Die Liebessorgen und-nöte der 40jährigen ist das Thema der Komödie „Die Tür nebenan“ von Fabrice Roger-Lacan. Premiere hat das Stück in Dortmund am 27. Januar 2024 im Kino im U. Spielt wird es von Michael Kamp und Monika Bujinski, beide vom Theater austropott.
Zum Stück: Eigentlich stehen beide Hauptpersonen mit beiden Beinen im Leben. Er arbeitet in der Werbebranche, sie ist Psychologin. Das Problem: Sie wohnen Tür an Tür, aber können sich nicht leiden, zumal sie völlig unterschiedlich ticken. Also komplett das Gegenteil von gleich und gleich gesellt sich gern. Ihre wahre Liebe suchen sie im Internet. Wer erfahren möchte, wie sie doch zueinanderfinden, sollte sich ein Ticket für die Vorstellungen von „Die Tür nebenan“ besorgen.
Haben sich wegen Kleinigkeiten in den Haaren: Monika Bujinski (Sie) und Michael Kamp (Er). (Foto: (c) austropott)
Das Stück von Roger-Lacan passt perfekt in das Beuteschema von austropott. „Es ist für zwei Personen, es ist eine gelungene, nicht zu platte Komödie und die Leute können sich damit identifizieren“, erklärte Michael Kamp. Auch der Grund, warum es wieder eine französische Komödie ist, hatte er eine Antwort parat: „Die Franzosen haben mehr Esprit“, so der Schauspieler.
Friedrich Schillers Drama „Maria Stuart“ hatte unter dem Titel „Queens“ unter der Regie von Jessica Weisskirchenam 12. Januar 2024 Premiere im Studio des Schauspielhauses. Und wie es sich zu einem Studiostück gehört, erlebten die Zuschauer eine komprimierte Fassung, die kammerspielartig das Drama auf die beiden Hauptpersonen konzentriert. Schließlich ging es beim Kampf zwischen der beiden Königinnen Elizabeth und Mary auch um den weiblichen Umgang mit Macht in gefährlichen Zeiten.
Auf der Bühne war die Farbe Rot dominierend. [Edit: Im ersten Text stand irgendetwas von einem Baum, dabei war es eine Gebärmutter, aus der die beiden Königinnen hervorkamen. da habe ich in Anatomie schlichtweg nicht aufgepasst. Mea culpa.] Doch ihr Leben verlief in verschiedene Richtungen. Zwar war Mary Königin von Schottland und Frankreich, aber da gehörte ein Ex- davor. Zudem war sie katholisch erzogen worden und das gefiel der englischen Königin Elizabeth überhaupt nicht. Mary versuchte ihren Anspruch auf den englischen Thron geltend zu machen, denn Elisabeth war die Tochter der zweiten Ehefrau von Heinrich dem VIII., Anne Boleyn, die nach katholischer Lesart ungültig war. Diese Bedrohung durch Mary war für Elizabeth zu gefährlich. Mit tödlichen Konsequenzen für Mary.
Marlena Keil (Mary) und Linda Elsner (Elizabeth) – zwei Königinnen im Kampf um Macht und Einfluss. (Foto: (c) Birigt Hupfeld)
Die Nebenfiguren haben im Gegensatz zu Schillers Drama in „Queens“ keinen großen Raum. Ekkehard Freye und Lukas Beeler spielen die unterschiedlichen Figuren durchaus mit Witz. Wobei der Auftritt von Beeler bemerkenswert war, denn er war erst einen Tag für den erkrankten Viet Ahn Alexander Tran eingesprungen.
In „Queens“ gibt es auch wie in antiken griechischen Stücken einen Chor. Nämlich den „Chor der toten Königinnen“, der das Stück kommentierend begleitet. Bestehend aus Mitgliedern des Dortmunder Sprechchors waren sie entsprechend wie „Untote“ maskiert und sorgten für einen gewissen Grusel.
Der Fokus lag auf die beiden Königinnen. Linda Elsner (Elizabeth) und Marlena Keil (Mary) lieferten sich erbitterte Duelle, die ihren Höhepunkt beim gemeinsamen Treffen im Park fand. Eine tolle Leistung beider Schauspielerinnen.
