Tag 2 – Internationales Frauenfilmfestival Dortmund / Köln
Im Rahmen des
internationalen Spielfilmwettbewerbs für Regisseurinnen während des
IFFF Dortmund / Köln wurde in am 2. Tag des Filmfestivals im Kino
Schauburg in Dortmund der Film „The Miseducation of Cameron Post“
(USA) der Amerikanerin mit iranischen Wurzel Desiree Akhavan dem
Publikum präsentiert sowie „God Exists, Her Name Is Petrunya“
(MK,BE,SI, HR, FR) aus dem Jahre 2019 von Teona Strugar Mitevska.
Mit Gebeten gegen
Homosexualität
Der Film basiert auf
dem 2012 erschienenen gleichnamigen Roman, der auf den erschütternden
und aufsehen erregenden Berichten des Teenagers Zach Stark (2005 in
den USA) über die Zustände in einem Camp für „gefährdete“
Jugendliche, die von ihren „homosexuellen Neigungen“ weg und zum
„rechten Weg“ zurückgebracht werden sollten.
Die Geschichte
spielt 1993 in Montana (USA). Nach dem frühen Tod ihrer Eltern lebt
der Teenager Cameron Post bei erzkonservativen Verwandten. Sie steht
auf Frauen und als sie beim Sexspiel mit ihrer Freundin Coley
erwischt wird, schicken die Familie sie in das Umerziehungslager mit
dem Namen „God‘s Promise“ (Gottes Versprechen). Dort versuchen
Reverend Rick und seine Schwester Dr. Lydia Marsh, die Jugendlichen
mit emotionaler Erpressung und Misshandlung, dem Schüren von
Schuldgefühlen sowie Berieselung mit Jesus-Musik vom falschen Weg
„der Sünde“ mit „Gottes Hilfe“ zu „heilen“. Sie werden
mit bewusst pathologisierender Absicht werden sie mit SSA (Same Sex
Attraktion) genötigt, anhand eines Eisbergs all das zu
identifizieren, was sie auf ihren „Abweg“ gebracht hat. Zum Glück
findet Cameron zwei „Rebellen“ als verständnisvolle Freunde an
dem Ort des Grauens und schafft sich kleine Freiräume.

Zusammen mit ihnen findet sie nach einem schrecklichen Erlebnis in Folge der dubiosen Therapiemethoden die Kraft, aus dieser Situation auszubrechen. Eindrucksvolle
Schauspielerinnen und Schauspieler und eine starke Bildführung
machen den Film zu einem eindringlichen Erlebnis.
Homosexuelle zu stigmatisieren und sie als krank anzusehen, ist leider in unserer Zeit kein seltenes Phänomen. Eine große Rolle spielen dabei ultra- religiöse sich christlich nennende Gruppen. Auch bei der Wahl
von Donald Trump zum Präsidenten der USA waren sie mit ihren Stimmen
nicht unwesentlich beteiligt.
Petrunya sucht das
Glück
Von Glück verfolgt
ist unsere Protagonistin Petrunya auf keinen Fall. Sie ist 32 Jahre,
lebt bei ihrer Mutter in nordmazedonischen Štip,
hat Geschichte studiert und ist arbeitslos. Zudem passt sie
optisch nicht in das
gängige Frauenbild. Als
bei der traditionellen
orthodoxen Zeremonie der Priester ein Kreuz in die Fluten des Flusses
wirft, Werfen sich alle Männer des Ortes in die Fluten, auch
Petrunya, die sogar das Kreuz fängt. Bedeutet dies doch, dass der
Fänger ein Jahr lang Glück hat. Doch es gibt einen großen Haken:
Es dürfen nur Männer nach dem Kreuz tauchen.
Danach
ist in Štip nichts mehr, wie es ist. Die
Kirche versucht mithilfe der Polizei Petrunya das Kreuz wegzunehmen
und ein Mob wütender Männer macht vor der Polizeistation mobil.
Dazu wittert eine Reporterin die Story des Jahres.

Das
Spannende an dem Film ist nicht so sehr die Kritik an den alten
Ritualen der Kirche, sondern der Blick die patriarchale Gesellschaft
in der nordmazedonische Provinz. Niemand hinterfragt, warum es Frauen
nicht erlaubt ist, hinter dem Kreuz zu schwimmen. Haben sie kein
Anrecht darauf, Glück zu haben? Egal, ob man gläubig ist oder
nicht.
Auch
die Beziehung zwischen Kirche und Staat (Polizei) wird beleuchtet.
Petrunya wird auf der Polizeistation festgehalten, obwohl sie nichts
verbrochen hat, denn sie hat das geworfene Kreuz „ordnungsgemäß“
gefangen. Modernen Zeiten sei Dank – es gibt sogar Handyvideos
davon. Dennoch arbeiten Kirche und Polizei eng zusammen und
überschreiten mehrmals die Linie der Legalität.
Hinzu
kommt das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter. Ihre Mutter
versucht Petrunya bei jeder Gelegenheit schlecht zu machen und ihr
jedes Selbstbewusstsein zu nehmen. Nur
scheinbar steht sie an der Seite ihrer Tochter.
Doch keine Angst, der Film ist auf keinen Fall deprimierend, denn Schwarz und Weiß gibt es nicht. Der Film ist an vielen Stellen sogar recht lustig, hat ordentlich Balkanflair und am Ende knüpft Petrunya zarte Bande zu einem der netteren Polizisten. Da hat das Kreuz vielleicht schon Glück gebracht.
Eine beeindruckende Leistung von Zorica Nusheva, die die Figur der Petrunya spielt,