KLANGVOKAL – Kleinod der Oper im Reinoldisaal

Mit „Marc’Antonio e Cleopatra“ hatte der deutsche Komponist Johann Adolf Hasse 1725 seinen Durchbruch. Am 26. Mai 2024 stand sie im Rahmen des Festivals KLANGVOKAL auf dem Programm. Diese Oper ist ein Beispiel für die neapolitanische Oper, die sich durch melodischen Reichtum und dramatischen Ausdruck auszeichnet. Bei der Premiere in Neapel hatte sie eine zusätzliche Besonderheit. Kein Geringerer als der berühmte Kastrat Farinelli und die Altistin Vittoria Tesi sangen die beiden Hauptfiguren, wobei Farinelli die Cleopatra und Tesi den Marcus Antonius verkörperten.



Glücklicherweise gibt es keine Kastraten mehr, aber für die Aufführung konnte man Bruno de Sá gewinnen, der eine klare und agile Stimme besitzt, die es ihm ermöglicht, eine breite Palette von Rollen zu übernehmen, insbesondere solche, die ursprünglich für Kastraten geschrieben wurden. Für die Rolle des Marcus Antonius wurde keine Altistin gecastet; diese Rolle übernahm der Countertenor Yuriy Mynenko.

Das [oh!]Orkiestra mit seiner Leiterin Martyna Pastuszka, Bruno de Sá und Yuriy Mynenko. (Foto: Bülent Kirschbaum)
Das [oh!] Orkiestra mit seiner Leiterin Martyna Pastuszka, Bruno de Sá und Yuriy Mynenko. (Foto: Bülent Kirschbaum)

Die Musik von Hasse in dieser Oper zeichnet sich durch elegante Melodien und emotionale Arien aus, die die inneren Konflikte und Gefühle der Charaktere hervorheben. Besonders bemerkenswert ist die Verwendung der Da-capo-Arie, die zu Hasses Zeit sehr beliebt war und es den Sängern ermöglichte, ihre stimmlichen Fähigkeiten und ihr dramatisches Talent zur Schau zu stellen.

Das alles wurde von dem [oh!] Orkiestra unter der Leitung von Martyna Pastuszka meisterlich musikalisch umgesetzt. Schließlich ist das Ensemble schon öfter bei KLANGVOKAL aufgetreten.

Das Publikum war zurecht begeistert und applaudierte den beiden Solisten nach jeder Arie. Vor allem aber verzückte Bruno de Sá die Anwesenden.




Besinnliches Eröffnungskonzert beim KLANGVOKAL Musikfestival

Das KLANGVOKAL Musikfestival Dortmund wurde am 24.05.2024 in der St. Reinoldikirche in einem speziellen Rahmen eröffnet. Angesichts der aktuellen Konflikte und Kriege hat sich die Festivalleitung entschieden, statt einer Ansprache nur die Musik sprechen zu lassen.



Unter dem Motto „Da pacem – Gib uns Frieden“ lud man bewusst den Lettischen Rundfunkchor, einen der prominentesten Chöre Europas, unter der Leitung des bedeutenden lettischen Dirigenten Sigvards Kļava in die Reinoldikirche ein. Nach der Pause wurden sie von der im Jahr 2000 gegründeten Kammerakademie Potsdam musikalisch unterstützt.

Der Lettische Rundfunkchor und die Kammerakademie Potsdam eröffneten in der Reinoldikirche das KLANGVOKAL Festival. )Foto: Bülent Kirschbaum)
Der Lettische Rundfunkchor und die Kammerakademie Potsdam eröffneten in der Reinoldikirche das KLANGVOKAL Festival. )Foto: Bülent Kirschbaum)

Das baltische Lettland ist ein direkter Nachbar Russlands und befindet sich nah im Dunstkreis der von dort ausgehenden Bedrohungssituation. Die ausgewählten Kompositionen waren spirituell-religiös geprägt, und die Kleidung der 12 weiblichen und 12 männlichen Chormitglieder war dem Anlass und Ort angemessen.

Das Programm startete mit den „Vier Motetten“ (1861-1864) von Anton Bruckner (1824-1884). Es folgten die „Sieben Magnificat-Antiphonen“ (1988, 1991) des bekannten zeitgenössischen Komponisten des Baltikums Arvo Pärt (*1935) und das „Miserere“ (2009) von James MacMillan (*1959, Schottland).