Vielleicht war die Gebärmutter ein wenig wuchtig für das kleine Studio, aber es war sehr beeindruckend, wenn er gefährlich rot glühte. Von daher auch ein Lob an den Ausstatter Günter Hans Wolf Lemke.
Sind Frauen die besseren Herrscherinnen? Gäbe es ohne sie keine Kriege, Not und Elend? Mary scheint es zu glauben, denn „Eine Königin ohne König ist gar nicht. Aber eine Königin mit einer anderen Königin ist alles.“ Auch Elizabeth ist hoffnungsvoll“ Gemeinsam können wir diese Welt erheben, die nur Blut kennt, Kampf und Mord.“ Das wäre mit Sicherheit ein schöner Gedanke, doch auch Frauen sind anscheinend nicht besser, denken wir an Marie LePen oder an Giorgia Meloni, die Vorsitzende der italienischen Postfaschisten.
Auch Elizabeth muss sich letztlich entscheiden, eine gefährliche Gegenspielerin auszuschalten, die eine Bedrohung für ihre Macht sein könnte. Da scheinen Frauen nicht anders zu ticken als Männer.
2024 fängt für das Dortmunder Kulturleben mit einer schlechten Nachricht an: Rolf Dennemann, der Kopf und Macher von artscenico ist in der Nacht vom 05. auf den 06. Januar 2024 gestorben.
Natürlich hatte unser Kulturblog schon früh seine Fühler nach Rolf und artscenico ausgestreckt. Der erste Beitrag über ihn war noch im Rahmen der Vorstellung des Programms der Museumsnacht 2013. Damals berichtete meine Frau noch über eine Performance in den Katakomben des Dortmunder U unter dem Titel „Lost in Culture“.
Danach sahen Rolf und ich uns regelmäßig bei Pressekonferenzen, zunächst überwiegend im Theater im Depot, in denen Performances wie „Missing Links“ oder „Die Messe“ stattfanden. Für manche (zu) ungewöhnlich, mich haben diese Performances immer wieder fasziniert. Ich erfuhr auch, wie tief er in der Dortmunder Kulturszene verwurzelt war.
Was Rolf und artscenico ausmachten, war, dass sie auch immer in die Stadtgesellschaft hineingingen. Das „Tal der fliegenden Messer“ sowie der Nachfolger „Juckpulver und Hagebuttentee“ fanden in einem Hinterhof der Missundestraße statt, für „Alice“ wurde der Fredenbaumpark zum Wunderland und Rolf zeigte auch, dass Kultur auf Friedhöfen sich nicht ausschließen.
Nicht zu vergessen, durch Rolf habe ich bemerkenswerte SchauspielerInnen wie Elisabeth Pleß, Thomas Kemper, Chino Monagas oder Cynthia Scholz kennengelernt.
Vom Depot zur Nordstadt über den Hauptfriedhof bis hin zum Haus Schulte-Witten: Unsere Wege haben sich oft gekreuzt und ich war immer gespannt, was Rolf sich wieder hat einfallen lassen. ars tremonia dankt dir für all diese Erfahrungen.
Geierabend 2024 – Barbie, Taylor Swift und Waltrop
Was haben die Begriffe Barbie, Taylor Swift und Waltrop miteinander zu tun? Nun, sie waren Themen beim Geierabend 2024, der etwas früher, nämlich am 28. Dezember 2023 seine Premiere auf Zeche Zollern in Dortmund-Bövinghausen feierte.
So schnell geht ein Jahr herum, war es nicht erst gestern, dass wir bei der Geierabend-Premiere waren. Egal, fetzig geht’s los mit der Motto-Musik der diesjährigen Session „Stadt, Land, Pott“. Die altbewährte Mischung von Sketchen und Musik funktioniert wie immer, auch wenn die erste Nummer „Prada und Pedigree“ über Reiche und ihre Hunde in meinen Augen noch nicht so richtig zündet, nimmt der Geierabend langsam, aber sicher an Fahrt auf.
