Freeze – Ein modernes Tanztheaterstück zur Schneekönigin
Mit Freeze präsentierte die Junge Tanztheaterwerkstatt ein eindrucksvolles Stück über Solidarität, Verantwortung und Freundschaft. Inspiriert von Motiven des Märchens Die Schneekönigin erzählt es die Geschichte der 15-jährigen Kai, die plötzlich verschwindet. Am 15. Dezember wurde das Werk im Fritz-Henßler-Haus uraufgeführt.
Die Geschichte von Kai und der Schneekönigin
Warum verschwinden Jugendliche? Familienkonflikte, psychische Belastungen, Drogenmissbrauch oder die Suche nach Abenteuern? Im Märchen Die Schneekönigin führen magische Spiegelsplitter dazu, dass Kai die Welt nur noch negativ sieht und sich von der Schneekönigin angezogen fühlt. Freeze greift diese Motive auf und überträgt sie in eine moderne, gesellschaftskritische Erzählung.
Die 15-jährige Kai, eine Schülerin mit albanischen Wurzeln, verschwindet plötzlich. Ihre Klassenkamerad*innen beginnen nach einiger Zeit, sich Gedanken zu machen: Wo ist Kai geblieben? Erinnerungen werden ausgetauscht, Suchen organisiert und Elemente des ursprünglichen Märchens neu interpretiert. So wirft Gerda im Original ihre roten Schuhe in einen Fluss, um Antworten zu bekommen. In Freeze wurde der Fluss von den Jugendlichen durch kreative blaue Plakate dargestellt – ein eindrucksvolles Bild.
Die Spiegelstücke der Schneekönigin verletzen Kai. (Foto: CDD20/ Pixabay)
Die Schneekönigin tritt in dieser Neuinterpretation als Dreiergruppe auf. Sie verkörpert nicht nur negative Emotionen, sondern auch Verlockungen wie Clubbesuche, Drogen und das Streben, zu den „coolen Kids“ zu gehören. Kai wird von diesen Einflüssen angezogen – doch welche Konsequenzen hat das?
Die Botschaft hinter Freeze
Im Märchen rettet Gerda ihren Freund Kai aus den Fängen der Schneekönigin. In Freeze gibt es jedoch eine weitere Ebene: Die Wahrheit könnte auch sein, dass die Klassengemeinschaft Kai nie wirklich akzeptiert hat, weil sie einen Migrationshintergrund hat. In einem Abschiedsbrief schreibt Kai, dass sie einfach ein neues Leben sucht.
Trotz der ernsten Thematik hat das Stück auch humorvolle Momente, wie die Szene, in der Kai erzählt, sie dürfe auf die „Magic High“. Musikalisch wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten: Neben Popmusik erklangen Vivaldis Vier Jahreszeiten, ebenso wie Livemusik auf Gitarre, Klavier und Querflöte.
Ein gelungener Abend, bei dem 20 talentierte Performerinnen eine spannende und tiefgehende Neuinterpretation der Schneekönigin auf die Bühne brachten.
Mitwirkende:Team: Birgit Götz, Helen Greve-Groß, Laura Gebauer, Inge Nosal & Bhavdeep Kumar Projektleitung: Stella Pischke Performerinnen: Imani Abdoulaye, Frida Averesch, Lotti Brockmann, Salia Dresp, Merith Hopf, Karolina Jurczak, Emma Kassing, Glory Kumih, Olivia Langner, Viola Langner, Marlitt Larsen, Emily Merkel, Karla Müller, Sarah Neuß, Lili Rinscheidt, Martha Schröder, Marla Tenholt, Sarah Thirukumar, Charlotte Voges, Luise Voges
Weihnachtswahnsinn am Kaminfeuer – „Merry Crisis“ im Schauspielhaus
Ein Kaminfeuer flackert virtuell an der Wand, ein mannshoher Nussknacker flankiert die Bühne, auf der Teddybären sich zwischen einem Sessel und einem Zweisitzer mit Holzbeinen ohne Stehlampe tummeln (Ausstattung: Constanze Kriester). Im sog. „Institut“, dem kleinen Bühnenraum im Erdgeschoss des Schauspielhauses, erwarten rund fünfzig Gäste einen weihnachtlichen Leseabend
In Pyjamas mit langen Morgenmänteln und Pantoffeln nehmen die beiden Schauspielerinnen Marlena Keil und Nika Mišković die Bühne ein und starten direkt mit Ringelnatz. In seinem Gedicht schneit es auch Erbsensuppe mit Speck in die Taschen der Arbeitslosen. Also ganz so gemütlich und heimelig wird der Abend nicht, er ist aber auch mit „Merry Crisis“ betitelt.
