Faszination Stadionstimmung und klassische Musik

Die Dortmunder Philharmoniker präsentieren in der Spielzeit 2023/2024 das Ruhrgebiet in seinen verschiedenen Facetten. Am 16./17.01.2024 wurde im hiesigen Konzerthaus eine spannende Verbindung zwischen der Faszination des Stadions und klassischer Musik geschaffen. Die Dortmunder Philharmoniker unter der temperamentvollen Leitung des jungen belgischen Dirigenten Martijn Dendievel hatte hierfür als Moderatoren Dr. Michael Stille (Orchesterdirektor) sowie BVB-Stadionsprecher Nobby Dickel eingeladen.



Als passender Einstieg (wie vor jedem Heimspiel) wurde auch hier „You’ll Never Walk Alone“ (Richard Roger/Oscar Hammerstein II) gesungen. Kammersänger Morgan Moody sorgte mit seinem kraftvoll-warmen Bassbariton für Gänsehaut-Feeling und ab der zweiten Strophe wurde (so gut es ging) mitgesungen. Einige Menschen aus dem Publikum ließen es sich nicht nehmen, ihre schwarz-gelben BVB-Schals zu tragen und selbst beim Orchester wurde eine entsprechende Devotionalie ausgelegt.

Nobby Dickel gab einige Fußball-Anekdoten und rückblickend humorvolle Erinnerungen zum Pokal-Endspiel 1989 zum Besten.

Die folgende „Suite und Fußballspiel“ aus dem Ballett „Das goldene Zeitalter op. 22“ von Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) boten sich als „verbindende“ klassische Musik idealerweise an. Der russische Komponist war nicht nur ein glühender Anhänger von Zenit St. Petersburg, sondern hatte sogar eine Schiedsrichter-Lizenz.

Die Handlung mit einer Fußballmannschaft im Mittelpunkt war wie für Schostakowitsch geschaffen. Allerdings wollte das Regime Stalins das musikalische Fußballspiel „sowjetischer Fußballverein gegen dekadenten kapitalistischen Westverein“ gerne für seine Zwecke instrumentalisieren. Wenig begeistert wegen der platten, propagandistischen Handlung changierte der Komponist zwischen sarkastischer Parodie, schrillen Modernismen, grotesken Witz und überhöhtem Pathos. Alle musikalischen Register wurden dann im Fußballspiel aus dem II. Akt gezogen, um die unterschiedlichen Stimmungslagen während eines Fußballspiels für das Publikum spürbar zu machen. Einzelne Instrumente hatten Gelegenheit, sich hier zu profilieren.

Ein besonderer Genuss für die Ohren war die folgende sportlich-dynamische „Carmen Fantasie“ über Themen aus der Oper „Carmen“ (Georges Bizet) von dem jüdischen Komponisten Franz Waxman (1906-1967). Inspiriert wurde der vor den Nazis bis in die USA geflohene Komponist hierzu von dem berühmten Geiger Jascha Heifetz. Die von der jungen Mira Foron (Violine) virtuos und gefühlvoll interpretierte Version der „Carmen Fantasien“ wurde vom Publikum begeistert gefeiert.

Nach der Pause folgte die anspruchsvolle „Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47“ von Dimitri Schostakowitsch. Wichtig zu wissen ist hier, dass der Komponist im Laufe des Jahres 1936 immer mehr unter dem Druck des Stalin-Regimes stand.  Im Angesicht von Säuberungen und Schauprozessen fürchte er, jederzeit von der Polizei oder dem Geheimdienst abgeholt zu werden.

Unter diesem emotionalen Ausnahmezustand musste die Sinfonie musikalisch oberflächlich den Forderungen nach „Volksverbundenheit“ oder „Heroik“ genügen, aber gleichzeitig den Zuhörenden eine grundsätzlich oppositionelle Haltung verdeutlichen. Der letzte Satz steht exemplarisch für diese Doppelbödigkeit. Nach einer dramatisch explosiven Entwicklung findet die Musik ein nicht gelöstes, sondern aggressiv-bombastisches Ende in D-Dur.




