Zwei starke Tanzarchitekturen zu 100 Jahre Bauhaus

Mit der Premiere von „Bauhaus 100“ am 24.11.2019 wurde den
Besuchern der Oper Dortmund ein besonderer, zweigeteilter
Ballett-Abend geboten. Hundert Jahre Bauhaus waren ein guter Anlass,
um zunächst Oskar Schlemmers berühmtes „Triadisches Ballett“
von dreizehn Mitglieder der Compagnie des Bayerischen Junior Balletts
München in Neuproduktion von 2014, einstudiert von Ivan Liška,
in unserer Stadt aufzuführen.

Zur Zeit der Bauhaus-Bewegung gab es eine Aufbruchstimmung in ganz Europa. Oskar Schlemmer wollte Kunst und Handwerk wieder zusammenführen und sie für den Lebensalltag nützlich zu machen…Möbel und Design wurden praktisch, funktional und dabei schön für den Alltag der Menschen gestaltet.

In dem Wort
„Triadisch“ steckt das griechische Wort für „Dreiklang“.
Dieser Dreiklang begleitet den Zuschauer auf allen Ebenen. Ob in
Bezug auf Raum-Form-Farbe Kreis-Quadrat-Dreieck,
Kostüm-Bewegung-Musik, Höhe-Breite-Tiefe
oder etwa die drei maßgeblichen Grundfarben .

In verschiedenen Szenen schlüpften die insgesamt dreizehn
Tänzer*innen des München Juniorballetts in die fantasievollen
Figuren des „Triadischen Balletts“ von Oskar Schlemmer“.

Allein, als Paar oder zu Dritt ertanzten sie sich in bunten Kostümen den Raum. In fantasievollen bunten Kostümen, in den Grundfarben lackierten Reifröcken, verschiedenfarbige Kugeln an Händen oder Kopf, Kostümen aus Wollbommeln sowie Drähten (auch mal mit Gegenständen in der Hand) wurden die Bauhaus) Figuren und Charaktere auf der Bühne lebendig.

Die
Musik, oder sollte man besser Geräusche sagen,
war exakt
auf jede einzelne kleine Bewegung und
Geste abgestellt waren.
Annäherungen,
Zusammenspiel und Abwehr spielten im Raum eine Rolle und es gab
grotesk-komische Momente.

Eine großartige Leistung aller Beteiligten, wenn die etwas schrillen
Geräusche manchmal auch etwas gewöhnungsbedürftig waren, und
gewisse Längen in der Aufführung zu spüren waren.

Oskar Schlemmers Ballett war schon einmal zu Gast in Dortmund: Das Theater im Depot präsentierte bereits 2015 eine Neuinterpretation des triadischen Balletts mit den Tänzerinnen und Tänzern des „Theaters der Klänge“.

Nach der Pause folgte die Uraufführung der Auftragsarbeit „Fluid
Housing“ („flexibler Wohnungsbau“) für das Ballett Dortmund.
Die von der Choreografin Wubkje Kuindersma (Niederlande) und der
Animatorin Nicole Aebersold (Schweiz) geschaffenen digitalen
architektonischen Welten, können als eine Erweiterung des
Bauhaus-Geistes gesehen werden. Kunst wird nicht nur als beiläufige
Selbstverwirklichung gesehen, sondern auch als Verpflichtung,
gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Atemberaubende Bilder von der Beziehung zwischen Wohnraum und Mensch zeigte das Stück "Fluid Housing". (Foto: © Ballett Dortmund)
Atemberaubende Bilder von der Beziehung zwischen Wohnraum und Mensch zeigte das Stück „Fluid Housing“. (Foto: © Ballett Dortmund)

Die Aufführung geht von der Utopie aus, den in unserer Zeit immer
knapper werdenden Wohnraum digital als analoge Realität und
virtuelle animierter Wirklichkeit zu postulieren. Mensch und Raum
bedingen sich Wechselseitig und hängen voneinander ab. Als
atmosphärische Verstärkung wurde die passende Musik (Valgeir
Sigurðsson) und dem Lichtdesign
(Ralph Jürgens) geschickt eingesetzt.

Die nahtlose Verschränkung der
verschiedenen Ausdrucksebenen und Interaktionen erfüllen aber nicht
nur den Zweck, das Publikum optisch zu überwältigen.Es geht viel
mehr um das existenzielle Verhältnis von Mensch
und Raum.

Diese halbe Stunde mit einer
ganz eigenen Dynamik verflog viel zu schnell.

Eine innovative Uraufführung
und schönes Beispiel für ein gelungenes Zusammenwirken von analoger
Ballettkunst und moderner digitalen Technik.