Musik voll Triumph und Schmerz
Die Dortmunder
Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor
Gabriel Feltz haben am 15./16.01 .2019 unter dem Motto „Teurer
Triumph“ ganz besondere Werke von zwei außergewöhnlichen
russischen Komponisten für ihr 5. Philharmonisches Konzert
ausgewählt.
Zum einen die
„Ouverture Solennelle „1812“ op. 49“ von Peter Tschaikowsky
(1840 – 1893, )und nach der Pause die 7. Sinfonie C-Dur op. 60
„Leningrader“ von Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975). Ars
tremonia war am 15. Januar im Dortmunder Konzerthaus anwesend.
Die beiden Werke
sind in mehrfacher Hinsicht beachtlich und besonders. Die „Ouverture
Solennelle „1812“ nimmt Bezug auf den Einmarsch der französischen
Truppen am 22.Juni 1812 in Russland, und den teuer mit vielen
Menschenleben erkaufte Sieg der Russen gegen Napoleon. Als historisch
einzigartigen Parallele beginnt genau 129 Jahre später, am 22. Juni
1941 der Überfall des deutschen NS-Regimes auf die Sowjetunion unter
dem Namen „Unternehmen Barbarossa“. Nach der Einkesselung der
Stadt Leningrad und dem lange Kampf voll Entbehrungen und am Ende
über 1.000.000 Toten gegen die Deutsche Armee begleitet als
musikalische Unterstützung Schostakowitsch mit seiner 7. Sinfonie
bis zum siegreichen Ende.
Die Ouverture 1812
entspricht vom Wesen her einer sogenannten „Battaglia ( einem
musikalischen Schlachtgemälde) und ist auch so aufgebaut.
Aufstellung der Heere – Kampflärm – Siegeslied. Die feierliche
Einleitung erinnert an russisch-orthodoxe Kirchenklänge. Nach einer
Passage der leichten Verunsicherung kann der Zuhörer die
französische „Marseillaise“ erkennen. Die war zwar 1812 nicht
die Nationalhymne Frankreichs, unter Napoleon erklang „Le Chant du
Départ“, aber 1882 (Zeit der Aufführung) schon. Es steht als
Sinnbild für die anfänglichen Siege der Franzosen. Nach dem
„Kampflärm“ strahlt das folgende Thema Hoffnung aus. Das
nachfolgende russische Volkstanzthema bringt eine folkloristische
Note (etwa mit dem Tamburin) in die Ouverture. Es entwickelt sich
ein weiterer musikalischer Kampf zwischen der „Marseillaise“ und
dem russischen Volkslied, bis am Ende der Anfangschoral
majestätisch-pompös mit Glockengeläut ein weiteres Mal erklingt.
Nun ist der russische Sieg Gewissheit.
Die 7. Sinfonie op.
60 von Schostakowitsch begleitete als stützende musikalische
moralische Begleitung die Zeit der Belagerung Leningrads durch die
Deutsche Wehrmacht. Es ist nicht nur eine heroische Sieges-Sinfonie,
sondern macht auch den tiefen Schmerz und die unzähligen Verlust
spürbar.
Nachdem im ersten
Satz zunächst ein eher idyllisches Bild mit in Hinblick auf eine
glücklichen Vergangenheit vermittelt wird, trübt diese sich schnell
ein. Die kleine Trommel läutet erst ganz leise, dann immer
deutlicher die folgende Invasionsepisode ein. Was folgt ist ein
gigantisches Crescendo, das sich Furcht erregend monströs steigert.

Das folgende
traditionelle Scherzo erinnert mit unbeschwerten Klängen zwar an die
„Glückliche Zeit“, wird aber durch subtil eingesetzte
Taktwechsel unterlaufen. Der schrille Mittelteil führt wieder
Invasionsepisode zurück und es bleibt nichts von der Unbeschwertheit
übrig.
Das Adagio ist ein
großer Trauer-Choral. Durch einzelne Instrumente werden klagende
Erinnerungstöne eingeführt. Der Mittelteil ist musikalisch wieder
von Klänge der Invasionsperiode geprägt und geht zum schwelgenden
Anfangs-Rhythmus über als Zeichen von dem Gewinn des Lichts über
die Dunkelheit.
Der Sieg über die
Invasoren im vierten Satz entwickelt sich musikalisch langsam zum
Sieg hin. Das feierliche und triumphale C-Dur der letzten Takte wird
dabei aber immer mit irritierende schreiende Untertöne gestört. Ein
klares Zeichen, das dieser Triumph schwer und teuer mit unzähligen
Opfern errungen wurde.
Dieses besondere
Konzert hat alle beteiligten Musiker mit ihrem Dirigenten spürbar
auch an ihre emotionalen Grenzen gebracht.
Das Konzert am
Dienstag, den 15.01.2019 wurde von WDR 3 live im Rahmen der Reihe
„WDR 3 Städtekonzerte“ übertragen.