Peer‘s Poetry – ungewöhnliche künstlerische Verbindung im Konzerthaus

Das 3. Konzert für junge (und jung gebliebene) Leute lud am Montag, den 23.04.2018 zu einem interessanten Crossover-Projekt ein. Die Grundlage für diesen Abend im hiesigen Konzerthaus bildete Henrik Ibsen „Peer Gynt“ mit der Musik (zwei Suiten) des norwegischen Komponisten Edvard Grieg (1843 – 1907).

Den musikalischen Part des Konzerts übernahmen die wie immer hervorragend die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi. Daneben wurde es Literarisch: LMBN, Dortmunds Poetry-Slam Lesebühne im domicil, schickte mit Sebastian23, Sulaiman Masomi, Jan-Philipp Zymny und Andy Strauß ein wortreiches Quartett auf die Bühne des Konzerthauses. Sie begleiteten Peer Gynt mit ihren Texten. Mal heiter – mal nachdenklich.

Mit im Team war DJ Nachtfalke und Artur Fast aka FastART, der live zu den Texten und zur Musik eindrucksvolle Bilder an die übergroße Leinwand im Konzert malte.

Es war beeindruckend die Kombination von Musik, Literatur und bildender Kunst live zu erleben. Vielleicht gibt es ja in der nächsten Spielzeit eine Neuauflage.

Musiker und Poetry Slammer am ende des Konzertes. Auf der Leinwand ist ein Werk von FastART zu sehen. (Foto: © Anneliese Schürer)
Musiker und Poetry Slammer am ende des Konzertes. Auf der Leinwand ist ein Werk von FastART zu sehen. (Foto: © Anneliese Schürer)




Musik mit weit_sicht im Dortmunder Konzerthaus

Unter dem Motto „weit_sicht“ luden die Dortmunder Philharmoniker am 17./18.04.2018 zum 7. Philharmonische Konzert in das hiesige Konzerthaus ein. Ars tremonia war am 17.04.2018 mit dabei. Für den verhinderten Leo McFall konnte der renommierte rumänische Dirigent Cristian Mandeal gewonnen werden.

Auf dem Programm standen eine Komponistin und zwei Komponisten die mit ihrer fundamentalen romantischen und kraftvollen Musik ihrer Zeit voraus waren und Entwicklungen und Umbrüche weitsichtig erahnten.

Der Abend begann mit dem Konzertstück für Klavier und Orchester f-Moll op. 79 von Carl Maria von Weber (!786-1826) gilt als der erste echte Romantiker, deren Oper „Freischütz“ meisterhaft Stimmungen musikalisch vermitteln konnte. Am Klavier begleitete der Pianist Andreas Boyde aus Oschatz in Sachsen virtuos das Orchester.

Andreas Boyde spielte Werke von von Weber und Clara Schumann. (Foto: © Thomas Malik)
Andreas Boyde spielte Werke von von Weber und Clara Schumann. (Foto: © Thomas Malik)

Grundlage für das Konzertstück war ein, durch seinen Sohn Max Maria überliefertes, von Carl Maria selbst entworfenes Programm. Eine Burgfrau wartet auf ihren Geliebten, einem Kreuzritter. Musikalisch durchleben all ihre Emotionen. Die Ängste, das Bangen und die Hoffnung, dass ihr Geliebter überlebt. Nach einem melodisch schwelgenden Anfang durch die Holzbläser und Streicher, setzt das Klavier ein und nach und nach mischen sich Töne des Zweifels (der Burgfrau) ein.Das Fagott leitet dann am Ende die Rettung in Form eines triumphalen, sich grandios steigernden Marschs hinzu einem ekstatischen Finale.

Sein virtuoses Können und Sensibilität am Klavier durfte Boyde auch bei Clara Schuhmanns (1819-1896) Klavierkonzert a-Moll op. 7 unter Beweis stellen. Alle drei Sätze sind durch ein Wechselbad verschiedener Stimmungen gekennzeichnet. Nach einem wechselhaften Anfangssatz folgt ein poetisch-romantischer Mittelsatz, den der Pianist gefühlvoll interpretierte. Zum Ende hin führt der letzte Satz am hin zu einem grandiosem Schluss. Der von Clara Schuhmann zwischendurch gezielt beigemischte romantische Tonfall und der Wechsel von lyrischer Schönheit und technischer Kunstfertigkeit sind nicht nur eine Herausforderung für den Pianisten und das Orchester, sonder waren zur damaligen Zeit etwas neues.

Nach der Pause die 1. Sinfonie c-Moll op. 68 von Johannes Brahms. Auf dem lastete schwer der große Schatten der gewaltigen Sinfonien von Ludwig van Beethoven. Nach eine imposanten großen Eröffnung im ersten Satz zeigte sich die eigene Handschrift Brahms besonders in den poetisch-lyrischen und dann wieder stark expressiven Mittelsätzen. Der vierte Satz beginnt geheimnisvoll ohne zunächst scheinbar von der Stelle zu kommen. Anklänge an Beethoven sind in den jubilierenden fröhlichen kurzen Passagen zu erkennen. Die Wendung von c-Moll nach c-Dur gegen Ende ist wohl eine Hommage an Beethovens Formprinzip aus seiner 5. Sinfonie.




