Das Dortmunder U verwandelt sich vom 16. bis zum 19. Januar in ein Wirtschaftszentrum. Der Hartware MedienKunstVerein (HMKV) organisiert eine Wirtschaftskonferenz zum Thema „Geld und Schulden in der postindustriellen Welt“. Um die Theorie mit der Praxis zu verbinden, können Besucher der Konferenz auf der „Utopia Stock Exchange“ mit echtem Geld an einem Börsenspiel teilnehmen.
Woher kommt der Kapitalismus, wie ist unser Geldsystem entstanden und wohin entwickelt es sich angesichts virtueller Bezahlsysteme wie etwa Bitcoin? Experten und Künstler verschiedener Disziplinen diskutieren über Fragen wie Was bedeutet die Vergemeinschaftung von Schulden? oder Welche Ziele sollte sich eine Gesellschaft setzen, die wirtschaftlich nicht mehr wachsen kann? Auch das Thema „bedingungsloses Grundeinkommen“ wird zur Sprache gebracht.
Neben Referenten aus Deutschland wie Ulrike Herrmann (Wirtschaftskorrespondentin der taz) oder der Kuratorin und Publizistin Adrienne Goehler sind auch internationale Gäste zu erleben. Unter anderem wird der italienische Soziologe und Philosoph Maurizio Lazzarato am Freitag anwesend sein, der Aktivist Denis Roio am Samstag.
Passend zum Thema findet am 16. Januar um 20 Uhr im View-Club (7. etage) des Diortmunder U ein „Science Slam“ statt. Unter dem Motto „Geld, Schulden, Wissenschaft“ werden fünf „Slammer“ um die Gunst des Publikums buhlen. Jeweils 10 Minute hat jeder von ihnen Zeit, die Zusammenhänge zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu erklären.
Nach soviel Theorie können die Besucher auch die Praxis erleben. Das Künstlerkollektiv „Invisible Playground“ öffnet am Samstag ab 19:30 Uhr den Live-Handel der „Utopia Stock Exchange“. Hier werden aber keine Unternehmen, sondern lokale Utopien gehandelt, die vorher auf der Seite www.utopiastockexchange.de eingereicht wurden. Unter den Ideen gehört beispielsweise eine „Dialogmaschine“ im Unionsviertel, der wie ein einarmiger Bandit aussieht, aber Kontaktmöglichkeiten ausspucken soll. Eine weitere Idee ist der „Arnsberg“. Damit soll der Regierungssitz nach Dortmund kommen. Der 1000 Meter hohe Berg soll auf dem Thyssen-Krupp-Gelände an der Rheinischen Straße entstehen.
Die Utopien werden mit echtem Geld gehandelt. Aus einem Euro wird ein U. Von den sechs Euro des Eintrittspreises dienen vier Euro als Börsenspiel-Einsatz. Am Samstag verwandelt sich die 6. Etage in ein Börsenparkett mit Börsen-TV, Interviews mit den „Utopisten“ und Fachleuten. Am Ende des Abends kann das erspielte Geld wieder zurückgetauscht werden oder als Startkapital in die Utopien gesteckt werden. Wofür entschiedet man sich: Für das Geld oder den Glauben an die Zukunft? „Es geht um die Begegnung mit den Menschen, die die Utopien entwickelt haben“, betonte Inke Arns vom HMKV.
Regisseur Jens Heitjohann im U-Turm, der ersten Station des Rundgangs durch das Unionviertel.
Das Unionsviertel ist ein Ort mit langer Geschichte des Wirtschaftens. Waren früher Kohle, Stahl und Bier die maßgeblichen Wirtschaftsfaktoren, sind es heute kleine Läden und ein Hauch von Kunst und Kultur. Der Hartware MedienKunstVerein läst Menschen ein, um das Unionsviertel und seine Bewohner unter dem ökonomischen Standpunkt in einem Rundgang zu erkunden. Der Titel dafür lautet „I promise, I am the Future“ und wurde von Regisseur Jens Heitjohann für das „New Industries Festival“ konzipiert. Ars Tremonia war mit auf einem Presserundgang.
