Archiv der Kategorie: Literatur

Kriminalroman im Milieu von Kunst und Kunstfälschern

Thomas Salzmann (1960 in Pirmasens geboren, lebt heute im Mettmann) studierte ursprünglich Betriebswirtschaft und arbeitete danach längere Zeit in der Industrie. Seit fünf Jahren widmet er sich nun dem Schreiben.

Mit seinem Debütkrimi „Kohlenwäsche“ schickt er die Leser*innen sowie seine Protagonistin Hauptkommissarin Frederike Stier mitten ins Ruhrgebiet in einem Fall aus der Kunstszene, mit dubiosen Galeristen, Kunstberatern und Händlern, exzentrischen Künstlern und Sammlern.

Auf der Zeche Zollverein in Essen wird der Aktionskünstler Claude Freistein kurz vor dortigen Ausstellungseröffnung tot am Aufgang zur ehemaligen „Kohlenwäsche“ (eine Anlage zur Trennung von geförderter Kohle in verschiedene Qualitäten sowie störenden Bestandteilen) tot aufgefunden.

Aufregung in der Essener Kunstszene: "Kohlenwäsche" von Thomas Salzmann. (Cover: © emons Verlag)
Aufregung in der Essener Kunstszene: „Kohlenwäsche“ von Thomas Salzmann. (Cover: © emons Verlag) ISBN 978-3-7408-0675-0, (i4)_(0675-0) ebook: 978-3-96041-558-9, (e2)_(558-9)

Da kurz darauf auch sein Agent auf die gleiche Weise ermordet wird, ist die Aufregung in der Essener Kunstszene groß. Hauptkommissarin Frederike Stier sucht fieberhaft nach einem Motiv im Umfeld von Kunsthändlern und zwielichtigen Sammlern. Am Ende kommt sie dem Täter näher, als ihr lieb ist…

Die forsch auftretende Protagonistin Frederike Stier ist nicht nur durch Traumata aus der Vergangenheit, sondern auch durch ihre angeschlagene Gesundheit in Mitleidenschaft gezogen.

Außerdem droht ihr durch ihren Vorgesetzten der vorzeitige Ruhestand. Ihre Arbeit gibt der verwitwete Frau neben ihren Zigarettenkonsum, ihrer Lieblingsmusik und guten Wein zur Zeit den einzigen Sinn und Struktur in ihrem Leben.

Salzmann gelingt es mit viel Sensibilität, dass Bild einer kämpferisch-starken, manchmal auch sturen Frau zu zeichnen, mit der sich manche Leserin in ähnlicher Lage identifizieren kann.

Ihr zu Seite stellt er als Gegenpol den jungen Kollegen Kowalczyk. Der ist ein optimistischer Mensch, der jung verheiratet ist und gerade Vater wird. Er ist loyal, aber auch darauf bedacht, seine Karriere nicht zu gefährden.

Wer psychologisch gut heraus gearbeitete Charaktere und einen Krimi mit steigendem Spannungsbogen mag, kommt bei „Kohlenwäsche“ auf seine Kosten.

Historische Einblicke in die Vergangenheit der „Zeche Zollverein“ gibt es obendrein. Der Deutsche Zollverein (der Name der Zeche ist daran angelehnt) kämpfte unter anderem damals gegen die bestehenden Zollgrenzen im Staatenbund aus vierzig Mitgliedern. Ein aktueller Aspekt mit einer kleinen politischen Spitze angesichts der nationalistischen, isolationistischen Bestrebungen einiger Staaten in unserer Zeit.

Ein spannendes Krimidebüt mit Ironie, trockenem Humor und Tiefgang.

Thomas Salzmann
Kohlenwäsche
Broschur
Köln: Emons Verlag 2019 ISBN: 978-3-7408-0675-0 336 Seiten
€ (D) 11,90 € (A) 12,30

Showdown bei Lucie Flebbes Jenseits-Trilogie

Nach „Jenseits von Wut“ und „Jenseits von Schwarz“ ist nun unter dem Titel „Jenseits von tot“ der mit Spannung erwartetet dritte und letzte Teil der Kriminalroman-Trilogie von Lucie Flebbe erschienen.

