Pariser Leben – Dortmunder Opernball 2014

So werden die Tische am Dortmunder Opernball 2014 aussehen.
So werden die Tische am Dortmunder Opernball 2014 aussehen.

In diesem Jahr laden die Theater- und Konzertfreunde Dortmund zusammen mit dem Theater Dortmund mitten im Karneval am 1. März unter dem Motto „Pariser Leben“ zum Dortmunder Opernball 2014 in das Opernhaus ein.

„Diesmal ist das hochklassige Opernensemble unserer Stadt selbst der „Stargast“. Das ist unsere Anerkennung für deren geleistete, von hoher Qualität geprägten Arbeit. Unsere Sängerinnen und Sänger sind ja auch bei anderen Opernhäusern inzwischen hoch im Kurs. Wir feiern sie und uns sozusagen mit einem großen Fest“, erklärte Prof. Dr. Michael Hoffmann, Vorsitzender der Theater- und Konzertfreunde Dortmund e.V..

 

Das Dortmunder Opernensemble bringt mit ihren Stimmen den Mythos Paris auf die Bühne. Musik aus Opern von von Berlioz, Massenet oder etwa George Bizet wird zu hören sein. Also das Beste aus Grand Opera und Opera comique. Opernintendant Jens-Daniel Herzog erläuterte: „Die Vorbereitungen für dieses gesellschaftliche Ereignis sind auf allen Ebenen sind voll im Gange.“ Begleitet wird das Programm musikalisch von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

 

Erstmals wird das Ballett Dortmund unter der Choreographie von Direktor Xin Peng Wang in das Hauptprogramm integriert. Ballettmanager Tobias Ehinger verriet: „Alle 18 Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles werden zu sehen sein. Sie bringen Wiener Walzer von Johan Strauss auf eine besondere humorvolle Weise auf das Parkett. Lassen Sie sich überraschen.“

 

Kulinarisch ist für die Ballgäste bestens durch den jungen Sternekoch Michael Dyllong gesorgt. Sein differenziertes Angebot erfüllt alle Ansprüche. Ob als Drei-Gänge-Menu für die Gäste im Parkett oder erstmals auch als Angebot zum Selbstzusammenstellen an Gourmet-Ständen auf der ersten Etage.

 

Eine kleine Auswahl an Köstlichkeiten.
Eine kleine Auswahl an Köstlichkeiten.

Was wäre ein Ball ohne tanzen?

Um die 20 Paare aus der Tanzschule Gödde eröffnen mit dem Debütantinnenball und einer eingeübten Choreographie diesen Teil des Abends. Danach können alle Besucher Walzer und weitere Tänze aufs Parkett legen. Claudia Roth, Vizepräsidentin des Bundestages, hat sich erneut angesagt und wird als ranghöchster Gast den Tanz auf der Bühne eröffnen. Erwartet wird weiterhin Prominenz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Bei erfreulichen Ausgang beim Heimspiel gegen Augsburg habt sich auch BVB-Kapitän Sebastian Kehl mit einigen Spielern angekündigt.

 

Nach Mitternacht wird die Bühne als exklusiver Night Club zur angesagten „Pariser Bar“. Der Besucher ist eingeladen Varieté, Cabaret und Musik. Winnie Appel und Band spielen mit heißen Rhythmen zum Tanz auf.

 

Bis zum Morgengrauen hat das Publikum vielfältige Unterhaltungsmöglichkeit im ganzen Haus. Tanzen nach Walzerklängen der Dortmunder Philharmoniker auf der Bühne, rhythmisch nach Chart-Titel. Gespielt werden diese von den jungen Dortmunder Musikern Sascha Salvati und Tialda van Slogteren sowie der Band BEATPAKK.

Jazz in Opera mit Cross-over Sound und DJ Nachtfalke sorgen für Partystimmung.

Wer Lust dazu hat, kann zudem sein Glück beim Roulettspiel mit „Spielgeld“ an der Cocktail-Bar im Opernhaus versuchen.

 

Es gibt noch 150 Karten in allen Preislagen. Die Preise für eine Karte hängt davon ab, ob jemand Mitglied bei den Theater- und Konzertfreunden ist

 

Preis (€) Nichtmitglied Preis (€) Mitglied
Parkett Reihe 1-15 330 250
Parkett Reihe 17-25 290 220
1. Logenrang 180 140
2. Logenrang 150 120
Flanieren 120 110

 

Vom Erlös jeder Eintrittskarte spendet der Verein der Theater- und Konzertfreunde 100 € für die künstlerische Arbeit des Theaters.