Die großartigen Stimmen des Chores waren eindrucksvoll aufeinander abgestimmt. Die Akustik in der Kirche passte als atmosphärische Verstärkung wunderbar dazu. Im zweiten Teil sorgte der Chor zusammen mit den Musikern der Kammerakademie Potsdam für ein eindringliches Hörerlebnis. Es wurde das „Salve Regina“ (2010) von Arvo Pärt und als Abschluss „Da pacem, Domine“ (2016) und „Mein Herr und mein Gott“ (2016) von dem lettischen Komponisten Pēteris Vasks (*1946) gesungen und instrumental von der Kammerakademie Potsdam sensibel begleitet.

Ein stimmungsvoller Einstieg in das Festival. Trost und Hoffnung zu suchen, ob in einer Religion oder anderswo, ist legitim und verständlich. Wenn es jedoch bei „Da pacem, Domine“ heißt: „Gib Frieden, Herr, in unseren Tagen, denn es gibt keinen anderen, der für uns kämpfen könnte…“, sollte doch angemerkt werden: Nur wir Menschen selbst können uns für eine friedliche Welt einsetzen und kämpfen. Diese schwere Aufgabe wird uns „kein höheres Wesen“ abnehmen können.




Ein Konzertabend voller rhythmischer Vielfalt

Das 9. Philharmonische Konzert im Dortmunder Konzerthaus am 21. und 22. Mai 2024 stand unter dem Motto „Schmelztiegel der Kulturen“. In dieser Spielzeit wird „Wir im Ruhrgebiet“ thematisiert, was auch die kulturelle Diversität Dortmunds betont. Seit Jahrzehnten ist die Stadt ein Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen, die das gesellschaftliche Leben prägen. Die türkischstämmigen Einwanderer, zunächst als „Gastarbeiter“ angeworben, haben dabei einen bedeutenden Beitrag geleistet.



Die Dortmunder Philharmoniker, unter der humorvoll-temperamentvollen Leitung des erfahrenen britischen Dirigenten Howard Griffiths (*1950, verheiratet mit einer Türkin), präsentierten sich erneut in Höchstform. Das Programm begann mit der Ouvertüre zu „Figaros Hochzeit“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) aus dem Jahr 1786 und dem Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur, KV 453. Nach der Pause folgte die ausdrucksstarke „Istanbul-Sinfonie op. 28“ des türkischen Komponisten und Pianisten Fazil Say (*1970).

Mozarts Ouvertüre, die ursprünglich einen langsamen Mittelteil beinhaltete, begeistert das Publikum immer wieder durch ihre sprühende Vitalität, Lebensfreude und dynamische Kontraste. Für das anschließende Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur konnte die virtuose US-amerikanische Pianistin Claire Huangci (*1990) gewonnen werden. Während der erste Satz heiter geprägt ist, entwickelt sich im zweiten Satz eine melancholisch-nachdenkliche Stimmung. Der variationsreiche Schlusssatz bietet der Pianistin und dem Orchester die Gelegenheit, ihr Können eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. Huangci begeisterte zudem mit einer rasanten Interpretation von Mozarts „Türkischem Marsch“.

Nach einer kurzen Pause entführte die „Istanbul-Sinfonie“ von Fazil Say das Publikum atmosphärisch in eine fremde Kultur. Traditionelle türkische Instrumente wie die Ney-Flöte (gespielt von Burcu Karadağ), die orientalische Kastenzither Kanun (gespielt von Hakan Güngör) und diverse türkische Schlaginstrumente (gespielt von Aykut Köselerli) sorgten für ein authentisches Klangbild. Die Sinfonie beginnt und endet mit einem eindrucksvollen instrumentalen Meeresrauschen des Marmarameers. In den sieben Abschnitten werden Sehenswürdigkeiten wie die „Blaue Moschee“ und die Romantik der „Prinzeninseln“ lebendig dargestellt, ebenso wie dramatische Ereignisse wie der Krieg im östlichen Mittelmeer um 1485 und religiöser Fanatismus. Diese Passagen erinnerten an die Musik von Dmitri Schostakowitsch. Das Chaos der Großstadt Istanbul wurde ebenfalls eindrucksvoll musikalisch umgesetzt, bevor die Sinfonie in einem ruhigen „Wellenabschluss“ endet.