Neben meiner Wenigkeit war Kai-Uwe Brinkmann von den Ruhr-Nachrichten mit auf der Tour. Bis zur ersten Station begleitete uns auch noch Fotograf Dieter Menne (ebenfalls RN). Der Rundgang beginnt normalerweise im U-Turm. Hier bekommt der Teilnehmer über ein Tablet-PC von zwei ehemaligen Mitarbeitern der Union-Brauerei erklärt, wie die Arbeit in dem ehemaligen Kühlturm vonstatten ging. Theoretisch, denn auf dem Presserundgang funktionierte es noch nicht, daher fingen wir mit der zweiten Station an.
Nach dieser Einführung in die ehemalige Arbeitswelt, werden die Teilnehmer am Eingang von einer Performerin abgeholt, die ihre Lebensgeschichte erzählt. Dabei geht es darum, dass ihr Wunsch nach Teilhabe an der Arbeitswelt häufig kein Gehör findet. Überqualifiziert und zu alt, das sind die häufigsten Bremsklötze, die man ihr in den Weg wirft.
Während des Gespräches gingen wir zur St. Suitbert-Kirche, in der sich die spanische Mission befindet. Hier übernimmt der nächste Performer, der sich als waschechter katholischer Priester entpuppt. Leider steckte der Pfarrer zur Zeit des Presserundgangs in einem Stau, doch Dramaturgin Aline Benecke erzählte, dass es in dieser Station einerseits um das Thema „Vertrauen“ gehe und andererseits um die Situation der spanischen Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach Dortmund kommen. Darüber hinaus lauscht der Pfarrer „progressive Rock“ (hört, hört!).
Leider musste auch die nächste Station übersprungen werden, der tamilische Fernsehsender. Im Unionsviertel gibt es eine lebendige tamilische Community, die neben Restaurants und Supermärkten auch einen Fernsehsender betreibt. Leider konnten wir nicht in den Genuss einer Synchronisation kommen, aber diese Station könnte sicherlich das Highlight des Rundgangs werden.
Daher gelangten wir zu einer Frau, die vor rund 20 Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen ist. Nach Anfangsschwierigkeiten arbeitet sie als Ergotherapeutin, träumt aber davon, mit 56 Jahren noch einmal etwas Neues anzufangen. Begonnen hat sie damit, auf dem Platz einer ehemaligen Baumscheibe in Eigenregie einen kleinen Garten zu bauen.
Wieder hieß es, während des Gespräches (eigentlich ein Monolog) gingen wir erneut spazieren, diesmal sogar über das Unionsviertel hinaus Richtung Althoff-Block.
Dort besuchten wir eine Wohnung, wo uns ein langjähriger Vollzugsbeamter erklärte, was der Staat tut, um Schulden einzutreiben. Welche Möglichkeiten es gebe, seine Kooperation zu zeigen und welche Konsequenzen es habe, wenn man partout nicht bezahlen will. Am Ende seines Vortrages konnten wir Fragen stellen, was die Situation doch sehr entspannte.
Zur nächsten Station ging es überraschenderweise mit dem Taxi. Dort sollte eigentlich aus dem Radio ein Text über Banker ertönen, doch das hatte irgendwie nicht geklappt oder es ist untergegangen. Jedenfalls lernten wir in einem leeren Ladenlokal an der Rheinischen Straße Reinhard Stuttmann kennen, der lange Zeit seines Lebens damit verbracht hat, auf Seminaren und Kongressen Menschen über Steuern, Geld, Rente etc. zu informieren. Dabei lernte er Zaubertricks und konnte seine Veranstaltungen etwas auflockern. Sein Thema bei der Tour ist: Was würdest du tun, wenn du ein Jahr zur freien Verfügung hättest? Es kann gut sein, dass es für Leute, die jahrzehntelang im Hamsterrad laufen eine Befreiung sein könnte. Doch was ist mit den Leuten, die zwangsweise das ganze Jahr „frei“ haben?
Geschafft! Das Hoesch-Verwaltungsgebäude war die letzte Station auf dem Rundgang.
Danach ging es zum Salon Atelier in der Adlerstraße. Hier werden beim „richtigen“ Rundgang zwei Elfjährige die Teilnehmer bis zum Hoesch-Verwaltungsgebäude (dem ehemaligen Versorgungsamt) an der Rheinischen Straße führen. Eins der beiden Mädchen war auf Klassenfahrt, so dass auf dem Presserundgang ein älterer Ersatz mitging. Im Text, der dialogisch vorgetragen wurde, ging es um Utopien künftiger Wirtschaftsformen. Ob die nun auf Selbstversorgungsbasis basiert (Solarzellen auf dem Dach und Windrad im Garten sorgen für Strom), wie in den Texten formuliert, bleibt wohl abzuwarten. Jedenfalls fand ich es mühsam, auf der vorletzten Station einem sehr hochgestochenen Text zu folgen, der auch nicht von Kindermund stammt.
