Überarbeitetes Handlungsballett voll Dynamik und Esprit

„Der Traum der roten Kammer“ in einer Neufassung von Xin Peng Wang

Ballettintendant Xin Peng Wang hat in seinem zwanzigsten Jahr in Dortmund sein persönlichstes Handlungsballett, „Der Traum der roten Kammer“ (Musik Michael Nyman), nach einem großen historischen chinesischen Roman für das Publikum neu überarbeitet. Aus dem riesigen Werk aus der „Herz seiner Heimat“ mit offenem Schluss hat Xin Peng Wang ein atemberaubendes Ballett mit dem Hintergrund einer unglücklichen Liebesgeschichte und über dreihundert Jahre chinesische Geschichte choreografiert. Ars tremonia war am 16.02.2024 dabei.



Grandios mit der emphatischen und dynamischen Musik von Michael Nyman begleitet wurde das Handlungsballett von der Dortmunder Philharmoniker unter Leitung von Olivia Lee-Gundermann.

Daria Suzi, Simon Jones, Amanda Vieira, Ensemble, Statisterie
Foto: (c) Leszek Januszewski 
Daria Suzi, Simon Jones, Amanda Vieira, Ensemble, Statisterie
Foto: (c) Leszek Januszewski 

Mit modernen technischen Effekten wurde schon der Prolog (Geschichte des Steins) dargestellt. Die Legende vom Stein, der wegen seiner sperrigen Form nicht für die Pfosten des Himmels genutzt wird und enttäuscht in der Welt des roten Staubs das Schicksal eines Menschen wird.

Pao Yü, ein Sprössling einer mächtigen Kia-Dynastie im China des 17. Jahrhunderts, wird der Legende nach mit einem Zauberstein aus Jade im Mund (Symbol für „das Gute im Menschen“) geboren. Eindringlich wird sein Konflikt zwischen der Liebe zu seiner aus dem verarmten Zweig der Familie stammenden Cousine Lin Dai Yü und der vorgesehenen Vernunftehe mit der Cousine Pao Tschai dargestellt. Die Geliebte ist kränklich, sensibel, geistreich und teilt mit ihm seine Träumereien. Nachdem Pao Yü sich tragisch für die falsche Frau entscheidet, stirbt Lin Dai Yü und Pao Yü wendet sich verzweifelt dem Buddhismus zu. Es folgt der Niedergang der Dynastie.

Es folgt ein rasanter emotionaler Ritt durch über dreihundert Jahre chinesische Geschichte. Eindrucksvolle Bilder erzählen von starren Hierarchien, Riten und Mythen, brutalen Machtwechseln (zum Beispiel der Kulturrevolution)) bis zur die Gegenwart Chinas als Wirtschaftsgigant.

Begleitet wird die Zeitreise von einer Art Modeschau mit farbenprächtigen Kostümen.

Im Epilog sehen wir einen armen Obdachlosen (Widergeburt von Pao Yü?) vor einem alten Baum. Der blüht manchmal im Winter. Menschen gehen zumeist achtlos an ihm vorbei. Man sieht ihn durch die Pforte der Leere verschwinden…

Am Ende ist der Traum der roten Kammer eine Art Metapher als letzte Zuflucht für eine kalte und gesichtslose Gesellschaft des 21. Jahrhunderts

Viel Symbolik, wunderbare Kostüme, einer bis in die wichtigen Nebenrollen mit Esprit und starken Gesten begeisternde Ballett-Company zeichneten die Aufführung aus.

Vor allem Simon Jones als Pao Yü und Samuel Bassler vom NRW Juniorballett als „sein Stein“ überzeugten bei ihrem dynamischen, fast symbiotischen Ballett-Zusammenspiel. Großen Respekt vor dem öfter akrobatisch anmutenden modernen Balletttanz voll Präzision. Das traf auch auf die Rollen der beiden Kontrahentinnen Nin Dai Yü (Amanda Vieira) und Pao Tschai (Daria Suzi) zu.

Infos zu weiteren Aufführungsterminen erhalten sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.:0231/ 50 27 222




Erfolgsballett wieder in Dortmund

Farbenfrohe Choreografien gab es zu bewundern.(Foto: ©Bettina Stöß / Stage Picture)
Farbenfrohe Choreografien gab es zu bewundern.(Foto: ©Bettina Stöß / Stage Picture)

Noch farbiger – noch bildgewaltiger: Die Wiederaufnahme von Xin Peng Wangs Ballett „Der Traum der roten Kammer“ in der Hongkong-Fassung sorgt erneut für einen vollen Opernsaal. Die Version, die in Hongkong für einen politischen Skandal gesorgt hat, wird am 01. Mai 2015 vom Publikum gefeiert.

Die getanzte Geschichte hatte sich nicht viel verändert: Aus dem riesigen Roman „Der Traum der roten Kammer“ von Hóng Lóu Mèng nahm Ballettdirektor Xin Peng Wang einen kleinen Teil heraus: Er konzentrierte sich auf die Geschichte um Pao Yü, der seine verarmte Cousine Lin Dai Yü liebt, aber die reiche Cousine Pao Tschai heiraten muss. Pao Yü verzweifelt so sehr, dass er als stummer Begleiter die Geschichte Chinas bis zu Jetztzeit miterlebt.

Die eigentliche Premiere fand am 11. November 2012 statt. In der ersten Wiederaufnahme gab es ein paar personelle Veränderung. Zwar wurde Pao Yü an diesem Abend erneut von Mark Radjapov getanzt, aber seine Geliebte Lin Dai Yü nicht mehr von Monica Fotescu Uta, sondern von Barbara Melo Freire. Auch der Stein hatte einen anderen Tänzer. Francesco Nigro ersetzte Sergio Carecci.

Es gab einige kleine Änderungen. Bei der Premiere 2012 wurden Pao Yü beide Cousinen verschleiert präsentiert, er wählt aber die falsche. 2015 wurde Lin Dai Yü schon vorher von der Familie „aussortiert“.

Beim Marsch durch die chinesische Gesichtete wurde in der Hongkonger Fassung stärker auf die Kulturrevolution eingegangen. Bilder wurden zerstört, Buddhastatuen mit dem Vorschlaghammer zertrümmert (ein Bild, das einen sofort an die IS denken lässt) und Bücher gingen in Flammen auf. Das gefiel den kommunistischen Funktionären in Hongkong gar nicht und sie verlangten die Absetzung des Stückes. Doch der mediale Druck sorgte dafür, dass ab der dritten Vorstellung wieder die originalfassung gespielt werden konnte.

Wer den „Traum der roten Kammer“ noch nicht gesehen haben sollte, der sollte es jetzt nachholen. Erstklassige Tänzer, beeindruckende Choreografien, opulentes Bühnenbild und großartige Musik von Michael Nyman, live gespielt von den Dortmunder Philharmonikern.

Weitere Termine: Sa, 09. Mai 2015, Sa, 23. Mai 2015, Sa, 30. Mai 2015, So, 07. Juni 2015 und Sa, 27. Juni 2015.