Rising Stars – Sternstundenmarathon im Konzerthaus

Einmal im Jahr ist es soweit – ein über vierstündiges Konzert mit aufstrebenden NachwuchskünstlerInnen. Die „jungen Wilden“ zeigten, dass sie an ihren Instrumenten bereits wahre Meister sind. Es spielten Júlia Pusker (Violine), Christia Hudziy (Klavier), Sebastian Heindl (Orgel), Sean Shibe (Gitarre), das Sonoro Quartett, Mathis Stier (Fagott) und Ria Akamatsu (Klavier).



Den Beginn machte die Violinistin Júlia Pusker, die begleitet wurde von Christia Hudziy am Klavier. Den Beginn machten die „Fünf Melodien“ von Sergej Prokofjew in der Fassung für Violine und Klavier. Diese Stücke sind charakterisiert durch ihre expressive Vielfalt und die Fähigkeit des Komponisten, eine breite Palette von Emotionen und Stimmungen zu erfassen. Danach folgte das Auftragsstück für Pusker. Alle „Rising stars“-Künstler bekommen jeweils ein Auftragswerk auf ihren Leib geschrieben. Und Éric Tanguy schaffte mit „Trois pièces“ für Violine solo die Virtuosität von Pusker zu unterstreichen. Sein Stück ist eine Art Hommage an das Instrument und zeigt die Bandbreite der Emotionen, die die Violine hervorbringen kann. Den Schlusspunkt setzte Pusker mit der Rhapsodie für Violine und Klavier von Béla Bartók. Die wilden Tänze aus seinem Heimatland Ungarn hat der Komponist bewahrt, was zu einem wunderbaren Hörerlebnis führte.

Danach war Sebastian Heindl an der Orgel an der Reihe. Wer Bach erhofft hatte, wurde enttäuscht, denn Heindls Leidenschaft liegt nicht nur in der Klassik, sondern auch im Jazz und im Rock. Vor allem die Hammondorgel hat es ihm angetan. So kamen neben Clara Schumanns „Caprice à la Boléro“ und Camile Saint-Saens “Dance macabre” auch eine “Rock-Toccata” von Heindls selbst komponiert zu Gehör. Es ist faszinierend, wie Heindl die Orgel so einstellen kann, dass sie wie unterschiedliche Instrumente klingt. Auch das Stück „Orck“, das von Moritz Eggert für ihn geschrieben wurde, verwendet verschiedene Spieltechniken und unterstreicht die Virtuosität von Heindl.

Nach der großen Pause stand Sean Shibe im Mittelpunkt. Bei seinem Solo-Konzert im Mai 2023 zeigte sich Shibe noch experimentierfreudig und spielte auf Laute, Gitarre und E-Gitarre. Beim Sternstundenmarathon beließ er es bei akustischer Gitarre. Auf seinem Programm stand Johann Sebastian Bachs „Präludium, Fuge und Allegro“ (BWV 998). Bachs herausragender Technik, expressiver Tiefe und innovativem Geist wurde von Shibe Genüge getan. Auch beim Auftragswerk von Thomas Adès („Forgotten dances“) zeigte, dass Shibe ein wahrer Meister am Griffbrett ist. Die Akkordfolgen und Läufe waren ziemlich herausfordernd.

Danach war es Zeit für das Sonoro Quartett. Sie starteten das Konzert mit dem Streichquartett Hob. III:78, das durch seine melodische Schönheit, formale Klugheit, dynamische Vielfalt und den programmatischen Charakter des zweiten Satzes, der den Sonnenaufgang darstellt, beeindruckt. Auch die MusikerInnen Sarah Jégou-Sagemann (Violine), Jeroen de Beer (Violine), Séamus Hickey (Viola) und Léo Guiguen (Violoncello) konnten auch musikalisch überzeugen und harmonierten perfekt zusammen.

Das zweite Stück, ein Auftragswerk Annelies van Parys mit dem Titel „Tsunami“, ist geografisch in Japan angesiedelt, jedoch geht es in dem Stück nicht um einen Wassertsunami, sondern um den Klang einer Vielzahl von Zikaden. So wurden die Streichinstrumente des Sonoro Quartetts zu einem Meer von Zikaden.