Zum Schluss stand das ehemalige Verwaltungsgebäude von Hoesch auf dem Programm, auch bekannt als ehemaliges Versorgungsamt. Hier gab es wie am Anfang über Kopfhörer Informationen über Hoesch. Dazu mussten wir auch in die vierte Etage. Ohne Fahrstuhl, wohlgemerkt.
Fazit: Wer jetzt sagt, das klingt ja so ähnlich wie „Crashtest Nordstadt“, dem kann ich sagen: Ja, das stimmt. Auch hier geht es primär darum, ehe unbekannte Orte und Menschen zu treffen, die eine besondere Geschichte zu erzählen haben. Auch die große Klammer, die Ökonomie, ist ähnlich. Ein Spielelement, wie es bei den Crashtests existierte, fehlt aber völlig. Das ist zunächst einmal ein großer Unterschied.
Das Wichtigste: Die Teilnehmer sollten sehr gut zu Fuß sein. Da es sehr lange Laufstrecken gibt und im Hoesch-Verwaltungsgebäude die Aufzüge wohl außer Betrieb sind, ist die Tour für Menschen mit Gehbehinderungen oder mit Kinderwagen völlig ungeeignet. Auch die fehlenden Trinkgelegenheiten wurden bemängelt, dabei wäre es eigentlich kein Problem, in der Wohnung mit dem Vollzugsbeamten etwas Wasser hinzustellen.
Wenn alle Stationen einsatzbereit sind, ist eine geplante Dauer von ca. zwei Stunden leicht optimistisch.
NEW INDUSTRIES FESTIVAL: Jens Heitjohann – I promise, I am the Future – Performativer Rundgang
Dortmunder Unionviertel
13. Oktober 2013 | 13:00 Uhr
20. Oktober 2013 | 13:00 Uhr
27. Oktober 2013 | 13:00 Uhr
03. November 2013 | 13:00 Uhr
10. November 2013 | 13:00 Uhr
17. November 2013 | 13:00 Uhr
Anmeldung:
Begrenzte Teilnehmerzahl (maximal drei Personen pro Rundgang), Anmeldungen nur telefonisch unter 0231-47 63 668 (HMKV im Dortmunder U)
Eintrittspreis: 5 €, keine Ermäßigung
Attraktives Programm zur Museumsnacht im Dortmunder U
Freuen sich auf die Muesuemsnacht 2013: (v.l.n.r.) Jasmin Vogel (Marketing Dortmunder U), Miriam Gaffran (Kulturelle Bildung und Vermittelung HMKV), Mechthild Eickhoff (Leitung U2_kulturelle Bildung), Regina Selters (stellv. Direktorin Museum Ostwall) und Rolf Dennemann (artscenico e.V.)Am 28. September 2013 ist es soweit. Die 13. DEW21-Museumsnacht bietet interessierten Menschen an gut 60 Veranstaltungsorten von 16 Uhr bis 2 Uhr nachts wieder Gelegenheit, dass vielfältige Kunst-und Kulturleben unserer Stadt näher in Augenschein zu nehmen.
Mit einem vielseitigen und umfangreichen Programm lädt auch das Dortmunder U an diesem Tag Neugierige und Interessierte zu einem Besuch ein.
„Mit fast 30 Programmpunkten bieten wir ein großes Angebot. Wichtig ist uns dabei, die kleinen und großen Besucherinnen und Besucher oft zum mitmachen zu animieren“, verriet Jasmin Vogel, zuständig für das Marketing im Dortmunder U.
Besonders freut sie sich darüber, dass interessierte erstmals die Möglichkeit haben werden, die Katakomben des U zu erkunden. Dieses logistische Herz des U wird in Kooperation mit artscenico e.V. Schauplatz Ort einer Tanzperformance. Eine Verbindung von Kunst und Kultur.