In die nächste weihnachtliche Krise eilen die beiden Lesenden nahezu übergangslos. Aufführungen von Krippenspielen mit Sechsjährigen in der Rolle der Jungfrau und Zweitklässlern als gestandenen Männern, mit stolzen Eltern und „Lasagne-Gestank“ im Saal nimmt der amerikanische Autor David Sedaris aufs Korn. Fast können einem die beschriebenen Kinder leid tun, aber die erwachsenen Gäste des Abends amüsieren sich bei dieser scharfen Beurteilung. Auch Charles Dickens‘ Klassiker „Der Weihnachtsabend“ wird in die Schulaufführungen eingepasst, aber durch die Schauspielerinnen auf der Bühne professionell akzentuiert, bevor wieder die Kritik Sedaris an schlechtem Schultheater zelebriert wird und für weitere Erheiterung sorgt.
Nach einer Mitmachsequenz – alle versuchen „Oh Tannenbaum“ zu singen – leidet man mit dem Tannenbaum nach Hans Christian Andersen, bevor Marlena Keil und Nika Mišković lebhaft in ihren offensichtlichen Lieblingstext einführen. Gevatter Tod übernimmt die Rolle des verhinderten „Schneevaters“ – des quasi Weihnachtsmanns in der Scheibenwelt der Romane von Terry Pratchett.
Danach lässt sich diesmal bestens gestimmt und hörbar harmonischer von allen „Jingle Bells“ intonieren.
In der Pause ist der alkoholfreie Punsch schnell ausgetrunken, doch für einen Glühwein mit Alkohol reicht es, der seinen Weg auch auf die Bühne findet – nur ein „wönziger Schluck“. Nein, die Feuerzangenbowle ist nicht dabei, aber durchaus gelockert geht es mit Ringelnatz und der „Weihnachtsgans Auguste“ von Friedrich Wolf weiter. Dazwischen ein Ausflug mit dem lange nicht mehr gehörten Ephraim Kishon und seiner besten Ehefrau von allen zum humorig-dramatischen Geschenkeequivalent, dem jüdischen Passahfest, zu dem bei Kishon mindestens elf zauberhafte Stehlampen gehören.
Merry Crisis_Nika Miskovic und Marlena Keil (Copyright Charlot Kühn)
Ein Abend zwischen Weihnachtsgans und Wahnsinn, ganz wie auf dem Programmzettel angekündigt. Ein Wahnsinn, zusammengestellt und eingerichtet von Hazal Saracoglu, den alle gut nachvollziehen konnten und über den man – betrifft uns bestimmt nur entfernt – herzlich lachen, mindestens aber kräftig schmunzeln konnte.
Das Geständnis von Nika Mišković, das dies ihr erster Leseabend überhaupt und dann noch auf deutsch gewesen sei, wird mit zusätzlichem anerkennenden Applaus belohnt.
Der Saal wagt sich im letzten Mitmachteil des Abends noch an „All I want for Christmas“ heran und alle sollen ihre innere Mariah Carey finden. Die bleibt jedoch im durchaus lauten Chor weitestgehend unhörbar.
Egal. Alle hatten Spaß und gehen vergnügt in ihren eigenen alltäglichen Weihnachtswahnsinn oder zu gemütlichem Kaminfeuer mit zauberhafter Stehlampe.
Weihnachtswahnsinn mit Charme – „Merry Crisis“ im Schauspielhaus
Ein virtuelles Kaminfeuer flackert an der Wand, ein mannshoher Nussknacker flankiert die Bühne, und Teddybären tummeln sich zwischen einem Sessel und einem Zweisitzer mit Holzbeinen – ganz ohne Stehlampe (Ausstattung: Constanze Kriester). Im sogenannten „Institut“, dem kleinen Bühnenraum im Erdgeschoss des Schauspielhauses, erwarten rund fünfzig Gäste einen weihnachtlichen Leseabend.
In Pyjamas, langen Morgenmänteln und Pantoffeln betreten die beiden Schauspielerinnen Marlena Keil und Nika Mišković die Bühne und eröffnen den Abend direkt mit einem Gedicht von Joachim Ringelnatz. Hier schneit es auch Erbsensuppe mit Speck in die Taschen der Arbeitslosen – ein Vorbote dafür, dass es an diesem Abend nicht ausschließlich gemütlich und heimelig zugehen wird. Schließlich trägt die Veranstaltung den Titel „Merry Crisis“.
Fast übergangslos stürzen sich die beiden Schauspielerinnen in die nächste weihnachtliche Krise: David Sedaris nimmt in seiner Erzählung Krippenspiele mit Sechsjährigen als Jungfrauen und Zweitklässlern als gestandene Männer aufs Korn – inklusive stolzer Eltern und „Lasagne-Gestank“ im Saal. Während man den beschriebenen Kindern fast Mitleid entgegenbringen könnte, sorgt Sedaris‘ scharfsinnige Beobachtung beim Publikum für reichlich Gelächter. Auch Charles Dickens‘ „Der Weihnachtsabend“ wird im Rahmen dieser Schulaufführungen humorvoll eingebaut und von den Schauspielerinnen mit professioneller Akzentuierung aufgegriffen, bevor Sedaris’ bissige Kritik an schlechtem Schultheater erneut für Erheiterung sorgt.