Von einem Inselstaat zum nächsten führte uns Mathis Stier nach der Pause. Mit seinem Fagott ging es nach Island. „Remenbering“ von Maria Huld Markan Sigfúsdóttir beschäftigt sich mit dem Thema Gedächtnisverlust, Demenz und vagen Erinnerungstücken, die ab und zu auftauchen. Die Kombination zwischen dem Fagott und der Elektronik, die bearbeitete Klänge von Cellos abspielen, sorgte für eine mystische Atmosphäre.  

Danach folgte die Sonate für Fagott und Klavier von Camille Saint-Saëns. Stier zeigte uns ihre Eleganz, melodische Schönheit und Virtuosität. Seine Begleiterin am Klavier war Rie Akumatsu. Zum Schluss spielten beide noch „Interférences“ von Roger Boutry. In diesem Werk setzt Boutry die einzigartigen Qualitäten des Fagotts ein, um melodische Linien und virtuose Passagen zu präsentieren, während das Klavier als Begleitinstrument und zur Erweiterung des Klangspektrums dient.




Neujahrskonzert – Mit Musik aus dem Großraum Amerika in das Jahr 2024

Die Dortmunder Philharmoniker unter der temperamentvollen Leitung von GMD Gabriel Feltz schlug am 1. Januar 2024 bei ihrem Neujahrskonzert unter dem Motto „Americas“ einen musikalischen Bogen über beide Hälften des amerikanischen Doppelkontinents.



Der europäische Einfluss im 20. Jahrhundert kam vor allen durch die Migration jüdischer und andere Komponisten nach Amerika.

Schwungvoll ging es schon von Beginn an mit dem „Danzón Cubano“ (I. Moderately) von dem aus Litauen emigrierten Komponisten Aaron Copland (1900 – 1990) los.

Eine besondere Version der „Rhapsody in Blue“ von dem ebenfalls vor der Verfolgung der Juden aus Litauen nach Amerika immigrierten Komponisten George Gershwin konnte das Publikum danach erleben.

Als Virtuose auf dem Akkordeon sorgte der Litauer Martynas Levickis (*1990) mit seinem Soloinstrument mit starker Orchesterbegleitung für besonders tiefe Melancholie, Schwermut sowie aggressiv temperamentvolle Momente.

Begeistern konnte er auch bei den folgenden drei argentinischen Tangos von dem aus Italiennach Argentinien immigrierten Bandoneon-Spieler und Komponist Astor Piazolla (1921 – 1992).

Die Seele des Tangos wurde durch Levickis sensibles und virtuoses Akkordeonspiel beim Libertango (in den späten Siebzigern bekannt gemacht durch Grace Jones), Oblivion sowie Adios Nonino spürbar.  Stimmungsvoll war die sensible Begleitung durch die Streicherfraktion der Philharmoniker.

Wachgerüttelt wurden die Zuhörenden zum Schluss bei den vier Tänzen op. 8a Esteancia von dem argentinischen Komponisten Alberto Ginastera (1916 – 1983). Sein Vater stammte aus Spanien, seine Mutter aus Italien. Seine Musik für ein argentinisches Rinderfarm-Musical machte das Leben dort für das Publikum spürbar.

Als lustige Zugabe gab es noch eine eigenwillige Mischung der Musik aus „Carmen“ mit amerikanischen Klangelementen. Eine spezielle musikalische Verbindung Amerika-Europa. Ein schöner Einstieg in das Musikjahr 2024.




Nutcracker 2.0 – Von der Phantastik zum Ballettmärchen und Retour.

Viele alte und moderne Märchen. Kinder und Jugendgeschichten wurzeln im alltäglichen, die diese Geschichten mit der Fantasiewelt und dem Übernatürlichen verbinden. So auch der Nußknacker. Der Nußknacker ist frühes Beispiel dafür, dass diese Erzählungen so geschrieben sind/wurden, dass sie auch Erwachsene in ihren Bann ziehen und können.



Die Geschichte vom Nussknacker ist ein echter Weihnachtsklassiker und wurde schon auf vielen Bühnen, Filmen und Zeichentrickfilmen dieser Welt erzählt. Mal gut, mal besser, mal naja, mal oh Gott … diese Fusion aus Klassik und elektronischer Musik mit Schauspiel aber ist phantastisch!