Rolf Dennemann, Schauspieler und Geschäftsführender Vorstand von artscenico e.V., erklärte: „Die Katakomben sind eigentlich ein sehr nüchterner, sachliche Ort. Gleichzeitig hat er als Herz des Hauses auch eine große Bedeutung. Bei der Tanzperformance „Lost in Culture“ treffen kleine geführte Besuchergruppen von 15 bis 20 Personen auf Tänzer/-und Schauspieler/innen in ihren Kostümen . Die Tänzer wirken mit ihren Kostümen in der sachlichen Umgebung wie Gefangene auf der Suche nach einer Kulturveranstaltung, oder etwa ihrem nächsten Auftritt. Sie scheinen sich wie die Besucher im Labyrinth des Kellers verirrt zu haben.“
Die stündlich stattfindenden Führungen durch die Katakomben dauern etwa 20 Minuten. Beginn ist 18 Uhr , Ende ist um 24 Uhr.
Um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich für eine Führung zu einer ganz bestimmten Uhrzeit zu entscheiden, werden vorab Ticketnummern vergeben. So können sich die Besucher schon früh entscheiden, zu welcher Uhrzeit sie an einer Führung teilnehmen wollen oder können. In der Zwischenzeit gibt es ja viel zu erkunden.
Von .16 bis 24 Uhr findet auf dem Vorplatz unter dem Motto „Futter frei. Sie sind dabei!“ eine Aktion von Adolf Winkelmann zur Rettung der Fische in der Dachkrone des Dortmunder U statt. Besucher können dort am Stand des Vereins Fischfutter erwerben und dann dabei sein, wenn Winkelmann es an die quirligen Gesellen hoch über der Stadt verfüttert.
Die Aktion wird von einer dialogischen Dokumentation begleitet. Passend dazu zeigt das Kino im U Kurz -und Langfilme rund um das Thema „Fisch“.
Der Hartware MedienKunstVerein bietet den Besuchern von 20 bis 24 Uhr unter dem Motto „Move your City“ (Bewege deine Stadt) Gelegenheit, sich als Teil einer Schattenspiel-Performance aktiv einzubringen.
„ Auf dem Vorplatz können sie die Gestaltung der Dortmunder Skyline nach dem „Do-It-Yourself-Prinzip mit einer selbst gefertigten Schablone selbst in die Hand zu nehmen. Aus den Schablonen entsteht so live ein Schattenspielvideo, dass die ganz Nacht über auf dem Vorplatz des Dortmunder U projiziert wird“,erläuterte Mijam Gaffran (Kulturelle Bildung und Vermittlung HMKV).
Die U2_Kulturelle Bildung soll von 16 bis 24 Uhr unter dem Titel „Verwaldung“ das „grüne Herz“ des Dortmunder U werden.
„Die Besucher sind aufgerufen, an grünen Wollranken weiter zu häkeln, eigene Naturaufnahmen mitzubringen oder Naturstudien in Skizzen zu hinterlassen. Sie können aber auch einfach mit Kopfhörer beim Natursound entspannen“, so Mechthild Eickhoff, Leitung U2_Kulturelle Bildung.
Für die kleinen Besucher/innen gibt es neben speziellen Führungen ab 16 Uhr auch einige Mit-mach-Aktionen.
Von 16 bis 20 Uhr gibt es auf der U2_Kulturelle Bildung/Ebene 6 Oberlichtsaal zum Beispiel die Aktion „Moving Types- Druckwerkstatt für Kinder“.
„Hier können die Kinder sich mit unterschiedliche Materialien und Farben auf eine besondere Art den Buchstaben annähern“, erklärte Regina Selter , die stellvertretende Direktorin des MO.
Auch für Erwachsene gibt es Raum, sich künstlerisch auszudrücken. So gibt es zum Beispiel von 18.30 Uhr bis 22 Uhr auf der Ebene 4 den MO Kunstwerkshop
“Bodybuilding“. Dort können die Besucher faszinierende Kunstkörper kennenlernen und selbst gestalten.
Im Museum Ostwall auf der 4. Etage können die Besucher deren Direktor Prof. Dr. Kurt Wettengl Fragen zur Fluxus-Kunst oder anderen Themen stellen.
Dort hält Prof. Dr. Wettengl von 20 bis 21 Uhr auch eine besondere Sprechstunde unter dem Titel „Kunst und Museum: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie….“
Das ist nur eine Auswahl des riesigen Angebotes.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.dortmunder-u.de oder Tel.: (0231) 50-2 47 23