Bruckners 8. Sinfonie – ein monumentaler musikalischer Gipfelsturm

Das 6. Philharmonische Konzert unter dem Motto „gipfel_punkt“ am 13. und 14.03.2018 der Dortmunder Philharmoniker unter engagierter Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz stand ganz im Zeichen von Anton Bruckners (1824-1896) späten 8. Sinfonie c-Moll (Fassung von 1890). Ars tremonia war am 14.03.2018 im Konzerthaus Dortmund mit dabei.

Wegen der vom Dirigenten Hermann Levi beklagten unmöglichen Instrumentation der ersten Fassung (1887), sah sich der Komponist genötigt, die ersten drei Sätze der Sinfonie neu zu fertigen. Nur das Finale basiert auf dem bereits vorliegenden Werk.

Dass Bruckner von Richard Wagner nicht nur tief beeindruckt und ihm ergeben war, ist bei dieser Sinfonie deutlich zu erkennen. Nicht nur das bis zu seiner Entstehungszeit größte zeitliche Ausmaß von 80 Minuten, auch die große Orchestrierung mit zusätzlichen Tuben und Hörnern sind bombastisch. Der dramatische Schicksalskampf hin zu einem dramatischen „gipfel_punkt“ ist stets zu spüren. Das Schicksal in Gestalt einer „Totenuhr“, die immer weiter tickt, ist auch durch die instrumentale Umsetzung zu verspüren.

Der erste Satz beginnt geheimnisvoll dunkel getönt und folgenden Motiven mit dramatisch an – und absteigenden Kadenzen. Die Steigerungen bekommen durch die mächtigen Klänge der Hörner und Tuben zum Gipfel hin eine besondere Kraft.

Der zweite Satz, ein Scherzo mit beträchtlicher Dimension, schreitet mit seinem steten Rhythmus markant voran, wobei zwischendurch träumerische und zartere Episoden als Ruhephasen nicht zu kurz kommen.

Auch der langsameren feierlichen dritten Satz ist auf ein aufsteigen starker (musikalischer) Kräfte ausgerichtet. Die Abwärtsfolge der Totenuhr aus dem ersten Satz erklingt wieder durch die tiefen Streicher und warmen Klänge der Tuben.

Höchste Konzentration bei Bruckners 8. Sinfonie bei Musikern und Dirigent. (Foto: Anneliese Schürer)
Höchste Konzentration bei Bruckners 8. Sinfonie bei Musikern und Dirigent. (Foto: Anneliese Schürer)

Der finale, feierliche vierte Satz führt nach einer kurzen Einleitung durch die Streicher in eine gewaltige Eröffnung durch die Blechbläser. In Bezugnahme auf die „Dreikaiserzusammenkunft“ zur Zeit der Komposition fährt Bruckner musikalisch alles auf, was für diesen Anlass für ihn dazu gehört. Streicher, Ritt der Kosaken, Trompeten und Fanfaren. Ob er dieses treffen tatsächlich vor Augen hatte, scheint heute fraglich. Das gehört zu den viele Mysterien und Geheimnisse, die sich um den Komponisten ranken.

Das zweite Thema des Satzes ist wieder von aufsteigenden Sequenzen durchdrungen. Nach einer kleinen Atempause kommt es am Ende zum entscheidenden Showdown im Schicksalskampf, dem sich der Mensch nach Bruckner letztendlich ergibt. Grandios lässt er in den letzten 13 Takten alle Hauptthemen der vier Sätze gleichzeitig erklingen.

Versöhnlich bietet das Finale eine C-Dur Variante des Hauptthemas aus dem ersten Satz.

Eine großartige physische und musikalische Leistung der Dortmunder Philharmoniker und ihrem Dirigenten.




Musikalische Schicksalsbewältigung im Konzerthaus

Unter dem Titel „schicksals_mächte“ lud die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des renommierten Dirigenten Andreas Spering am 23. und 24.01.2018 in das hiesige Konzerthaus. Ars tremonia war am 23.01.2018 mit dabei.

Es wurden nicht nur Werke bekannter Komponisten wie das Klavierkonzert c-Moll KV 491 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und die berühmte 5. Sinfonie c-Moll op. 67 von Ludwig van Beethoven (1770-1827) gespielt. Mit der Auftragskomposition „Le suicide beau“, ein Poem für Orchester nach Stéphane Mallarmé gab es noch eine Uraufführung des Komponisten Frank Zabel (*1968).