Dieser musikalisch spannende und rhythmisch vielfältige Konzertabend bot eine wunderbare Verbindung zwischen klassisch-westlicher Sinfonieorchestertradition und türkischer Musik.




Schwelgen im barocken Bläserklang

Das fünfte und letzte Kammerkonzert dieser Spielzeit fand am 16. Mai 2024 in der ehrwürdigen Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte statt. Ursprünglich als Gebäude für die Sparkasse erbaut, verwandelte sich der Tempel des Geldes über einen Tempel der Geschichte hin zu einem Tempel der Musik.



Umgeben von Artefakten aus der langen Geschichte Dortmunds stand Barockmusik auf dem Programm. Das frühe 18. Jahrhundert war eine äußerst fruchtbare Zeit für Barockmusik, in der unzählige Komponisten wie Bach, Händel oder Telemann ihre Werke schufen.

Das fünfte Kammerkonzert trug den Titel „Bläserkolorit“ und konzentrierte sich auf die Holzbläser. Zwei Oboen (Tomoharu Yoshida und Sarah Kaufmann), ein Fagott (Minori Tsuchiyama), ein Kontrabass (Tomoko Tadokoro) und Ursula Hobbing am Cembalo spielten Werke von Händel, Telemann, de Boismortier, Fasch, de Fesch und Zelenka.

Vieles in der Barockmusik entspringt höfischen Tänzen, sowohl langsamen als auch schnellen, wie zum Beispiel das Menuett, die Sarabande oder die Allemande. Auch dieses Kammerkonzert war tänzerisch geprägt, es war viel Lebensfreude zu spüren, die sich auch auf die Musizierenden übertrug.

Ein Abend für Barockliebhaber und solche, die es noch werden wollen.




Noa Wildschut verzaubert das Dortmunder Konzerthaus

Am 13. Mai bot die Geigerin Noa Wildschut im Dortmunder Konzerthaus einen Kammermusikabend der Extraklasse dar. Gemeinsam mit Pablo Barragán an der Klarinette und Frank Dupree am Klavier präsentierte sie ein leidenschaftliches und facettenreiches Programm, das folkloristische Musik aus dem Balkan sowie jüdische Melodien in den Mittelpunkt stellte. Werke von Béla Bartók, Paul Ben-Haim, Claude Vivier, Ernest Bloch und Paul Schönfeld boten den Rahmen für diesen musikalischen Höhenflug.



Schon Bartóks „Kontraste“ und die rumänischen Tänze ließen die ungebändigte Freude und Energie der Künstler durchscheinen, die sich unweigerlich auf das Publikum übertrug. Die Musik pulsierte vor Lebenslust, wobei insbesondere die rumänischen Tänze den ersten Teil des Abends schwungvoll abschlossen.

Paul Ben-Haims Kompositionen verknüpften die westlichen Klänge seiner deutschen Heimat mit den Einflüssen seiner Wahlheimat Israel und berührten tief durch die tragische Gemeinsamkeit, dass weder Ben-Haim noch Bartók ihre Heimatländer jemals wiedersehen sollten.

Der zweite Teil des Abends begann mit Claude Viviers „Pièce pour violon et clarinette“, einer virtuosen und humorvollen Studie in Chromatik, die den Dialog zwischen Violine und Klarinette auf spannende Weise erkundete. Die Rückkehr zu jüdischen Themen erfolgte mit Ernst Blochs „From Jewish Life“, dessen melancholische Tiefe die Zuhörer in ihren Bann zog.

Den Abschluss bildete Paul Schönfelds zeitgenössisches Werk aus dem Jahr 1990, das wie Ben-Haim und Bloch jüdische Themen mit westlicher klassischer Musik verwob. Diese Stücke zeugten von der kraftvollen und zugleich sehnsuchtsvollen Natur der jüdischen Musiktradition, die den Abend prägte.

Ein durch und durch abwechslungsreicher Abend, der von den drei herausragenden Musikern getragen wurde. Die perfekte Balance aus Energie und Melancholie machte diesen Konzertabend zu einem unvergesslichen Erlebnis, das noch lange nachhallte.




