kombiniert wagnerischen Pathos mit Kinder- und Volksliedern zu einer durchaus bekömmlichen Mischung.

Mehr Infos und Termine unter www.theaterdo.de




Konfrontiert mit seinen Ängsten

Julia Amos (Lena), Gerardo Garciacano (Leander) ©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH
Julia Amos (Lena), Gerardo Garciacano (Leander)
©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH

Premiere für eine neue Reihe. Ab der Spielzeit 2014/15 führt die Oper Dortmund jährlich eine Familienoper für kleine und große Besucher auf. Den Startschuss machte am 31.05.2015 das Stück „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“, eine Familienoper von Marius Felix Lange mit dem Libretto von Martin Baltscheit in einer Inszenierung von Johannes Schmid. Eine Kooperation des Opernhaus Dortmund mit der Deutschen Oper am Rhein und dem Theater Bonn.

Wie es sich für eine Premiere für eine neue Reihe gehört, verzauberte schon das Bühnenbild. Tatjana Ivschina präsentierte zu Beginn eine grandiose verschachtelte Fachwerkhauskulisse, die mit Luken versehen waren, so dass ab und an ein Blick in die Wohnungen dieses verschlafenen Dorfes geworfen werden konnten. Der Orchestergraben – besetzt mit den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Philipp Armbruster – wurde per Steg zum Fluss. Durch die Möglichkeit der Bühne verschiedene Ebenen darstellen zu können, erlebten die Zuschauer beispielsweise einen Tauchgang in den Fluss. Ebenfalls ein großes Lob gebürte Ivschina für die fantasievollen, aber durchaus zeitgemäßen Kostüme. Besonders effektvoll und düster war der Totengräber (gesungen von Karl-Heinz Lehner).

Die Geschichte: Das Mädchen Lena und der junge Leander sind gute Freunde. Als Leander für sie einen Apfel vom Baum schießen will um ihr zu imponieren, trifft er aus Versehen einen Vogel. Er behauptet, der Vogel schlafe nur, doch Lena ist sich sicher „wer so schläft, wacht nicht mehr auf“. Aus Angst, selber nicht wieder aufzuwachen, beschießt sie, erst gar nicht zu schlafen. Damit treibt sie nicht nur ihre Eltern und ihren Freund zur Verzweiflung, sondern beschäftigt hilflose Ärzte , Flößer und sogar eine Vogel-Prinzessin und auch die Schützenkapelle , einen Totengräber oder sogar den Mond…..

Der Berliner Komponist Marius Felix Lange vertonte die Familienoper als anspruchsvolle Herausforderung. Die abwechslungsreiche Partitur bot schräg-parodistische Töne, Koloratur-Arien für die Vogel-Königin, aber dazwischen immer wieder romantische Zwischenklänge. Ein schlichtes Gutsnachtlied hatte daneben ebenfalls einen Platz.

Die Akteure meisterten diese schwierigen musikalische und gesanglichen Klippen locker und souverän. Julia Amos als Lena und Gerado Garciacano als Leander waren die Highlights des sehr gut aufgelegten Ensemble. Garciacano, zuvor als „Don Giovanni“ zu sehen, hatte seinen Vollbart für die Rolle des Leander opfern müssen, aber das tat seiner warmen Stimme keinen Abbruch. Amos sang die Lena trotz der hohen Anforderung bezaubernd schön.

Von den anderen Darstellern sind vor allem John Zuckerman als „Mond“ und Karl-Heinz Lehner als düsterer Totengräber hervorzuheben. Der tiefe Bass von Lehner war beeindruckend.

Andrea Rieche als Mutter und Morgen Moody brachten die besorgte Eltern mit einer Priese Humor auf die Bühne . Antje Bitterlich als Vogel-Prinzessin brachte Magie in den Opernsaal.

Das Stück hatte auch noch einen „Running Gag“ in Form einer „schrägen“ Trachten-Schützenkapelle (Yyjin Kang, Henry Lancester, Darius Scheliga, Edward Steele), die das Geschehen humorvoll-ironisch begleiteten.