Die Protagonisten sind wieder die Teilzeitpolizistin Edith „Eddie“ Beelitz und ihr Freund Jo, genannt „Zombie“. Beide leben inzwischen mit ihrer kleinen Tochter Lottti und den beiden Töchtern des selbständigen Security-Unternehmers (Zombie) zusammen. Während Eddie nach ihrer Scheidung von (noch) Ehemann Philipp in ihrem Beruf ständig neu durchsetzen muss, kämpft Zombie immer noch mit dem Umgang mit seiner Aggression. Tiefsitzende Wunden aus der Vergangenheit belasten ihn. Als eine Frau, die in der Immobilienbranche arbeitete, tot aufgefunden wird, wird sie ausdrücklich ins Ermittlerteam berufen. Das Opfer hatte zahlreiche Feinde und wollte ihre Mutter in einer Intensivpflege-Wohngemeinschaft unterbringen. Eddie ruft ihren Freund Zombie, der den Einrichtungsleiter kennt, um Hilfe. Die Ereignisse spitzen sich zu, als Zombie während der Ermittlungen einen alten Bekannten wieder trifft und ihn sein dunkelstes Geheimnis einholt…

Mit "Jenseits von tot" präsentiert Lucie Flebbe den dritten Teil der Trilogie um Kommissarin Edith "Eddie" Beelitz. (Foto: © grafit Verlag)
Mit „Jenseits von tot“ präsentiert Lucie Flebbe den dritten Teil der Trilogie um Kommissarin Edith „Eddie“ Beelitz. (Foto: © grafit Verlag)

Lucie Flebbe gelingt es wieder hervorragend, nicht nur Spannung aufzubauen, sondern mit viel Empathie in die tiefen der Seele der Protagonisten mit ihren Ängsten, Unsicherheiten aber auch mit ihren Hoffnungen und Mut zu blicken. Die Sprache ist deutlich und umgangssprachlich oft ziemlich deftig. Ihre Kriminalromane sind immer auch gesellschaftliche Milieu-Studien,

So wird die schwierige Situation in der Intensiv-Pflege, Korruption und Vetternwirtschaft, sowie soziale Probleme in Eddies Umfeld sensibel dargestellt. Auch diesmal wird der Plot abwechselnd aus der Sicht von Eddie und Zombie erzählt.

Die Charaktere kommen so vielschichtig und authentisch rüber. Gerade mit ihren Schwächen, Ängsten vor dem Scheitern bieten sie den Leserinnen und Lesern ein hohes Identifikationspotential.

Das Ganze immer mit einen liebevoll verständnisvollen Blick und trotz aller Probleme.

Empathie, Achtsamkeit sowie ein möglichst liebevolles familiäres Umfeld als stärkenden Rückhalt und Hoffnung.

Lucie Flebbe
Jenseits von tot
Kriminalroman Grafit in der Emons Verlag GmbH 2019
ISBN 978-3-89425-591-6
288 Seiten € (D) 12,00 € (A) 12,40

Vielschichtig-spannender zweiter Teil der „Jenseits-Trilogie“ von Lucie Flebbe

Spannend und fern von schwarz-weiß Klischees – dabei vielschichtig und aktuell – geht es nach „Jenseits von Wut“ im zweiten Teil der Trilogie von Autorin Lucie Flebbe im frisch erschienenen Kriminalroman „Jenseits von Schwarz“ weiter.

Edith „Eddie“ Beelitz, alleinerziehende Bochumer Kommissarin in Teilzeit und Protagonistin des Krimis, erwartet schon zu Anfang eine Überraschung. Ausgerechnet Joseph Rheinhard alias „Zombie“, gegen den sie schon einmal ermittelt hat, ist der Vater der besten Freundin ihrer kleinen Tochter Lotti aus der Nachbarschaft. Als der Security-Mann verdächtigt wird, für den Tod von zwei Patienten einer Suchtklinik verantwortlich zu sein, gerät ihr Leben erneut außer Fugen. Eddie glaubt an seine Unschuld und hilft ihm sogar unterzutauchen. Damit riskiert sie nicht nur ihren Job…

Die Geschichte wird wieder abwechselnd aus der Perspektive von Eddie und Zombie erzählt. Den Leserinnen und Leser gelingt es dadurch , sich in die beiden Charaktere mit ihren Schwächen und Stärken sowie in ihrer Verletzlichkeit hinein zu versetzen.

Der zweite Band der Trilogie um die Kommissarin Edith "Eddie" Beelitz. (Foto: © grafit verlag)
Der zweite Band der Trilogie von Lucie Flebbe um die Kommissarin Edith „Eddie“ Beelitz. (Foto: © grafit verlag)

Der lange und muskelbepackte „Zombie“ mit dunklerer Hautfarbe hat sich einen Schutzpanzer angeschafft. Der Umgang mit seinen Aggressionen fällt ihm schwer.