Nach einer Mitmachsequenz – alle versuchen gemeinsam „Oh Tannenbaum“ zu singen – bewegt Hans Christian Andersens trauriger Tannenbaum die Zuschauer, bevor Marlena Keil und Nika Mišković mit offensichtlicher Begeisterung einen Text aus Terry Pratchetts Scheibenwelt einleiten. Hier übernimmt Gevatter Tod die Rolle des verhinderten „Schneevaters“, quasi des Weihnachtsmanns dieser skurrilen Fantasy-Welt. Schließlich gelingt es, diesmal spürbar harmonischer, gemeinsam „Jingle Bells“ anzustimmen.
Zwischen Glühwein und literarischem Wahnsinn
In der Pause ist der alkoholfreie Punsch schnell ausgetrunken, doch für einen Glühwein mit Alkohol reicht es – der findet sogar den Weg auf die Bühne, wenn auch nur in Form eines „wönzigen Schlucks“. Eine Feuerzangenbowle gibt es zwar nicht, doch locker und beschwingt geht es nach der Pause mit weiteren literarischen Perlen weiter.
Mit Ringelnatz und Friedrich Wolfs „Weihnachtsgans Auguste“ kommt der Abend erneut in Fahrt, bevor ein Ausflug zu Ephraim Kishons humorigen Anekdoten folgt. Gemeinsam mit „der besten Ehefrau von allen“ widmet sich Kishon dem jüdischen Passahfest, bei dem natürlich mindestens elf zauberhafte Stehlampen nicht fehlen dürfen.
Der Abend entwickelt sich wie angekündigt: ein Wahnsinn zwischen Weihnachtsgans und Chaos. Hazal Saracoglu, die den Abend zusammengestellt und eingerichtet hat, trifft mit dieser Mischung aus Humor, Ironie und Gesellschaftskritik genau den Nerv des Publikums. Immer wieder sorgt die Vorstellung für Lacher, aber auch für nachdenkliche Momente, die das Publikum herzlich schmunzeln lassen.
Besonderen Applaus erntet Nika Mišković, die gesteht, dass dies ihr erster Leseabend überhaupt – und dann auch noch auf Deutsch – gewesen sei. Im letzten Mitmachteil wagen sich alle gemeinsam an „All I Want for Christmas“. Die innere Mariah Carey lässt sich zwar im Chor nicht wirklich heraushören, doch das tut der ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch.
Am Ende verlassen die Gäste den Abend gut gelaunt – bereit für ihren eigenen weihnachtlichen Wahnsinn oder vielleicht für ein entspanntes Kaminfeuer mit der ein oder anderen zauberhaften Stehlampe.
Ein Mops kommt in die Oper
Loriot bricht eine Lanze für Richard Wagner im Dortmunder Opernhaus
Im nächsten Jahr wird in Dortmund „Der Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner wiederaufgenommen. „Der Ring“, wie das Mammutwerk unter Eingeweihten kurz heißt, umfasst einen Zyklus von vier Opern, die sich allesamt an der berühmtesten deutschen Heldensage abarbeiten. „Der Ring an einem Abend“ in Loriots Fassung ist da schon mal so etwas wie ein Vorgeschmack, der Trailer sozusagen zum kommenden Wagner-Marathon: ein unterhaltsamer Kurztrip in die blutig-bunte Nibelungenwelt, leidenschaftlich präsentiert vom Gesangspersonal des Opernhauses, von den präzise abgestimmten Dortmunder Philharmonikern und einem gut aufgelegten Götz Alsmann als Erzähler.
Ein Vorgeschmack auf Wagners Mammutwerk
Das Orchester wird an diesem Abend nicht in den Graben verbannt – die ganze Bühne füllt es aus, flankiert auf der rechten Seite von vier ansehnlichen Harfen, auf der linken Seite von dem berühmten Sofa, mit dem Loriot in seinen öffentlichen Auftritten sozusagen zu einer symbiotischen Einheit verschmolzen war. „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“, behauptete der Altmeister der Komik stets, und dementsprechend ist auch das besagte Tier an diesem Abend präsent, wenn schon nicht leibhaftig, so doch als Aufdruck auf dem Sofakissen. Eine Stehlampe vervollständigt das kleinbürgerliche Ambiente am Rande der großen Opernwelt. Die Instrumentalisten sind fein frackiert in festlichem Schwarz; Siegfried und die Heldenschar tragen keine Rüstung, sondern Abendanzug, die Walküren lange Kleider, Brünnhilde statt Kettenhemd ein Glitzerkleid – Wotan immerhin eine Augenklappe. Und der Blick? Notwendigerweise geradeaus, mit großen Augen und ausdrucksstarker Mimik, in der wir vielleicht die Wagnersche Bedeutungstiefe erahnen sollen. Ein wenig steif wirkt das schon. Sei’s drum – es wird ja keine Oper gegeben, wir nehmen teil an einer konzertanten Variante der Wagnerschen Fantasien. Und mit dieser Vereinbarung lässt sich der Abend durchaus genießen: Bühnenfestspiel meets Wohnzimmerecke!