 




Carmen – die Geschichte einer femme fatale

Kaum eine Oper ist bekannter als „Carmen“ von Georges Bizet. Am 01. Februar steht sie auf dem Spielplan der Oper Dortmund. Auf einer Matinee gaben Dramaturg Georg Holzer, der musikalische Leiter Gabriel Feltz sowie Regisseurin Katharina Thoma Einblicke in das Stück.

 

Es ist ja ironisch: Die Uraufführung von „Carmen“ am 03. März 1875 in Paris war ein Misserfolg für den Komponisten Bizet. Dass die Oper schon ein halbes Jahr später in Wien ein riesiger Erfolg wurde, erlebte Bizet nicht mehr. Er starb bereits am 03. Juni 1875 mit 36 Jahren.

 

Was macht die Faszination von „Carmen“ aus? Neben der Musik sicher die immer frische Thematik einer Dreiecksbeziehung. Denn die Titelheldin Carmen steht zwischen zwei Männern. Unerhört in der damaligen Zeit war wohl die lockere Moral in dem Stück und dass es sich bei Carmen um eine ziemlich selbstbewusste Frau handelt.

 

„Carmen ist ein Typ Frau, den es immer geben wird“, so Holzer. Die femme fatale ist Zigeunerin, kommt also aus der Unterschicht. Heute würde man Prekaritat dazu sagen. Carmen verdreht jedem Mann den Kopf, weil sie Unabhängig ist. „Carmen ist eine Frau, die weiß, wie man sich durchs Leben kämpft“, beschreibt Holzer die Titelheldin. Diese Unabhängigkeit macht ihrem Verehrer Don José zu schaffen.

Don José ist ein echtes Muttersöhnchen, wird durch seine Leidenschaft zu Carmen immer brutaler und unberechenbarer. Als sich Carmen in den Stierkämpfer Escamillo verliebt, kommt es zur Katastrophe. Don José ermordet Carmen.

 

Neben der Wandlung von Don José vom Muttersöhnchen zum Mörder ist auch die Wandlung von Carmen von Bizet spannend umgesetzt. Carmen beginnt als machtvolle Frau, die weiß, wie sie ihre Waffen einsetzen kann, bis sie vom Stierkämpfer Escamillio „bezwungen“ wird. Doch Kompromisslosigkeit, mit der sie ihre Schönheit einsetzt, kann nicht ewig weitergeführt werden. Denn Schönheit ist endlich. Was wäre mit Carmen wohl passiert, wenn sie nicht ermordet worden wäre? Ehefrau von Escamillo mit vielen Kindern oder müsste sie einsam als Bettlerin auf der Straße leben?

 

Das Stück wird in der alten Dialogfassung aufgeführt, denn „die Rezitativfassung wäre auch nicht natürlich“, so die Regisseurin Thoma.

 

Carmen wird gesungen von Katharina Peetz (oder von Ileana Mateescu), Don José singt Christoph Strehl und Morgan Moody übernimmt die Rolle von Escamillo.

 

Termine: SA, 01. FEBRUAR 2014, SO, 09. FEBRUAR 2014, SA, 15. FEBRUAR 2014, FR, 21. FEBRUAR 2014, MI, 05. MÄRZ 2014, SA, 08. MÄRZ 2014, SO, 16. MÄRZ 2014, SO, 23. MÄRZ 2014, DO, 27. MÄRZ 2014, SO, 20. APRIL 2014 und SA, 05. JULI 2014




Im Dreivierteltakt ins neue Jahr

Standen beim Neujahrskonzert 2013 noch der nahe Abschied von Jac van Steen und Spanien im Mittelpunkt, wählte der neue Generalmusikdirektor Gabriel Feltz und die Dortmunder Philharmoniker Wien mit Walzern oder Polkas von Johann Strauß Jr., sowie die Operetten von Franz Lehár für 2014 als thematischen Hintergrund aus. Die festliche, in dunkelrot gehaltene Dekoration aus der Operettengala konnte in der Dortmunder Oper gleich wieder Verwendung finden.

 

Der Abend begann mit der Ouvertüre zur Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai (1810 -1849). Nicolai war der „Urvater“ des sinfonischen Orchesters, wie Feltz dem Publikum erklärte.

