„Die Fledermaus“ geht nicht baden

Ist es wirklich schon sieben Jahre her, dass „Die Fledermaus“ zuletzt auf dem Spielplan der Oper Dortmund stand? Die Besetzung hat sich teilweise geändert, doch eines blieb gleich: Motonori Kobayashi dirigierte erneut die Dortmunder Philharmoniker bei der Premiere am 23. November 2024.

Baden bei Wien – Wannen-Symbolik und Champagner-Laune

„Die Wanne ist voll“ – dieser Satz könnte auch als Leitmotiv für das Bühnenbild von Martin Dolnik stehen. Gemeinsam mit Regisseur Hinrich Horstkotte verlegt er die Handlung in eine Badeszenerie: Von Baden bei Wien bis ins Finale im Gefängnis begleitet die Zuschauer immer wieder eine augenzwinkernde Badesymbolik – selbst der Frosch sitzt in der Wanne.

Johann Strauss‘ Operette „Die Fledermaus“, entstanden im Krisenjahr 1873, spiegelt eine Gesellschaft im Wandel wider. Während die Arbeiterklasse nach mehr Einfluss strebt, versucht das Bürgertum, wie Gabriel von Eisenstein, den Lebensstil des Adels nachzuahmen. Auch das Stubenmädchen Adele träumt von einem sozialen Aufstieg. Hinzu kommen die Themen Erotik und natürlich Alkohol – in Form von Champagner, dem in der Inszenierung ausgiebig gehuldigt wird. Schließlich ist er, wie es humorvoll heißt, „an allem Schuld“.

Tanja Christine Kuhn, Daegyun Jeong, Fritz SteinbacherFoto: (c) Björn Hickmann
Tanja Christine Kuhn, Daegyun Jeong, Fritz Steinbacher. Foto: (c) Björn Hickmann

Nicht ohne Grund wird „Die Fledermaus“ als die „Königin der Operette“ gefeiert. Ohrwürmer wie „Im Feuerstrom der Reben“ oder „Brüderlein und Schwesterlein“ gehören zu den bekanntesten Melodien des Genres und haben sich tief in die musikalische DNA Deutschlands und Österreichs eingeprägt.

Starke Stimmen und ein Frosch mit Humor

Die Sängerinnen und Sänger der Dortmunder Inszenierung überzeugten mit Leidenschaft und stimmlicher Brillanz. So meisterte Sooyeon Lee trotz Erkältung ihre Partie als Adele tadellos, während Fritz Steinbacher als Gabriel von Eisenstein und Tanja Christine Kuhn als Rosalinde mit Spielfreude und Gesang beeindruckten. David DQ Lee verlieh dem Prinzen Orlofsky nicht nur seine Stimme, sondern auch eine humorvolle Präsenz – verstärkt durch das Kostüm in Form eines Fatsuits.

Besonderes Augenmerk galt der Rolle des Froschs, die in dieser Inszenierung Steffen „Shortie“ Scheumann übernahm. Er arbeitete stark mit Wortverdrehungen, aber die Qualität von Vorgänger Fritz Eckenga war schwer zu übertreffen war. Doch auch das ist Kritik auf hohem Niveau.

Wer Operette liebt, kommt an „Die Fledermaus“ nicht vorbei. Und wer Operette bisher gemieden hat, sollte dieser Inszenierung eine Chance geben – das Lächeln beim Verlassen des Theaters ist garantiert. Am Silvesterabend 2024 um 20 Uhr lädt „Die Fledermaus“ erneut zum festlichen Vergnügen ein, unterstützt von prominenten Gästen wie Angelika Milster. Ob es Champagner gibt? Das bleibt abzuwarten. Doch eines ist sicher: Jede Menge Spaß ist garantiert.

Mehr Infos und Termine unter www.theaterdo.de




Der Frosch als Erklärbär

[fruitful_alert type=“alert-success“]Fritz Eckenga (im Vordergrund) führte in seiner gewohnten Art durch die Operette. (Foto: © Oper Dortmund)[/fruitful_alert]

Für viele (jüngere) Menschen gelten Operetten als altbacken und angestaubt. Dass es auch anders sein kann, zeigte die Premiere der halb konzertanten Operettenaufführung der „Fledermaus“ von Johann Strauss (Sohn) in der Oper Dortmund am 05.03.2017. Die szenische Einrichtung kamen von Jens-Daniel Herzog und Alexander Becker.

Die Idee, Operette mit Kabarett zu verbinden war ein guter Schachzug. In der Geschichte wird betrogen und getrickst, gesoffen und gefeiert. Sie eignet sich also für die Kombination eines bekannten Ruhrgebiets-Kabarettisten wie Fritz Eckenga mit seinem lakonisch-trockenen Humor, der als lockerer Erzähler und Erklärer Frosch durch das Programm führt, mit den wunderbaren SängerInnen des Dortmunder Ensembles. Auf der Bühne im Hintergrund spielte die Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung des stellvertretenden GMD Motonori Kobayashi. Sie mussten sich nicht nur auf die Musik Johann Strauss (Sohn) konzentrieren, sondern wurden von Eckenga als Hausmeister Frosch schon zu Anfang „angemacht“. Wie man es von Eckenga gewohnt ist, wurde das Publikum, einzelne Personen aus dem Publikum oder die SängerInnen die Performance humorvoll-ironisch einbezogen. Das trug zur Auflockerung der Atmosphäre bei. Er scheute sich auch nicht, im Laufe des Abends hintergründige politische Spitzen mit aktuellem Bezug auszusenden.

Zu Beginn der Aufführung schleppte er als Hausmeister einige Requisiten in den vorderen Bereich der Bühne, darunter auch einen alten staubigen Sessel. Dieser wurde sinnbildlich vor den Augen des Publikums entstaubt.

Kammersänger Hannes Brock hatte in der Person des amourösen Abenteuern und guten Feiern nicht abgeneigten Gabriel von Eisenstein wieder mal eine Paraderolle gefunden. Emily Newton als seine Frau Rosalinde, ebenfalls untreu, stand ihm stimmlich und mit ihrem komödiantischen Talent in nichts nach. Diese Qualitäten waren auch bei den anderen Beteiligten, dem Gefängnisdirektor Frank (Luke Stoker), Alfred ( Joshua Whitener), dem rachsüchtigen Notar Dr. Falke (Gerado Graciacano), dem Kammermädchen Adele (Ashley Thouret) mit ihren Künstlerträumen und die sie begleitende Schwester Ida (Enny Kim) gefordert. Ileana Mateescu konnte wieder einmal in einer „Hosenrolle“ als Prinz Orlofsky überzeugen.

Bekannten Ohrwürmer wie etwa „Mein Herr Marquis“, das bezeichnende „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ oder die beliebte Ode an den Champagner „Im Feuerstrom der Reben“ und die festlichen Kostüme sorgten für den Glamour-Faktor der Operette, geerdet durch das Kabarett.

Wenn die Welt schon Richtung Abgrund taumelt, dann bitte nicht nüchtern. Der Alkohol spielte also auch eine große Rolle an diesem Abend. Nicht nur im Hintergrund auf der Leinwand perlte der Champagner, sondern auf der linken Seite der Bühne wartete eine Kiste Bier darauf, dass der Inhalt getrunken wird.

Der entstaubte Operettenspaß wurde mit viel Beifall vom Publikum belohnt.

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