Protestlied als Kunstform

„The People United Will Never Be Defeated!“ ist ein bekanntes Klavierstück des zeitgenössischen amerikanischen Komponisten Frederic Rzewski. Es wurde 1975 komponiert und basiert auf dem chilenischen Protestlied „¡El pueblo unido jamás será vencido!“ von Sergio Ortega und Quilapayún. Rzewski schuf eine monumentale Variationsserie über das Thema dieses Liedes.

Am 03. Mai 2024 sollte eigentlich Giorgi Gigashvili das Stück im Konzerthaus spielen, aber leider musste er aus gesundheitlichen Gründen absagen. Dafür übernahm Emanuil Ivanov seinen Platz.

Die Zuhörenden, die bei der Reihe „Musik für Freaks“ gewöhnlich auf der Bühne saßen, erlebten ein Klavierfeuerwerk der besonderen Art. Rzewski seziert das Volkslied ähnlich wie Johann Sebastian Bach seinerzeit die Goldberg-Variationen. In den Goldberg-Variationen verwendet Bach ein Thema und präsentiert dann 30 Variationen, während Rzewski in „The People United“ das chilenische Protestlied als Ausgangspunkt nimmt und 36 Variationen komponiert. Sowohl Bach als auch Rzewski stellen hohe Anforderungen an den Pianisten. Die Goldberg-Variationen sind technisch anspruchsvoll, erfordern jedoch auch eine subtile interpretatorische Fähigkeit, um die musikalischen Nuancen jeder Variation zu erfassen. Bei „The People United“ sind neben der technischen Beherrschung des Instruments auch komplexe rhythmische Muster und moderne Spieltechniken erforderlich.

Natürlich unterschieden sich beide Werke auch: Rzewski unterteilt seine Variationen thematisch: Zunächst kommen einfache Ereignisse, dann folgen Rhythmen, Melodien, Kontrapunkte, Harmonien und zum Schluss werden alle Elemente wieder zusammengefügt. Rzewski zitiert auch im Verlauf des Stückes das „Solidariätslied“ von Brecht und Eissler oder das italienische „Bandiera rossa“. Hier wird deutlich, dass Rzewski im Gegensatz zu Bach auch eine politische Komponente integrierte.

Letztlich muss ich Ivanov loben, der das Stück mit Bravur spielte, denn wie erwähnt, erfordert „The people united“ hohe technische Ansprüche, dabei kommen Dinge wie Pfeifen oder Klavierdeckel zuschlagen auch vor.

Dies alles ließ Ivanov leicht und locker aussehen und wurde vom Publikum zurecht gefeiert. Erst nach zwei Zugaben war das Konzert zu Ende.




Kammerkonzert im besonderen Ambiente

Diese Spielzeit bietet für Kammermusikfreundinnen und -freunde etwas Besonderes: Die Konzerte finden an ungewöhnlichen Orten statt. So wurde beispielsweise die Kokerei Hansa, die Ausstellungshalle von Phoenix des Lumières oder die Akademie für Theater und Digitalität zum Ort von klassischer Musik. Am 18. April 2024 war der Pioneer Cube des Unternehmens Wilo der Schauplatz für das Kammerkonzert.



Auf dem Programm stand Mozart und Mendelssohn Bartholdy. Das Divertimento in D-Dur, KV 136, von Wolfgang Amadeus Mozart ist ein charmantes und lebhaftes Werk, das typisch für die eleganten und verspielten Divertimenti dieser Zeit ist. Komponiert im Jahr 1770, ist es eines von drei Divertimenti, die Mozart innerhalb einer Woche komponierte, während er in Salzburg weilte.

Die Anmut, Leichtigkeit und Eleganz des frühen Stückes wurde durch das Streichquartett wunderbar unterstrichen.

Mendelssohn Bartholdy reichte ein Streichquartett nicht, er verdoppelte es zu seinem Oktett in Es-Dur op. 20. Es ist ein bemerkenswertes Werk, das die Brillanz und Jugendlichkeit des Komponisten widerspiegelt. Mendelssohn schrieb dieses Oktett im Alter von nur 16 Jahren, und doch zeigt es bereits seine außergewöhnliche Begabung und seinen reifen musikalischen Stil.