Die Sopranistin Mirella Hagen glänzte mit ihrer klaren Stimme bei der Arie der Adele „Mein Herr Marquis“aus „Die Fledermaus“ von Johann Strauß Jr. Danach zeigten die Dortmunder Philharmoniker, das Märsche Lebensfreude vermitteln können. „Das hat schon fast etwas anti-militaristisches, bemerkte Feltz.

Es folgte die temperamentvolle und spritzige Pizzicato-Polka op. 335 von Strauß Jr.. Bei dem folgenden „Kaiserwalzer“ und dem Walzer „An der schönen blauen Donau“ von Strauß Jr. machten der GMD und die die Philharmoniker die Faszination der Walzer und ihre verschiedenen Facetten deutlich. Mal schwungvoll spritzig, mal wienerisch melancholisch.

Julia Amos, die bald in der Operette „Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár zu hören und bewundern sein wird, brachte gefühlvoll die Arie der Giuditta „Meine Lippen sie küssen so heiß“ aus Lehárs Operette „Giuditta“ auf die Bühne.

Danach folgte die rasante „Tritsch-Tratsch-Polka“ von Strauß Jr.. Ein musikalischer Glanzpunkt war sicherlich auch die von dem badischen Tenor Daniel Ohlmann gesungene Arie des Prinzen Sou-Chong „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem „Land des Lächelns“ von Franz Lehár.

Diese Arie wird vor allem mit dem legendären Richard Tauber in Verbindung gebracht, Da liegt die Messlatte schon hoch. Ohlmann stellte sich dieser Herausforderung.

 

Die Dortmunder Philharmoniker konnten ihr Können mit einigen Soloeinsätzen einzelner Instrumente beim „Perpetuum Mobile op. 257“ von Strauß Jr. Beweisen. Dass Gabriel Feltz nicht nur ein temperamentvoller Dirigent ist, sondern auch über eine gehörige Menge Humor verfügt, bewies er zum Ende dieser Nummer. Um das Ende herbeizuführen, versuchte er es zunächst mit Bestechung, dann sogar mit dem drohenden Einsatz einer Pistole. Selbst ein Zuschauer, der von Feltz den Dirigentenstab bekam, konnte die Musiker nicht zum Aufhören bewegen. Erst als Opernintendant Jens-Daniel Herzog sowie die Solisten auf die Bühne kamen und allen Besuchern ein „Frohes Neues Jahr“ wünschte, war die schnelle Polka beendet. Zum Schluss wurde zur Freude des Publikums der selten gespielte Strauß-Walzer „Rosen aus dem Süden“ op. 399 gespielt. Als krönende Zugabe gab es noch den „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß (Vater).

Ein gelungenes Neujahrskonzert und schwungvoller Beginn für ein hoffentlich gutes Jahr 2014!




Festlich-schwungvolle Operettengala

Die Operette ist tot? Davon konnte am 13. Dezember bei der festlichen Operettengala keine Rede sein oder wie Gastgeber Kammersänger Hannes Brock angesichts des fast ausverkauften Opernhauses zur Begrüßung sagte: „Es sind aber viele zur Trauerfeier gekommen.“ Die Operettengala „Die ganze Welt ist himmelblau“ zeigte, dass die Operette in seinen Facetten sowohl gefühlvoll, temperamentvoll, humorvoll und für die Interpreten äußerst anspruchsvoll ist.

 

Die Bühnendekoration war in einem festlichen rot gehalten. Neben zwei Kronleuchtern, rotem Vorhang waren auf der linken Seite eine riesige Rose aus Stoff zu sehen.

Das Programm gab Einblicke in die Operetten von Robert Stolz (z. B. Die ganze Welt ist Himmelblau), Johann Strauss ( z. B. Fledermaus), Franz Lehár (z.B. Lustige Witwe), Jacques Offenbach (La Grande Duchesse de Gérolstein), Carl Millöcker (Der Bettelstudent) oder Eduard Künneke ( Der Vetter aus Dingsda).

Gleich drei Dirigenten, nämlich der GMD Gabriel Feltz, Motonori Kobayashi und Philipp Armbruster führten die Dortmunder Philharmoniker musikalisch temperamentvoll und engagiert durch den Abend.

Tatkräftig unterstützt wurden die Interpreten ab und zu durch den elegant gekleideten Chor des Theater Dortmund unter der Leitung von Granville Walker.

Als wunderbarer und charmanter Moderator und Interpret zeigte sich einmal mehr Kammersänger Hannes Brock. Er führt mit viel Witz durch das Programm.