Kurze Session: Der Geierabend 2024 geht nur bis zum 13. Februar 2024. (Foto: (c) Anja Cord)
Das liegt daran, dass einige neuere Figuren wie „Die Experten“ schon einen gewissen Kultstatus erarbeitet haben und die Stimmung im Saal nach oben treiben können.
Vor allem beim zweiten Teil ging so richtig die Post auffe Zeche ab. „Hartmut“ schob Maskottchenfrust, eine Reviergeschichtsstunde über den Kohlefund Anno 1536, ein Tuppermusical oder die „Heckenfreunde Huckarde“ (Motto: Liberté, Egalité, Huckardé) mit Hanfanbauproblemen: Die Besucher waren aus dem Häuschen.
Selbstredend durfte auch Klassiker wie „Nikki und Oppa“ nicht fehlen, die neuen „2 vonne Süd“ oder die alleinerziehende „Jessica Schmottke“.
Stark ist der Geierabend immer dann, wenn er aktuelle Themen auf‘s Korn nimmt. Die Flüchtlingskrise wird sehr böse abgehandelt, die Situation der LieferdienstfahrerInnen wird angesprochen oder die Frage gestellt, was macht die Künstliche Intelligenz im Urlaub? Beim letzteren Sketch übrigens ein großes Sonderlob an die Kostümbildnerin.
Der Präsident und der Steiger (Foto: (c) Anja Cord) „Die Experten durften auch nicht fehlen.(Foto: (c) Anja Cord)Für Taylor Swift gab’s ne Ampel in Gelsenkirchen. (Foto: (c) Anja Cord)Auch die Künstliche Intelligenz braucht mal Urlaub. (Foto: (c) Anja Cord)Der legendäre erste Kohlefund neu erzählt. (Foto: (c) Anja Cord)„Die Zwei vonne Süd“ reden nicht gerne über einen bestimmten TAg im Mai.(Foto: (c) Anja Cord)Als Ersatz für“Starlight Express“ das Tuppermusical. (Foto: (c) Anja Cord)
Die musikalischen Beträge konnten ebenfalls gefallen, waren passend und zeugten von der großen Musikalität des Ensembles und der Band.
Und was hat es mit Barbie, Taylor Swift und Waltrop jetzt auf sich? Natürlich konnte der Geierabend den jüngsten Erfolgsfilm über die – mittlerweile feministisch gelesene – Plastikpuppe nicht ignorieren und schickte sie mit Ken zu ihrem Vorbild in den Pott. Taylor Swift tritt 2024 ausgerechnet in Gelsenkirchen auf, was natürlich nicht unkommentiert blieb. Und Waltrop ist die „Partnerstadt“ des Geierabends 2024.
Selbstverständlich wurden auch die beiden Nominierten für den Pannekopp-Orden vorgestellt: Zu Wahl standen Der NABU für die konsequente Verhinderung eines Radweges auf einer stillgelegten Zechenbahntrasse und Siegfried Russwurm, der BDI-Chef, der mit seiner Idee, den Aufsichtsrat bei Thyssen-Krupp von drei auf fünf aufzublähen. Am Premierenabend gewann übrigens Russwurm.
Auch für 2024 gilt: Der Geierabend ist Pflichtprogramm für Dortmunder und darüber hinaus. Das Ensemble um den Präsidenten Roman Marczewski und dem Steiger Martin Kaysh lieferten wie gewohnt Qualität ab. Was anderes wird im Ruhrpott auch nicht erwartet. Sandra Schmitz, Angelo Enghausen-Micaela, Silvia Holzhäuser und Sebastian Thrun sorgten unter der Regie von Björn Jung für 3 ½ Stunden gute Laune.
A Christmas Carol – Dickens in der verzauberten Backstube
Seit nun schon über 15 Jahren wird eine spezielle Variante der Weihnachtsgeschichte „A Christmas Carol“ nach dem Roman von Charles Dickens (1812 – 1870) im Theater im Depot (Dortmund) auf die Bühne gebraucht. Regie führt dabei Thos Renneberg.