Eddie wird von ihrem Vorgesetzten aus gekränkter Eitelkeit trotz ihrer Fähigkeiten hauptsächlich am liebsten als „Sekretärin“ eingesetzt. Nicht gerade gut für das Selbstbewusstsein der Kommissarin.

Flebbe gelingt es mit viel Sensibilität, die langsame Annäherung von Eddie und Zombie in entsprechende Worte zu fassen. Beide sind sich zunächst in ihrer Liebe unsicher.

Trotz aller Probleme und einem etwas „chaotischen“ Umfeld, zieht sich die Bedeutung von Solidarität und Freundschaften im Leben nicht nur von Eddie wie roter Faden durch den Kriminalroman.

Gesellschaftliche soziale Probleme werden mit einer gewissen positiven Grundhaltung vermittelt, und der Themenkomplex Sucht auf unterhaltsame Art facettenreich beleuchtet.

Mit lockeren Dialogen und Erzählstil sowie einem oft etwas schnoddrigem Ton gelingt es Flebbe, ihrer unkonventionellen Protagonistin unterhaltsam für die LeserInnen zum Leben zu erwecken.

Man darf gespannt sein, wie es mit Eddie, Zombie sowie den anderen Personen im dritten und letzten Teil weiter geht.

„Jenseits von Schwarz“ ist selbstverständlich auch als E-Book erhältlich.

Lucie Flebbe
Jenseits von Schwarz
Kriminalroman
Köln: Grafit Verlag 2019
ISBN 978-3-89425-590-9
317 Seiten € (D) 12,00 € (A) 12,40

Mord am Hellweg X – Dortmund, Fußball und Olympia 1936

Ein wichtiger Bestandteil des alle zwei Jahre stattfindenden größten europäischen Krimifestival (Mord am Hellweg) vom 19.September bis 14.11.2020 ist die traditionelle Anthologie „Mord am Hellweg“. Es ist ein Projekt der Kulturregion Hellweg und hat 25 Kooperationspartner. Diesmal steht das zehnjährige Jubiläum bevor!

Für die Anthologie wurden über vierundzwanzig nationale und internationale Krimi-Autorinnen und Autoren berufen, um an unterschiedlichste Orten des Hellwegs angesiedelte Mord-Geschichten (höchstens 12 Seiten!) beizutragen. Der Abgabetermin ist (spätestens) Mitte März 2020. Dabei wird auf eine gute Mischung aus Newcomern, deutschen und international bekannteren Krimi-Autoren Wert gelegt. Alle bringen ihren ganz eigenen Stil und Blickwinkel ein.

Das Festival und die Anthologie „Mord am Hellweg“ soll eine Plattform für Newcomer und gleichzeitig die Bandbreite der aktuellen Kriminalroman-Szene zeigen, so Sigrun Krauß (Festivalleitung).

Volker Kutscher (3.v.l.) recherchiert in Dortmund über die Zeit von 1936. Beim Pressetermin dabei waren (v.l.n.r.) Claudia Vennes (Stadt- und Landesbibliothek), Herbert Knorr (Westfälisches Literaturbüro Unna) und Sigrun Krauß (Festivalleitung Mord am Hellweg).
Volker Kutscher (3.v.l.) recherchiert in Dortmund über die Zeit von 1936. Beim Pressetermin dabei waren (v.l.n.r.) Claudia Vennes (Stadt- und Landesbibliothek), Herbert Knorr (Westfälisches Literaturbüro Unna) und Sigrun Krauß (Festivalleitung Mord am Hellweg).

Volker Kutscher, der bekannte Bestseller-Autor der Serie „Berlin Babylon“ (Der nasse Fisch) um Kommissar Gereon Rath, hat sich für seinen Beitrag zu „Mord am Hellweg“ die Stadt Dortmund ausgewählt. In seinem neuen Roman das Olympia-Jahr 1936 eine wesentliche Rolle. Auch in Dortmund wird es um das Jahr 1936, Fußball, der erste Sportplatz von Borussia Dortmund, und vor allem um den ersten Nationalspieler unserer Stadt August Lenz (1910 -1988) gehen. Das verriet Kutscher vorab beim Pressegespräch.

Zwischen dem 18.11.2019 und dem 20.11.2019 besuchte und recherchierte der Autor in Dortmund. Wichtig, um den „Spirit“ der Stadt zu fühlen. Das ist für alle beteiligten Krimi-Autoren Pflicht, so Krauß.

