Erlösung ein Philharmonisches Konzert im Konzerthaus Dortmund mit den Dortmunder Philharmonikern

Eine Betrachtung in drei Teilen

Teil 1 Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467

Das Klavierkonzert Nr. 21 gehört zu den sogenannten sinfonischen Konzerten, denn der orchestrale Part ist hier von großer Bedeutung. Das Klavierkonzert in C-Dur, ein an harmonischen Schattierungen reiches Werk, wie KV 467 schuf Mozart in nur 4 Wochen nach der Vollendung des d-Moll Konzertes. Eine Probe musste genügen, um das neue Werk am 10. März 1785 – mit Mozart als Solist – zur ersten Aufführung zu bringen. Das Klavierkonzert gehört zu den populärsten Stücken von Mozart. Zum Teil mag das auch an dem schwedischen Film, „Elvira Madigan“ des schwedischen Regisseurs Bo Widerberg liegen, über die unglückliche Liebe einer Seiltänzerin und einem Leutnant. Hier spielte in dem 1967 in Cannes prämierten Film der II. Satz, das Andante, eine bedeutende Rolle. Doch war das Klavierkonzert Nr. 21 schon zu Lebzeiten von Mozart erfolgreich.

Stephen Hough verzauberte das Konzerthaus mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 (Foto: © Sim Canetty-Clarke)
Stephen Hough verzauberte das Konzerthaus mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 (Foto: © Sim Canetty-Clarke)

Der Solist am 13.04. im Konzerthaus Dortmund war Stephen Hough, der wie verzückt den Konzertflügel mal streichelte, mal trieb. Auch wenn Hough stellenweise, weil so von Mozart angelegt „nur“ begleitet, so malte er gleichsam das Thema aus dem Orchester weiter aus.

Das Hauptthema liegt beim Orchester und nicht beim Soloinstrument. Auch die Orchesterbesetzung ist größer, Trompeten und Pauke kommen zum Einsatz. Das war damals zu Mozarts Zeit etwas Neues.
Insgesamt ist es ein heiteres Werk, in dem mit relativ einfacher Melodik eine differenzierte Komplexität entwickelt wird. Das Soloinstrument, besonders durch das Spiel von Hough, scheint sich immer wieder unabhängig machen zu wollen und wird dann in das Gesamtgeschehen eingefangen und integriert.

Komplexität im Einklang

Der erste Satz trägt die Überschrift „Allegro maestoso“ – und erfüllt die damit verbundenen Erwartungen auf ganzer Linie. Das prächtige Hauptthema wird zuerst vom Orchester in unterschiedlicher Form – kammermusikalisch, orchestral und kontrapunktisch – wiederholt, bis es dann vom Klavier aufgenommen wird.
Dieses erste Allegro von KV 467 wird von einem Marschmotiv im Unisono eröffnet, dessen fast aufmüpfige Geste die Geigen mit einer empfindsamen Kantilene beantworten. Wie so oft bei Mozart ist damit schon im Hauptthema selbst der entscheidende Themengegensatz angelegt. Der ganze lange Satz ist der Ausarbeitung dieses Kontrasts gewidmet: zwischen dem Marschmotiv auf der einen Seite, das in immer neuen Verwandlungen auftritt, und den empfindsamen Episoden der Streicher und Holzbläser auf der anderen Seite. In beide Ausdrucksebenen wird das Klavier auf höchst raffinierte Weise eingebunden – ein Spiel mit unendlich vielen Zwischentönen, teils ironischer, teils melancholischer Art, das dennoch breiten Raum lässt für virtuose Passagen des Solisten.

Die unterschiedlichen Motive innerhalb des Klavierkonzerts sind miteinander im Einklang: wie Mozart auch in den Opern eine perfekte Dramaturgie unterlegt hat, so hat er es auch hier wieder verstanden, alles zu einem homogenen Ganzen zusammenzuführen.

Den berühmten langsamen zweiten Satz dieses Konzerts zu schildern, ist müßig: Wie sich hier Holzbläser und Klavier über dem Klanggrund der sordinierten Streicher die wundervollsten Vorhaltsharmonien zuspielen, ist selbst unter Mozarts langsamen Sätzen einmalig und prächtig vom Orchester ausgespielt. Dabei wirkt der Gesang der rechten Hand des Klaviers, also Stephen Hough, wie die träumerische Cavatina einer Primadonna in der Nachtszene einer Opera seria.

Im dritten Satz „Allegro vivace assai“ findet man dafür ein besonderes Beispiel: Hier verbindet Mozart das Thema des Rondos über ein zweites neues Thema mit dem Thema des Sonatenhauptsatzes. Ganz buffonesk kommt das Finale daher, tänzerisch wie immer in Mozarts letzten Sätzen. Das Klavier kann sich ganz der Spielfreude hingeben, Hough treibt scheinbar, nicht gequält, sondern spritzig, heiter und beschwingt, und doch entsteht eine Gleichstimmigkeit des Soloinstrumentes mit dem Orchester. Contretanz und Marsch gehen hier eine überraschende Verbindung ein, was Stoff für ein langes Sonatenrondo bietet.