Loriots Humor trifft auf die Welt der Oper
Nun ist das mit Wagner ja immer so eine Sache: Die einen vergöttern ihn, die anderen verdammen ihn. Da scheint es keine Zwischentöne zu geben – Wagner polarisiert wie wohl kein anderer Komponist des 19. Jahrhunderts. Darüber hinaus gibt es aber auch Zeitgenossen, die den Erfinder des Gesamtkunstwerks gar nicht kennen, die nie etwas gehört haben von Leitmotiven oder dem berühmten Tristanakkord. Insbesondere für diese Unbeleckten hat Loriot seinen Text geschrieben, für all jene, die möglicherweise von der Wucht und der Humorlosigkeit einer kompletten „Ring“-Inszenierung völlig erschlagen wären. In verständlicher und humorvoller Sprache, die in krassem Gegensatz zu den von Wagner selbst verfassten archaisierenden Arien-Versen steht, erzählt Loriot auf seine unnachahmlich klar-komische Art die Geschichte der Nibelungen, entwirrt kurzweilig und verständlich die komplizierten Familienstränge und spart auch nicht mit kleinen witzigen Seitenhieben auf den Opernbetrieb. Wobei sich der bekennende Opernliebhaber Loriot nie despektierlich lustig macht – vielmehr versucht er, auf vergnügliche Weise den Unentschlossenen, den Zweifelnden, vielleicht sogar den Wagnermuffeln das Werk des Komponisten näherzubringen.
Götz Alsmann in Erzähllaune bei Loriots „Ring an einem Abend“ (Foto: (c) Anke Sundermeier)
Götz Alsmann seinerseits setzt diesen Text kongenial im Sinne Loriots um. Lässig betritt er die Bühne, wirft eine Kusshand ins Publikum und eine ins Orchester, tritt lässig hinters Rednerpult und inszeniert schon den ersten Satz in perfektem Timing: „Die Täter im gewaltigsten Drama der Musikgeschichte sind eigentlich ganz nette Leute.“ Vereinzelte Lacher, aber der Ton ist gesetzt. Das vollbesetzte Opernhaus lauscht fortan gespannt und amüsiert. Götz Alsmann ist ein charmanter Erzähler, streut gelegentlich kleine Extemporés ein und spielt gekonnt auf der Klaviatur seiner Entertainerqualitäten.
Ein Abend zwischen Unterhaltung und Wagner-Erlebnis
Zwischen den Leseeinheiten gibt es immer wieder Wagner – komprimiert, der „Ring“ in Ausschnitten. Dabei ist es großartig zu hören und zu sehen, wie die Solist:innen sich ins Zeug legen, wie sie, an die Rampe gebannt, die fehlende Bewegungsfreiheit wettmachen durch wirklich tollen Gesang. Insbesondere Mandla Mndebele als Wotan und Artyom Wasnetsov als Hagen liefern eine großartige Performance. Begleitet werden sie dabei von den wunderbar aufspielenden Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Gabriel Feltz.
Alles in allem ein gelungener Abend, der nach immerhin drei Stunden dennoch manche, die mit Wagners Kunst weniger anfangen können, etwas enttäuscht zurückließ: „Zu viel Wagner, zu wenig Loriot“, hört man von einigen. Insofern ist ein Leben ohne Wagner sicherlich möglich – ob es sinnlos wäre, mag ein jeder nach dem Besuch dieses konzertanten „Ring“-Konzentrats selbst entscheiden.
Hans-Peter Krüger
Die Pottrosen: Frecher Ruhrpott-Charme auf der Bühne
Die „Geschwister im Geiste“, Franziska Mense-Moritz (Kabarettistin, Sängerin, Schauspielerin) und Susan Kent (Parodistin, Sängerin, Schauspielerin, Entertainerin), gastierten am 08.12.2024 als die „Pottrosen“ mit ihrem Programm „Leise schnieselt das Reh“ im Dortmunder „Raum 17“ (Mönchengang 9).
Dass die beiden Künstlerinnen schon lange und mit viel Freude zusammenarbeiten, ist für das Publikum spürbar. Bei diesem Weihnachtsspezial sorgten sie bereits mit ihrem glanzvollen Auftakt – roten Glitzeroutfits und Fächern – für die passende optische Strahlkraft.
Franziska Mense-Moritz und Susan Kent sind „Die Pottrosen“. (Foto: (C) theatervolk)
Ihr Programm ist eine spritzige Mischung aus Parodie, witzigen Gesangsnummern mit umgetexteten Songs, kleinen Spielszenen und viel frecher Ruhrpott-Schnauze. Besonders Susan Kent überzeugte mit ihrer Wandelbarkeit: So schlüpfte sie etwa mit charmantem Sächsisch in die Rolle einer Frau aus Leipzig, die sich extravagante Geschenke von „Santa-Clausi“ wünscht. Ihre Heidi-Klum-Parodie zeigte einmal mehr ihr parodistisches Talent. Franziska Mense-Moritz glänzte dagegen in ihrer Paraderolle als Frau im Morgenmantel mit Zigarette („Wo ich bin, is Raucherecke“) – ein Charakter, der stets für Lacher sorgt.