Am 16.12.2023 hatte das Publikum wieder die Möglichkeit, das besondere Kultstück um den vergrämten Geizkragen und reichen Geldverleiher Ebenezer Scrooge dort zu erleben. Wie vielen Menschen bekannt, ist der Kaufmann Scrooge rücksichtslos gegenüber Schuldnern, Angestellten, Verwandten, Kindern und auch zur Weihnachtszeit verbittert und kaltherzig. Durch den Einfluss von drei Geistererscheinungen, die ihm seine Vergangenheit, Gegenwart und trübe Zukunft vor Augen führen, wird er allmählich geläutert…
Bei dieser außergewöhnlichen Inszenierung wird der Klassiker humorvoll mit Herz und viel Fantasie „gegenwärtig“ von vier Bäcker*innen in ihrer verzauberten Backstube auf der Bühne erzählt.
Die vier wunderbar aufeinander eingespielten Darsteller*innen sind Cordula Hein, Jörg Hentschel, Thomas Kemper und Sandra Wickenburg.
Für eine heimelige Atmosphäre sorgt der Backofen und der entsprechende Backgeruch.
Die vier Protagonist schlüpfen nicht nur in verschiedene Rollen, sondern nutzen alle Requisiten (variable kleine Schränke auf Rollen, Lastenschieber, Eimer, Handpuppe) aber vor allem den Plätzchenteig ausdrucksstark und flexibel.
Neben dem bewegungsintensiven Spiel wird zwischendurch immer wieder nach dem Weckerklingeln auf die live gebackenen Plätzchen mit einem Aufschrei „Die Plätzchen“ geachtet.
Aus dem großen Dickens Romanbuch bekommt das Publikum nebenbei auch einzelne Abschnitte vorgelesen.
Mit viel Spielfreude und körperbezogenen Slapstick-Elementen wurden die Gefühlslagen „plastisch“ anschaulich auf die Bühne gebracht. Die Aufführung war für die beteiligten Personen physisch höchst anstrengend. Neben ihren komisch-ironischen Schauspieltalent konnten sie sich auch bewegungstechnisch voll austoben. Das Geschehen wurde musikalisch einfühlsam untermalt.
Der ernste Hintergrund mit der Frage nach sozialer Verantwortung und Werten einer Gesellschaft sind von zeitloser Aktualität.
Am Ende durften die gebackenen Plätzchen wie immer von allen Anwesenden probiert werden.
Bis zum Sonntag, den 26.12.2023 gibt es noch ein paar Termine, diese Inszenierung in der Originalbesetzung zu genießen.
Jörg Hentschel und Thomas Kemper verabschieden sich nach dieser Saison schweren Herzens aus dem Kultstück. Verständlich wegen der körperlichen Anforderung. Ein bisschen Wehmut ist jedoch mit dabei.
Das NEINhorn in der Jungen Oper
Im Foyer des Dortmunder Opernhauses hatte „Das NEINhorn“ (eine Mobile Oper von Michael Essl, Libretto: Pamela Dürr) nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Marc-Uwe Kling am 13.12.2023 seine Uraufführung.
Dieses Auftragswerk (hiesige Oper) unter der von Regie Kristina Stahl wurde von den Ensemble-Mitgliedern der Jungen Oper Cosima Büsing (NEINhorn), Wendy Krikken und Franz Schilling (beide in mehreren Rollen) stimmgewaltig sowie bewegungsintensiv mit Leben erfüllt. Mit viel kindlicher Spielfreude brachten die Drei ihr junges Publikum (ab 4 Jahre) auf ihren Kissen zum Mitfiebern und lachen. Sie wurden am Ende auch zur Unterstützung in die Geschichte einbezogen. Das Geschehen wurde durch die sensible musikalische Leitung (Koji Ishizaka) begleitet.
Wendy Krikken, Cosima Büsing und Franz Schilling. Foto: (c) Björn Hickmann
Die Regisseurin war zudem für die „flauschige“ Bühnen sowie Puppengestaltung (Hund und Waschbär) sowie die passenden Kostüme verantwortlich.