In der Version der Dortmunder Philharmoniker hat sich Birgit Eckenweber auf die Erzählung von E.T.A. Hoffmann von 1816 besonnen.

Die junge Klara bekommt am Weihnachtsabend einen Nussknacker geschenkt, der plötzlich in ihrer Fantasie lebendig wird. Im Traum nimmt der Nussknacker, der sich in einen Prinzen verwandelt, das Mädchen mit auf eine fantastische Reise in eine fremde, jedoch auch unheimliche Märchenwelt, die zudem auch brutal sein kann. In dieser Welt sind die Grenzen zwischen hell und dunkel, zwischen Gut und Böse unklar und verschwommen. Wie auch noch die Napoleonischen Kriege in der Erzählung nachhallen. Dieser Stoff hatte Peter Tschaikowsky zu seinem berühmten Ballett angeregt, dessen Musik wir auf eine ganz neue Weise entdecken: voller Groove!

Mit den Dortmunder Philharmonikern sind zwei Musiker aus der Berliner Clubszene, Niels Poensgen und Julius Rülke, ins Boot geholt worden, die die beliebte Nussknacker-Suite von Peter Tschaikowsky mit ihren ganz besonderen Sounds kombinieren. Dabei tragen sie das Stück in das hier und heute.

In der Groove-Symphonie Fassung von Birgit Eckenweber wird die Geschichte des Nußknackers frei nacherzählt und mit den Elektrosounds von Poensgen und Rülke an das Heute herangeführt. Klara ist eine Jugendliche von Heute, der eine Männergestalt gegenübersteht, in der sich drei Charaktere offenbaren: der Dark Lord, wie aus einem Fantasy oder Sciencefiction Roman, der Nußknacker selbst, der verwandelte Prinz und der Erzähler E.T.A. Hoffmann, der seinen Text mit Anspielungen und Zitaten aus der Nußknacker Erzählung spickt.

Während der Aufführung entstanden im Kopf unweigerlich die verschiedensten Bilder aus den unterschiedlichsten Aufführungen und Darbietungen des Nußknackers, die man bisher gesehen hatte, und doch war man sogleich wieder im Heute im Konzerthaus bei der aktuellen Aufführung.

Unterstützt wird die Nacherzählung durch eigene visuelle Effekte, dargestellt durch Irina Usova und Julian Sinclair Jäckel. Dabei kommt eine klassische Geschichte heraus, die nah an der Fantasy steht: Nutcracker goes Twilight!

Das Ende der Geschichte ist offen … War es ein Traum? Was geschah tatsächlich?

Tatsächlich haben uns aber die Dortmund Philharmoniker unter dem Dirigat von Olivia Lee-Gundermann eine phantastische und musikalisch vollendete Traumreise geboten die das Publikum mit Begeisterung aufgenommen hat.

Schauspieler*innen                Irina Usova, Julian Sinclair Jäckel
Live-Elektronik                        Niels Poensgen, Julius Rülke

Dortmunder                           Philharmoniker

Buch und Regie                      Birgit Eckenweber
Dirigat                                    Olivia Lee-Gundermann




Scherbergartenidylle – 4. Philharmonisches Konzert

Moritz Schreber (1808-1861) hat nicht nur seltsames orthopädisches Gerät erfunden, er war auch ein Vertreter der „schwarzen Pädagogik“. Bekannt ist er als der Namensgeber der heutigen Schrebergärten, die in Großstädten das Stadtbild prägen. Natürlich auch im Ruhrgebiet. Das 4. Philharmonische Konzert unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz am 05. und 06. Dezember 2023 widmete sich diesem Thema.



Gute Wölfe kommen in Schrebergärten noch relativ selten vor, aber „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofjew ist immer ein Genuss, vor allem, wenn Bruno Knust die Geschichte vorliest und sprachlich damit in Dortmund ansiedelt.

„Peter und der Wolf“ ist ein musikalisches Märchen für Kinder, das der russische Komponist Sergei Prokofjew im Jahr 1936 geschrieben hat. Das Werk kombiniert Orchester- und Erzählerstimmen. Jedes Tier und auch Peter selbst werden durch spezifische Instrumente im Orchester repräsentiert. Die Ente wird beispielsweise durch die Oboe dargestellt, die Katze durch die Klarinette, der Vogel durch die Flöte und Peter durch die Streicher. Der Wolf wird durch drei Hörner dargestellt.