Zwischen Blödeleien und kritischen Tönen
Doch die „Pottrosen“ beschränkten sich nicht nur auf humorvolle Blödeleien. Ernste Themen wie Klimawandel, Rechtsextremismus, Hasskommentare im Netz und ihre Folgen oder das bigotte Verhalten der katholischen Kirche (Stichwort: Missbrauchsskandale) wurden kabarettistisch-ironisch aufgegriffen. Diese gelungene Balance zwischen Unterhaltung und Tiefgang macht das Duo besonders.
Dabei wird alles mit einer gehörigen Portion deftigem Ruhrpott-Charme serviert, wie man ihn heutzutage nur noch selten hört. Gerade dieser unverwechselbare Stil sorgt für den besonderen Reiz ihrer Auftritte. Mit ihren beeindruckenden Stimmen, ihrem gemeinsamen Sinn für Humor und einer geballten Portion Frauenpower ergänzen sich die beiden Künstlerinnen perfekt.
Fazit: Es bleibt zu hoffen, dass uns dieses kongeniale Comedy-Duo, die „Pottrosen“, noch lange erhalten bleibt – denn sie sind ein echtes Highlight der Ruhrpott-Comedy!
Flamingos und Dada – Ein Abend mit Hermann Heisig
Warum schlafen Flamingos auf einem Bein? Diese und andere absurde Gedanken brachte Hermann Heisig am 6. Dezember 2024 mit seiner Gruppe im Theater im Depot dem Publikum in der außergewöhnlichen Performance „Late Night Dada“ näher.
Dada, diese vermeintlich längst vergangene Kunstrichtung, wurde hier mit einem frechen Augenzwinkern wiederbelebt. In Dortmund, der Ruhestätte des Dadaisten Richard Huelsenbeck, wird die Erinnerung an diese Bewegung ohnehin lebendig gehalten – mit jährlichen Festivals und künstlerischen Aktionen. Trotzdem hätte das zweistündige Spektakel von Heisig und seinen Leipziger Performerinnen deutlich mehr Zuschauerinnen verdient.
Zwischen Bar, Bühne und Straßen-Dada
„Late Night Dada“ begann stilecht an der Bar – die den gesamten Abend über geöffnet blieb – und nahm das Publikum mit auf eine Reise durch den gesamten Theatersaal. Was folgte, war ein wilder Mix aus Tanz, Performance, Kostümspiel und Bühnenkunst, irgendwo zwischen Late-Night-Show, Konzert und ritueller Jam-Session. Besonders surreal wurde es, als alle Beteiligten mit einer Flamingo-Fahne das Theater verließen, um ein Stück Dada direkt auf die Straße zu bringen.
Hermann Heisig und seine Crew bei „Late Night Dada“. (Foto: (c) Rolf Arnold)
Ein Highlight für Musikliebhaber war die ironische Schlagzeug-Performance, die typische Musik-Acts charmant auf die Schippe nahm. Die Ästhetik, die Hermann Heisig und seine Truppe an den verschiedenen Stationen präsentierten, begeisterte durch ihre Vielschichtigkeit und den Mut, Kitsch mit schriller Eleganz zu verbinden.
Am Ende bleibt die Frage: Haben Flamingos, die hier als Symbol für Trash und grelle Ästhetik dienten, ihre Würde zurückerhalten? Das mag jede*r für sich selbst entscheiden. Sicher ist jedoch: In den zwei Stunden tobte der Dada-Geist quer durch das Theater im Depot – absurd, witzig, provokativ und garantiert unvergesslich. Ein Hoch auf die Flamingos und Hermann Heisigs einzigartigen Abend voller Dada-Wahnsinn!
Dornröschen und seine spannenden Traum-Erlebnisse
Mit „Dornröschen – Hundert Jahre im Land der Träume“ bringt Andreas Gruhn, der langjährige Intendant des Dortmunder Kinder- und Jugendtheaters (KJT), ein modernes Familienstück in der Vorweihnachtszeit auf die Bühne des Schauspielhauses. Am 22. November 2024 feierte diese frische Inszenierung des Märchenklassikers der Gebrüder Grimm ihre Uraufführung.
Eine opulente Ausstattung (Oliver Kostecka), fantasievoll gestaltete Kostüme, beeindruckende Hintergrundprojektionen und die atmosphärisch stimmige Musik von Michael Kessler machen das Stück zu einem Fest für Augen und Ohren. Im Gegensatz zur traditionellen Geschichte führt das Publikum hier eine Reise in die Welt der Träume.
Ein modernes Dornröschen für unsere Zeit
Andreas Ksienzyk begleitet als charmanter Erzähler durch die Handlung, während das Ensemble mit Spielfreude und Flexibilität in zahlreichen Rollen überzeugt. Sar Adina Scheer (u. a. als Königin), Jan Westphal (u. a. als König), Bianka Lammert, Johanna Weißert (als Fee Gunella), Rainer Kleinespel, Annika Hauffe (als Rosalinde/Dornröschen) und Thomas Ehrlichmann (u. a. als Prinz) zeigen Einfühlungsvermögen und Engagement. Besonders Annika Hauffe glänzt in der Hauptrolle und verleiht Dornröschen eine völlig neue Dimension.