Kutscher besuchte nicht nur das Fußballmuseum, sondern hatte auch interessante und erhellende Gespräche mit Gerd Kolbe (Archivar BVB) und dem Sachbuchautor Dietrich Schulze-Marmeling (diverse Fußballbücher).

Was er und die anderen Beteiligten Autorinnen und Autoren aus den Vorgaben gemacht haben, erfahren die Leser erst in einem knappen Jahr. Traditionell wird die Anthologie in Anwesenheit der Herausgeberinnen und einiger Beteiligter mit einer Veranstaltung am Montag nach dem Festival-Auftakt am 21.09.2020 vorgestellt. Außerdem wird jeder der Autor*innen im Festivalzeitraum zu einer Lesung in die Stadt eingeladen, wo auch ihre/seine Geschichte spielt.

Volker Kutscher wird dann höchstwahrscheinlich im November 2020 in das Fußballmuseum-Museum zu einer Lesung eingeladen. Er wird sicherlich auch aus seinem neuen historisch-politischen Kriminalroman um Kommissar Gereon Rath und das Olympiajahr 1936 vorlesen.

Wir dürfen gespannt sein.

Genaueres darüber und den diversen sonstigen Veranstaltungen und Lesungen im Rahmen des Krimifestivals erfahrener Sie zeitnah im nächsten Jahr.

Dortmund Passagen – Stadtführer erzählt unsere Stadtgeschichte neu

Rechtzeitig vor dem Evangelischen Kirchentag erscheint ein neuer und ganz besonderer Stadtführer unter dem titel „Dortmunder Passagen“.

Als Kooperationsprojekt mit der TU Dortmund, der Reinoldikirche, den Kulturbetrieben Dortmund, der Stiftung Industriedenkmal sowie dem LWL-Industriemuseum Zeche Zollern war das Projekt unter Initiative von Prof. Barbara Welzel (TU Dortmund) und Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Dortmunder Kulturbetriebe) in Angriff genommen worden und nun zu einem runden Gesamtwerk zusammengefasst.

Einundzwanzig fachkundige Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Disziplinen und zwei Fotografen beschreiben auf 287 Seiten fünf Themen-Routen, die dem Sound der Stadt folgen.

„Es sollte kein klassischer Reiseführer werden, sondern die Geschichte der Stadt aktuell in Zusammenhängen erzählt werden“, so Dr. Mühlhofer.

So erschließt der Führer das Stadtgebiet anhand von Drehscheiben und (ganz wichtig) an Leitobjekten. Dadurch wird Geschichte, Gegenwart und geografische Gegebenheiten an konkreten Orten sichtbar und verständlich gemacht.

Vor dem Modell des historischen Lunaparks im Museum für Kunst und Kulturgeschichte – eines der Leitobjekte im Stadtführer (v.li.): Prof. Barbara Welzel (TU Dortmund), Michael Küstermann (Stadtkirchenpfarrer St. Reinoldi), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund) und Prof. Wolfgang Sonne (TU Dortmund). (Foto: Karin Pinetzki / Stadt Dortmund)
Vor dem Modell des historischen Lunaparks im Museum für Kunst und Kulturgeschichte – eines der Leitobjekte im Stadtführer (v.li.): Prof. Barbara Welzel (TU Dortmund), Michael Küstermann (Stadtkirchenpfarrer St. Reinoldi), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund) und Prof. Wolfgang Sonne (TU Dortmund). (Foto: Karin Pinetzki / Stadt Dortmund)

Die einzelnen Kapitel (Routen) sind in „Wege“, „Wasser“, „Materialien“, „Stadt und Land“ sowie „Spielräume“ eingeteilt. So lädt zum Beispiel mit der Route „Materialien“ dazu ein, verschiedene Werkstoffe und Oberflächen zu erkunden.Mit der Route „Spielräume“ wiederum steuert man die repräsentativen und politischen, kulturellen und wissenschaftlichen, sportlichen oder geistlich bedeutsamen Orte an. Im Kapitel „Wege“ geht es um moderne und mittelalterliche Strukturen wie etwa: Wall und Hellweg oder Brücken, Kanal und Flughafen.

Als Drehscheiben für die Stadterkundungen dienen dabei Museen, Industriedenkmäler, der Botanische Garten Rombergpark oder die Stadtkirche St. Reinoldi. An den Routen liegen so verschiedene Dinge wie Adelsschlösser, Gasleitungen, mittelalterliche Dorfstrukturen und Kirchen sowie Bauten der Nachkriegsmoderne, bis hin zu Räumen der Industrialisierung und des modernen Strukturwandels.

