Schuberts „Winterreise“ in einer besonderen Bearbeitung mit Daniel Behle

Startenor Daniel Behle begeistert erneut beim KLANGVOKAL Musikfestival

Am 17. November 2024 war Startenor Daniel Behle beim KLANGVOKAL Musikfestival im Dortmunder Reinoldihaus zu Gast. Der vielseitige Künstler, bekannt für seine Innovationsfreude, präsentierte eine außergewöhnliche Interpretation von Franz Schuberts Winterreise (op. 89, D 911), einem der bekanntesten Liederzyklen der Romantik mit Texten von Wilhelm Müller. Diesmal brachte er eine Bearbeitung für Tenor und Klaviertrio mit auf die Bühne, die er selbst arrangiert hat.

An seiner Seite musizierten Oliver Schnyder (Klavier), Andreas Janke (Violine) und Benjamin Nyffenegger (Violoncello). Diese Besetzung verlieh den 24 Liedern der Winterreise eine zusätzliche Klangdimension und hob besonders den Reichtum der Klavierstimme hervor. Die erweiterte Fassung, die Schubert aus den ursprünglich 12 „Wanderliedern“ zu einem umfassenden Liederzyklus ausbaute, wurde so in neuem Glanz präsentiert.

Ein musikalischer Zyklus voller Tiefe und Romantik

Die düstere, oft melancholische Grundstimmung der Winterreise ist eng mit ihrem zentralen Thema verknüpft: der Liebe, oder genauer gesagt, der unglücklichen Liebe eines Wanderers. Der Zyklus pendelt zwischen der Sehnsucht nach Erfüllung und der bitteren Enttäuschung über unerwiderte Gefühle. Die Lieder, geprägt von Wehmut, Schmerz, Einsamkeit und Visionen von Tod und Erlösung, ziehen das Publikum in ihren Bann. Besonders bekannt ist das Lied Der Lindenbaum, das als Symbol für Trost und Erinnerung gilt.

Tenor Daniel Behle mit dem Oliver Schnyder Trio. (Foto: (c) C. Spitzner)
Tenor Daniel Behle mit dem Oliver Schnyder Trio. (Foto: (c) C. Spitzner)

Das Wandermotiv spiegelt den romantischen Zeitgeist wider, in dem das Gehen durch die Natur als Heilmittel für seelische Wunden und als Aufbruch zu Neuem betrachtet wurde. Schuberts Kompositionen, überwiegend in Moll-Tonarten gehalten, unterstützen dieses Gefühl durch langsame, regelmäßige Rhythmen, die den Eindruck einer gleichmäßigen Wanderbewegung verstärken.

Daniel Behle und sein Ensemble beeindrucken mit emotionaler Tiefe

Daniel Behles facettenreiche Stimme brachte die Tiefen und Nuancen von Schuberts Musik eindrucksvoll zum Ausdruck. Darüber hinaus setzte er Gestik und Mimik gezielt ein, um die emotionale Wirkung zu verstärken. Das Zusammenspiel mit seinen musikalischen Partnern – Schnyder, Janke und Nyffenegger – war harmonisch und präzise. Gemeinsam schufen sie ein Klangerlebnis, das das Publikum von der ersten Note bis zum tragisch-romantischen Schlusslied Der Leiermann in den Bann zog.

Diese Interpretation von Daniel Behle hat bewiesen, dass Schuberts Winterreise auch in dieser besonderen Besetzung nichts von ihrer emotionalen Intensität verliert und immer wieder neu fasziniert. Ein Höhepunkt des Musikfestivals, der nachhaltig in Erinnerung bleibt.




Musikalische Romantik und kunstvolle Verleger-Verspottung

Im Dortmunder Reinoldihaus startete die Konzertsaison 2023/24 des Klangvokal Musikfestivals am 07.09.2023 mit einem besonderen Liederabend mit dem Tenor Daniel Behle und seinem kongenialen Begleiter am neuen Flügel Oliver Schnyder.