Weitere Termine: Sa, 06. Juni 2015, Di, 09. Juni 2015, Di, 16. Juni 2015, So, 21. Juni 2015, Di, 23. Juni 2015 und Mi, 24. Juni 2015




Am Volkswillen zerbrochen

Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)
Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)

Nach „Elias“ (Mendelssohn-Bartholdy) und die „Schöpfung“ (Haydn) konnte das Publikum in der Oper Dortmund am 25.04.2015 mit der Premiere von „Saul“ (Georg Friedrich Händel) zum dritten Mal ein szenisches Oratorium erleben. Die Koproduktion mit dem Staatstheater Kassel wurde unter der Regie von der Regisseurin Katharina Thoma, den Opern-Fans durch schon sieben Produktionen auch als Spezialistin für barocke Stoffe, wie zum Beispiel „Eliogabalo“ (Cavalli) bekannt, für die Dortmunder Bühne bearbeitet.

Das Libretto von „Saul“ Charles Jennens hat als biblische Grundlage das Buch Samuel.

Unter der punktgenauen und lockeren musikalischen Leitung des 1. Kapellmeisters Motonori Kobayashi spielte ein kleines Ensemble der Dortmunder Philharmoniker: Cembalo/Orgel: Wallewei Witten, Luca Di Marchi und an der Theorbe Andreas Nachtsheim.

Thoma legte bei ihrer Inszenierung ein besonderes Augenmerk auf die Wirkung der „Volksmasse“ auf das Individuum und auf dessen Umgebung. Das gibt dem Opernchor des Theaters Dortmund unter der Leitung des „reaktivierten“ Granville Walker eine große Bedeutung und Chance, sein Können zu zeigen und einmal im Vordergrund zu stehen.

Das Bühnenbild von Sibylle Pfeiffer war minimalistisch aber praktisch gestaltet. Ein großes transparentes Plateau auf der Bühne und ein Zweites von der Decke hängend, dienten als Tempel oder Königshof. Das Deckenplateau war multifunktional verwendbar und diente als Symbol für eine höhere Macht.

Das Libretto orientiert sich überwiegend an die biblische Geschichte. Saul wird per Los zum König der Stämme Israels gewählt. Doch mit der Bürde kommt er schlecht zurecht. Schon gar nicht, als ein junger Kriegsheld, namens David, ihm die Sympathie des Volkes streitig macht. Saul verheiratet David zwar mit seiner Tochter Michal, nachdem ihm die ältere Tochter Merab abgelehnt hatte, aber plant nichtsdestotrotz Davids Tod. Saul fühlt sich von Allen verlassen und sucht in seiner Verzweiflung Rat bei den Mächten der Unterwelt. Der Geist Samuels erklärt, das Saul wegen der nicht Befolgung eines Gottesbefehls seine Herrschaft an David abtreten muss und mit seinem Sohn Jonathan auf dem Schlachtfeld ums Leben kommen wird.

Thoma legt in ihrer Inszenierung einen deutlichen Fokus auf die Psychologie der Protagonisten. Saul treibt die gefühlte Ablehnung des Volkes in eine Art bipolarer Störung. Erst sehr freundlich, dann einen Tag später zum Mord gegen David entschlossen. Saul Wahnsinn führt letztendlich zu seinen eigenen Tod. Interessant ist auch die Beziehung zwischen David und Jonathan, Sauls Sohn. Wenn beide sich treffen, ist eine deutliche homoerotische Beziehung erkennbar, die durch Jonathans Tod abrupt beendet wird. Auch Davids Trauer um Jonathan spricht Bände: „Great was the pleasure I enjoy’d in thee, And more than woman’s love thy wondrous love to me!“(Groß war die Wonne, die mir ward von dir, und mehr als Frauenlieb‘ war deine Liebe mir!)“.

Christian Sist, mit seiner überragenden Körpergröße und Stimme eine passende Besetzung für Saul,

Er zeigt die wachsende Verzweiflung, Neid und Eifersucht auf den neuen Günstling des Volkes überzeugend. Mit ihrem klaren Mezzosopran und viel Empathie spielte und sang Ileana Mateescu, schon fast spezialisiert auf „Hosenrollen“, zuletzt im „Rosenkavalier (Richard Strauss), den David.