Eine besondere Rolle als Drehscheibe spielt das Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK).

Jede der fünf Routen ist mit einem Objekt aus der Sammlung des Museums verankert, (ersichtlich durch eine angebrachte spezielle Postkarte). Jeder Rundgang kann also im MKK starten.

Zu den Leitobjekten zählen u.a. ein Modell der Stadtkirche St. Reinoldi, ein Modell des historischen Lunaparks im Fredenbaumpark, der Dortmunder Goldschatz, glasierte Backsteine eines mittelalterlichen Patrizierhauses oder eine früher einmal notwendiger Reisepass im Raum Dortmund…

Nicht nur den Gästen des Evangelischen Kirchentags, auch den Dortmunderinnen und Dortmundern wird mit diesem leicht und gut zu transportierenden Stadtführer ein neuer Blick jenseits der alten gängigen Bildern gewährt.

Der Stadtführer ist im Reinoldiforum und während des Evangelischen Kirchentags (19. bis 23. Juni) im Pavillon „stadt paradies sanktreinoldi“ an der Reinoldikirche sowie danach auch im Buchhandel für 15,- Euro erhältlich.

Grappa- Krimi im Dunstkreis der Me Too-Debatte

In ihrem 29. Krimi „Grappa und der Sonnenkönig“ um die unerschrockene Protagonistin Maria Grappa (Polizeireporterin vom Bierstädter Tageblatt) mit guter Spürnase nimmt sich die Dortmunder Autorin Gabriella Wollenhaupt mal wieder ein aktuell brodelndes Thema vor. Die Me Too-Debatte erreicht jetzt auch Bierstadt.

Kurz vor Beginn der Festspiele „Summer-Pott“ erhebt die Schauspielerin Liane Licht gegen den Intendanten Adalbert Engels schwere Vorwürfe. Er soll von ihr regelmäßig sexuelle Dienstleitungen erpresst und sie vergewaltigt haben. Der arrogante, selbstverliebte Fiesling lässt sich mit Maestro ansprechen und nennt sich selbst „Sonnenkönig“. Natürlich leugnet er alle Vorwürfe. Als sich Liane Licht das Leben nimmt, ist für Polizeireporterin Maria Grappa das Maß voll. Sie setzt alles daran, der Öffentlichkeit das wahre Gesicht von Engels zu zeigen…

Der Krimi ist wie gewohnt in einem humorvoll-ironischem Stil geschrieben und die alten bekannten Figuren aus früheren Grappa-Romanen sind wieder an Bord. Zeit-Mann Friedemann Kleist muss während eines Forschungssemesters mit der hiesigen Clan-Kriminalität auseinandersetzen. Zusätzlich bleibt auch das Team vom Bierstädter Tageblatt von der Me Too-Problematik nicht unberührt und die Stimmung ist etwas angespannt. Der Toleranzbegriff wird auf eine harte Probe gestellt, und die Geschichte nimmt einige kleine überraschende Wendungen, die die Spannung bis zum Ende hoch halten.

Wie immer greift Gabriella Wollenhaupt aktuelle Themen in ihren Krimis auf. (Cover: © Grafit Verlag)
Wie immer greift Gabriella Wollenhaupt aktuelle Themen in ihren Krimis auf. (Cover: © Grafit Verlag)

Wie die anderen Grappa-Storys lässt sich dieser Krimi leicht und flüssig lesen, zeichnet sich aber auch durch seine interessanten Charaktere und der intelligent eingebrachten Gesellschaftskritik aus. Bei aller Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit kommt der Humor nicht zu kurz, beispielsweise wenn Grappa träumt, dass ihr Verleger die Monarchie ausruft. Der ist ja auch notwendig!

Es deutet sich an, dass die beliebte Figur der Protagonistin Grappa nach vielen Jahren und Kämpfen so langsam amtsmüde wird und gerne aussteigen würde. Zwar verständlich, aber viele Leserinnen und Leser werden sie dann wohl auch vermissen.

Eine schöne Lektüre für die anstehenden Urlaubszeit.