Behle ist vielen noch von der Opern- und Operettengala im letzten Jahr mit seiner weichen wie auch kraftvoll starken Stimme in guter Erinnerung.

Zu Beginn des Liederabends standen mit „Zwölf Gedichten op. 35 (Liederreihe nach Kerner)“ von Robert Schuhmann (1810-1856) und „Sechs Lieder op. 48“ von Edvard Grieg (1843-1907) zunächst einige romantische Vertonungen von bekannten Dichtungen auf dem Programm.

Da geht es um erfüllte und unerfüllte Liebe, Wanderlust, Naturfreude, Schmerz und Schwermut. Der Tenor mit seiner variablen Stimme sowie die Verstärkung durch das schmeichelnde Pianospiel verliehen den unterschiedlichen Stimmungen einen emotionalen Ausdruck.

Nach der Pause konnte sich das Publikum auf den satirisch-spöttischen 12 Gesänge „Krämerspiegel op. 66“ (Texte: Alfred Kerr) vom „letzten Romantiker“ Richard Strauss (1864-1949) freuen.

Seit der Jahrhundertwende hatte sich Strauss für eine Reform des Urheberrechts eingesetzt und die Genossenschaft Deutscher Tonsetzer gegründet. Nachdem der Berliner Verlag Bote & Bock  dem Komponisten 1903 neben einem großzügigen Honorar für dessen „Symphonia Domestica“ noch zwölf neue Lieder gerichtlich abverlangte, gab er Texte bei dem für seine spitze Feder bekannte Alfred Kerr in Auftrag. Die Musikverleger sollten aufs Korn genommen werden und Kerr lieferte das gewünschte zu der großen Musik des Komponisten. Genüsslich und mit sichtbarem Spaß brachten Behle und seine musikalische Begleitung den „Krämerspiegel“ zu gehör.

Mit den Strauss-Liedern „Herr Lenz“, „Ich liebe dich“ (1896/98) sowie der bekannten „Freundlichen Vision“ (1900) schlossen Daniel Behle und Oliver Schnyder den Kreis zum ursprünglichen Liebesthema des besonderen Liederabends.




Opern-und Operettengala mit Emotionen und Schwung

Im Rahmen des Klangvokal Musikfestival Dortmund fand am 28.Mai 2022 im hiesigen Konzerthaus die große Opern-und Operettengala statt. Für die Freunde dieser beiden Genres konnten mit der österreichischen Sopranistin Daniela Fally (1980 in Niederösterreich geboren) und dem Tenor Daniel Behle (1974 in Hamburg geboren) zwei starke Stimmen für diesen Abend gewonnen werden. Begleitet wurde die Gala musikalisch durch das renommierte WDR Funkhausorchester unter der schwungvollen Leitung von dem 1949 in Ungarn geborenen Dirigenten Stefan Soltész. Das Orchester konnte das Publikum gleich zu Anfang mit der Ouvertüre zu “Il barbiere di Siviglia” von Gioachino Rossini auf einen stimmungsvollen Abend einstimmen.

Daniela Fally und Daniel Behle verzauberten das Publikum mit Opern- und Operettenmelodien. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)
Daniela Fally und Daniel Behle verzauberten das Publikum mit Opern- und Operettenmelodien. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)

Mit der Arie “Una voce poco fa” aus dieser Oper hatte Daniela Fally ihren ersten Auftritt. Es schien, als würde sie gerade die anspruchsvollen Koloraturen besonders auskosten. Der erste Opern-Teil des Abends bot eine schöne Auswahl von bekannten Arien oder Duetten von Gioachino Rossini, Gaetano Donizetti, Giacomo Puccini, Georges Bizet oder Jules Massenet. Auch der Tenor Daniel Behle konnte nicht nur mit seiner Stimme punkten, sondern legte wie seine Kollegin viel Emotionen und Inbrunst in Stimme und Körpersprache. Ob als Solisten oder gut aufeinander eingestimmt im Duett, waren beide mit viel Hingabe für die Situation der Personen in der jeweiligen Oper. Liebes-Leid und Lust oder Schmerz versuchten sie dem Zuhörer*innen musikalisch nahe zu bringen. Die Sopranistin wechselte zu jeder Arie passend das Kleid.