Tamara Weimerich als zunächst hochmütige Merab, gelang auch spielerisch den Haltungswechsel gegenüber David überzeugend darzustellen. Als kongenialer Gegenpart spielte Julia Amos die sanfte Michal, der oberflächlicher Standesdünkel fremd ist.

Eine besondere Herausforderung gab es für Lucian Krasznec als Jonathan. Neben dem Vater-Sohn Konflikt gab es noch die besondere Freundschaft zu David. Die Darstellung der unterschwelligen homoerotischen Tendenz der Beziehung von David und Jonathan, wurde mit Feingefühl gemeistert.

Als vielseitiger Mann für skurrile Rolle zeigte sich wieder einmal Kammersänger Hannes Brock. Neben den Hohepriester fungierte er als Abner und als Hexe von Endor aus der Unterwelt.

Den kürzesten Auftritt hatte Min Lee. Als ein Amalekiter, der die traurige Botschaft vom Tod Sauls und Jonathans überbringt, wird er bald von David ermordet.

In der Rolle des Doeg sowie als eindrucksvolle Projektion und Stimme von Samuels Geist war Morgan Moody zu erleben.

Besonders bewegend war der Chor. Er symbolisierte die Volksmasse. Die Masse, die sich leicht formen lässt und (blind) dem nächsten „Superstar“ folgt. Frei nach dem Motto: Vox populi, vox dei – Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes. Thoma schuf mit dem Chor wunderbare Bilder, beispielsweise als sie David mit ihren Händen vor der Wut und dem Zorn Sauls schützten.

Ein großes Kompliment geht auch an die Kostümabteilung unter Irina Bartels. Sie zeigte verschiedenste epochenübergreifende Kostüme. Ob bunt barock-höfisch, einheitliches schwarz des Chores, mal ohne oder mal mit Verschleierung, oder zeitgenössische Bekleidung der Sängerinnen und Sänger. Das unterstreicht die Zeitlosigkeit des Themas. Es gibt genug Beispiele in der Gegenwart, wie schnell sich die Gunst der Bevölkerung zum Beispiel bei Politikern wenden kann.

Ein eindrucksvolles Zeichen, als am Ende bei der Ernennung Davids zum König bei der Übergabe eines Schwertes Blut am Hemd von David zu sehen ist. Symbolhaft für das Blut der Opfer der kommenden Kriege.

Ein gelungener Abend, der mit viel Beifall honoriert wurde. Die Entscheidung von Jens-Daniel Herzog, in Dortmund Oratorien auch szenisch aufzuführen, zahlt sich aus. Händels Musik passte ideal zu einer „Veroperung“, denn Händel verknüpfte in „Saul“ große Chormusik mit Arien, die mehr in Richtung der italienischen „Opera seria“ gingen. Nicht nur für Barockfreunde empfehlenswert.

Weitere Termine: Fr, 08. Mai 2015, So, 17. Mai 2015, So, 24. Mai 2015, Do, 18. Juni 2015, Sa, 20. Juni 2015 und Fr, 26. Juni 2015.




Opulente Operetten-Gala

Nachdem die erste Ausgabe der Operetten-Gala in der Dortmunder Oper ein voller Erfolg war, kam schnell die Idee einer Folgeveranstaltung auf. So hieß es am 20.September „Der Himmel hängt voller Geigen“. Mit dabei waren die Dortmunder Philharmoniker, zwei Dirigenten, der Dortmunder Opernchor und neuen Solisten des Dortmunder Ensembles. Durch das Programm führte in gewohnt charmanter Weise Kammersänger Hannes Brock.

Bei der zweiten Auflage der Operetten-Gala fasste man den Begriff der Operette ein wenig weiter. So war ein Lied aus einer spanischen Zarzuela zu hören sowie drei Stücke aus dem amerikanischen Music play bzw. Musical. Präsentiert wurden zwei Lieder aus der kommenden Operette „Roxy und ihr Wunderteam“ von Paul Abraham, die ab 29. November in Dortmund Erstaufführung hat.

