Beyond gravity – das zweite Wochenende

Vom 24.11. bis zum 26.11. wurden wieder im Theater im Depot und in der Akademie für Theater und Digitalität die VR-Brillen aufgesetzt und die ZuschauerInnen in virtuelle Welten geschickt.



Am Freitag erlebte ich ein Doppelprogramm mit „Touching clouds“ (akademie) und „Bodies under Influence“ (Depot). In „Touching Clouds“von Norbert Pape und Simon Speiser gelangte ich in eine Welt, die gefüllt war mit Objekten wie Steinen, Tarotkarten oder merkwürdigen Pflanzen, die eine Aktion ausführten und/oder eine Sounddatei abspielten. So ging ich auf Entdeckungstour durch eine magisch anmutende Welt. Die anderen BesucherInnen waren in einem schemenhaften Schwarz-Weiß zu erkennen, so dass wir uns nicht gegenseitig über den Haufen liefen.

„Bodies under Influence“ von Fernanda Ortiz war eine außergewöhnliche Tanzperformance. Mit VR-Brillen ausgestattet wurden wir in eine futuristische Welt entführt. Dort tanzte ein menschlich aussehendes Wesen, dass sich aber immer in eine Symbiose mit der Natur und anderen Lebewesen hineinwächst. Sidn unsere Avatare zunächst ohne Gliedmaßen, so „bekommen“ wir später Hände, mit denen wir eine kleine blaue Kugel steuern können. Ein tolles Erlebnis!

Zum Schluss sah ich mir am Samstag noch „Get real“ an. Hier wurden wir zunächst in Paare eingeteilt. Ich begann mit meiner Reise in die virtuelle Welt. Es begann mit einer Raumerkundung und ging dann weiter auf eine Art Platz, auf dem zu Technomusik getanzt werden konnte. Es konnte Kontakt zu den anderen Avataren aufgenommen werden oder einfach der Raum erkundet werden. Es war irre, einfach mal durch einen der Pfeiler zu fahren. Gegen Ende haben die Partner, die die ganze Zeit auf einem Stuhl saßen, die anderen „abgeholt“. Dann wurden die Plätze getauscht.

Gesamtes Fazit: Insgesamt habe ich in den zwei Wochen wirklich spannende, aufregende und innovative Formate erlebt. Dabei stehen wir bei diesen Technologien sicher noch am Anfang und die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft. Ich hoffe auch, dass das Festival einen festen Platz in Dortmunds Kulturkalender findet und ich die Entwicklung von Theater und Digitalität weiter verfolgen kann.




Jenseits der Schwerkraft – Festival Beyond Gravity

Newton, Einstein und andere aufgepasst: Das Festival „Beyond Gravity“ bringt vom 17. bis zum 26. November 2023 die Schwerkraft durcheinander. Schon das erste Wochenende bot unglaubliche Erlebnisse in der Virtuellen Realität, vom Fahrstuhlfahren über Wüstenwind, der über die Haut streicht, bis hin zu modernem Tanztheater, bei dem der Zuschauer mittendrin ist.



Das Festival, das im Theater im Depot und in der Akademie für Theater und Digitalität stattfindet, zeigt auch eine Richtung, in der sich das Tanztheater hinbewegen kann: Eine Mischung zwischen VR und „echten“ Menschen.

Dabei sollte es aber nicht vergessen werden, dass dieser Weg auch einige Hürden hat: Die VR-Brillen, die bis jetzt zum Einsatz kamen, verursachen noch hohe Kosten. 50 Personen gleichzeitig in virtuelle Tanzräume zu schicken, wäre vermutlich unbezahlbar. Ein anderes Problem, das ich persönlich teile: 38,1 % aller Erwachsenen in Deutschland tragen eine Brille. Es muss daher auf diese nicht kleine Gruppe geachtet werden.

Kommen wir zum bisherigen Programm. Das erste, was ich am 17.11.23 besucht habe war „I AM (VR)“ von Susanne Kennedy und Markus Selg, die für diese Arbeit mit Rodrik Biersteker zusammengearbeitet haben. Das war unglaublich. Auf einem Fluss fahrend gelang ich in einen Raum mit vielen weiteren Kammern, von denen sich eine als Waldschlucht entpuppte, ein Fahrstuhl brachte mich nach oben und ich fuhr über eine Planetenoberfläche. Eine Wahnsinnsreise.

Der zweite Beitrag an diesen Abend war „Coded Rituals“, vom Cistifellea Collective (Dortmund) & Camila Scholtbach (Tänzerin). Ein Tanztheaterstück, das in zwei Teilen aufgebaut war. Der erste Teil spielte in einem hellen Kasten, der mit durchsichtiger Folie umspannt war. Im Innern befand sich die Tänzerin, die sich langsam aus ihrem Käfig befreite. Eine Analogie mit dem Verpuppen eines Insekts war zu erkennen. Im zweiten Teil tanzte Scholtbach nicht mehr alleine, sondern hatte virtuelle Begleitung, hier drehte es sich offenbar um Reproduktion.

“One Window is Enough” von Sara Escribano Maenza (Köln), Anna Schneider (Hamburg) & Lieve Vanderschaeve (Bonn) führte uns wieder teilweise in virtuelle Welten.

Die Choreografin Sara Escribano präsentiert in Zusammenarbeit mit der Tanzkünstlerin Anna Schneider und der Videokünstlerin Lieve Vanderschaeve eine Mischung aus Tanzperformance und digitaler Kunst.

In einem Spiel zwischen Körper und Technologie, bei dem der Körper eine Quelle und die Technologie ein Übersetzer/Mitgestalter der Choreografie ist, lassen sie Bewegung entstehen. Dabei entführten sie die BesucherInnen in eine Wüste und schafften es sogar mit Windmaschinen einen Sandsturm erlebbar zu machen. Der zweite Part ihres Programms fand wieder in der Realität statt, beide Tänzerinnen tanzten auf und mit einer Schaukel.

Am Samstag (18.11.23) stand mein erster Besuch in der Akademie für Theater und Digitalität auf dem Programm. „Das Totale Tanz Theater 360“ nimmt Ideen von Oskar Schlemmer aus den 1920er Jahren auf und bringt sie in die virtuelle Zukunft. Erschaffen von der Interactive Media Foundation und Filmtank, in Ko-Kreation mit Artificial Rome tauchen die Besucher mittels VR-Brille in einen gewaltigen, virtuellen Bühnenbau ein und durchlaufen mit einer von ihnen aktivierten Tanzmaschine eine tänzerische Choreographie über drei Ebenen. Dabei begleitet sie die Frage nach ihrer wirklichen Einflussmöglichkeit auf Raum und Maschine. Aus dem Ineinandergreifen von menschengemachter Choreographie, persönlicher Intervention sowie maschinellem Algorithmus ergeben sich dabei immer neue Formen der Bewegung und des Tanzes im Raum.

The Dead Code Must Be Alive!” von Brigitte Huezo brachte am Sonntag (19.11.23) wieder die Kombination zwischen realer Tänzerin auf der Bühne und zeitgliecher Animation auf drei Bildschirmen. Während sich ein Tänzer über die Bühne bewegt, entfaltet sich ein unendlicher virtueller Raum um einen Avatar, der seine Bewegungen widerspiegelt. Der physische und der virtuelle Körper sind untrennbar miteinander verbunden, aber nie ohne Reibung. Denn es ist nicht alles perfekt im Cyberspace.