Es geht um ein „trotziges“ junges Einhorn, dass sich von seiner schnuckeligen-süßen und flauschigen Herzwald-Welt (das alle Kinderträume zu erfüllen scheint) in das Nirgends verabschiedet und seine Ruhe sowie Freiheit haben möchte. Auf seiner Reise trifft es einen Waschbären (WASbär), der nicht richtig zuhört, einem Hund (NAhund), den nichts aus der Ruhe bringt und einer Königstochter (KönigsDOCHter), die ständig Widerworte gibt. Nachdem die Königstochter trotz der unterschiedlichen Persönlichkeiten gemeinsam befreit wurde, können alle zusammen herrlich bockig sein…
Seine eigene Persönlichkeit zu entfalten, Grenzen ausloten und sich mit anderen Individuen auseinandersetzen sind wichtig für den weiteren Lebensweg.
Die Musiktheatervermittlung lag in der Hand von Kristina Senne.
Das Opernfoyer bot einen intimen Rahmen, und die Kinder waren sehr nah am Geschehen. So werden auch später Berührungsängste zur Oper abgebaut.
Interessant war, diese Version für die Junge Oper im Vergleich zur Theaterversion im Fletch Bizzel (05.09.2022) zu erleben. Die zusätzliche Kraft des Gesangs und der Musik in der Oper auf der einen, und die schauspielerische Energie plus zeichnerische Begleitung auf der Leinwand im Theater auf der anderen Seite.
Infos zu weiteren Vorstellungterminen im Opernfoyer erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222 Für die Buchung der mobilen Vorstellungen wenden Sie sich bitte an das Team der Musiktheatervermittlung: jungeoper@theaterdo.de
Eine mitreißende wahrhafte Gute-Laune-Show.
I wanna be loved by you – von Shari Asha Crosson
Es ist ein empowerndes. kurzweiliges und stürmisches Spektakel über Gefühle, des Zusammenfindens und -seins, Musik und das Finden neuer Lebensformen und Identitäten.
Das Stück ist ansteckend mit seiner Energie, seiner Kraft und seiner Lebensfreude. Es ist Black Female Queer Power. Aber nicht nur, denn es ist durchaus auf uns alle übertragbar, egal of lesbisch, gay, hetero, trans, etc.
Die beiden Schauspieler*innen. Akasha Daley und Dena Abay, präsentierten dem Publikum ein lustvolles Mash Up aus popkulturellen Zitaten, Poesie. Musik und Tanz. Die beiden Multitalente Abay und Daley lassen nicht nur gekonnt die Emotionen der Frauen über ihre Gesichter und Körper (Körpersprache) huschen. Sie erheben auch den unfertigen Satz, den die jeweils andere weiterführt, zur Kunstform und tanzen in den kraftvollen Choreografien von Willie Stark Glück und Wut heraus.
Jung, lesbisch, Schwarz sucht… Wir alle lernten und lernen zu lieben, denn wir üben miteinander, an uns selbst, in allen Arten von Beziehungen. Die Stars unserer Zeit, besonders auf Instagram, wie zuvor die Yellow Press, leben uns vermeintlich vor, oder auch nicht, wie das geht und wir genießen es, sie scheitern zu sehen. Das Leid der Anderen ist eine pervertierte Lust am Scheitern. Mit unserem Lernen zu Lieben, wiederholen wir die Muster von Intimität und Schmerz, die viele von uns beim Aufwachsen vor allem in einem rassistischen und heteropatriarchalen Umfeld erfahren haben. Was wir dabei leicht vergessen: Beziehung ist Verhandlungssache und Liebe ist (k)eine endliche Ressource.
Dena Abay und Akasha Daley in „I wanna be loved“ (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Radikal, denn Audre Lorde hat uns gelehrt, dass Wut voller Informationen und Energie steckt, und zärtlich, denn Shari Asha Crosson inszeniert mit Akasha Daley und Dena Abay eine humorvolle Liebeserklärung an die unendlichen Möglichkeiten des queeren Zusammenseins. Aber nicht des queeren alleine! Es ist auch nicht typisch lesbisch, es kann auch auf das schwule Lieben lernen bezogen werden! Die beiden Protagonist*innen arbeiten an einer Neuordnung und Überschreibung ihrer erlernten Beziehungsmuster und lernen, dass die Sorge um uns selbst keine Selbstverliebtheit ist, sondern ein Akt des politischen aber auch persönlichen Widerstands.