Auch wenn im Bühnenbild keine hängenden Geigen zu sehen waren, Julia Amos, Ileana Mateescu, Neuzugang Emily Newton, Tamara Weimerich, Hannes Brock, Gerado Garciacano, Lucian Krasznec, Morgan Moody und Fritz Steinbacher hatten alle gute Laune und Freude am Singen mitgebracht. Moody begeisterte bei den amerikanischen Stücken von Frederick Loewe und Richard Rogers mit seiner warmen Stimme, Lucian Krasznec sang Taschentuch ergreifend das „Wolgalied“ von Lehárs „Zarewitsch“ und Tamara Weimerich brachte mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ von Rudolf Stolz das Publikum zum Schmelzen. Moderator Hannes Brock ließ es sich nicht nehmen und sang außerhalb des Programmes den „Wandergesell“ aus „Der Vetter von Dingsda“.

Am Ende wurde es schwungvoll und in Dortmund wurde die „Berliner Luft“ von Paul Lincke aus „Frau Luna“ gefeiert. Als Zugabe gab es Champagner. In Form des „Champagner-Liedes“ aus der Operette von Johann Strauß „Die Fledermaus“.

Wer die Operetten-Gala verpasst hat, dem bietet sich am 11. Oktober 2014 eine weitere Chance.

Infos und Karten unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.




La Cenerentola – Ein bunter Abend voller Regieeinfälle

Aschenputtel soll nicht mit zum Ball. (v.l.n.r.) John Zuckerman (Don Ramiro), Ileana Mateescu (Angelina), Gerardo Garciacano (Dandini), Eugenio Leggiadri Gallani (Don Magnifico). (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)
Aschenputtel soll nicht mit zum Ball. (v.l.n.r.) John Zuckerman (Don Ramiro), Ileana Mateescu (Angelina), Gerardo Garciacano (Dandini), Eugenio Leggiadri Gallani (Don Magnifico). (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)

Doppelte Premiere am Samstag. Nicht nur Rossinis Oper „Aschenputtel“ (La cenerentola), sondern auch für Erik Petersen war es die erste Produktion auf dem Regiestuhl. Am Ende konnte man feststellen: Das Publikum war begeistert. Das lag nicht nur an den Sängern und den Musikern, sondern auch an den vielen kleinen Regieeinfällen von Petersen.

 

Es war nicht nur der Abend von Petersen, sondern auch von Eugenio Leggaiadri Gallani, der italienische Gastsänger spielte den Don Magnifico, den Vater von Clorinda und Tisbe sowie der Stieftochter Angelina, dem Aschenputtel, mit Bravour. Als Italiener war er natürlich in einer Rossini-Oper in seinem Element und konnte sein komödiantisches Talent voll ausleben. Gallani fühlte sich in der Rolle des „komischen Alten“ sehr wohl und hatte großartige Szenen. Beispielsweise als er davon träumt, dass er als angeheirateter Teil des Königshauses natürlich über Einfluss verfügt, der natürlich in barer Münze oder als Geschenk vergütet werden muss. Mit „Giocato ho un ambo e vincerò l’eletto“ wurde Korruption wohl noch nie so schön besungen.

 

Kommen wir nun zum Aschenputtel. Nach „Carmen“ die zweite große Rolle für Ileana Mateescu kurz hintereinander. Eben noch als Carmen eine stolze, selbstbewusste Frau, singt und spielt Mateescu eine Person, die an den Rand gedrängt wird, kaum über Selbstbewusstsein verfügt, aber dennoch an die Güte glaubt. Die Besucher leiden fast mit, wenn die beiden hochnäsigen Halbschwestern Clorinda und Tisbe sie piesackten und zusätzliche Arbeit verursachen. Mateescu zeigt bei den doch recht anspruchsvollen Koloraturen eine sehr gute gesangliche Leistung, und bringt den Wandel von der gedemütigten und geduckten jungen Frau hin zur strahlend-großmütigen Braut glaubhaft auf die Bühne. Julia Amos als Clorinda und Inga Schäfer als Tisbe hatten sichtlich Spaß in den Rollen der, boshaften und neidisch-arroganten Geschwister.

