Zwischen Traum und Trauma

Das 6. Philharmonische Konzert im Konzerthaus Dortmund am 23. und 24. Februar 2016 stand unter dem Motto „traum_welten“. Das bedeutet nicht nur die traumhaft-ekstatische positiven Seite, sondern auch die dunkle Seite, der Albtraum dahinter.

Besonders deutlich wird das bei Maurice Ravel (1879 – 1937) bei seinem „La Valse, Poème choréographique zu Beginn des Abends. Im Jahr 1916 als Hommage Johann Strauß von Ravel zunächst unter dem Titel „Wien“ konzipiert, wurde der Name nach seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg in „La Valse“ geändert.

Was bei Thomas Manns „Zauberberg“ eine literarische Auseinandersetzung mit dem „Fin de Siècle“ ist, gelingt Ravel beeindruckend auf musikalischer Ebene.

Der Dortmunder Philharmoniker unter der sensiblen und energischen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz gelang es hervorragend, die unterschiedlichen Stimmungen des Stücks bis in die feinen Nuancen für das Publikum lebendig werden zu lassen.

Am Anfang die wie durch einen Nebel gesehenen ausgelassenen Walzerklänge eines höfischen Balls, die immer ekstatischer werden. Zwischendurch sind aber schon bedrohliche Paukenschläge zu hören. Am Ende steigert wie bei einen „Tanz auf dem Vulkan“ in einen hysterischen Taumel bis zur Katastrophe hinter dem Abgrund.

Es folgte das technisch anspruchsvolle 2. Klavierkonzert g-Moll op. 13 von Camille Saint-Saëns ( 1835 – 1921). Die junge Schweizer Pianistin Beatrice Berrut meisterte die Herausforderung der Melange verschiedener stilistischer Einflüsse mit einer scheinbar spielerischen Leichtigkeit. So zum Beispiel in den Solopartien mit der formalen Strenge J.S. Bach, oder dann im plötzlichen Wechsel leicht mit einem romantischen Anklang an Schuhmann im erste Satz „Andante sostenuto“. Das Zusammenspiel mit dem begleitenden Orchester war von großer Harmonie geprägt.

Der zweite. Satz, das „Allegro scherzando“ war melodiös und von beschwingter Leichtigkeit gekennzeichnet.

Der dritte Satz mit dem Finale:Presto (alla breve) nimmt mit einer schwungvollen Tarantella noch einmal gehörig an Fahrt auf hin bis zu den fulminanten Orchesterakkorden am Ende.

Für das begeisterte Publikum gab es von der Pianistin noch eine Zugabe von J.S. Bach.

Nach der Pause folgte das Trauma des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow (1873-1943), die 1. Sinfonie d.Moll op. 13.

Nach der Uraufführung am 27. März 1897 wurde sie zunächst gnadenlos von der Presse verrissen. Das führte bei Rachmaninow zu einer Depression. Hinzu kam noch seine unglückliche Liebe zu Anna Lodyzhenska, der Frau eines Moskauer Kaufmanns. Ihr hatte Rachmaninow die Sinfonie gewidmet und von diesem Schmerz ist sie geprägt. Düster, wuchtig, melancholisch und kraftvoll. Nur kurz heiter beim Volksfest der Zigeuner.. Das Mottothema wie das gesamte Werk von Rachmaninow basiert auf der Tonfolge des „Dies Irae“-Chorals der lateinischen Totenmesse.

Einen persönlichen Bezug zu seiner unglücklichen Liebe zeigen auch die an die Zigeunermusik anklingende musikalischen Elemente. Die Eltern von Anna waren Zigeuner (Roma -Sinti ?).

Temperamentvolle Tarantella und Volksfeststimmung wechselt mit ruhigeren Passagen bis zum gewaltigen Höhepunkt mit dem Schlag eines Tamtams, um dann wieder zum umfassenden Motto des ersten Satzes zurück zu finden.




Orientalische Düfte im Konzerthaus

Am 13. November 2913 entführten uns die Dortmunder Philharmoniker im Konzerthaus Dortmund beim 3. Philharmonischen Konzert unter dem Titel „orient_düfte“in den Nahen und Fernen Osten. Mit Unterstützung des in Beirut (Libanon) geborenen Dirigenten George Pehlivanian und der Pianistin Lilya Zilberstein ging die Reise los. Ihren Höhepunkt fand sie in Armenien mit Chatschaturjans „Gayaneh-Suite“.

Der Orient hatte und hat für manche Künstler jeglicher Couleur immer eine besondere Faszination ausgeübt. Von der Literatur über Architektur bis hin zu Musik. In der Musik denken wir beispielsweise an Mozarts „Entführung aus dem Serail“ (diese Spielzeit in der Oper zu sehen) oder Lehars „Land des Lächelns“. Bei 3. Philharmonischen Konzert standen vor der Pause zwei Komponisten im Mittelpunkt, die den Orient quasi von außen betrachten. Carl Nielsen und Camille Saint-Saëns.