Sar Adina Scheer, Johanna Weißert, Bianka Lammert und Jan Westphal in „Dornröschen“ (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Diese Inszenierung interpretiert die bekannte Märchenfigur neu: Dornröschen, hier Rosalinde genannt, ist keine passive Prinzessin im schönen Kleid, die auf ihren Retter wartet. Stattdessen wird sie als kluges, selbstbewusstes und neugieriges Mädchen dargestellt, das sich für Naturwissenschaften und Astronomie begeistert. Rosalinde trägt kurze blonde Haare und Kleidung, die eher Jungen zugeordnet wird, wodurch stereotype Geschlechterrollen humorvoll aufgebrochen und in die Gegenwart übertragen werden.
Zudem thematisiert das Stück sensibel den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und unseren Lebensgrundlagen. Diese zeitgemäße Interpretation macht Dornröschen zu einer mutigen Identifikationsfigur für junge Mädchen, die zeigt, wie wichtig es ist, seine Träume zu verfolgen – auch gegen Widerstände.
Ein Theatererlebnis für die ganze Familie, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Weitere Informationen und Termine finden Sie auf www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231/50 27 222.
Die Ursachen der Fremdheit – Fremd/Yabancı
Wie fühlt es sich an, fremd zu sein? In einem fremden Land zu leben, in einem fremden Körper? Das künstlerische Team Ayşe Kalmaz, Kemal Dinç, Sinem Süle, Shari Streich und Elena Tilli hat sich in ihrem Stück Fremd/Yabancı auf die Suche nach Antworten gemacht. Das Werk wurde am 22. November 2024 im Theater im Depot aufgeführt.
Im Zentrum der Inszenierung stehen die Schauspielerinnen Sinem Süle und Shari Streich. Sie setzen sich intensiv mit den Themen Fremdheit und Identität auseinander und finden in absurden, humorvollen und oft berührenden Momenten zueinander.
Beeindruckende Inszenierung und tiefere Botschaften
Die Inszenierung beeindruckt nicht nur visuell: Alles ist in Schwarz-Weiß gehalten, ein Gazevorhang schränkt die Sicht auf die Bühne ein, dient jedoch als vielseitige Projektionsfläche. Die Arbeit mit Kameras auf der Bühne eröffnet ungewohnte Perspektiven. Zunächst könnte man annehmen, es handele sich um eine klassische Familiengeschichte – schließlich lauten die Kapitelüberschriften zu Beginn „Vater“ und „Mutter“. Doch die Handlung greift viel tiefer.
Sinem Süle (links) und Shari Streich spielen die beiden Protagonistinnen auf der Bühne (Foto: (c) Theater im Depot)
Im Kern steht die Schwierigkeit, einander wirklich zu verstehen oder zu erkennen. Das Stück beleuchtet, wie komplexe Informationen vereinfacht und dabei oft verzerrt werden. Dies führt zu Missverständnissen und falschen Wahrnehmungen, die auch mit digitalen Mitteln für das Publikum sichtbar gemacht werden.
Im zweiten Teil des Stücks schlägt die Inszenierung eine wissenschaftlich fundierte Richtung ein. Sie basiert auf den Studien von Dr. Gabor Maté und Dr. Liya Yu, die sich mit den epigenetischen Folgen traumatischer Erfahrungen beschäftigen. Diese zeigen, wie solche Erfahrungen über Generationen hinweg weitergegeben werden können.
Sinem Süle und Shari Streich präsentieren eine herausragende Bühnenperformance, die an Intensität kaum zu überbieten ist. Am Ende wird die vierte Wand durchbrochen, was die Zuschauer*innen unmittelbar einbindet. Zusammen mit der kraftvollen Musik von Kemal Dinç wird Fremd/Yabancı zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.
Jeeps: Erbschaftslos oder die Erbschaft los
Die Komödie „Jeeps“ behandelt ein heikles Thema: Jedes Jahr werden Vermögenswerte im Umfang von rund 400 Milliarden Euro vererbt, vor allem in Form von Immobilien und Finanzanlagen. Gleichzeitig leben etwa 20 Prozent aller Kinder in Deutschland in Armut. Kritische Stimmen sehen in der Vererbung von Vermögen eine Untergrabung des Prinzips der Leistungsgerechtigkeit. Weil „Geburtsglück“ einen maßgeblichen Einfluss auf sozialen und wirtschaftlichen Erfolg nimmt. Die Premiere von „Jeeps“ fand am 9. November 2024 im Schauspiel Dortmund statt und widmete sich dieser Problematik auf humorvolle Weise.