John Zuckerman und Gerardo Garciacano spielten und sangen den Prinzen Don Ramiro sowie Dandini, seinen Diener. In dieser Oper „Aschenputtel“ gibt es natürlich auch ein Element der Verkleidung. Don Ramiro (Zuckerman) verkleidet sich als Diener Dandini, während der eigentliche Dandini (Garciacano) als Prinz Ramiro den Frauen auf den Zahn fühlt. Das sorgt für Komik, den beide auch leidenschaftlich ausleben.

Publikumsliebling Christian Sist spielten den weisen Strippenzieher und Lehrer des Prinzen Don Ramiro mit Charisma und Humor. Dabei ist schon seine große Gestalt beeindruckend.

 

Das Bühnenbild weckte den Eindruck eines alten verfallenden Städtchens, aufgrund der Architektur der Giebel (Staffel- und Schweifgiebel) könnte man Deutschland vermuten, aber das Stück spielt in keiner bestimmt Zeit und an keinem bestimmten Ort. Daher waren auch die Kostüme zeitlos, aber fanstasievoll. Aschenputtel trug meist eine schmutzige Schürze, während ihre Halbschwestern in hübschen roten Kleidern auftraten. Der Herrenchor des Theaters Dortmund gab ebenfalls ein herrliches Bild ab: Alle Sänger trugen einheitliche Butler-Kleidung inklusive Melone und Schnurrbart.

 

Petersen präsentierte „Aschenputtel“ als funkensprühende komische Oper. Toll waren Einfälle, wie beispielsweise der Schlafplatz von Don Magnifico, der wie eine Schublade ein- und ausgezogen werden konnte. Kleine witzige Details wie der Gang von Don Ramiro über Koffer, der kleine Hocker, damit der kleine Ramiro (Zuckerman) überhaupt das große Aschenputtel am Ende küssen konnte und die fliegenden Bestechungsgeschenke für Don Magnifico machten „Aschenputtel“ zum Hingucker. Die große Spielfreude, die alle Beteiligten an den Tag legten, sorgten nach drei Stunden mit der Musik von Rossini für einen gelungenen Abend mit „Standing Ovations“ zum Schluss.

 

Die Musik von Rossini mit ihren Koloraturen war sicher kleine leichte Übung für die Musiker der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi noch für die Sängerinnen und Sänger. Bei der Premiere kam es bei den Tempi noch zur einen oder anderen kleinen Unsicherheit, aber ich denke, es wird sich bei den nächsten Aufführungen eingespielt haben.

 

Die Gelegenheit, „Aschenputtel“ zu sehen, haben Sie am: So, 30. März 2014, So, 06. April 2014, Fr, 11. April 2014, Mi, 30. April 2014, Do, 22. Mai 2014, So, 01. Juni 2014, Fr, 06. Juni 2014, So, 15. Juni 2014 und Do, 03. Juli 2014.

Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.




Leicht, luftig, locker, Lehár

Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Bekömmlich wie ein Wiener Kaiserschmarrn präsentierte Regisseur Thomas Enzinger Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ bei der Premiere am 11. Januar 2014. Enzinger baute viele kleine komische Elemente in seine Inszenierung ein, wobei der Höhepunkt der Auftritt von Johanna Schoppa als Gräfin Stasa Kokozow war. Sie brachte mit ihrem Lied „Alles mit Ruhe genießen“ den Opernsaal zum mitsingen.

 

Worum geht es bei dieser Operette? Alter Mann mit Fürstentitel liebt junge Frau, die ihn aber nicht heiraten kann, weil sie eine Bürgerliche ist. Daher soll sie den verarmten Graf von Luxemburg heiraten und sich nach drei Monaten scheiden lassen. Der Graf bekommt 500.000 Francs und Angèle Didier (die junge Frau) wird in den Adelsstand befördert. Selbst bei der Eheschließung sehen sich die beiden nicht. Es kommt aber, wie es bei eine Operette halt kommt: Die beiden treffen sich und verlieben sich ineinander. Pech für Fürst Basil (dem alten Mann), den noch ein altes Eheversprechen mit Gräfin Stasa Kokozow einholt. So findet am Ende der Topf sein passendes Deckelchen.