Die Poesie des bedeutenden französischen Dichters kann neben Charles Baudelaire oder Arthur Rimbaud als Wegbereiter der modernen Lyrik im 19. Jahrhundert gesehen werden. Dem Stil des Symbolismus verhaftet, spielt das Werk mit Andeutungen und bewussten Unklarheiten. Kurz zum Inhalt: das lyrische Ich Mallarmés, der sich das Leben genommen hat und liegt in den Armen seiner Geliebten. Erinnerungen aus seinem Leben tauchen in musikalischen Bildern auf. Sie werden mit dem Selbst-Spott des Gescheiterten bereichert. Kämpfe, Leid und Schmerzen, aber auch Liebe, spiegeln sich in den Dissonanzen des Stückes wieder.

Für die Ohren einiger Liebhaber der klassischen Musik waren die Klänge des modernen zeitgenössischen Stückes wohl ungewohnt. Dank für den Mut, dieses durchaus passende Werk am Anfang zu präsentieren.

Alexej Gortlach interpretierte Mozart auf sehr gefühlvolle Weise. (Foto: © Kaupo Kikkas)
Alexej Gortlach interpretierte Mozart auf sehr gefühlvolle Weise. (Foto: © Kaupo Kikkas)

Für das folgende Klavierkonzert c-Moll KV 491, eines der beiden Konzerte in dieser Tonart von Wolfgang Amadeus Mozart, konnte mit Alexej Gorlatch ein Ausnahme-Pianist und Mozart-Kenner gewonnen werden. Seinen größten errang er wohl 2011 mit seinem Sieg beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb in München. Gorlatch beeindruckte durch sein virtuoses Spiel und seiner gefühlvollen Interpretation des Klavierkonzertes. Der ernsten und melancholisch-düstere Beginn des ersten Satzes im ¾ Takt führt etwas schwermütig in eine dunkle Welt hinein. Das Klavier setzt zögernd und zunächst verloren wie eine Art Hilferuf ein. Es folgt eine Art Gespräch zwischen dem großen Orchester und Piano. Ein wenig vorläufige Ruhe kommt erst im zweiten Satz mit Es-Dur hinein, um dann wieder ins traurigere c-Moll zu versinken. Die verschiedenen Stimmungen werden im wunderbar im Wechselbad herüber gebracht. Der dritte an Variationen reiche und vielschichtige dritte Satz endet ohne Erlösung in Moll. Sein grandioses Können zeigte der Pianist dem begeisterten Publikum bei einer rasanten Chopin-Zugabe.

Nach der Pause folgte die als sogenannte „Schicksals-Sinfonie“ bekannte 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Vier Noten und ein prägnanter pochender Rhythmus. Überall auf der Welt erkennt man dieses Motiv. Im weiteren Verlauf steigert sich das Geschehen zu einer wuchtigen und kraftvollen Kampf mit dem Schicksal. Im zweiten Satz geht es mit einem sanften Thema und schwungvollen, fast hymnische Melodien als Kontrast weiter. Beethoven baut immer wieder gekonnt Spannungen auf und spielt immer wieder mit musikalischen Gegensätzen.

Der dritte Satz ist eigentlich kein eigenständiger Satz sondern führt als musikalischer Weg vom dunklen c-Moll hin zum hellen c-Dur hin zu einem furiosen Finale.




3. Philharmonisches Konzert mit dramatischen „lebens_wegen“

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des renommierten Dirigenten Dimitri Liss setzten am 12. und 13. Dezember 2017 im hiesigen Konzerthaus unter dem Motto „lebens_wege“ außergewöhnliche Lebensgeschichten in Musik.

Das 3. Philharmonische Konzert bot dem Publikum wunderbare Klangbilder voll Leidenschaft, Tiefe und emotionaler Kraft.

Im Blickpunkt der beiden Abende standen das Violinkonzert d-Moll op. 47 des finnischen Komponisten Jean Sibelius (1865-1957) und der die „Manfred-Sinfonie h-Moll op. 58“ von Peter Tschaikowsky (1840-1893).

Diese Werke sind geprägt von tiefer Emotionalität und im Kontext der Zeit (Spätromantik) und der persönlichen Lebenswege der Komponisten zu sehen.

Jean Sibelius hatte tragischer Weise erst mit 15 Jahren mit dem Geige spielen begonnen. Als Violinist konnte er es so nicht zur gewünschten Perfektion bringen. Sein Werk komponierte er mit allerhöchsten Ansprüchen an Virtuosität für den Solisten an der Geige. Viele sind daran gescheitert.

Es ist ein Glücksfall, dass für dieses Konzert einer der „Superstars“ an der Geige, der junge Deutsch-Amerikaner Augustin Hadelich, gewonnen werden konnte.

Seine starke Präsenz und Sensibilität an der Violine, kombiniert mit einer grandiosen Virtuosität und Kraft, durchzog sich bei allen drei Sätzen mit vielen Tempowechsel.