Das Programm selbst setzte sich aus verschiedenen Arten der Operette zusammen. Angefangen von den Offenbach-Operetten über die berühmten Wiener Operetten („Die Fledermaus“) oder den eher burschikosen Berliner Operetten („Der Vetter aus Dingsda“)

 

Ein Highlight des Abends war sicherlich das von Eleonore Marguerre wunderbar vorgetragene Vilja-Lied aus Franz Lehárs „LustigenWitwe“. Nicht nur Brock war schwer begeistert: „Das war schon Weltklasse“. Auch wie Marguerre die schwierigen Koloraturen bei „Conduisez-moi vers celui que j’adore“ („Robinson Crusoe“ von Jacques Offenbach) fast mühelos meisterte, war beeindruckend. Im Duett zusammen mit Hannes Brock konnte sie auch mit „Ich bin ein echtes Wiener Blut“ aus der Operette Wiener Blut von Johann Strauss begeistern.

Zu sehen und zu hören war auch das neue Paar aus Franz Lehárs „Der Graf von Luxemburg“ (Premiere ist am 11. Januar 2014): Julia Amos und Lucian Krasznec. Beide boten eine Kostprobe ihres gesanglichen Könnens mit „Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt“ aus Franz Léhars „Das Land des Lächelns“.

Für einen gelungenen Abend trugen auch John Zuckerman, Morgan Moody, Anke Briegel und Ileana Mateescu bei. Mateescu verzauberte bei ihrem Lied „Ah, que j’aime les militaires“ aus „La Grande-Duchesse de Gerolstein“ von Jacques Offenbach, nicht nur mit ihrer Stimme, sondern auch mit einem Kleid mit tiefen Rückenausschnitt.

Ein großes Kompliment für die wunderbare Choreographie von Adriana Naldoni für den „Batavia-Fox aus dem „Vetter aus Dingsda“ von Eduard Künneke.

 

Geplant war eigentlich, dass Christian Sist das Lied „Ach , ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“ aus dem Bettelstudent von Carl Millöcker Lied singen sollte. Sist kam aber erst zum Finale und zur Zugabe auf die Bühne. Als Ersatz beeindruckte Morgan Moody mit „Wenn auch die Jahre enteilen…es war einmal“ aus „Im Reich des Indra“ von Paul Lincke.

 

Die Besucher der Operettengala verlangten eine Zugabe und bekamen sie: Das gesamte Ensemble sang das Finale des zweiten Aktes der „Fledermaus“. Diese Zugabe wurde zur Freude des Publikums wiederholt.




Ausflug in die russische und finnische Natur

Mit dem programmatischen Titel „reine_natur“ entführte Generalmusikdirektor Gabriel Feltz die Zuhörer im Konzerthaus Dortmund am 03. und 04. Dezember die Steppen Mittelasiens, nach Russland und Finnland. Ars tremonia lauschte dem 04. Philharmonischen Konzert am 04. Dezember.

 

Der Abend begann mit Alexander Borodins. Seine sinfonische Dichtung „Eine Steppenskizze aus Mittelasien“ aus dem Jahre 1880 mischte russische und fernöstliche Klänge. Borodin, auch ein berühmter Chemiker, wollte dem russischen Expansionsstreben in Mittelasien ein musikalisches Denkmal setzen. Es ist ein typisches Beispiel für Programmmusik: Borodin erzählt auf musikalische Weise wie eine orientalische Karawane unter dem Schutz der russischen Waffen durch die Steppe zieht. Ein kleines, nettes Horsd’œuvre.

 

Danach wurde es Zeit für eines der ältesten Instrumente, der Harfe. Da Marie-Pierre Langlamet aus persönlichen Gründen absagen musste, übernahm Emmanuel Ceysson den Solopart. Und wie: Spielen Harfen bei den meisten Komponisten nur eine Nebenrolle, brillierte der junge Franzose an dem rund 40 kg schweren Instrument bei Reinhold Glières „Konzert für Harfe und Orchester“ in Es-Dur, op. 74. Es ist Erstaunlich welche Klangfarben die Harfe hervorbringt und Ceysson spielt sie ganz vorzüglich. Glière komponierte das Stück 1938, doch es klingt eher 1888. Der Komponist ist trotz seines französischen Namens Russe und blieb der russischen Kompositionslehre treu: So kommen vor allem im dritten Satz sehr stark russische Melodien zum Klingen. Als Zugabe spielte Ceysson noch ein Stück von Claude Debussy auf der Harfe.