 

Franz Lehár schrieb „Der Graf von Luxemburg“ 1909 als eine Art Nachfolger von „Die lustige Witwe“, die ein Riesenerfolg für den österreichisch-ungarischen Komponisten wurde. Es gibt ein paar Gemeinsamkeiten: Beide Operetten spielen in Paris und haben ein wichtiges slawisches Element (Graf Danilow in der „Witwe“ und Fürst Basil im „Grafen von Luxemburg“). Ansonsten siedelt das Stück in der Künstlerbohème der Jahrhundertwende. Das Leben ein einziger Karneval – die Künstler genießen und singen „Wir bummeln durchs Leben, was schert uns das Ziel“. Am Ende wird aber aus der Bohème die Bourgoisie.

 

Thomas Enzinger nahm einige kleine Veränderungen vor, die das Stück moderner wirken ließ. So führte er die Figur des Poeten (gespielt von Thomas Pohn) ein, der als Erzähler durch das Stück begleitet. So führt er beispielsweise die Hauptfiguren ein.

 

Zudem setzt der Regisseur auf starke Frauen: So ist die Angèle Didier keine Sängerin wie im Original, sondern eine erfolgreiche Modedesignerin, die zu ihrem beruflichen Erfolg noch einen Adelstitel für den gesellschaftlichen Erfolg braucht, um endlich ganz oben anzukommen. Dann aber funkt der kalten Geschäftsfrau die Liebe dazwischen. Auch beim zweiten Paar der Operette ist die Frau die treibende Kraft: Juliette Vermont ist als Muse des Malers Armand Brissard der treibende Faktor des doch eher zaudernden Künstlers. Wer beim dritten Paar Gräfin Stasa Kokozow und Fürst Basil Basilowitsch die Hosen anhat, wird schnell deutlich. Denn die Gräfin duldet keinen Widerspruch. Und so wird aus dem großmäuligen Basil schnell ein Pantoffelheld.

 

Ob Gentrifizierung von Stadtteilen schon 1909 ein Thema in Paris war? Ich weiß es nicht. Enzinger lässt die Handlung der Operette quasi im gleichen Raum stattfinden. War er im ersten Akt ein Künstleratelier, wurde er im zweiten Akt von Spekulanten gekauft und anscheinend von Angèle Didier angemietet, um dort eine Modenschau zu veranstalten. Im dritten Akt waren die Spekulanten wieder aktiv und verwandelten den Raum in die Empfangshalle eine Grand Hotels.

 

Bedauerlicherweise war Lucian Krasznec der Sänger des Grafen René von Luxemburg, etwas stimmlich angeschlagen, wie Opernintendant Jens-Daniel Herzog vor Beginn der Vorstellung bekannt gab. Zu Beginn sang Krasznec noch etwas vorsichtig, fand dann aber im Laufe des Stückes wieder Vertrauen in seine Stimme, die bis zum Ende durchhielt. Gewohnt souverän meisterte Julia Amos ihre Rolle der Angèle Didier, wie auch Fritz Steinbacher (Armand) und Mirella Hagen (Juliette). Fürst Basil war wieder eine Paraderolle für Kammersänger Hannes Brock. Hier konnte er seine humorvolle-ironische Seite, wie auch schon im Musical „Anatevka“, voll ausleben. Der Star war aber ohne Zweifel Johanna Schoppa, die im dritten Akt alle mitriss. Mit ihrer Persönlichkeit und Bühnenpräsenz war die Rolle der Gräfin Stasa Kokozow wie maßgeschneidert für Schoppa.

 

Für die Bühne und Kostüme war der Magdeburger Bühnenbildner Toto zuständig. Von den wunderschönen Kostümen profitierten neben den Sängerinnen und Sängern auch der Dortmunder Opernchor unter der Leitung von Granville Waker. Sie liefen mit farbenfrohen karnevalistischen Kostümen auf die Bühne. Das Künstleratelier im ersten Akt bot ebenfalls viel für das Auge. Überall hingen große Gemälde, die an ihrem Stil an die Avantgarde der Jahrhundertwende erinnerten. Im zweiten Akt konnte er in der Modenschau seine Kreativität freien Lauf lassen, während das Grand Hotel im dritten Akt sehr reduziert wirkte.