Von Sibelius (hier das Sibelius Monument in Helsinki) wurde das Violinkonzert in d-moll gespielt. (Foto: © Bildpixel / pixelio)
Von Sibelius (hier das Sibelius Monument in Helsinki) wurde das Violinkonzert in d-moll gespielt. (Foto: © Bildpixel / pixelio)

Beginnt der erste Satz leise mit der 1. und 2. Violine, über das sich die Sologeige mit einem einfachen Motiv erhebt, folgt nach dem Hauptthema die erste kleinere Solokadenz und der Seitensatz des Orchester. Die Durchführung übernahm dann die Sologeige mit einer wunderschönen Kadenz.

Der zweite Satz in dreiteiliger Liedform ist geprägt von einem tief-romantischem Hauptthema. Der stark virtuose dritte Satz voll überschäumender Ekstase forderte noch einmal alles vom Orchester und insbesondere dem Solovolinisten.

Sibelius komponierte hier keine romantische Landschafts-Idylle, sondern seine Musik vermittelt auch etwas bedrohliches und Unnachgiebiges.

Nach der Pause entfaltete sich mit der „Manfred-Sinfonie“ von Tschaikowsky vor dem Publikum eine grandiose und höchst dramatische „Tongeschichte“ in vier Bildern. Die Manfred-Sinfonie basiert auf einem dramatischen Gedicht in drei Akten von Lord Byron. Die Geschichte des jungen Protagonisten Manfred, der aus Verzweiflung über den Freitod seiner geliebten Halbschwester Astarte (mit der er ein inzestuöses Verhältnis hatte) in den Alpen herum irrt und erst durch den Tod Erlösung findet. Man muss wissen, das Tschaikowsky diesen Stoff zunächst nicht vertonen wollte. Erst der Tod eines Freundes Jossif Kossek (Violinist), in den er unglücklich verliebt war, bringt ihm das Schicksal des Manfred näher.

Die ganze Verzweiflung und alle Emotionen findet werden den Zuhörern bildhaft vor Augen geführt.

So rast man zunächst mit Manfred, begleitet von einem durch Bassklarinette und Fagott etablierten düsteren Motiv und den ruppigen Akkorden der tiefen Streicher. Die Musik steigert sich allmählich ins Hochdramatische.

Im zweiten und dritten Satz geht es deutlich entspannter zu. Manfred erscheint die Alpenfee unter dem Regenbogen und langsam eröffnen Harfen und Streicher ein harmonische musikalische Idylle. Es könnte auch eine Landschaft mit Hobbits aus „Herr der Ringe“ sein. Das ruhige und friedliche Leben der Bergbewohner, zu denen Manfred sich zurück zieht, schildert der dritte Satz.

Das große dramatische Finale im letzten Satz führt das Publikum mit Manfred in den düsteren unterirdischen Palast des bösen Gottes Ahriman. Die Musik wird Turbulent und ein entfesselter Tanz beginnt. Die den tragischen Protagonisten umgarnenden Erdgeister sind förmlich zu spüren. In größter Not ruft Manfred mit Hilfe der Blechbläser) seine geliebte tote Halbschwester. In Form von sanfter Harfen – und Streicherklängen erscheint Astarte und kündet von Manfreds baldigem Tod. Das vom Komponisten wieder aufgenommene Hauptthema wird zu einem furiosen Trauermarsch gesteigert. Mächtige Orgelklänge verkünden bei Tschaikowsky am Ende die Erlösung Manfreds.

Zwei wunderbarer Konzertabende mit selten gespielten Stücken und ausgezeichneten Musikern




Zweites Philharmonisches Konzert – Musik voll Ekstase

Die Dortmunder Philharmoniker führten das Publikum am 14. und 15.11.2017 im hiesigen Konzerthaus unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz eindrucksvoll in eine musikalische Welt voller Ekstase, Exzessen, Wahnsinn und absoluter Liebe bis in den Tod.

Unter dem Titel „hoffnungs_schimmer“ wurden passend dazu Werke zweier Protagonisten der Spätromantik und eines zeitgenössischen Komponisten geboten.

Los ging es mit Richard Wagners (1813-1883) Ouvertüre zu „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“.

Hier steckt schon alles an Emotionen der Oper. Angefangen von Tannhäusers Zerrissenheit zwischen exzessiver Liebeslust, kreativer Schöpferkraft (Sinnbild: Venus und „sündiger Venusberg“) und der „wahren, reinen Liebe“ zu Elisabeth (Norm und Moral). Nur ihr Opfertod bietet scheinbar Erlösung und Hoffnung.

Die Thematik lag Wagner auch wegen seiner eigenen Biografie mit einer Geliebten am Herzen.

Im Grenzbereich von Ekstase und Tod komponierte sein Schwiegersohn Franz Liszt (1811-1886) den virtuosen „Totentanz“, eine Paraphrase über „Dies irae“ für Klavier und Orchester. Dieser gregorianische Hymnus galt damals als Chiffre für den Tod schlechthin und war Grundlage für das Werk. Die unterschiedlichen Facetten des Todes werden in verschiedenen Variationen musikalisch dargestellt. Mal von Trauer getragen und kraftvoll brachial, dann wieder grüblerisch oder diabolisch. Die rasanten und immer komplexer werdenden Herausforderungen für das Klavier verlangen einem Pianisten alles ab. Ein Glücksfall ist es, dass man mit Nikolai Tokarev einen so hervorragenden Klavier-Solisten für das Konzert verpflichtet hatte. Dieser glänzte gerade erst bei der Premiere von Xin Peng Wangs neue Choreographie Rachmaninow / Tschaikowski.

