Dokumentarfotografie stellt Menschen in den Mittelpunkt

Mit der Ausstellung „encounters“ präsentieren vier
Dokumentarfotografen des DOCKS Collective vom 22. Juni bis 14. Juli
2019 im Künstlerhaus Dortmund ihre Arbeiten. Behandeln ihre Werke
unterschiedliche Themen, so ist doch immer der Mensch im Mittelpunkt.
Ob Klimawandel, Naturkatastrophe oder dörfliche Sitten und
Gebräuche: Überall prägt der Mensch durch sein Tun und Handeln
seine Umgebung. Zum Guten, aber auch zum Schlechten. Die Ausstellung
zeigt eindrucksvolle Bilder von aktuellen Langzeitprojekten.

Arne Piepke
fotografierte Schützenvereine und die dazugehörigen Schützenfeste
seiner Heimat im Sauerland. Er hat seinen Bildern den übergreifenden
Titel „Für Glaube, Sitte, Heimat“ gegeben, ein Motto, das noch
auf manchen Vereinsflaggen zu sehen ist. Warum haben die
Schützenvereine in den Dörfern noch eine Bedeutung, wollte Piepke
hinterfragen. Sie sind vor allem identitätsstiftend. Für
Jugendliche ist es oft der einzige Weg, sich in die Dorfgemeinschaft
zu integrieren. Es besteht schon ein gewisser Gruppenzwang. Piepke,
der die Schützenvereine drei Jahre lang begleitet hatte, erkannte
deutliche Unterschiede: Es gebe konservative Vereine und weniger
konservative, bei denen die Gemeinschaft wichtiger sei als das
Beharren auf Werte. Seine Bilder geben einen Einblick in eine Welt,
die oft nach bestimmten choreografischen Regeln arbeitet.

Mit „Incendio“
behandelt Fabian Ritter das Thema des verheerenden Waldbrandes in
Portugal 2018. Dabei vermeidet er Sensationsbilder und fragt sich
eher, wie geht es den Menschen jetzt. Seine Bilder sind an zwei
Wänden aufgehängt und zeigen Fotografien kurz nach dem Brand und
welche, die sechs Monate später aufgenommen wurden. Während die
Natur sich ganz langsam erholt, schwanken die Menschen zwischen
Resignation und Wiederaufbau. Die Landschaftsfotografien von Ritter
erinnern wegen der Farbe und dem Licht manchmal an Landschaftsmalerei
aus der Renaissance, aber ohne zu romantisieren.

Nicht nur in Dortmund gibt es „Horrorhäuser“, auch in Göttingen. Das „Iduna-Zentrum“ ist ein Relikt aus den 70er Jahren, als man vorhatte, ein luxuriöses Hochhaus zu errichten mit allen Besonderheiten wie Sicherheitsdienst, Pförtner oder Sauna. Doch die finanziell Bessergestellten nahmen das Projekt nicht an und so verwandelte sich das Vorzeigeobjekt zum sozialen Brennpunkt. Seit zweieinhalb Jahren begleitet Ingmar Björn Nolting, der mehrere Monate selbst dort lebte, mit seiner Reihe „Hinter Fassaden“ die Bewohner der Appartements im Kampf ums Überleben. Suchtkranke, SozialhilfeempfängerInnen, Geflüchtete und Menschen in Altersarmut prägen die Nachbarschaft. Noltings Bilder geben eindrucksvoll Zeugnis vom Kampf um ein klein wenig Würde in ihrer privaten Lebenswelt ohne voyeuristisch zu sein. Nolting ergänzt seine Bilder mit selbstverfassten Gedanken der Bewohner des Hochhauses zu ihrer Situation.

Ein See wird zur
Wüste. Die ökologische Katastrophe rund um den Urmia-See im
Nordwesten Irans ist in der Öffentlichkeit weitgehend ungekannt. War
der See vor einiger Zeit noch zehnmal größer als der Bodensee,
mittlerweile ist er auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe
geschrumpft. Das führt zu vielen Problemen: Zunächst stieg der
Salzgehalt sehr stark an und ist mittlerweile mit dem Toten Meer zu
vergleichen. Darüber hinaus gibt es regelrechte Salzstürme, die die
Felder schädigen. Die Konsequenz: Bald könnten über 5 Millionen
Menschen aus der unwirtlicher werdenden Gegend fliehen. Maximilian
Mann Fotoreihe „Lake Urmia“ beschäftigt sich mit den sich
verändernden Lebensgrundlagen der Menschen und möchte damit auf das
Schicksal des Sees und der ihn umgebenden Bevölkerung aufmerksam
machen.

Mehr Informationen
zum DOCKS Collective unter https://dockscollective.com

Künstlerhaus Dortmund Sunderweg 1 | 44147 Dortmund
Öffnungszeiten Ausstellung Do – So 16 – 19 h