Erbschaftslose beim Jobcenter: Die Handlung von Jeeps
In ihrer Komödie „Jeeps“ lässt die Autorin Nora Abdel-Maksoud das Jobcenter als Verteiler von „Erbschaftslosen“ auftreten – das Chaos ist vorprogrammiert. Arbeitssuchende sowie Menschen, die plötzlich auf ihr Erbe verzichten müssen, stürmen das Jobcenter und sorgen für erhebliche Verwirrung. Die Hauptrollen übernehmen vier Figuren: Silke (Marlena Keil), eine Start-up-Gründerin, die ihr Erbe zurückwill; Maude (Nika Mišković), eine Hartz-IV-Empfängerin; und die beiden Jobcenter-Mitarbeiter Gabor (Alexander Darkow) und Armin (Viet Anh Alexander Tran). Gabor fungiert als „Losverwalter“, der die Kontrolle über die Erbschaftslose ausübt.
Silke und Maude schließen sich zusammen, um gegen das System zu kämpfen. Silke möchte ihr Erbe für den Erhalt ihres Start-ups „Laptops in Stollenschuhen“ zurück, während Maude empört ist, weil ihr Flaschenpfand von der Grundsicherung abgezogen wurde. Gemeinsam stürmen sie das Büro von Sachbearbeiter Gabor, was zu chaotischen Verwicklungen führt, in die sich auch Armin, der sich für Gabors Vorgesetzten hält, einmischt.
Viet Anh Alexander Tran, Marlena Keil, Nika Mišković, Alexander Darkow Foto: (c) Birgit Hupfeld
Humor und Kritik im „Jeeps“
Als absurde Komödie zieht „Jeeps“ zahlreiche gesellschaftliche Klischees durch den Kakao. Gabor ist ein pedantischer Beamter, der sich strikt an Vorschriften hält und damit seine „Kunden“ wie auch sich selbst vor Willkür schützen will. Gabors Liebe zu seinem Auto, einem Mercedes G 400-D – einem Geländewagen, der im Stück als „Jeep“ tituliert wird – verleiht der Komödie ihren Titel.
In der Wartehalle des Jobcenters tauchen zudem typische Elemente aus der Start-up-Welt auf, wie eine Boulderwand und Foodtrucks. Doch die Partnerschaft zwischen Silke und Maude zerbricht schnell, als Maude sich mit Armin verbündet, um an Erbschaftslose zu gelangen. Doch Gabor hat das letzte Wort und überrascht alle mit einer unerwarteten Wendung.
„Jeeps“ wechselt zwischen abgedrehtem Humor und Gesellschaftskritik und spielt mit Klischees rund um penible Beamte, SUV-Liebhaber und Start-up-Gründer. Die Darsteller*innen des Schauspiel Dortmunds wurden für ihre humorvollen Darbietungen vom Publikum gefeiert. Auch wenn die Komödie gelegentlich überdreht wirkt, hätte ihr etwas mehr politische Schärfe sicherlich gutgetan. Insgesamt bot „Jeeps“ jedoch eine gelungene Mischung aus Slapstick und Wortwitz, die zum Lachen einlud.
Weitere Informationen und Termine für „Jeeps“ gibt es auf der Webseite des Theaters unter www.theaterdo.de.
Die Geschöpfe – Der Dortmunder Sprechchor verwandelt Ovids Metamorphosen
Premiere für mich: Zum ersten Mal besuche ich den Kubus, ein kleines Musiktheater in der Saarlandstraße. Der Dortmunder Sprechchor feierte dort am 8. November 2024 mit „Die Geschöpfe“ eine gelungene Premiere unter der Regie von Ludwig Juhrich. Ovids Metamorphosen sind ein episches Werk in 15 Büchern, das etwa im Jahr 8 n. Chr. fertiggestellt wurde und mythologische Verwandlungsgeschichten erzählt. Der Sprechchor hat drei dieser Geschichten für die Aufführung ausgewählt.
Die Bühne war geschmückt wie ein Tempel des Apollon, voller Kunstwerke und Symbolen. Schließlich erschien Apollon in der Person des Sprechchormitglieds Roman D. Metzner selbst auf der Bühne, der zugleich die instrumentale Begleitung übernahm. Der Sprechchor verkörperte einerseits einen Priesterchor (in weiß und beige gekleidet), wobei einzelne Mitglieder solistische Rollen übernahmen.
Moderne Themen in klassischen Geschichten
Die erste Metamorphose handelt vom Künstler Pygmalion, der eine Abneigung gegen Frauen hat und sich stattdessen auf seine Kunst konzentriert. Eines Tages erschafft er eine Statue aus Elfenbein, die so schön und lebendig wirkt, dass er sich in sie verliebt. Die Göttin Venus erhört seine Bitte und lässt die Statue lebendig werden. Die Geschichte von Pygmalion ist nach wie vor aktuell: Heutige Erzählungen über künstliche Intelligenz, Roboter oder virtuelle Figuren, die menschliche Eigenschaften entwickeln und Beziehungen eingehen, werfen ähnliche Fragen auf – über die Natur der Liebe, Kontrolle und die Beziehung zwischen Mensch und Kreation.