Richard Wagner stand im Mittelpunkt des 2. Philharmonischen Konzertes. (Foto: © Andreas Stix / pixelio.de)
Richard Wagner stand im Mittelpunkt des 2. Philharmonischen Konzertes. (Foto: © Andreas Stix / pixelio.de)

Nach der Pause wurde als mutiger Kontrast das Orchesterwerk „Asyla“ op. 17 des zeitgenössischen britischen Komponisten Thomas Adès (*1971) aufgeführt.

Es ist im Grunde genommen als eine Sinfonie in vier Sätzen konzipiert. Sechs Schlagzeuger, die mehrere Instrumente bedienen sorgen für den besonderen Sound Ungewöhnlich sind außerdem die beiden Pianisten, von denen einer ein Klavier bediente, das einen Viertelton tiefer gestimmt ist. Das teilweise ältere Publikum musste sich an etwas ungewöhnliches Klangbilder aus Technobeats, vor allem im dritten Satz (Ecstasio), oder fremden „Kuhglocken-Klängen“ gewöhnen. Ein spannendes Erlebnis.

Der Abend endete mit Richard Wagners mit dem Vorspiel und dem Liebestod aus „Tristan und Isolde“. Nach dem ekstatischen Vorspiel, das den die Sehnsucht nach der absoluten Liebe „über den Tod hinaus“ und dessen Tragik durch den speziellen „Tristan-Akkord“ symbolisiert wird, sang, begleitet vom Orchester, keine geringere als Emily Newton ( Oper Dortmund) mit ihrem klaren Sopran Isoldes Liebestod. Der Text ist dabei, wie bei Wagner oft, eher sehr schwülstig ausgefallen.




Rachmaninow / Tschaikowsky – ein emotionales Ballett von Xin Peng Wang

Mit der Premiere seines neuen abstrakten Balletts „Rachmaninow / Tschaikowski“ brachte Xin Peng Wang am 11.11.2017 im Dortmunder Opernhaus eine weitere Facette im Ballett auf den Weg. Gemeinsam mit den bewährten Mitarbeitern, seiner Compagnie und Mitgliedern des NRW Juniorballetts entwickelte er eine Choreografie, bei der es vor allem um Emotionen geht.

Inspiriert vom 3. Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow (1873 – 1943) und der 6. Symphonie von Peter I. Tschaikowsky, begab er sich an die Schnittstelle von Kunst und Leben. Diese beiden Werke sind zum einen eng verwoben mit der persönlichen Biografie der beiden Komponisten, zum anderen bieten sie eine gute Spiegelfläche für die Projektion unser eigenen Gefühle in seiner Vielfalt. Ein Gelegenheit, sich mit den aufkommenden Gefühlen auseinander zu setzen und sich ihrer Verdrängung bewusst zu werden. Der bewegenden Musik wird eine weitere Dimension durch die moderne Ballettkunst hinzu gefügt.

Verstärkend dabei wirkt die Tatsache, dass die Musik live von der Dortmunder Philharmoniker unter der erfahrenen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz sensibel begleitet wird.

Rachmaninow, dessen Werk trotz seiner Beliebtheit bei der russischen Bevölkerung von Kollegen und Presse als „schmalzig“ bezeichnet wurde, litt selber an den Anforderungen der „Spießer“ und war Schwermütig. Einfach Mensch sein war sein Wunsch. Das verband ihn mit Tschaikowsky.

Der erster Teil des Abends war dem 3. Klavierkonzert von Rachmaninow gewidmet. Am Flügel auf der Bühne saß der renommierte Pianist Nicolai Tokarev und verzauberte das Publikum mit seinem empathischen Spiel.

Als sichtbares Zeichen der Abstraktion traten die Tänzerinnen und Tänzer nach und nach in den gleichen engen blauen Ganzkörper-Anzügen auf die Bühne, das Individuum war nicht zu erkennen. Ein tiefer „Seelenblick“ in die Kunstwerke und unsere eigenen Emotionen folgte. Eine begehbare Weltkarten-Konstruktion im hinteren Bereich wurde mit in die Kreation einbezogen. Dieser Teil zeichnet sich durch eine Mischung aus kraftvoller Athletik und gefühlvoll-sentimentalen Passagen aus. Neben der Compagnie überzeugten die beiden Solisten Denise Chiarioni und Giacomo Altovino.