Der zweite Teil nach der Pause war der Operette gewidmet. Etwas frivol zeigte sich nach der Ouvertüre vom Zigeunerbaron (Johann Strauss) Daniela Fally bei ihrer Arie “Spiel ich die Unschuld vom Lande” aus der Fledermaus. Es folgte ein temperamentvolles Duett aus Gräfin Mariza “Komm mit nach Varasdin” (Emmerich Kálmán). Gefühlvoll wurde es bei  “Dein ist mein ganzes Herz” aus dem “Land des Lächelns” (Franz Lehár).

Das Publikum bekam die Gelegenheit, die Ouvertüre zu der im letzten Jahr entstanden Operette “Hopfen und Malz” zu hören.

Eiin englischsprachige Musical-Song (Glitter and be gay) von Leonard Bernstein, gefühlvoll präsentiert von Daniela Fally, beendete den Abend. Ohne schwungvolle Zugaben ging es natürlich nicht nach Hause.




Sehnsucht – Zweifel – Angst: Lohengrin in der Oper Dortmund

Es war wohl klar, dass Ingo Kerkshofs Inszenierung von Wagners „Lohengrin“ nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen würde. Zusammen mit einem recht spartanischen, aber durchaus effektvollen Bühnenbild macht Kerkhof klar, hier gibt es keine Schwäne oder glänzende Ritter zu sehen. Hier wird eine Geschichte aus dem Blickwinkel von Elsa von Brabant erzählt, die zusammen mit ihrer Rivalin Ortrud um Macht in einer von Männer dominierten Gesellschaft kämpft. Ein Premierenbericht von ars tremonia.

Die Handlung der Oper in Kurzform: Der deutsche König Heinrich sucht in Brabant Hilfe für einen Feldzug gegen die Ungarn. Dabei muss er feststellen, dass der Herzog tot ist und es um die Nachfolge Streit gibt. Friedrich von Telramund, der sich um die beiden Waisen Elsa und Gottfried kümmern sollte, klagt Elsa an, ihren Bruder umgebracht zu haben. Der König lässt ein Gottesurteil anrufen und plötzlich erscheint, von einem Schwan gezogen, Lohengrin, der aber seinen Namen nicht verraten darf. Er besiegt Telramund, aber lässt ihm sein Leben. Elsa und Lohengrin heiraten und Lohengrin verlangt von Elsa das berühmte Versprechen „Nie darfst du mich befragen“. Ortrud, die Frau von Telramund, gelingt es aber, Zweifel in Elsa zu sähen. Und es kommt wie es kommen muss: Elsa fragt voller Angst Lohengrin nach Rang und Namen und er gibt vor dem König sein Geheimnis preis. Danach muss er wieder entschwinden, aber sagt, dass Gottfried der Schwan sei, der ihn gezogen hat und in einem Jahr wieder auftaucht.

Geschichten, Legenden und Mythen über Menschen, die sich (eine Zeitlang) in Tiere verwandeln gibt es in jeder Kultur. In Japan gibt es die Geschichte über einen Kranich, der sich in eine Frau verwandelt und die Geschichte mit Leda und dem Schwan (Zeus) ist sicher bekannt. Kerkhof verquickt in seiner Inszenierung durch Zitate, die auf der Bühne eingeblendet werden, den „Lohengrin“ Mythos mit dem Märchen von „Brüderchen und Schwesterchen“. Im letzteren verwandelt sich der Bruder in ein Reh.