 

Nach der Pause entführte Feltz die Besucher des Konzerthauses nach Finnland. Eines der bekanntesten Werke Jean Sibelius‘ stand auf dem Programm. Ein Stück das Orchester und Dirigent sichtbar forderte. Der finnische Nationalkomponist Sibelius legte seine zweite Sinfonie etwas „wärmer“ an als seine erste. Dennoch ruft das Stück Bilder der finnischen Wälder und Seen hervor. Gerade im vierte Satz, dem grandiosen Finale, können Feltz und seine Dortmunder Philharmoniker nochmal alles aus sich heraus holen.




Bilderflut beim Tannhäuser

Elisabeth setzt sich für Tannhäuser ein. v. l.: Gerardo Garciacano (Wolfram), Morgan Moody (Biterolf), Fritz Steinbacher (Heinrich d. Schreiber), Christian Sist (Landgraf), Martin Js. Ohu (Reinmar), John Zuckerman (Walther), Chor, Daniel Brenna (Tannhäuser, v.) (Foto: ©Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Elisabeth setzt sich für Tannhäuser ein. v. l.: Gerardo Garciacano (Wolfram), Morgan Moody (Biterolf), Fritz Steinbacher (Heinrich d. Schreiber), Christian Sist (Landgraf), Martin Js. Ohu (Reinmar), John Zuckerman (Walther), Chor, Daniel Brenna (Tannhäuser, v.)
(Foto: ©Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Radikal neu interpretierte Schauspieldirektor Kay Voges am 01. Dezember in der Oper Dortmund den „Tannhäuser“ von Richard Wagner. Mit dem Videokünstler Daniel Hengst an seiner Seite fügte Voges dem Tannhäuser eine weitere Dimension hinzu. Sprachgewaltige Bilder mischten sich mit dramatischer Musik und Sängerinnen und Sängern, die auch ihr Schauspieltalent in die Waagschale warfen.

Ein entscheidender Kniff von Kay Voges war die Verknüpfung der Geschichte von Tannhäuser mit dem Roman von Nikos Kazantzakis „Die letzte Versuchung“. In Kazantzakis Roman bekommt Jesus Christus die Chance, von seinem Kreuz hinabzusteigen und ein „normales“ Leben mit Maria Magdalena zu führen. Doch am Ende sieht Jesus ein, dass es seine Bestimmung war als Erlöser zu sterben.

Ähnlich geht es Tannhäuser. Er ist Gefangen im Reich der Lüste, im Venusberg. Doch er spürt, da muss noch mehr sein. Tannhäuser verlässt die Göttin Venus, und das Reich der Wollust, um sein Heil in Maria zu suchen. Diese Frauengestalt, die natürlich komplett im Gegensatz zur Göttin Venus steht, wird bei Wagner von Elisabeth, der Nichte des Landgrafen repräsentiert. Tannhäuser trifft wieder auf seine Sangeskollegen und der Sängerkrieg auf der Wartburg beginnt. Es kommt heraus, dass Tannhäuser im Venusberg war und er wird daraufhin verurteilt, als Büßer nach Rom zu pilgern, um dort Vergebung zu finden. Doch der hartherzige Papst schenkt Tannhäuser keine Vergebung: „Erst wenn ein Wanderstab frisches Grün treibt, wird dir erst vergeben“. Tannhäuser kehrt zurück, um festzustellen, dass Elisabeth gestorben ist, um im Himmel Erlösung für Tannhäuser zu erbitten. Die wird ihm im Tode gewährt, ein Pilgerstab eines Priesters zeigt frisches Grün.

 

Ein Jesus, der sich nach einem weltlichen Leben sehnt, ein Tannhäuser, der nach Erlösung strebt. Zwei Personen, quasi spiegelbildlich vereint, erweckt Voges zum Leben. Daniel Brenna, im Jesusgewand und mit Dornenkrone, sitzt im Fernsehsessel mit einer Dose Bier, während Venus (Hermine May) in einem Haushalt mit 60-er Jahre Ambiente zugange ist. „Ist das alles gewesen“, scheint sich Tannhäuser zu fragen, denn dieses hedonistische Leben bietet ihm plötzlich nichts mehr.

Auch ungewohnt für die Zuschauer sind die Sänger wie Walther von der Vogelweide oder Wolfram von Eschinbach. Keine frommen Minnesänger, sondern Gerado Garciano, John Zuckermann, Morgan Moody und Kollegen sahen eher aus wie „Die Wartburg sucht den Superstar“ im Gangsta-Rap-Format. Gold, Glitzer und typische Posen, wobei auch die Waffen locker sitzen, wie Tannhäuser feststellen musste.