Gabriella Wollenhaupt
Grappa und der Sonnenkönig
Köln: Grafit Verlag 2019
ISBN 978-3-89425-593-0 (D) 11,00 € (A) 11,30 € 249 Seiten

Erster Wortklub Dortmund – Let‘s talk about cooking

Die Maiausgabe der monatlichen Talkreihe des „1. Wortklub Dortmund“ mit Moderator Thomas Koch drehte sich ums Thema Kochen. Zwei interessante Gäste hatte Thomas Koch eingeladen: Verena Lugert und Helmut Gote. Die musikalische Begleitung kam von den Zucchini Sistaz.

Eigentlich hatte Verena Lugert alles erreicht. Sie hatte die Henri-Nannen-Schule besucht, war Korrespondentin für neon in Südostasien. Sie reiste zwischen Hamburg und Bali hin und her und schrieb Reportagen. Dann, mit 39 Jahren, machte sie einen großen Schnitt und fing nochmal neu an. In einer Küche. In London. Ganz unten. Davon handelt ihr Buch „Die Irren mit dem Messer“ aus dem sie auch vorlas. In einer Sternenküche geht es ähnlich ab wie beim Militär. Es ist streng hierarchisch strukturiert und jeder Handgriff muss sitzen. Wehe, es geht etwas schief, da fließen schon mal Tränen. Doch am Ende stellte sich ein gewisses Glücksgefühl ein, wenn alles funktioniert und der Gast glücklich ist.

Thomas Koch (ganz rechts) mit seinen Gästen Helmut Gote und Verena Lugert. (Foto: © Anja Cord)
Thomas Koch (ganz rechts) mit seinen Gästen Helmut Gote und Verena Lugert. (Foto: © Anja Cord)

Der zweite Gast des Abends war Helmut Gote, der kulinarische Journalist bei WDR 5 sowie WDR 2 und Buchautor. Er erzählte von seiner Kindheit in Bottrop und den Speisen, die seine Großmutter kochte. Er stammt aus einer Bergarbeiterfamilie und das Essen war dementsprechend gutbürgerlich. Er verriet das Geheimnis von Großmutters Rouladen: Sie tat gewürztes Bratwurstbrät hinein. Die Besucher erkannten schnell, warum Gote zu beliebt ist. Er konnte charmant über alles, was in der Küche passiert, reden.

Ein großes Thema nach der Pause war die Sternenküche. Für Lugert und Gote stand die Bedeutung der Sterne außer Frage, wobei Gote das Chi-chi um die Speisen ein wenig zu viel war. Er sehnte sich nach den alten Sterneköchen zurück, die den Gast im Auge hatten und nicht ihre Kochkunst.

Musikalisch wurde die Veranstaltung sehr schwungvoll von den Zucchini Sistaz begleitet. Sie verbinden die Gesangskunst der Andrew Sistaz mit einer gehörigen Portion Virtuosität an den Instrumenten. Ihre Musik, Jazz, Swing und Boogie aus den 30ern bis 50ern, riss das Publikum mit. Dazu überzeugten sie mit tollen Kostümen und frechen Ansagen.

Wegen der Sommerpause findet der nächste Dortmunder Wortklub erst am 12. September um 19:30 Uhr an alter Wirkungsstätte im domicil statt.

Fußball ist unser Leben

Die dritte Ausgabe des 1. Wortklub Dortmund drehte sich – wie kann es in dieser Stadt auch anders sein – um Fußball. Kein anderer Sport ist so voller Emotionen wie der Fußball, er bietet Stoff für Legenden, kann aber auch als Muster für Realitätsmodelle dienen. Gastgeber Thomas Koch war am 04. April im domicil in doppelter Funktion unterwegs. Nicht nur als Moderator, sondern auch als Teil des „Sergej Gorlokuwitsch Sextett“. Gäste waren Klaus Theweleit und Birgit Schönau, beide Mitglieder der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur.

Klaus Theweleit (Jahrgang 1942) kam als Flüchtlingskind in den Norden Deutschland und schnell wurde Fußball als kleiner Junge sein Lebensziel. Nicht nur auf dem Platz, sondern er würfelt auch Spielergebnisse und macht Ligatabellen. Später beschäftigt er sich mit Fußball in seinem Buch „Tor zur Welt“ als Muster für Realitätsmodelle. Die Themen, die Moderator Thomas Koch mit Theweleit besprach, waren vielfältig, so ging es um die Kommerzialisierung oder um die Frage nach „Typen“ im Fußball. „Spielmacher“ brauche es nicht, so Theweleits These, denn sie würden das Spiel weniger flexibel machen.

Moderator Thomas Koch führte wieder durch den Abend und war auch musikalisch aktiv.
Moderator Thomas Koch führte wieder durch den Abend und war auch musikalisch aktiv.