I wanna be loved by you ist Shari Asha Crossons vierte Regiearbeit und ist ihr überaus gelungenes Debüt am Schauspiel Dortmund, nach ihren erfolgreichen Inszenierungen Mermaids und I wanna be a Boi Band in Oberhausen.
Das Stück ist emotional, mitreißend, mit tollen R&B-Songs und irrwitzigen Kostümen, das gerade mal einstündige Stück von Shari Asha Crosson, bietet eine Wahnsinns-Gute-Laune-Show. (Okay Wiederholung!, nur es war so). Aber nicht nur das: Unter der unterhaltsamen Oberfläche stecken sehr fein empfundene und genial gespielte Szenen einer Beziehung, egal welcher Orientierung.
Mit der Musik von Beyoncé, Faith Evans, Missy Elliott oder der Gesangs-Ikone Nina Simone wird ein Gesamtkunstwerk daraus, bei dem es bei der Uraufführung Freitagabend die Zuschauer und Zuschauerinnen kaum auf den Stühlen hielt.
Bitte selber schauen … und … Hingehen!
Mit Akasha Daley, Dena Abay
Regie, Sound & Konzept Shari Asha Crosson
Bühne Marian Nketiah
Kostüme Lorena Ayleen Diaz Stephens
Choreografie Willie Stark
Dramaturgie Jasco Viefhuess
Theatervermittlung Sarah Jasinszczak
Licht Markus Fuchs
Ton Robin Lockhardt
Regieassistenz Karl Georg Gierth
Ausstattungsassistenz Sandra Kania
Inspizienz Christoph Öhl
Soufflage Klara Brand
Eine humorvoll-satirische Adventslesung mit musikalischer Begleitung
Das konnte das Publikum am 02.12.2023 im Institut des Dortmunder Schauspielhauses unter dem Motto „Alle Jahre wieder…“ erleben.
Atmosphärisch-kulinarisch abgerundet wurde das Erlebnis mit frischen Waffeln. Auch die kleine Bühne war gemütlich weihnachtlich-festlich eingerichtet.
Thomas Ehrlichmann und Annika Hauffe auf dem Schlitten mit Raphael Westermeier und Lukas Beeler. (Foto: (c) Lisa Bunse)
Die Schauspieler Raphael Westermeier und Lukas Beeler vom hiesigen Schauspielensemble ließen den „vorweihnachtlichen Wahnsinn“ mit seinen Überforderungen, Ritualen, Erwartungen, Stress, übervollen Städten, Weihnachtsmärkten und Arztpraxen mit Texten von Kurt Tucholsky bis Loriot mit humorvoller-Ironie lebendig werden. Besonders bei Loriots „Der Familienbenutzer- vielleicht weglassen?“ und „Uff Ächz schnief hust“ (Sandra Da Vina) konnten sie ihr schauspielerisches Können gut ausspielen.
Drei passend ausgesuchten Songs mit einem ironischen Augenzwinkern von Thomas Ehrlichmann und Annika Hauffe vom KJT Dortmund sorgten für gute Laune. Eine gelungen Crossover-Zusammenarbeit und gelungene Vor-Advents-Veranstaltung. Das Publikum ging mit guter Stimmung in den frühen Abend.
Gelegenheit, diese Adventslesung mit Musik zu erleben gibt es noch am Sonntag, den 10.12.2023 um 15:00 Uhr im Institut (Schauspiel Dortmund).
Karten und Infos erhalten Sie wie immer über www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222 eventuell an der Kasse des Schauspielhauses.
Beyond gravity – das zweite Wochenende
Vom 24.11. bis zum 26.11. wurden wieder im Theater im Depot und in der Akademie für Theater und Digitalität die VR-Brillen aufgesetzt und die ZuschauerInnen in virtuelle Welten geschickt.