Der absolute Star, auch gesanglich, war an diesem Abend Christiane Kohl als „Elisabeth“. Sie verkörperte die reine sinnliche Liebe, die die Minnesänger besangen. Eine Liebe, die aber nur von ferne gelebt werden durfte, wer sich dem Fleisch zuwandte wie Tannhäuser, der wird ausgeschlossen. Ähnlich entrückt sang Kohl ihre Elisabeth.

Daniel Brenna sang den wohl ungewöhnlichsten Tannhäuser im Jesuslook. Bei der Anfangsarie schien sich noch ein Frosch in Brennas Kehle versteckt zu haben, der sich erst nach einigen Takten löste. Danach fand er zu einer guten Form. Gesanglich war sein Wechsel zwischen Langeweile im Venusberg, Streitlust auf der Wartburg und die Sehnsucht nach Erlösung spürbar. Dennoch war es Wolfram (Gerado Garciano), dem mit seinem Lied an den Abendstern, einen der emotionalen Höhepunkte der Oper gelang. Nicht nur durch seine Körpergröße war Christian Sist, als Landgraf Hermann und Chef der Sängergang präsent auf der Bühne.

 

Apropos Bühne: War der Venusberg noch die Wohnhölle für Spießer, stand das Kreuz aus Videobildschirmen im Mittelpunkt der Bühne. Vom ihm kam Jesus/Tannhäuser zu ihm ging er wieder zurück. Die meiste Zeit diente es als Art Wegekreuz. Auch die Kuppel des Venusberges kehrte als Dornenkrone zurück.

 

Voges und Hengst fügten mit ihren Videos der Oper neben der Musik, der Bühne und dem Gesang eine weitere Ebene hinzu. Zu sehen gab es beispielsweise Reminiszenzen an religiöse Bilder der Kunstgeschichte, die verfremdet waren wie „Das letzte Abendmahl“ von Da Vinci oder die Papstbilder von Francis Bacon. Komische Elemente waren ebenfalls zu sehen. Beispielsweise beim Sängerkrieg, als neben Angela Merkel auch das Dortmunder U auftauchte. Dafür gab es spontanen Applaus. Sehr emotional und anrührend war die Videoszene, in der Elisabeth nach ihrer letzten Arie in den Tod ging.

 

Ein großes Lob gehört auch der Musik. Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz erschlugen die Sängerinnen und Sänger nicht mit der Wucht, die Wagner entfachen kann, sondern sorgten für einen Klangteppich, auf dem die Beteiligten nicht versanken. Zu der gelungenen Aufführung gehörten auch die Chöre und die Statisterie.

 

Wenn Schauspieldirektor Kay Voges in der Oper „fremdgeht“, folgen ihm einige Schauspielkollegen. In den Videos waren Merle Wasmuth, Frank Genser, Carlos Lobo , Uwe Rohbeck und Uwe Schmieder zu sehen. Sogar die Bedienung Uschi Bienek war zu sehen.

 

Was bleibt von der Premiere? Eine ungewöhnliche, aufregende und radikale Tannhäuser-Inszenierung. Sie ist ebenso radikal wie Wagner damals radikal war. „Kinder, schafft Neues“, soll Wagner gesagt haben. Voges hat es gewagt und gewonnen. Sicher, das Stück wird und soll nicht jedem gefallen. Es ist Kunst und darüber kann und muss man streiten. Aber, dass trotz der Kampagne gegen Kay Voges, der überwiegende Teil der Zuschauer die Inszenierung mit Bravo-Rufen und Standing Ovation gefeiert hat, ist ein sehr positives Signal.




Einführungsmatinee zu „Tannhäuser“

Mit Spannung erwartet wird die Premiere von Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ am 1. Dezember. Eine erste Gelegenheit, sich mit dem Werk und der Inszenierung durch Schauspieldirektor Kay Voges vertraut zu machen, besteht am kommenden Sonntag, 17. November, um 11.15 Uhr im Foyer des Opernhauses Dortmund.

In der von Chefdramaturg Georg Holzer moderierten Gesprächsrunde werden die vier Sänger der zentralen Partien in der Wagner-Oper anwesend sein: Christiane Kohl (Elisabeth), der Darsteller der Titelpartie, der amerikanische Tenor Daniel Brenna, sowie Gerardo Garciacano (Wolfram). Musikalische Erläuterungen gibt Generalmusikdirektor Gabriel Feltz selbst am Klavier.