Das Ensemble in blauen Anzügen zu Rachmaninows Musik. Xin Peng Wang symbolisiert hier deutlich den Verlust der Individualität. (Foto: © Ballett Dortmund)
Das Ensemble in blauen Anzügen zu Rachmaninows Musik. Xin Peng Wang symbolisiert hier deutlich den Verlust der Individualität. (Foto: © Ballett Dortmund)

Als Teil zwei des Abends folgte nach der Pause die emotionale nach innen gerichtete 6. Symphonie von Tschaikowsky. Die TänzerInnen waren hier offener und spärlicher bekleidet und von der Decke wurden zwei hell schimmernde Hohlraum-Konstruktionen herunter gelassen. Dies war ein Sinnbild für den Hohlraum, den das Publikum mit seine eigenen Emotionen auffüllen konnte. Einen starken und großen Part hatten hier die exzellenten Solisten Lucia Lacarra und Marlon Dino. Die Dortmunder Ballett-Compagnie und das NRW Juniorballett überzeugten in den temperamentvollen, bunten Abschnitten.

Der enorme Kraftakt für diesen zwei geteilten Abend war gelungen und das Premieren-Publikum begeistert. Um es mit Udo Lindenberg zu formulieren: „Das ging ganz tief rein“.

Informationen zu weiteren Vorstellungsterminen erhalten sie unter www.theaterdo.de




Hairspray – Ein Musical um Toleranz und Träume

Wenn einem die Musik noch Tage später im Kopf herumspukt, wenn das Publikum das Stück feiert wie sonst nur einen Sieg des lokalen Fußballvereins, dann war man auf einer besonderen Premiere. „Hairspray“ bot alles, was der Musical-Enthusiast erwartet: Musik, Gesang und Tanz kombiniert mit stimmigen Kostümen und Bühnenbild.

Das Broadway-Musical „HAIRSPRAY“ von Marc Shaiman und den Songtexten Scott Wittmans, hatte am 21.10.2017 seine fulminante Premiere im Dortmunder Opernhaus. Melissa King, die nicht nur als Tänzerin, Choreografin und Regisseurin arbeitet, sondern auch noch ein Politikwissenschaften an der renommierten Yale Universität in den USA studiert hatte, wurde mit der Inszenierung beauftragt.

Mit ihrem Hintergrund und profunden historischem Wissen war sie ein Glücksfall für diese Mammut-Aufgabe.

Das Musical spielt 1962 an Ostküste der USA in Baltimore. Eine Zeit, geprägt von Rassismus und biederer amerikanischer Bürgerlichkeit, aber auch der Träume und des Aufbegehrens. Die Inspiration für das Musical war der gleichnamige Film von John Waters aus dem Jahre 1988.

Teenager Tracy Turnblad träumt Übergewicht von einer Tanzkarriere und der Aufnahme im Komitee der angesagten „Corny Collins Show“, um die neuesten Tanzschritte präsentieren zu können. Ihre Mutter Edna möchte eigentlich lieber selber Kleider entwerfen als für andere Menschen Wäsche zu bügeln. Vater Wilbur betreibt einen kleinen Scherzartikelladen und wäre gerne ein Erfinder. Tracys Freundin Penny Pingleton ist zunächst ein schüchternes Mädchen, die sie unterstützt.

Beim Vortanzen wird sie von der selbstverliebten ehemaligen „Krabbenkönigin“ und Produzentin der Show, Velma von Tussle, herablassend wegen ihres Äußeren abgelehnt. Es ist ihr Ziel, ihre eigene Tochter Amber groß heraus zu bringen. Tracy verliebt sich sofort in den Mädchenschwarm Link Larkin, der sich erst langsam von ihren Qualitäten gegenüber seiner Freundin Aber überzeugen lässt. Einmal im Monat ist der sogenannte „Negroday“, wo es den farbigen Jugendlichen erlaubt ist, bei der Show aufzutreten. Tracy freundet sich beim Nachsitzen mit den dunkelhäutigen Seaweed sowie dessen Schwester an und lernt deren modernen lockeren Schritte kennen. Sie wird immer mutiger und hat endlich Erfolg beim Vortanzen. Nun kämpft sie auch unermüdlich dafür, dass Weiße und Schwarze zusammen Auftreten dürfen. Auch als Tracy ins Gefängnis muss, halten ihre Eltern zu ihr. Nach anfänglichem Zögern rettet Link das junge mutige Mädchen, erklärt ihr seine Liebe, und es kommt zum Showdown der Kontrahentinnen bei der Wahl zu „Miss Teenager Hairspray 1962“. Es gehen viele Träume in Erfüllung.

Stimmige Kostüme und Bühnenbild

Die Inszenierung zeichnet sich nicht nur durch wunderschöne Kostüme und Accessoires aus der damaligen Zeit, bunter flexibler Bühnenausstattung, schwungvoller Musik, starken Stimmen und Choreografien aus. Sie besticht durch ihren sensiblen Umgang mit dem Thema Rassismus oder allgemein der Akzeptanz des „Anderssein“ in diesem Musical.. Es ist ein klares Statement für Toleranz. Das ist vor allem auch dem Teil des Musical-Ensembles zu verdanken, die einen afroamerikanischen Hintergrund haben. Besonders hervorzuheben ist dabei Deborah Wood in der Rolle der Motormouth Maybelle (Mutter von Seaweed) die nicht nur durch ihre Power-Stimme berührte.