Am Freitag erlebte ich ein Doppelprogramm mit „Touching clouds“ (akademie) und „Bodies under Influence“ (Depot). In „Touching Clouds“von Norbert Pape und Simon Speiser gelangte ich in eine Welt, die gefüllt war mit Objekten wie Steinen, Tarotkarten oder merkwürdigen Pflanzen, die eine Aktion ausführten und/oder eine Sounddatei abspielten. So ging ich auf Entdeckungstour durch eine magisch anmutende Welt. Die anderen BesucherInnen waren in einem schemenhaften Schwarz-Weiß zu erkennen, so dass wir uns nicht gegenseitig über den Haufen liefen.
„Bodies under Influence“ von Fernanda Ortiz war eine außergewöhnliche Tanzperformance. Mit VR-Brillen ausgestattet wurden wir in eine futuristische Welt entführt. Dort tanzte ein menschlich aussehendes Wesen, dass sich aber immer in eine Symbiose mit der Natur und anderen Lebewesen hineinwächst. Sidn unsere Avatare zunächst ohne Gliedmaßen, so „bekommen“ wir später Hände, mit denen wir eine kleine blaue Kugel steuern können. Ein tolles Erlebnis!
Zum Schluss sah ich mir am Samstag noch „Get real“ an. Hier wurden wir zunächst in Paare eingeteilt. Ich begann mit meiner Reise in die virtuelle Welt. Es begann mit einer Raumerkundung und ging dann weiter auf eine Art Platz, auf dem zu Technomusik getanzt werden konnte. Es konnte Kontakt zu den anderen Avataren aufgenommen werden oder einfach der Raum erkundet werden. Es war irre, einfach mal durch einen der Pfeiler zu fahren. Gegen Ende haben die Partner, die die ganze Zeit auf einem Stuhl saßen, die anderen „abgeholt“. Dann wurden die Plätze getauscht.
Gesamtes Fazit: Insgesamt habe ich in den zwei Wochen wirklich spannende, aufregende und innovative Formate erlebt. Dabei stehen wir bei diesen Technologien sicher noch am Anfang und die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft. Ich hoffe auch, dass das Festival einen festen Platz in Dortmunds Kulturkalender findet und ich die Entwicklung von Theater und Digitalität weiter verfolgen kann.
Dortmunder Deklamationen – Dada in Dortmund lebt (noch)
Am 23. November 2023 fanden im Theater Fletch Bizzel die zweiten Dortmunder Deklamationen statt. Sie wurden organisiert und von der Dortmunder Dada-Gruppe DADADO. Es gab für die BesucherInnen Wort- und Musikbeiträge der besonderen Art.
Den Beginn machte das Mitch Heinrich Quartett dessen Performance ein wenig an Free Jazz erinnerte. Hans-Ulrich Heuser war der erste, der mit seinen Wortbeiträgen an die große Dada-Kultur von vor 100 Jahren anknüpfte. Was kaum in Dortmund bekannt ist: auf dem Südwestfriedhof liegt mit Richard Hülsenbeck ein Mitbegründer des Dadaismus begraben. Ellen Widmaier und Guido Schlösser kombinierten Text und Musik. Die Texte von Widmaier, beeinflusst durch konkrete Poesie, wurden durch die musikalische Begleitung von Schlösser interessant gestaltet. Calvin Kleemann zeigte mit seinen Beitrag das auch Poetry Slam in Richtung Dada gehen kann.
Danach wurde das Publikum involviert, denn Christiane Köhne alias Adda veranstaltete ein Quiz zum Thema Dada. Es musste erraten werden, von welchem Dadaisten die vorgelesenen Zitate stammten. Selbst für die Experten war das Quiz schon eine harte Nuss. Nach einem weiteren musikalischen Beitrag präsentierten Thomas Kade und Michael Heinrich wieder dadaistische Wortbeiträge, bis die Dortmunder Deklamationen nach einem weiteren Musikbeitrag feierlich durch Dieter Gawol alias A.Dièga beendet wurden.
Was auffällt: Wenn Dada in Dortmund eine Zukunft haben soll, muss an einer Verjüngungskur (Publikum und AkteurInnen) gearbeitet werden. Mit Calvin Kleemann ist DADADO sicherlich auf einem guten Weg, der aber weiter beschritten werden sollte.