Vor allem der 3. Satz, das Scherzo begeisterte die Zuhörer: Mendelssohn zeigt hier sein Talent für kontrastierende Rhythmen und überraschende harmonische Wendungen, die dem Stück einen frischen und dynamischen Charakter verleihen.

Kein Wunder, dass es als Zugabe wiederholt wurde.

Als MusikerInnen waren dabei: Nemanja Belej, Anna Straub, Vera Plum und Iris Plettner (Violine), Dahee kwon und Carlotta Guijarro Alonso (Viola) und Emmanuel Matz und Markus Beul (Cello).




Maschineller Einfluss auf musikalische Kompositionen

Am 16. Und 17.04.2024 stand beim 8. Philharmonischen Konzert in Dortmund das Thema „Mensch und Maschine“ auf dem Programm. Maschinen verschiedenster Art haben in der Geschichte des Ruhrgebiets ja eine wesentliche Rolle gespielt. Auch viele Komponisten konnten sich der unheimlichen Faszination und Präzision von Maschinen und Technik nicht entziehen.



Am Beispiel von fünf Kompositionen konnte sich das Publikum im Dortmunder Konzerthaus davon überzeugen.

Die Dortmunder Philharmoniker unter der temperamentvollen Leitung von Gabriel Feltz (GMD) meisterte die technisch und temporär höchst anspruchsvolle Aufgabe wie so oft mit scheinbarer Leichtigkeit.

Das rasante Orchesterwerk „Short Ride in a Fast Maschine“ von John Adams (*1947, USA) war nach kurzer „Höllenfahrt“ des Komponisten in einem schnellen Sportwagen entstanden. Für die Zuhörenden ein großer Spaß, für das Orchester eine nervenaufreibende Herausforderung.

Das folgende „Perpetuum mobile“ von Johann Strauß Sohn (1825-1899) erinnert eher an eine gemütliche Droschkenfahrt durch den Wiener Prater. Die „ewigen Bewegungen“ des Perpetuum mobile besteht aus einer elementaren Kadenz Folge, die unabhängig wiederholt und dabei in immer wieder abgewandelten melodischen sowie orchestralen Einkleidungen erscheint. Es ließ sich nur Humorvoll durch eine Megaphon-Ansage stoppen.

Auf eine spannende musikalische Reise ging es dann mit „Ein Amerikaner in Paris“ von George Gershwin (1898-1937). Das Publikum wird mit unterschiedlichen Musikstilen und Rhythmen (Jazz, Blues, und mehr) in die Erlebnis- und Gefühlswelt eines Amerikaners in dieser pulsierenden Stadt Paris emotional hineingezogen.

Ein besonderes Erlebnis war „Mysteries oft the Macabre“ von György Ligeti (1923-2006). Aus der einzigen Oper des ungarischen Komponisten „Le Grand Macabre“ wurde mit Hilfe eines Freundes drei Sopranarien hieraus zu einem durchgehenden Stück für Solotrompete und Koloratursopran und Kammerorchester entwickelt.

Hintergrund der Handlung bildet die drohende Ankündigung einer Katastrophe (Kometeneinschlag) des „Großen Macabren“. Mit humorvoller Ironie entsteht ein Spektakel zwischen „Halb-Nonsens-Text“, Ausdruck tragenden Lauten und starken expressiven Gesten und Bewegungen der Koloratursopranistin. Das Ganze wurde zu einer imaginär- absurde Szene verbunden. Die Koloratursopranistin Gloria Rehm verknüpfte die szenische Komponente sinnfällig mit dem Thema Maschinenwelt und begeisterte mit ihrer starken stimme und Ausdruckskraft.

Nach der Pause kam mit der „Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93“ von Ludwig van Beethoven (1770-1827) die wichtigste Maschine des Musikerlebens zur Geltung. Im zweiten Satz der Sinfonie scheint man das Ticken des Metronoms zu hören. Ein würdiger Abschluss des Konzertes.




Oper im Kammermusikformat

Eine Oper braucht kein riesiges Orchester, ein großes Ensemble oder aufwändige Kostüme. Manchmal reichen auch vier Musiker, eine Sopranistin und eine spannende Geschichte. Christine Gansch, die junge Wilde, zeigte im Konzerthaus am 10. April 2024 mit ihren Mitmusikerinnen eine schöne, fiktive Geschichte über Händel und mit Musik des Komponisten aus Sachsen.