Lohengrin (Daniel Behle) ist ziemlich ratlos, im Hintergrund Elsa (Christina Nilsson). Foto: © Thomas Jauk, Stage Picture
Lohengrin (Daniel Behle) ist ziemlich ratlos, im Hintergrund Elsa (Christina Nilsson). Foto: © Thomas Jauk, Stage Picture

Die große Schwester wird hier zum Mutterersatz und der Bruder zum Kind. Der Sehnsuchtstraum von Elsa nach ihrem Bruder manifestiert sich in der Gestalt von Lohengrin, hier als erwachsener Mann. Ortrud ist das schlechte Gewissen von Elsa, das sie vor dieser verbotenen Liaison warnt. Bevor es aber ernst wird, also die Hochzeitsnacht naht, stellt Elsa Lohengrin die verbotene Frage: Wer bist du wirklich. Lohengrin muss Farbe bekennen und verschwinden. Aus dem Traumbild Lohengrin kann wieder die reale Person Gottfried werden.

Andererseits präsentiert Wagner auch zwei Frauen in seiner Oper, die eine starke Rolle spielen, denn beide wollen an die Macht. So wie Elsa sich nicht zu Seite schieben lassen will, kämpft Ortrud um ihre Position. Dabei tritt sie ihren Mann Friedrich von Telramund durchaus mal in den Hintern, wenn er zu sehr zögert. Interessanterweise sind die Männerrollen in Kerkhofs Inszenierung durchaus nicht die starken Streiter, wie sie zu sein scheinen. Der König Heinrich ist im Streitfall wenig entscheidungsfreudig und lässt lieber ein Gottesurteil ausfechten, Friedrich von Telramund hat erst große Klappe, versteckt sich aber beim kleinsten Widerstand unter dem Rock seiner Frau und Lohengrin setzt mit einen Forderungen Elsa unter Druck statt ihr beizustehen.

Neben einer inhaltlichen Analyse steht natürlich die Musik im Vordergrund. Wagners Musik zu Lohengrin hat auch nach fast 170 Jahren nichts an seiner Kraft verloren. Das Hochzeitslied aus dem 3. Akt ist so populär geworden, dass es fast den Rest in den Schatten stellt. Doch wer sich darauf einlässt, wird feststellen, wie kraftvoll die Musik ist trotz der 3 ½ Stunden. Das ist auch ein Verdienst der Dortmunder Symphoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz.

Sehr schön war die Idee, den Chor im Zuschauerraum zu verteilen. Es machte den Eindruck, dass alle Anwesenden ein Teil der Inszenierung wurden. Auch die zusätzlichen Trompeten erklangen aus dem Saal.

Auf der Bühne (Bühnenbild Dirk Becker) wirkte alles etwas farblos. Die Akteure tragen Kleider, die aus Wagners Zeiten stammen, aber niemand trägt etwas farbiges. Das Zimmer von Elsa sieht ärmlich aus, die Einrichtung kann auch aus dem 19. Jahrhundert stammen. Der Außenbereich wird durch einige Stoppeln kenntlich gemacht.

Neben dem Orchester sind natürlich die Sängerinnen und Sänger das wichtigste Element. Leider hat Kerkhof die Protagonisten sehr statisch arrangiert. Es gab kaum schauspielerische Aktionen, außer vielleicht zwischen Ortud und Elsa, ansonsten hätte man alles auch szenisch aufführen können.

Man merkte sofort, dass Morgan Moody besondere Freude an seiner Rolle als Heerrufer des Königs hatte. Souverän sangen Shavleg Armasi (Heinrich der Vogler) und Joachim Goltz (Friedrich von Telramund) ihren Part. Daniel Behle, erschien nicht als glänzender Ritter wie erwähnt, seine Stimme war an diesem Abend aber über jeden Zweifel erhaben.

Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn die Oper „Elsa und Ortrud“ geheißen hätte, denn Christina Nilsson (Elsa) und Stéphanie Müther (Ortrud) gaben den beiden starken Frauen ein ebenso starkes gesangliches Profil.

Ein Abend, der wegen der gewagten Inszenierung sicher nicht jedem gefiel, aber durch Musik und Stimmen zu einem gelungenen Abend beitrug.

Weitere Infos unter www.theaterdo.de