Für die italienischen Momente des Abends sorgte Birgit Schönau, die Journalistin und Schriftstellerin ist unter anderem Sportreporterin für die Süddeutsche Zeitung. Ihr Herz gehört Juventus Turin und ihr Buch „Calcio. Die Italiener und ihr Fußball“ berichtet aus dem Kern der Tifosi. Schönau las eine Seite über den Saisonauftakt von Juve, die „fidanzata“ (italienisch für Verlobte), der in der Nähe des Landsitzes der Agnellis stattfindet. Vor Beginn der neuen Spielzeit haben Juve-Fans dort nach einem Spiel der Profis gegen „Dorf-Fußballer“ die seltene Gelegenheit, den Platz zu stürmen und ihren Idolen die Kleider bis zur Unterhose vom Leib zu reißen.

In Italien gehörten viele Vereine reichen Familien. Juve halt Agnelli, Berlusconi war mit dem AC Mailand verbandelt. Doch genauso wie in England haben sich Investoren, beispielsweise aus China, in den italienischen Fußball eingekauft.

Kulturtheoretiker Klaus Theweleit erklärte, wie Fußballsysteme als Modelle der Realität herhalten können.
Kulturtheoretiker Klaus Theweleit erklärte, wie Fußballsysteme als Modelle der Realität herhalten können.

Über Fußball kann man problemlos über mehrere Abende reden, doch ein Thema wurde leider nicht behandelt, obwohl der Name Thomas Hitzelsberger einmal im Gespräch fiel: Homosexualität im Fußball. Es wäre spannend zu erfahren, ob es solche Diskussionen auch im italienischen Fußball gibt, zumal es ja im Schauspielhaus mit „Echte Liebe“ ein Theaterstück dazu gibt.

Einen Blick ins Fußballland Italien  - mit dem Fokus auf Juventus Turin - gab es mit der Sportjournalistin Birgit Schönau.
Einen Blick ins Fußballland Italien – mit dem Fokus auf Juventus Turin – gab es mit der Sportjournalistin Birgit Schönau.

Die musikalische Begleitung kam von „Sergej Gorlukowitsch Sextett“, was aber nur zu Fünft spielte. Ob der sechste Mann wegen einer roten Karte gesperrt ist? Der echte Sergej Gorlukowtisch, der für Borussia Dortmund und Bayer Uerdingen in der Bundesliga spielte, flog ja insgesamt viermal in der Bundesliga vom Platz.

Musikalisch bot das Sextett bestehend aus Peter Freiberg, Uli Schlitzer, Peter Krettek, Mathias Schubert und Gastgeber Thomas Koch gute Rockmusik mit intelligenten deutschen Texten über Fußball. Das gab neben Applaus vom Publikum noch ein verdientes Lob von Klaus Theweleit.

Das Sergej Gorlukowitsch Sextett in Aktion.
Das Sergej Gorlukowitsch Sextett in Aktion.

„Fußball macht hungrig, auch wenn es nach dem 0:5 des BVB gegen die Bayern eher ein Frustessen war. Der nächste Wortklub startet am 02. Mai um 19:30 Uhr und dreht sich um das Thema Essen.genauer gesagt: die Glücksküche, oder der tiefere Sinn der Nahrungszubereitung. Gäste sind Verena Lugert und Helmut Gote, die Musik kommt von den „Zucchini Sistaz“.

Literatur AufRuhr – Festival als Kooperationsprojekt in Dortmund

In der Zeit vom 01. April bis zum 17. Mai 2019 findet in Dortmund erstmals das junge Frühjahresfestival Literatur AufRuhr mit Perspektive ins gesamte Ruhrgebiet als Kooperations-Projekt an wechselnden Spielorten statt.

Es dreht sich alles um das Thema „Riding the Bull. Ich, Europa“. In Lesungen, Gesprächen, Workshops, bei Open Mics, in Schreibwerkstätten und Ferienakademien, oder beim Creative Writing, bei Literatur-Erkundungen, Poetry Slams und beim Lyriktag!

Ein wichtiger Kooperationspartner des Literaturhauses Dortmund ist das Schauspiel Dortmund, das sich in der Spielzeit mit dem Stück „Ich, Europa“ (Europa in 11 Texten von internationalen Autor*innen) unter verschiedenen Aspekten dem Thema gewidmet haben.