Corny Collins (Morgan Moody) und sein Komitee mit Tracy Turnblad (Marja Hennicke). Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture
©Corny Collins (Morgan Moody) und sein Komitee mit Tracy Turnblad (Marja Hennicke). Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture

Die drei „Dynamites“ ( Taryn Anne Nelson, Denise Lucia Aquino, Anneka Dacres) brachten Glitzer und Glamour auf die Bühne. Marja Hennicke als Tracy Turnblad überzeugte durch eine starke volle Stimme, tänzerisches Vermögen und Sensibilität in der Rolle des etwas naiven und mutigen jungen Mädchens.

Eine wichtige Funktion hatte Michael B. Sattler als Seawood. Er „küsste“ sie Sinnbildlich wie „Dornröschen“ aus ihrem Schlaf wach und so wurde aus Penny Pingleton eine selbstbewusste junge Frau, die sich von ihrer „Über-Mutter“ Prudy Pingleton (Johanna Schoppa) emanzipiert. Die zweite Person, die eine Veränderung vollzieht, ist Link Larkin (Jörn-Felix Alt). Er wird im Laufe der Handlung immer mutiger und sieht ein, dass Amber ihn nur für ihre  Karriere benutzt hat.

Musical mit einer Botschaft

Den Charakter der egozentrischen Produzentin Velma von Tussle hat Sarah Schütz ebenso gut dargestellt wie Marie-Anjes Lumpp ihren der hochnäsigen Tochter Amber. Wie für sie geschneiderte Rollen gab es für Morgan Moody als Showmaster Corny Collins und selbstredend Kammersänger Hannes Brock als Edna Turnblad. Es war ihm anzumerken, was für einen Spaß er dabei hatte. Berührend war der Umgang mit dem Ehemann Wilbur, dem kongenialen Kollegen Fritz Steinbacher. Die Beiden brachten die gegenseitige Akzeptanz des Ehepaares herrlich auf die Bühne.

Es war erstaunlich, wie professionell und locker das gesamte Ensemble auch die schwierigen Choreografien meisterten. Ein paar kleinere Gags gab es auch: Achten Sie mal auf die Stimme des Nachrichtensprechers im Radio. Sicherlich wird Ihnen die Person, die in Dortmund ein wichtiges Amt bekleidet, bekannt vorkommen.

Die Aufführung wurde musikalisch grandios von der Dortmunder Philharmoniker unter der temperamentvollen Leitung vom 2. Kapellmeister Philipp Armbruster begleitet.

Am Ende gab es Standing Ovations vom „bewegten“ Publikum.

Wenn auch klar ist, das die Realität anders aus sieht und „Hairspray“ insofern als naiv betrachtet werden kann, ist eines doch sicher. Ohne positive Träume und Mut kann es keine Veränderungen zu mehr Humanität und Toleranz geben.

Informationen über weitere Aufführungen erhalten Sie unter www.theaterdo.de




Erstes Philharmonische Konzert 17/18 – Himmelwärts mit Strauss und Mahler

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz schickte ihr Publikum beim 1. Philharmonischen Konzert (10.10. und 11.10.2017) im hiesigen Konzerthaus mit Werken von Richard Strauss (1864-1949) und Gustav Mahler (1860-1911) mit viel Sensibilität musikalisch „himmel_wärts“. Die dargebotenen Werke stehen zeitlich im Spannungsfeld zwischen Spätromantik und Moderne.

Auf dem Programm stand zunächst die Tondichtung für großes Orchester op. 24 „Tod und Verklärung“ von Richard Strauss. Nach seiner erfolgreichen Tondichtung „Don Juan“ widmete sich Strauss hier der Thematik „Sterben und Erlösung“.

Der Rückblicken auf Leben und Ideale, Schmerzen und erschöpfte Schafphasen bis hin zu Tod und Erlösung werden vertont und dem Publikum emotional vermittelt.

Nach Strauss verlässt die „Seele in der Todesstunde den Körper, um im ewigen Weltraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was es hienieden nicht erfüllen konnte.“

Das einsätzige Werk beginnt langsam und schleppend, mit einen von Geigen, Bratschen und Pauke eingeleiteten Largo. Es folgt ein von Streichern und Holzbläsern vorangetriebenes und steigert sich final hin zum aufgewühlten Allegro molto agitato und dem erlösenden Moderato (Musik der Verklärung)

Nach der Pause folgte Gustav Mahlers 4. Sinfonie G-Dur (1900),

Diese ist (wie seine beiden Vorgänger) von den romantischen Gedichten Clemens Brentanos und Achim von Arnim aus dem 19. Jahrhundert („Des Knaben Wunderhorn“) beeinflusst. Im finalen vierten Satz vertont der Komponist daraus „Wir genießen die himmlischen Freuden.“

Mit Richard Strauss und Gustav Mahler eröffneten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz die Konzertsaison. (Foto: © Anneliese Schürer)
Mit Richard Strauss und Gustav Mahler eröffneten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz die Konzertsaison. (Foto: © Anneliese Schürer)

Die Sinfonie ist, bis auf das Sopransolo (Schlusssatz) und den teils unerwarteter Tonarten, eher klassisch und traditionell strukturiert und ihr fehlt der starke Pathos. Die Streicher sind gegenüber den Holzbläsern im Vordergrund, und verschiedene Solo-Instrumente konnten öfter ihr können zeigen.