Es war ein vergnüglicher Auftakt für das Konzert, ein Klassiker, den man immer wieder gerne hören kann.

Nach der Pause konnten die Dortmunder Philharmoniker so richtig ihr Können zeigen. Auf dem Programm stand die komplette Ballettmusik zu „Daphnis und Chloé“ von Maurice Ravel. Das Ballett erzählt die Geschichte von Daphnis und Chloé, zwei jungen Hirten, die sich ineinander verlieben. Die Musik zu „Daphnis et Chloé“ ist besonders bekannt für ihre raffinierte Orchestration und die Verwendung eines Chores. Der Chor beim Philharmonischen Konzert bestand aus dem CHORWERK RUHR, Kammerchor der TU Dortmund und Mitglieder des Opernchors des Theaters Dortmund.

Beeindruckend ist vor allem der dritte Teil, der „Danse générale“. Der dritte Teil beginnt mit einem lebhaften und animierten Abschnitt, der die lebendige Handlung des Balletts darstellt. Die Musik durchläuft verschiedene Stimmungen und Themen, die den Fortgang der Geschichte begleiten. Der Chor verleiht dem Stück zusätzlich eine majestätische Dimension.




Superstimmung bei Youngsters Unplugged

Im Operntreff der Dortmunder Oper feierte das partizipative Projekt am 06.12.2023 mit der Filmmusik-Revue „A Night with the Movies“ seine Premiere.



Mit zusätzlicher Unterstützung eines erfahrenen Ensemblemitglieds der hiesigen Oper brachte das Ensemble OpernYoungsters plus OpernKids eine gelungene musikalische Revue mit witzigen Moderationen nahe am Publikum auf die Bühne. Als „Special Guest“ kein geringerer als Sungho Kim vom Opernensemble mit seiner grandiosen Stimme auf.

Freddy Kutz und die OpernYoungsters, Foto: (c) Björn Hickmann
Freddy Kutz und die anderen OpernYoungsters, Foto: (c) Björn Hickmann

Musikalisch begleitet wurde das Programm souverän vom Projektorchester und-Band unter der Leitung von Karsten Scholz, der auch selbst am Piano mitspielte.

Ein großes Kompliment für die wunderbaren Arrangements gebührt Florian Koch sowie Student*innen der TU Dortmund.

Musikalisch wurde eine große Vielfalt an bekannten Songs aus Kino und Fernsehen der vergangenen Jahre bis hin zu aktuellen wie aus der Serie „Babylon Berlin“.

Viele der mitwirkenden jungen Nachwuchssänger*innen stellten überzeugten mit ihren starken Stimmen und Talent zum Entertainment. Auch die OpernKids bis hin zu ihrem Jüngsten waren mit Ernsthaftigkeit und Freude bei der Sache. Wir werden sicher in der Zukunft noch einiges von ihnen hören.

Am Ende hielt es das Publikum nicht mehr auf ihren Stühlen und sie wurden gemeinsam mit allen Beteiligten zum Mitmachen bei „Shout“ (Animal House) animiert.

Es zeigte sich wieder einmal, wie wichtig partizipative oder aber auch Crossover-Projekte für die Zukunft im Bereich Oper, Theater oder Ballett sind. Für über zwei Stunden konnte man die Sorgen und Krisen auf der Welt kurze Zeit vergessen.

Informationen für weitere Aufführungstermine erhalten Sie über www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.

Sungho Kim wechselt sich übrigens mit seinem Kollegen und frisch gekürten Kammersänger Morgan Moody bei den Vorstellungen ab.




Naghash Ensemble – neue armenische Musik mit alten Texten

Am 01. Dezember 2023 gab es wieder ein außergewöhnliches Konzert im Rahmen der Festivalreihe „Klangvokal“. Dieses Mal entführte uns das Naghash Ensemble nach Armenien. John Hodian, der Komponist, Pianist und Kopf des Ensembles, kombinierte mittelalterliche Texte und zeitgenössische Musik.