 

Carl Nielsens „Aladdins-Suite“ war eigentlich als Musik für ein gleichnamiges Schauspiel entstanden. Doch das Schauspiel floppte und nur Nielsens Musik überlebte. Glücklicherweise, so konnten die Philharmoniker und Dirigent George Pehlivanian sich langsam an den Orient heranwagen. Nielsens Komposition nimmt gegen Ende des Stückes Fahrt auf, der „Tanz der Gefangenen“ und vor allem der „Tanz der Mohren“ bedeuten Schwerarbeit und höchste Konzentration bei der Schlagzeug-Gruppe.

 

Camille Saint-Saëns Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 in F-Dur beginnt erst einmal wenig orientalisch. Im ersten Satz wurden die orientalischen Elemente noch in homöopathischen Dosen verabreicht, verwandelt sich der Klang im 2. Satz, dem Andante“, völlig. Hier sind auch die Fähigkeiten des Pianisten gefragt und Lilya Zilberstein meisterte die Schwierigkeiten mit Bravour. Naher und Ferne Osten zum Greifen nah. Der dritte Satz entführte uns wieder zu den Nildampfern nach Ägypten. Ein wirklich gelungenes Stück, dargeboten von einer spielfreudigen Solistin und gut aufgelegten Philharmonikern. Leider entließ uns Zilberstein ohne Zugabe in die Pause.

 

Nach der Pause wurde es Zeit für den Komponisten, der den Orient aus eigener Erfahrung kannte, auch wenn Armenien eher an der Peripherie liegt: Aram Chatschaturjan. Vor allem sein „Säbeltanz“ aus der „Gayaneh-Suite“ ist zum „Welthit“ geworden , so Dirigent George Pehlivanian im Vorgespräch. Seine Bekanntheit in Deutschland hat sicher auch damit zu tun, dass in den 70er Jahren der „Säbeltanz“ die Musikuntermalung für einen Werbespot in Fernsehen war. Beworben wurde damals ein Kaffeelikör.

Doch die „Gayaneh-Suite“ auf den Säbeltanz zu reduzieren wäre falsch, denn die Musik schwelgt in armenischen und kaukasischen Volkstänzen. Und hier zeigte das Orchester auch sein Können. Nichts gegen Nielsen und Saint-Saëns, aber nun tauten Orchester und Dirigent richtig auf. Bei der Mischung zwischen langsamen Adagio-Stücken und schnellen Tänzen machte das Zuhören Spaß. Einfach die Augen schließen und sich in die wilde Welt des Kaukasus entführen lassen.

Ein wirklich gelungener Abend mit fremden Klängen, viel Schlagwerk und engagierten Musikern.

 




Philharmonisches Konzert mit armenischem Temperament

 

Armenisches Temperament beim 3. Philharmonischen Konzert unter der Leitung von George Pehlivanian.
Armenisches Temperament beim 3. Philharmonischen Konzert unter der Leitung von George Pehlivanian.

Am 12. und 13. November können Besucher im Konzerthaus Dortmund die Düfte des Orients erleben. Natürlich nur musikalisch. Die Dortmunder Philharmoniker spielen unter der Leitung von George Pehlivanian die Aladdin-Suite von Carl Nielsen, das „Concerto égyptien“ von Camille Saint-Saëns und als Höhepunkt Auszüge aus den „Gayaneh“-Suiten von Aram Chatschatuarjan.

Wie duftet der Orient. Vielleicht nicht nach einem bestimmten Duft. „Es gibt so viele verschiedene Gerüche“, antwortete Gastdirigent Pehlivanian. „Vielleicht wie in den Souks in Marokko oder Algerien.“ Er muss es wissen, denn George Pehlivanian wurde in Beirut (Libanon) geboren und ging 1975 mit seiner Familie in die USA. Eine besondere Beziehung besteht zu Aram Chatschatuarjan, denn auch Pehlivanian hat armenische Vorfahren. „Und dieses armenische Temperament fließt noch in unseren Adern“, so der Dirigent.

 
Wem der Name Chatschatuarjan kein Begriff sein sollte, der „Säbeltanz“ aus der „Gayaneh“-Suite hat ihn weltbekannt gemacht, quasi ein Welt-Hit in der Klassischen Musik. So stehen in seiner Musik die armenischen Folkloretänze in Mittelpunkt, das armenische Lebensgefühl und die Lebensfreude. Von diesen Lebensfreuden war auch Chatschatuarjan nicht abgeneigt. „Er war ein fröhlicher Mensch und hat besonders gern gegessen“, so Pehlivanian, der Musik von Chatschatuarjan 1993 in seinem Heimatland Armenien dirigiert hat.

 

Auch die beiden anderen Stücke von Nielsen und Saint-Saëns entführen uns in den Orient. Hier blicken beide Komponisten zwar von außen auf den Orient, doch sie verknüpfen westliche musikalische Tradition mit Orientalismen zu einem ganz eigenen Klang.

 
Zufrieden war George Pehlivanian auch mit den Dortmunder Philharmonikern. „Es ist sehr toll mit den Musikern zu arbeiten. Sie sind sehr flexibel“, lobte der Dirigent seine Musiker. Auch wenn sie Chatschatuarjan noch nie gespielt haben, sieht Pehlivanian dies nicht als Nachteil: „Es ist wichtig für das Orchester, auch mal etwas anderes zu spielen.“