Nicht nur wegen des Brexit-Dramas in Großbritannien und der anstehenden Europa-Wahlen sind Interesse und Fragen bei den Menschen zur Bedeutung und Problemen in Europa im Augenblick von Bedeutung.

Hier nur ein ganz kleiner Einblick:

Am 03.04.2019 um 19:00 Uhr findet ein offenes Treffen im Literaturhaus Dortmund (Neuer Graben 78, Dortmund) unter dem Motto „text & tacheles – Riding the Bull – schrei.hand.werk“ statt. Es geht um dichten, diskutieren, lesen, lektorieren, kritisieren und ausprobieren.

Im Schauspiel Dortmund:

Mit einer Buchpremieren-Lesung von Ece Temelkurans neuestem Buch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder sieben Schritte in die Diktatur“ geht es am 05.04.2019 um 20:00 Uhr im Dortmunder Schauspielhaus nicht nur um die politische Situation in der Türkei.

Zufrieden mit der Kooperation zwischen Literaturhaus und Schauspiel Dortmund sind (v.l.n.r.) Hartmut Salmen (Literaturhaus Dortmund), Michael Eickhoff und Djamak Homayoun (Schauspiel Dortmund).
Zufrieden mit der Kooperation zwischen Literaturhaus und Schauspiel Dortmund sind (v.l.n.r.) Hartmut Salmen (Literaturhaus Dortmund), Michael Eickhoff und Djamak Homayoun (Schauspiel Dortmund).

Sechs halbjährige Schreibwerkstätten (darunter verschieden Schulen in Dortmund), haben ihre Auftaktveranstaltung am 09.04. 2019 um 17:00 Uhr im Schauspielhaus unserer Stadt.

Im Anschluss stehen ab 20:00 Uhr Lieder und Gedichte von Muzaffer Öztük aus dem politischen Widerstand und seiner 28-jährigen Haftzeit in der Türkei auf dem Programm.

Am 10.04.2019 um 20:00 Uhr findet im Schauspiel Dortmund die letzte Vorstellung von „Ich, Europa“ – (Europa in elf Texten) mit fast allen Autor*innen statt. Ein reger Austausch von Publikum und Autoren ist im Anschluss der Aufführung natürlich erwünscht.

Am 08.04.2019 um 18:00 Uhr bietet das Jugendforum Nordstadt/ Treffpunkt Stollenpark eine besondere Lesung und Gespräch mit Vavuz Ekinci für junge Menschen. Er liest aus seinem Beitrag für „Ich, Europa“ den Text „NENNT MICH ISMAEL“.

Eine Literatur-Erkundung findet im Fritz-Hüser-Institut am 29.04.2019 um 14.00 Uhr mit Lütfiye Güzel unter dem Motto „Walking the Bull“ statt. In der Bibliothek des Hauses recherchiert sie mit gemeinsam mit interessierten jungen Menschen zum Autoren Max von der Grün und dann Texte zu schreiben.

Poetry Slam vom Feinsten als „OpenMic – Eu‘r Opa – Bühne frei für Europa“ wird am 12.04.2019 um 19:00 Uhr im Literaturhaus Dortmund mit Vivien Kunkel, Tobi Katze und Ralf Thenior geboten.

Das umfangreiche gesamte Angebot des Literaturhauses Dortmund entnehmen Sie bitte dem Programm-Flyer oder dem Internet unter www.literaturaufruhr.de. Das Angebot ist kostenlos.

Als wichtiges Osterferien-Angebot gibt es vom 15. bis 17. April 2019 die Ferienakademie-Schreibwerkstatt für Kinder im Alter zwischen 8 und 12 Jahren „Wir reiten den Stier“ (Leitung: Ralf Thenior) und dann vom 24.04.2019 bis 26.04.2019 2019 die Ferienakademie-Schreibwerkstatt für Jugendliche ab 13 Jahre (Leitung: Ralf Thenior) im Literaturhaus unter dem Motto „Riding the Bull“ (Ich, Europa).

Bitte möglichst bald anmelden unter www.literaturaufruhr.de

In der Hauptsache möchten die Organisatoren jungen Menschen Mut machen, bei Literatur, bei Kultur und in der Gesellschaft mitzumachen. Dazu gehört Gedankenaustausch zwischen vielen Kulturen, sowie eine eigene europäische Sprache zu finden.

Impressionen von der Nacht der Bibliotheken

Am 15. März 2019 fand die „Nacht der Bibliotheken“ statt. Das Motto lautete: Mach es!
Anja Cord sammelte für Ars tremonia einige Impressionen.