Die Karten zur Matinee zu „Tannhäuser“ kosten 7,35 € (ermäßigt 4,15 €). Premierenkarten für den 1.12., 17 Uhr, sind für 20 € bis 59 € zu erwerben, die Karten für die Folgevorstellungen (21.12.2013, 05.01., 19.01., 08.02., 23.02., 05.04., 11.05.2014) kosten zwischen 15 € und 49 €.

Karten an der Theaterkasse im Foyer des Opernhauses, im Internet unter www.theaterdo.de und über die Tickethotline (0231/5027222).




Herrschaft und Einsamkeit

Eigentlich sind die vier Hauptpersonen von Verdis Oper „Don Carlo“ sehr einsam. Die Hauptfigur, „Don Carlo“ liebt seine ehemalige Verlobte Elisabeth, die aus Staatsräson seinen Vater geheiratet hat. Elisabeth ist einsam, weil sie fremd in einem fremden Land ist und mit einem Mann verheiratet ist, den sie nicht liebt.



Phillip, Don Carlos Sohn, ist einsam, weil ihn seine Frau nicht liebt. Rodrigo, Marquis von Posa ist einsam, weil er letztendlich nur seine Idee von Freiheit liebt, für die er sogar die Freundschaft mit Don Carlo aufgibt.

Rodrigo ist der Dreh und Angelpunkt in der Oper und auch in der Inszenierung von Jens-Daniel Herzog, die am 29. September 2013 Premiere im Opernhaus Dortmund feierte. Verdis Oper basiert auf Schillers Trauerspiel „Don Karlos“ und wer Schiller kennt, der weiß, dass er ein politischer Schriftsteller war. Das nimmt Herzog auf. Schon die erste Szene im ersten Akt zeigt, wie der Hase läuft: Die trauernde Bevölkerung defiliert an der Leiche von Kaiser Karl V. vorbei. Die Szenerie erinnert bewusst an das Lenin-Mausoleum in Moskau. Wie die Sowjetunion sich auf Lenin berief, berief sich das habsburgische Spanien auf Kaiser Karl. Ein Staat, der sich im Griff der spanischen Inquisition befand, ähnlich wie die Sowjetunion unter Berias NKWD. Beeindruckend inszenierte Herzog dies in der „Abendmahlszene“, als zwölf Gefolgsleute Philipps als „Dissidenten“ freiwillig Selbstmord begingen. Religion trifft auf Herrscherkult.

Gut gewählt waren auch die Kostüme: Nur die drei Vertreter der spanischen Krone (Philipp, Don Carlo und Elisabeth) waren im damaligen spanischen Stil gekleidet. So zum Beispiel mit Halskragen, die sie fast erwürgten. Der Rest, vor allem natürlich Rodrigo, spielten und sangen in moderner Kleidung. Rodrigo, eindrucksvoll gesungen von Gerado Garciacano, ist zweifelsohne die Hauptfigur. Er nutzt die Freundschaft zwischen ihm und Don Carlo für seine politischen Zwecke. So gelangt er näher and en spanischen König. Philipp versteht zwar kein Wort, was im Rodrigo erzählt, gibt ihm aber einen Job als Art Privatdetektiv. Für seine Idee ist er sogar bereit, die Freundschaft zu Don Carlo aufs Spiel zu setzen und geht letztendlich für sie in den Tod.

Der Star des Abends war mit Sicherheit Susanne Braunsteffer als Elisabeth. Ihre Verzweiflung ist in jeder Note zu hören: Allein im fremden Land mit einem Mann, den sie nicht liebt und einen Ex-Verlobten, der jetzt ihr angeheirateter Sohn ist. Wen Wei Zhang bekam zu Recht Sonderapplaus für seine Arie „Ella giammai m’amò“(Sie hat mich nie geliebt), auch sonst sang er einen berührenden Philipp.

Don Carlo wurde von dem Kanadier Luc Robert gesungen. Es war ein gelungenes Dortmund-Debüt. Er gab dem Titelhelden in seinen Seelennöten seine Stimme, die von vergeblicher Liebe bis hin zum (fast) trotzigen Aufbruch nach Flandern.