Der eher bedächtige erste Satz wird mit Schellen im Hintergrund eröffnet. Die scheinbare Heiterkeit der simpel anmutender Themen des Satzes werden von Mahler im weiteren Verlauf immer wieder durch Schellen gebrochen und verfremdet Diese „Verfremdung im zweiten Satz, einem grotesk-komischen Scherzo, weiter getrieben.

Eine Geige spielt zur Irritation eine ganze Tonart höher. Bezeichnend ist der Wechsel von komisch-skurril und geheimnisvoll-mystisch.

Damit setzt der Komponist dem naiven „kindlichen Glauben“ musikalisch etwas entgegen.

Der langsame und romantische dritte Satz ist ein kurzer Bruch in eine andere Welt, bis er fulminant in E-Dur endet.

Der Zwiespalt des „Himmlischen Leben“ wird mit der Vertonung von „Wir genießen die himmlischen Freuden“ (Des Knaben Wunderhorn) und den vorantreibenden, verfremdenden musikalischen Zwischenspielen. Die Sopranistin Jeannette Wernicke übernahm diesen Gesangspart mit professioneller Souveränität.




Natur-gewaltiges Musikerlebnis im Konzerthaus

Einen imposanten Abschluss der Spielzeit 2016/2017 bot die Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz unter dem Motto „natur_erlebnis“ beim 10. Philharmonischen Konzert am 04. und 05. Juli 2017 mit der 3. Sinfonie d-Moll von Gustav Mahler (1860-1911) im Konzerthaus der Stadt. Das gigantische Werk versucht nicht nur einen musikalischen Abriss der menschlichen Entwicklungsgeschichte, sondern bemüht dazu neben einer großen Orchestrierung auch noch einen Frauen- und einen Knabenchor, sonder auch noch Solo-Partien für Mezzopsopran mit Textausschnitten aus Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ (4. Satz: Oh Mensch! Gib Acht!) und aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Achim von Arnim und Clemens Brentano (5. Satz: „Es sungen drei Engel“). Das zeigt schon einen starken Drang Mahlers zum Gigantischen.

Die Damen des Dortmunder Opernchors (Einstudierung: Manuel Pujol), Damen des Kammerchors der TU Dortmund (Einstudierung: Ulrich Lindtner) und der Knabenchor der Chorakademie Dortmund (Einstudierung: Jost Salm) sowie die Mezzosopranistin Janina Baechle übernahmen an den Abenden tatkräftig den unterstützenden Part.

Das höchst anspruchsvolle Programm zeichnet sich durch teils schroffe Nebeneinander von höchst unterschiedlichen musikalischer Elemente. Diese Collagetechnik mit melodisch-harmonischen Passagen, Brüchen und Dissonanzen bis hin zu extremen musikalischen Überhöhungen entspricht den sechs Stufen der Entwicklung. Diese gehen über die Materie, Flora und Fauna, Menschen mit Lust und Leid, bis hin zur Apotheose im „Himmel“. Als höchste Stufe der Entwicklung in den Sätzen vier bis sechs kumuliert sie für Mahler am Ende in der allumfassenden und unendlichen Liebe („Gott“) .

Die Sinfonie ist in zwei Abteilungen aufgeteilt. Der erste Satz alleine umfasst schon die erste Abteilung. Er beginnt mit einem starken Weckruf durch gleich acht Hörner und kann als zündender Funke, der die Dinge in Gang setzt, gesehen werden. Als Gegenwelt zur beherrschenden Materie meldet sich die Natur mit Hilfe der Streicher, Oboen und Trompetenklängen. Sie wirkt aber nur kurz und ziellos, auch wenn sie sich endlich zu einem schnellen Marsch mit gewaltigem Getöse entwickelt, dass am Ende ins Leere läuft.

Die zweite Abteilung mit den Sätzen zwei bis sechs zeichnen ein Bild von scheinbar harmonischen blühender Landschaften mit Flora Und Flaura, deren scheinbare „Idylle“ (unterstützt durch Glockenspiel und Harfen) aber immer wieder durch musikalische Dissonanzen gestört wird. Der fünfte Satz kommt zunächst etwas naiv und mit dem „Armer Kinder Bettlerlied“ (Wunderhorn) daher, wird aber am Ende mit dem Mezzosopran-Solo „Es sungen drei Engel“ ernster.

Im letzten Satz steigert sich die Musik zu einem grandiosen und leidenschaftlichem Finale.