 

Zu einer Operette gehört natürlich auch Musik: Motonori Kobayashi leitete die Dortmund Philharmoniker ebenso leicht und heiter wie es sich für eine Operette gehört.




Im Dreivierteltakt ins neue Jahr

Standen beim Neujahrskonzert 2013 noch der nahe Abschied von Jac van Steen und Spanien im Mittelpunkt, wählte der neue Generalmusikdirektor Gabriel Feltz und die Dortmunder Philharmoniker Wien mit Walzern oder Polkas von Johann Strauß Jr., sowie die Operetten von Franz Lehár für 2014 als thematischen Hintergrund aus. Die festliche, in dunkelrot gehaltene Dekoration aus der Operettengala konnte in der Dortmunder Oper gleich wieder Verwendung finden.

 

Der Abend begann mit der Ouvertüre zur Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai (1810 -1849). Nicolai war der „Urvater“ des sinfonischen Orchesters, wie Feltz dem Publikum erklärte.

Die Sopranistin Mirella Hagen glänzte mit ihrer klaren Stimme bei der Arie der Adele „Mein Herr Marquis“aus „Die Fledermaus“ von Johann Strauß Jr. Danach zeigten die Dortmunder Philharmoniker, das Märsche Lebensfreude vermitteln können. „Das hat schon fast etwas anti-militaristisches, bemerkte Feltz.

Es folgte die temperamentvolle und spritzige Pizzicato-Polka op. 335 von Strauß Jr.. Bei dem folgenden „Kaiserwalzer“ und dem Walzer „An der schönen blauen Donau“ von Strauß Jr. machten der GMD und die die Philharmoniker die Faszination der Walzer und ihre verschiedenen Facetten deutlich. Mal schwungvoll spritzig, mal wienerisch melancholisch.

Julia Amos, die bald in der Operette „Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár zu hören und bewundern sein wird, brachte gefühlvoll die Arie der Giuditta „Meine Lippen sie küssen so heiß“ aus Lehárs Operette „Giuditta“ auf die Bühne.

Danach folgte die rasante „Tritsch-Tratsch-Polka“ von Strauß Jr.. Ein musikalischer Glanzpunkt war sicherlich auch die von dem badischen Tenor Daniel Ohlmann gesungene Arie des Prinzen Sou-Chong „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem „Land des Lächelns“ von Franz Lehár.

Diese Arie wird vor allem mit dem legendären Richard Tauber in Verbindung gebracht, Da liegt die Messlatte schon hoch. Ohlmann stellte sich dieser Herausforderung.

 

Die Dortmunder Philharmoniker konnten ihr Können mit einigen Soloeinsätzen einzelner Instrumente beim „Perpetuum Mobile op. 257“ von Strauß Jr. Beweisen. Dass Gabriel Feltz nicht nur ein temperamentvoller Dirigent ist, sondern auch über eine gehörige Menge Humor verfügt, bewies er zum Ende dieser Nummer. Um das Ende herbeizuführen, versuchte er es zunächst mit Bestechung, dann sogar mit dem drohenden Einsatz einer Pistole. Selbst ein Zuschauer, der von Feltz den Dirigentenstab bekam, konnte die Musiker nicht zum Aufhören bewegen. Erst als Opernintendant Jens-Daniel Herzog sowie die Solisten auf die Bühne kamen und allen Besuchern ein „Frohes Neues Jahr“ wünschte, war die schnelle Polka beendet. Zum Schluss wurde zur Freude des Publikums der selten gespielte Strauß-Walzer „Rosen aus dem Süden“ op. 399 gespielt. Als krönende Zugabe gab es noch den „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß (Vater).

Ein gelungenes Neujahrskonzert und schwungvoller Beginn für ein hoffentlich gutes Jahr 2014!