Wie soll ich die Musik vom Naghash Ensemble beschreiben? Vielleicht passt Progressive Folk. Denn in den Spielarten von Progressive Rock oder Progressive Metal mischen sich verschiedene Ebenen, die Tempi wechseln, mal wird es lauter, dann wieder leiser. Diese verschiedenen Ebenen und Strukturen finden sich auch in der Musik von John Hodian wider. Es sind halt nicht die 3‘30‘‘ Stücke, sondern Hodian sucht behutsam die besondere Magie der Texte, auf die er seine Melodien baut.  

Folk ist vielleicht ein einfacherer Begriff, denn die Musiker spielen traditionelle Instrumente. Arak Nikoghosyan spielt Oud, das auch in der arabischen Welt bekannt ist, Tigran Novhansisyan ist ein Meister an Dhol und Dumbek und Harutyun Chkolyan lässt die armenischen Holzblasinstrumente wie Duduk, Zurna, Schwi und Pku erklingen. Derade Chkolyans Spiel lässt sofort eine melancholische Stimmung entstehen.

Das alleine wäre schon faszinierend genug, doch das Naghash Ensemble besteht noch aus drei Sängerinnen, die es mit Leichtigkeit schaffen, die mittelalterlichen Texte mit Seele zu erfüllen. Hasmik Baghdasaryan (Sporan), Tatevik Movsesyan (Sporan) und Arpine Ter-Petrosjan (Alt) verzauberten durch ihren Gesang.

Ein toller Abend mit exzellenten Musikern und Sängerinnen. Eine spannende Melange aus mittelalterlichen Texten und zeitgenössischer Musik, sehr viele Folkelemente und eine gehörige Portion armenischer Melancholie.




3. Philharmonische Konzert – Aus dem Taubenzüchterland

Auch wenn ein Drittel aller Brieftaubenzüchter im Ruhrgebiet leben, es werden halt immer weniger, die dieses Hobby pflegen. Wer sich jetzt aber fragt, geht es eigentlich nicht um Musik? Ja, weil das diesjährige Motto der Dortmunder Philharmoniker irgendwas mit Ruhrgebiet ist, wurden Themen gesucht, die mit dem Ruhrgebiet in Verbindung gebracht werden. Das vergangene Mal war es Stahl, beim 3. Philharmonischen Konzert sind es die Brieftauben.



Gespielt wurden Werke von Dvořák und Korngold, beide nicht aus dem Ruhrpott, aber zumindest hat Dvořák etwas über Tauben komponiert, nämlich „Die Waldtaube“. Die Philharmoniker unter der Leitung von Christoph Altstaedt spielten zum Auftakt den ersten Satz der „Waldtaube“. Ein Werk mit lyrischen Passagen und dramatischen Momenten, typisch für Dvořáks Fähigkeit, folkloristische Elemente mit orchestraler Pracht zu verbinden. 

Das zweite Stück war das Violinkonzert von Erich Wolfgang Korngold. Als Solistin zeigte Anna Tifu, dass sie das technisch anspruchsvolle Stück beherrschte. Das Konzert zeigt eine spätromantische Klangwelt, die mit üppigen Orchesterklängen, farbenreichen Harmonien und expressiven Melodien gefüllt ist. Da Korngold auch ein Oskar-Preisgekrönter Komponist war, wirkt das Violinkonzert wie eine Brücke zwischen klassischer Musik und Filmmusik.

Nach der Pause wurde wohl das bekannteste Werk von Dvořák gespielt: Die 9. Sinfonie oder auch „Aus der Neuen Welt“. Die Sinfonie selbst könnte als Filmmusik zu jedem Western dienen und besitzt irrsinnig schöne Melodien. Der berühmte zweite Satz, das „Largo“, enthält eine der bekanntesten Melodien von Dvořák. Dieser Satz wurde auch als eigenständiges Stück unter dem Titel „Goin‘ Home“ bekannt. 

Dvořák benutzt in seiner Komposition Einflüsse aus Spirituals, indianischer Musik und afroamerikanischer Melodien, denn die USA waren und sind ein Schmelztiegel der Kulturen. Und hier ist wieder ein Brückenschlag zum Ruhrgebiet zu erkennen. Auch dieses Gebiet ist seit der Industrialisierung zu einem Schmelztiegel geworden.