Der zweite Bass in der Oper sollte nicht unerwähnt bleiben. Christian Sist sang einen Großinquisitor, der in jeder Sekunde wusste, dass er der eigentliche Herrscher Spaniens war. Vor ihm musste sogar Philipp zittern. Eine bemerkenswerte Rolle sang Katharina Peetz als Prinzessin Eboli. Die Prinzessin denkt zuerst, dass Don Carlo sie liebt, dann wird sie zu einer Intrigantin, die zum Schluss bei Elisabeth um Vergebung bettelt. Es gelang ihr, die verschiedenen emotionalen Stimmungen der Eboli glaubhaft und mit starker Stimme auf die Bühne zu bringen.

Gefallen konnten in ihren Nebenrollen auch Julia Amos als Page Tebaldo zwischen den Hofdamen. John Zuckerman als Graf von Lerma, und Karl-Heinz Lehner als Mönch. Anke Briegel fungierte als angenehme Stimme aus dem Himmel.

Wieder einmal zeigte auch der Dortmunder Chor unter der Leitung von Granville Walker sein Können. Punktgenau und grandios wurde der „Don Carlo“ von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des neuen GMD Gabriel Feltz begleitet.

Die Inszenierung mit seinem Mix aus Historie und Moderne hat nicht jedem gefallen, doch die positiven Reaktionen waren deutlich in der Mehrheit. Jens-Daniel Herzog steht seit drei Spielzeiten für eine neue, aufregende Oper mit frischem Blick. Das hat er bei „Don Carlo“ wieder unter Beweis gestellt.

Weitere Aufführungen am 12. Oktober 2013, 20. Oktober 2013, 25. Oktober 2013, 03. November 2013, 08. November 2013, 16. November 2013 und 08. Dezember 2013.

Karten unter www.theaterdo.de oder telefonsich 0231 5027222.




Wenn der Berg ruft

Kuhglocken, ich will Kuhglocken. Bei der „Alpensinfonie“ von Richard Strauss wird dieser Wunsch erfüllt. Sein spätromantisches Werk lässt alles auffahren, was ein spätromantisches Orchester zu bieten hat: Zwei Hafen, Orgel, Klavier, eine Windmaschine und eben Kuhglocken. Zu hören war die Alpensinfonie im ersten philharmonischen Konzert, quasi das Debüt des neuen GMD Gabriel Feltz.

Unter dem Titel „Natur_Gewalten“ erklang zunächst vor der Pause Beethovens „Pastorale“. Auch wenn rund 100 Jahre zwischen beiden Werten lagen, in beiden ist Natur zu spüren: in ihrer Schönheit und ihrer Gnadenlosigkeit.

Interessant auch die Frage, wie dienen die Besucher mit dem neuen GMD? Nachdem der beliebte Jac van Steen gehen musste, konnte man auf die Reaktion gespannt sein. Das Ergebnis: Feltz kann durchaus zufrieden sein, die Basis für eine gute Zusammenarbeit zwischen GMD und Publikum ist gelegt.

Kommen wir zur Musik. Den Anfang machte – wie erwähnt – Beethoven. Die Dortmunder Philharmoniker, reduziert auf ein klassisches Orchester, spielten Beethoven routiniert. Er gibt im ersten Satz ein ordentliches Tempo vor, verbindet die beiden Allegros (3. und 4. Satz) und lässt das Gewitter grollen und den Kuckuck rufen. Beethoven bildete den Grundstein, die Basis für diesen Abend, mehr nicht. War auch nicht nötig, denn der Höhepunkt des Abends war die „Alpensinfonie“ und das zu Recht. Richard Strauss schafft es, aus einer sinfonischen Dichtung ein musikalisches Drama zu machen. Man kann den Aufstieg und den Abstieg des Wanderers durchaus als Metapher sehen. Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Feltz schaffen es an diesem Abend, dem Stück nicht nur Knochen und Fleisch zu geben, sondern auch Seele. Kein Wunder, denn die Dortmunder Philharmoniker haben ihre Stärke deutlich in der romantischen Musik. Wenn alle verfügbaren Musiker auf der Bühne sind und außergewöhnliche Instrumente hervorgeholt werden, dann entfachen die Philharmoniker eine Macht und Kraft, die der Dirigent nur noch in die richtigen Bahnen zu lenken braucht. Daher war der Strauss auch der lebendigere, buntere, stürmischere und pathetischere Teil des Abends. Der sich auf jeden Fall gelohnt hat. Auch für eine Großstadtpflanze wie mich.

Vielleicht noch von Interesse, ein Interview mit dem GMD Gabriel Feltz.




Interview mit GMD Gabriel Feltz