Don Giovanni im 21. Jahrhundert
Don Juan, auf Italienisch Don Giovanni, ist seit Jahrhunderten eine faszinierende Figur unseres kulturellen Erbes. Mit seinem Charme und seinem Erfolg bei Frauen hat er Menschen in verschiedenen Epochen in seinen Bann gezogen. Doch Don Giovanni ist auch eine Figur, die durch ihre rücksichtslos egozentrische Natur und moralischen Grenzüberschreitungen verstört. Mit skrupelloser Manipulation, Verführung und sogar Gewalt setzt er sich über alle Grenzen hinweg.
W.A. Mozarts weltberühmte Oper „Don Giovanni“, von ihm selbst als „dramma giocoso“ (komische Oper) bezeichnet, brachte diese vielschichtige Figur auf die Opernbühne. Das Libretto von Lorenzo Da Ponte verbindet Humor mit tiefen Emotionen und ernsthaften Themen. In den Partituren finden sich sowohl Leichtigkeit als auch dramatische Intensität.
Die neue Inszenierung der Oper, unter der Regie von Ilaria Lanzino, feierte am 18. Januar 2025 im Opernhaus Dortmund Premiere. Lanzino transportiert die zeitlose Figur Don Giovannis in unsere Gegenwart und beleuchtet dabei auch aktuelle gesellschaftliche Fragen.
Drei Generationen Frauen und ein zeitloser Verführer
Musikalisch wurde die Aufführung souverän von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von George Petrou begleitet. Ergänzt wurde die Produktion durch die Statisterie Theater Dortmund und den Opernchor unter der Leitung von Fabio Mancini.
Die Rolle des Don Giovanni wurde eindrucksvoll von Denis Velev verkörpert, der mit starker Stimme und einer gelungenen Mischung aus Charme und komödiantischem Talent überzeugte. Sein Diener Leporello, gespielt von Ks. Morgan Moody, stand ihm in Sachen Bühnenpräsenz in nichts nach. Während Don Giovanni in einer charakteristischen Kostümierung auftrat, trugen die anderen Figuren zeitgenössische Kleidung, die den Brückenschlag zur Moderne unterstrich.
Ein zentrales Thema der Inszenierung waren die drei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, die alle auf ihre Weise Opfer von Don Giovannis Taten wurden:
- Zerlina (Sooyon Lee), die junge und unerfahrene Bauernbraut, steckt in einer komplizierten Beziehung mit ihrem eifersüchtigen Bräutigam Masetto (Daegyun Jeong). Ihre Naivität macht sie anfällig für Don Giovannis Verführungskünste.
- Donna Anna (Anna Sohn), eine etwa 35-jährige Frau und junge Mutter, entgeht zu Beginn des Stücks nur knapp einer Vergewaltigung durch Don Giovanni. Ihr Vater, der Komtur (beeindruckend verkörpert von Artyom Wasnetsov), wird bei dem Versuch, sie zu retten, getötet. In ihrer langjährigen Beziehung zu Don Ottavio (Sungho Kim) fehlt ihr der emotionale Halt, den sie als junge Ehefrau und Mutter dringend bräuchte.
- Donna Elvira (Tanja Christine Kuhn), Don Giovannis verlassene Ex-Frau, steht mit ihren rund 60 Jahren für eine Frau, die oft von der Gesellschaft als „nicht mehr begehrenswert“ wahrgenommen wird. Doch ihre Entschlossenheit zur Rache zeigt ihre innere Stärke.
Ein besonderes Highlight der Inszenierung war das Ende, bei dem die Frauen gemeinsam als Medusa, einer mythologischen Figur, die selbst Opfer einer Vergewaltigung war und zur Rächerin wurde, auftraten. Die Statue von Medusa, symbolisiert durch die Stimme des Komturs, bildete eine beeindruckende Schlussszene. Don Giovanni, der bis zuletzt uneinsichtig und ungerührt blieb, wurde schließlich in die Hölle gestoßen.
Moderne Akzente und zeitlose Themen
Besonders eindrucksvoll waren die flackernden Leuchtröhren, die während des Höllensturzes eine spannungsvolle und furchteinflößende Atmosphäre schufen. Zudem verdeutlichte die Inszenierung, etwa im anonymen Rahmen des Maskenballs, auch die verborgenen Sehnsüchte und das Machtspiel zwischen den Figuren.
Die musikalischen Leistungen aller Beteiligten – von Solist*innen bis zum Opernchor – begeisterten das Publikum und verliehen Mozarts Werk eine moderne Strahlkraft.
Weitere Aufführungstermine und Informationen finden Sie unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter Tel.: 50 27 222.