I Gemelli – Seufzer der Liebe aus dem 17. Jahrhundert

Ja, so ist das mit der Liebe. Er liebt sie, sie aber ihn nicht. Dieses Gefühlschaos gibt es sicher schon seit Urzeiten, aber beim Konzert von „I Gemelli“ am 10. November 2023 im Rahmen des Festivals Klangvokal, konzentrierten sich die Mitwirkenden auf die italienische Musik des 17. Jahrhunderts. Gespielt wurde also Musik aus dem Dunstkreis von Monteverdi, ohne dass ein Stück von ihm gespielt wurde.



Die enttäuschten Liebhaber wurde wahlweise von Emilliano Gonzales Toro oder Anders Jerker Dahlin gesungen. Ab und an trösteten sich beide Tenöre gegenseitig wie beispielsweise beim Trinklied „Damigella tutta bella“, das von Vincento Calestani stammt, der sich aber von Monteverdi hat inspirieren lassen.

In der Oper gibt es häufiger das Beispiel des älteren Mannes, der sich in ein junges Mädchen verliebt, sehr um Unwillen der jungen Frau, die natürlich einen Gleichaltrigen bevorzugt. In „La vecchia immamorata“ (Die verliebte alte Frau) von Biago Marini ist es umgekehrt. Hier wird der (junge?) Mann von einer liebestollen älteren Frau verfolgt, während ihn das junge Mädchen verschmäht.

Und so setzten sich die unzähligen Liebesdramen durch das Programm fort, das durch Toro und Dahlin mit Witz und Humor begleitet wurden. Das Ensemble „I Gemelli“ schaffte es spielend, den Reinoldisaal musikalisch ins 17.Jahrhundert zu bringen. Obwohl ich bei „Damigella tutta bella“, das auch als Zugabe gespielt wurde, liebend gerne in einer italienischen Taverne gewesen wäre.




Isata Kanneh-Mason – Klaviermusik zum Schwelgen

Wer Lobeshymnen in Zeitungen wie der „Süddeutschen“ oder „Zeit“ bekommt, wie die Pianistin Isata Kanneh-Mason, muss schon etwas Besonders sein. Und die „junge Wilde“ wurde bei ihrem Konzert am 26.10.23 im Dortmunder Konzerthaus ihrem Ruf gerecht. Ihr Klavierspiel ist kraftvoll und emotional und sie vermag es, die Zuhörer mit ihrer virtuosen Technik und ihrem musikalischen Ausdruck zu fesseln.



Auf dem Programm standen verschiedene Stücke aus Klassik und Romantik auf dem Programm. Den Beginn machte die Klaviersonate in C-Dur von Joseph Haydn. Die Sonate ist lebhaft und voller Kontraste zwischen den Sätzen.

Danach folge die Ostersonate von Fanny Hensel, die lange ihrem Bruder Felix Mendelssohn Bartholdy zugeschrieben wurde. Die „Ostersonate“ ist ein beeindruckendes Beispiel für Fanny Hensels Beitrag zur Musik des 19. Jahrhunderts und zeigt ihre Fähigkeit, gefühlvolle und ausdrucksstarke Klaviermusik zu komponieren.

Nach der Pause wurde es Zeit für ein bekanntes Werk für Klavier. Einzelne Melodien aus den „Kinderszenen“ von Robert Schumann wurden für Werbung benutzt, beispielsweise die „Träumerei“. Die „Kinderszenen“ bestehen aus 13 kürzen Sätzen. Jeder Satz ist wie ein kleines musikalisches Porträt, das die kindliche Vorstellungskraft, Emotionen und Erlebnisse einfängt. Die Stücke reichen von fröhlich und verspielt bis nachdenklich und träumerisch.

Danach wurde es fordernder: Die Sonate für Klavier Nr. 3 von Chopin zeichnet sich durch ihre bemerkenswerte thematische Entwicklung, expressive Tiefe und die Vielfalt der musikalischen Ausdrucksmittel aus. Sie stellt hohe Anforderungen an den Pianisten in Bezug auf Technik, Ausdruck und Interpretation. Alles das lies Kanneh-Mason spielerisch leicht aussehen. Ihr Spiel ist beeindruckend und inspirierend.