Festlich-schwungvolle Operettengala

Die Operette ist tot? Davon konnte am 13. Dezember bei der festlichen Operettengala keine Rede sein oder wie Gastgeber Kammersänger Hannes Brock angesichts des fast ausverkauften Opernhauses zur Begrüßung sagte: „Es sind aber viele zur Trauerfeier gekommen.“ Die Operettengala „Die ganze Welt ist himmelblau“ zeigte, dass die Operette in seinen Facetten sowohl gefühlvoll, temperamentvoll, humorvoll und für die Interpreten äußerst anspruchsvoll ist.

 

Die Bühnendekoration war in einem festlichen rot gehalten. Neben zwei Kronleuchtern, rotem Vorhang waren auf der linken Seite eine riesige Rose aus Stoff zu sehen.

Das Programm gab Einblicke in die Operetten von Robert Stolz (z. B. Die ganze Welt ist Himmelblau), Johann Strauss ( z. B. Fledermaus), Franz Lehár (z.B. Lustige Witwe), Jacques Offenbach (La Grande Duchesse de Gérolstein), Carl Millöcker (Der Bettelstudent) oder Eduard Künneke ( Der Vetter aus Dingsda).

Gleich drei Dirigenten, nämlich der GMD Gabriel Feltz, Motonori Kobayashi und Philipp Armbruster führten die Dortmunder Philharmoniker musikalisch temperamentvoll und engagiert durch den Abend.

Tatkräftig unterstützt wurden die Interpreten ab und zu durch den elegant gekleideten Chor des Theater Dortmund unter der Leitung von Granville Walker.

Als wunderbarer und charmanter Moderator und Interpret zeigte sich einmal mehr Kammersänger Hannes Brock. Er führt mit viel Witz durch das Programm.

Das Programm selbst setzte sich aus verschiedenen Arten der Operette zusammen. Angefangen von den Offenbach-Operetten über die berühmten Wiener Operetten („Die Fledermaus“) oder den eher burschikosen Berliner Operetten („Der Vetter aus Dingsda“)

 

Ein Highlight des Abends war sicherlich das von Eleonore Marguerre wunderbar vorgetragene Vilja-Lied aus Franz Lehárs „LustigenWitwe“. Nicht nur Brock war schwer begeistert: „Das war schon Weltklasse“. Auch wie Marguerre die schwierigen Koloraturen bei „Conduisez-moi vers celui que j’adore“ („Robinson Crusoe“ von Jacques Offenbach) fast mühelos meisterte, war beeindruckend. Im Duett zusammen mit Hannes Brock konnte sie auch mit „Ich bin ein echtes Wiener Blut“ aus der Operette Wiener Blut von Johann Strauss begeistern.

Zu sehen und zu hören war auch das neue Paar aus Franz Lehárs „Der Graf von Luxemburg“ (Premiere ist am 11. Januar 2014): Julia Amos und Lucian Krasznec. Beide boten eine Kostprobe ihres gesanglichen Könnens mit „Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt“ aus Franz Léhars „Das Land des Lächelns“.

Für einen gelungenen Abend trugen auch John Zuckerman, Morgan Moody, Anke Briegel und Ileana Mateescu bei. Mateescu verzauberte bei ihrem Lied „Ah, que j’aime les militaires“ aus „La Grande-Duchesse de Gerolstein“ von Jacques Offenbach, nicht nur mit ihrer Stimme, sondern auch mit einem Kleid mit tiefen Rückenausschnitt.

Ein großes Kompliment für die wunderbare Choreographie von Adriana Naldoni für den „Batavia-Fox aus dem „Vetter aus Dingsda“ von Eduard Künneke.

 

Geplant war eigentlich, dass Christian Sist das Lied „Ach , ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“ aus dem Bettelstudent von Carl Millöcker Lied singen sollte. Sist kam aber erst zum Finale und zur Zugabe auf die Bühne. Als Ersatz beeindruckte Morgan Moody mit „Wenn auch die Jahre enteilen…es war einmal“ aus „Im Reich des Indra“ von Paul Lincke.

 

Die Besucher der Operettengala verlangten eine Zugabe und bekamen sie: Das gesamte Ensemble sang das Finale des zweiten Aktes der „Fledermaus“. Diese Zugabe wurde zur Freude des Publikums wiederholt.