Was wäre, wenn…ja wenn Georg Friedrich Händel ein Spion für den Kurfürsten Georg von Hannover gewesen wäre. Ein wenig bei Königin Anne spionieren, um herauszufinden, ob alles glatt geht mit der Thronbesteigung für Georg, wenn Anne stirbt.

Die Geschichte „Händel, der Spion“ stammt von Chad Kelly und Leo Duarte, das Libretto von Jennifer Lee. Mit Rezitativen und Arien aus den verschiedenen Opern von Händel wird die Handlung erzählt. Dabei darf natürlich auch „Lascia ch’io pianga“ aus „Rinaldo“ nicht fehlen. Hinzu kommt noch Musik von Henry Purcell.

Es ist wirklich bemerkenswert, was Christina Gansch auf die Bühne des Konzerthauses zaubert.  Zusammen mit dem Klingzeug Barockensemble, bestehend aus Robert de Bree (Oboe), Claudia Delgado-Norz (Violine), Anna Müller (Cello) und Chad Kelly (Cembalo) und einigen wenigen Requisiten wird eine Oper im Kammermusikformat aufgeführt.

Ein gelungener Abend mit einer tollen Sängerin und sehr guten Musikern, die auch aktiv im Stück involviert waren.




Emotional aufwühlende Sinfonie in Umbruchzeiten

Die Konzerte der Dortmunder Philharmoniker haben in dieser Spielzeit einen Bezug zum Revier. Unter dem Titel „Im Ruhrgebiet geboren“ stand am 26. und 27.03.2024 beim 7. Philharmonischen Konzert die viersätzige 6. Sinfonie (a-Moll) von Gustav Mahler (1860-1911) auf dem Programm. Ars tremonia war am 26.03.2024 mit dabei.



Wie vielleicht nicht alle wissen, wurde die 6. Sinfonie 1906 in Essen (also in unserer Nachbarschaft) unter der persönlichen Leitung des Komponisten uraufgeführt. Sie endete als einzige in Moll und wurde die „Tragische“ genannt, obwohl sie viel mehr ist.

Gabriel Feltz (GMD), der einen besonderen Bezug zu dieser Sinfonie hat, dirigierte das Konzert mit großer Besetzung der hiesigen Philharmoniker. Für dieses expressive und anspruchsvolle Werk wird alles an Instrumenten aufgefahren.

Zur Zeit der Entstehung der Sinfonie war Mahler einerseits glücklich mit Alma Mahler-Werfel und seiner kleinen Familie, andererseits brodelten die Konflikte in der Monarchie Österreich-Ungarns. Im Balkangebiet regte sich vermehrt Widerstand und Unruhe.

Diese Kontraste, Glücksmomente, Zerrissenheit, Verzweiflung werden auch in der Musik deutlich spürbar.

In den vier Sätzen wechseln sich Marschcharaktere, romantische Nachklänge an Schubert, musikalische Gedanken, die von Mahlers Liebe zu Alma inspiriert sind, die Welt der Alpen hervorrufen, Volklieder, Tänze, Choräle bis hin zu Rutenhieben oder eindrucksvollen Hammerschlägen (zweimal) zwischen Moll und Es-Dur ab.

Der seelenvoll-trügerische Andante-Satz mit der „Alma“ und Choralthematik wurde bei dieser Aufführung an dritter Stelle nach dem dämonisch-distanzierten Scherzo-Satz gespielt. Das führte grandios als Kontrast zum furios-monumentalen Finalsatz bis hin zu seinem letzten Moll-Ton.

Das Konzert machte nicht nur auf die verschüttete Tradition aufmerksam, sondern wurde von der Dortmunder Philharmoniker und ihrem Dirigenten mit Herzblut, viel Empathie sowie Können interpretiert. Sie zogen das Publikum trotz der fast 90-minütigen Dauer in den ganz eigenen Bann der Sinfonie hinein.

Das wir im Augenblick auch in unruhigen Krisenzeiten leben, sorgt für ein spezielles Empfinden des musikalischen Erlebnisses.