In der Geschichte von Philemon und Baucis aus den Metamorphosen wird ein altes Ehepaar, das für seine aufrichtige Liebe und tiefes Vertrauen belohnt wird, in zwei miteinander verflochtene Bäume verwandelt. Diese Verwandlung symbolisiert ihre unzertrennliche Bindung, die selbst über den Tod hinaus besteht. Auch dieses Motiv findet sich in modernen Stücken wieder; das bekannteste dürfte Bertolt Brechts Der gute Mensch von Sezuan sein, da beide Werke zentrale Themen wie Menschlichkeit, Gastfreundschaft und die Frage nach gutem Handeln in einer herausfordernden Gesellschaft behandeln.
Die tragische Liebesgeschichte von Hyazinthos und Apollon behandelt die Themen Liebe, Verlust und Transformation. Selbst Apollons göttliche Macht kann nicht verhindern, dass Hyazinthos stirbt, und der Gott muss lernen, den Verlust zu akzeptieren. Hier konfrontiert der Priesterchor Apollon und lässt ihn schließlich Ludwig Feuerbach zitieren: „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde.“ Auch die sogenannten göttlichen Gaben, wie die Musik, besaßen die Menschen schon vorher. Es ist der Atem der Menschen, der die Götter zu dem macht, was sie sind. Ein ähnliches Thema behandelt Terry Pratchett in seinem Buch Small Gods (Einfach göttlich): In der Scheibenwelt hat ein Gott nur dann Macht, wenn Menschen an ihn glauben. So muss der Gott Om versuchen, seinen Jünger Brutha von seiner Existenz und seiner Mission zu überzeugen.
Mit dieser gelungenen Religionskritik ging der Abend zu Ende. Der Dortmunder Sprechchor zog die Zuschauer mühelos in seinen Bann, und die musikalische Begleitung passte hervorragend zur Inszenierung. Das atmosphärische Stück passt perfekt in das kleine Musiktheater. Es gibt noch eine letzte Gelegenheit, Die Geschöpfe zu sehen.
Im Studio des Dortmunder Schauspielhauses feierte am 08.11.2024 die queere Beziehungskomödie „Schwindel“ nach dem neuen Roman von Hengameh Yaghoobifarah Premiere. Regisseurin Shari Asha Crosson greift in ihrer Inszenierung Strukturen und Elemente von Reality-Dating-Shows wie „Princess Charming“ auf. Diese Formate nutzen symbolisch die Treppe als hierarchischen Entscheidungsraum für die Auswahl (hopp oder flopp) aus dem Teilnehmer*innen-Pool. Dabei spielen gesellschaftlich geprägte Normen, Werte, Geschlechterbilder sowie Vermarktungsinteressen und Oberflächlichkeit eine wesentliche Rolle.
Karikatur und Dekonstruktion gesellschaftlicher Rollenbilder
Mit Karikatur und Dekonstruktion wird in „Schwindel“ auf einer eindrucksvollen Bühnenkonstruktion (eine knallpinke Treppe und ein drehbares, hellgelbes Gerüst in Herzform) humorvoll und ironisch die Thematik von Begierde, Liebe, Sehnsüchten, Körperbewusstsein, Unsicherheit, Verlust- und Bindungsängsten in all ihrer Komplexität dargestellt. Der Plot dreht sich um vier queere Personen unterschiedlichen Alters, die sich im Gefühlschaos fragen, was wirklich zählt.
Ava (Akasha Daley) hat im 15. Stockwerk ihrer Wohnung ein heißes Date mit Robin (Fabienne-Deniz Hammer). Plötzlich stören zwei ihrer ehemaligen Liebhaber*innen, Delia (Rabea Lüthi, Gast) und Silvia (Antje Prust), die Szene: Delia möchte nur ihr vergessenes Handy abholen, während Silvia verärgert ist, weil Ava seit Wochen nicht auf ihre Nachrichten reagiert hat. Die überforderte Ava flieht ohne Schlüssel und Smartphone, verfolgt von den drei anderen, aufs Dach. In schwindelerregender Höhe und nahe am Abgrund sitzen die Vier schließlich fest – mit all ihren emotionalen Konflikten.
Die Schauspieler*innen versetzten sich eindrucksvoll und mit großer Spielfreude in die unterschiedlichen Charaktere. Die scheinbar beziehungsunkomplizierte Ava leidet in Wahrheit unter Verlustängsten, Robin tut cool und selbstsicher, während die jüngste, Delia, noch etwas unsicher ist, aber klare Ansagen macht. Die älteste, Silvia, fürchtet besonders, von der jüngeren Partnerin verlassen zu werden.
Auch körperlich forderte die Inszenierung den Darsteller*innen einiges ab. Die Erzählerin (die Regisseurin selbst) kommentierte das Geschehen humorvoll und ironisch. Die Herzkonstruktion diente zudem als sinnliche Projektionsfläche, und Musik spielte eine tragende Rolle, indem sie die emotionale Ebene der Szenen unterstützte.
Ein erfrischender, oft derber und direkter Beitrag der jungen Theatergeneration, der einen differenzierten Diskurs um Queerness, den politischen Körper und menschliche Beziehungen anstößt. Weitere Aufführungstermine finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231/50 27 222.