Teil 2 Parsifal WWV111 – Vorspiel und Karfreitagszauber aus dem Bühnenweihfestspiel

Parsifal  ist das letzte musikdramatische Werk von Richard Wagner. Wagner selbst bezeichnete das dreiaktige Stück als ein Bühnenweihfestspiel. Das Philharmonische Konzert am 13.04. im Konzerthaus Dortmund mit den Dortmunder Philharmonikern, ließ uns das Vorspiel, den Ersten Aufzug, und den Karfreitagszauber, den Dritter Aufzug und Schluss, erleben.

Das Kunstreligiöse, Pseudo-Liturgische, das Wagners letzte Oper umwölkt, ließ mich immer verstört zurück. Es schwang auch an diesem Abend bei mir mit. Wagner ist nicht mein Ding, war aber erträglich ohne die Bayreuther Bühnenshow. Vielleicht liegt es am Braunauer, oder dem Wagnerschen Antisemitismus.

Der Parsifal von Wagner, ging aus den Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen Versepos Parzival von Wolfram von Eschenbach hervor, der im 8. Jahrhundert spielt. Die eigentliche Handlung basiert aber nur lose auf dem Versepos und ist in vielen Details Wagners eigene Schöpfung. Die christlichen Reliquien Gral und Heiliger Speer stehen Seite an Seite mit buddhistischen Ideen und insbesondere der Idee von Reinkarnation, die dem Parzival-Epos völlig fremd sind. Damit wirkt der Parsifal ein wenig voll.

Traditionsgemäß wird Parsifal gern in der Osterzeit gegeben, der dritte Akt spielt an einem Karfreitag. Zuweilen finden Aufführungen am Karfreitag statt, was wegen des ernsten Charakters des Werks in einigen deutschen Bundesländern erlaubt ist (Feiertagsgesetze).

Man wurde von der Kraft und Majestät der Musik des Werkes eingenommen. Die Philharmoniker brachten uns den Parsifal auch ohne Bühnenshow lebendig dar, nur nicht so pathetisch und erdrückend. Die Vielzahl der Leitmotive wurden im beeindruckenden Vorspiel so vorgestellt, dass der Zuhörer selbst das Leid empfinden konnte, welches Amfortas durch seine nicht heilende Wunde haben musste.

Im Dritten Aufzug, dem Karfreitagszauberm kehrt Parsifal kehrt mit heiligem Speer zurück und kann Amfortas heilen. Wonach Gurnemanz Parsifal als neuen Gralskönig begrüßt.

Die musikalische Illustration durch die Dortmunder Philharmoniker ist exzellent durch die sinnlich-assoziative Darbietung gelungen.



Teil 3 Engelbert Humperdinck Aktvorspiele aus der Märchenoper Königskinder

Das Humperdinck für zwei Jahre Assistent von Wagner war, merkt, hört man besonders an diesem von den Dortmunder Philharmonikern interpretierten Werk, obgleich er nicht im Schatten von Wagner bleibt. Das Stück ist aus dem Mythenkosmos von Wagner herausgelöst, ist aber trotz des volkstümlichen Charakters des Motives pathetisch wie Wagner. Dazu passen dann auch die Figuren, eine Gänsemagd, ein Prinz und ein Spielmann, der beiden helfen will. Die beiden Hauptprotagonisten dürfen aber erst im Tod zusammenfinden und leben im Spiel des Spielmannes weiter …

Die Dortmunder Philharmoniker interpretieren die Sequenzen mit all ihrer Belle Epoque Überschwänglichkeit und Bombastik. Wobei sie die Humperdincksche Melodramatik die Nähe zu Wagner nicht verleugnen können, denn der hatte einen großen Einfluss auf ihn. War Humperdinck zum einen Wagner Fan und im Team des Komponisten.

Das Stück erinnert zuweilen an die musikalischen Untermalungen US amerikanischer Filme, besonders denen von Disney, dem Original Disney bevor es ein Mediengigant wurde, der fast überall mit drin steckt.

So wie die vorherigen Sequenzen aus dem Parsifal von Wagner und davor das Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467 von Mozart, die Dortmunder Philharmoniker spielten unter der Leitung von Fabien Gabel hervorragend und zudem ein Augenschmaus, die Musiker bei ihrer Hingabe zu beobachten.

Diese achte Philharmonische Konzert war ein Genuss, für mich etwas eingeschränkt, da mir Humperdinck nicht liegt, wegen der Bombastik und zuweilen Überladenheit des Belle Epoque Komponisten Humperdinck. Aber das ist nicht das Problem der Dortmunder Philharmoniker, sondern mein eigenes.