Spanisches Temperament mit Al Ayre Español

Italien, Frankreich, Deutschland oder England: Diese Länder sind bekannt für ihre Rolle im Barock. Aber Spanien? Das Ensemble Al Ayre Español bewies am 11. Oktober 2024 im Reinoldihaus beim Festival Klangvokal, wie bereichernd das musikalische Erbe Spaniens im 17. Jahrhundert war. Schon 2015 hatte das Ensemble in der Marienkirche beeindruckt.

Die Volksmusik prägte die spanische Barockmusik entscheidend. Bei jedem Stück spürten die Zuhörer*innen die Magie alter Volkslieder, die im Programm „¡oigan, miren y vengan a ver!“ (Hör, schau und komm und sieh!) zum Leben erweckt wurden. Auch die Gitarre spielte eine zentrale Rolle und hatte in vielen Werken eine Schlüsselposition.

Moderne Erstaufführungen spanischer Barockwerke durch Al Ayre Español

Eduardo López Banzo, der Leiter des Ensembles, transkribierte die meisten Stücke aus Originalmanuskripten. So wurden Werke von Komponisten wie Matías Juan de Veana oder Sebastián Durón nach Jahrhunderten wieder lebendig. Zwei Sonaten von Arcangelo Corelli, die italienische Akzente setzten, ergänzten das Programm.

Mit spanischer BArockmusik überzeugte das Ensemble "Al Ayre Español" das Publikum bei Klangvokal. (Foto: (c) Klangvokal)
Mit spanischer BArockmusik überzeugte das Ensemble „Al Ayre Español“ das Publikum bei Klangvokal. (Foto: (c) Klangvokal)

Trotz der eher sakralen Themen blieb die fröhliche Stimmung der Volksmusik stets präsent und sprang schnell von der Bühne auf das Publikum über. Den Höhepunkt bildete „¿Ola qué?“ (Was nun). Duróns Villancico, vorgetragen von allen Musikerinnen des Al Ayre Español und den Sängerinnen von Vozes del Ayre, riss das Publikum beinahe von den Stühlen. Das Konzert zeigte eindrucksvoll, wie lebendig und mitreißend spanische Barockmusik sein kann – und wie sie frischen Wind in die Konzertwelt bringt.




Temperamentvolle spanische Barockmusik in der Marienkirche

Al Ayre Español mit Sängerin Raquel Andueza. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Al Ayre Español mit Sängerin Raquel Andueza. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Spanische Barockmusik fristet hierzulande noch ein stiefmütterliches Dasein. Ja, die Italiener, Franzosen, Deutschen oder Engländer – einige Barockkomponisten aus diesen Ländern fallen einem sofort ein, aber Spanien? Doch auch Spanien hatte seine Barockmusik und -komponisten. Einen, mit dem Namen José de Torres (1670-1738) hat Dirigent und Cembalist Eduardo López Banzo wiederentdeckt und mit seinem Ensemble „Al Ayre Español“ aufgeführt. Zu hören waren sie am Konzert am 21. Juni 2015 in der Marienkirche im Rahmen des Festivals Klangvokal.

Spanische Barockmusik war ein Exportschlager. Zumindest in den spanischen Kolonien Mittel- und Südamerikas wurde die Musik aufgeführt. Glücklicherweise, denn bei einem Brand des Königlichen Archivs in Madrid ist auch das gedruckte Werk von de Torres den Flammen zum Opfer gefallen, aber in Guatemala-Stadt wieder entdeckt worden. Daher konnte Banzo mit seinem Ensemble und der Sopranistin Raquel Andueza einige Werke des spanischen Komponisten zu Gehör bringen.

Spanische Barockmusik bringt viel Temperament mit, ist volkstümlich und hat viel Leidenschaft. Dafür war Andueza die richtige Sängerin. Sie stand nicht stocksteif da und sang, sondern ihre Mimik und ihre Körperbewegungen lebten die Musik mit. Doch neben der Vokalmusik überzeugten die Musiker auch bei den Instrumentalstücken wie dem „Pasacallas“ eines unbekannten Komponisten, der „Sonata da Chiesa Nr. 12“ von Arcangelo Corelli, in der vor allem die beiden Violinen ihr Können zeigten, und der „Sonata Nr. 5“ von Georg Friedrich Händel.

Besonders berührend war das „Ay que favor. Cantata a Nuestra Señora“ von de Torres. Der Bittgesang für Maria wurde nur von Banzo am Cembalo begleitet und bot Andueza die Möglichkeit ihre Stimme dem zarten Spiel des Instrumentes anzupassen.

Erst nach zwei Zugaben durften die Musiker die Bühne verlassen. Das Konzert bot eine exzellente Möglichkeit, eine bisher vernachlässigte Erscheinungsform der Barockmusik kennenzulernen. Es bleibt zu hoffen, dass die kleine Renaissance(!) der spanischen Barockmusik durch „Al Ayre Español“ und anderen Musikern weiter anhält. Es gibt hier noch viel zu entdecken.