Eine Achterbahnfahrt durch die Welt von Asterix und Obelix
von Alexander Pohl
Phoenix des Lumières, „Asterix & Obelix – ein immersives Abenteuer“ in der alten Industriehalle auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerks Phoenix-West im Dortmunder Stadtteil Hörde
Bis zum 31. August 2025 kann – zu den regulären Öffnungszeiten – das Spektakel „Asterix & Obelix – ein immersives Abenteuer“ besucht werden.
Die farbenprächtigen Bilder sollen nicht nur Nostalgie bei langjährigen Comic-Liebhabern erzeugen, sondern auch jüngere Fans begeistern. Das Abenteuer führt Asterix, Obelix und Idefix, begleitet von einem Erzähler und einem eigens kuratierten Soundtrack, einmal um den Globus und nimmt Bezug auf nahezu alle Alben der Comic-Reihe.
Asterix und Obelix erleben ein großes Abenteuer in Dortmund im Phoenix des Lumières. (Foto: (c) Alexander Pohl)
Andreas Richter, Direktor von Phoenix des Lumières in Dortmund: „Unsere Show ist eine Hommage an die Erschaffer und die eingefleischten Fans zugleich, die die Asterix-Comics zu solch einem Erfolg gemacht haben. Gleichzeitig möchten wir die zeitlosen Welten der Gallier auch für Jüngere greifbar machen, die bisher keine oder wenige Berührungspunkte mit Asterix und Obelix hatten.“
Diese Show ist ein kurzweiliger Ritt durch die Geschichten und Bilder der beliebten Akteure und basiert auf den Originalzeichnungen, die ab 1959 von Autor René Goscinny (1926–1977) und Zeichner Albert Uderzo (1927–2020) bis Band 34 geschaffen wurden. Es geht dabei auch teilweise sehr ruppig zu, und die Römer bekommen ordentlich was auf die Mütze. Ist ja alles nur Spaß, aber die Anhäufung der Gewalt in Verbindung mit den Toneffekten nimmt viel Handlungsraum ein. Zusammengehalten wird der Erzählstrang durch die Suche nach dem von den Römern entführten Druiden Miraculix. Während der 45-minütigen Projektion kann man sich frei in der Halle bewegen und so unterschiedliche Sichtachsen erforschen sowie noch einige Besonderheiten entdecken. Als Gast kann man mit einem Ticket so lange bleiben, bis geschlossen wird oder das Programm wechselt.
Möbel, Schmuck, Kleidung und mehr: Preisverdächtige Trends sind im MKK zu sehen
von Alexander Pohl
Staatspreis MANUFACTUM NRW wurde am Samstag im Dortmunder Rathaus verliehen
Kreative Innovationen treffen auf handwerkliches Können: Der Staatspreis MANUFACTUM NRW ist am Samstag im Rathaus an sechs Preisträger*innen verliehen worden. Über 122 Trendsetter der Gestaltungszene stellen ihre Werke ab sofort im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) aus.
Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger des Staatspreises MANUFACTUM NRW 2025 sind:
Julian Braun aus Köln in der Kategorie Bild- & Druckmedien
Gabi Mett aus Essen in der Kategorie Kleidung & Textil
Paul Vietz aus Aachen in der Kategorie Möbel
Anke Wolf aus Stolberg in der Kategorie Objekt & Skulptur
Uta K. Becker aus Hoffnungsthal in der Kategorie Wohnen & Außenbereich
Zohair Zouirech aus Düsseldorf in der Kategorie Objekt & Skulptur (Sonderpreis)
Kreative Vielfalt aus NRW im Museum für Kunst und Kulturgeschichte
Die Ausstellung zum Wettbewerb ist bunt, vielfältig und vor allem trendy: „MANUFACTUM NRW“ präsentiert im Museum für Kunst und Kulturgeschichte die Trends der Szene und deren Talente: neues Design in Sachen Mode oder Möbel, aktuelle Schmuckstücke oder innovative Kunstobjekte. Über 122 Exponate aus den Kategorien Kleidung & Textil, Möbel, Objekt & Skulptur, Bild- & Druckmedien, Schmuck sowie Wohnen & Außenbereich werden gezeigt.
Alle, auch die nicht prämierten Ausstellungsstücke, beeindrucken durch ihre kreative Umsetzung. Die Ausstellung MANUFACTUM besticht durch die kunterbunte Zusammenstellung von knallbunten Sitzmöbeln im Retro-Design, filigranem Schmuck, ausgefallener Kleidung, traditionell gefertigter Keramik im neuen Look und vielem mehr.
Die Besucher*innen können Talente aus der eigenen Stadt und der weiteren Umgebung entdecken und haben die Möglichkeit noch bis September für ihr eigenes Lieblingswerk zu voten, denn es wird noch ein Publikumspreis verliehen.
Die Ausstellung
MANUFACTUM ist zu sehen vom 22. Juni bis zum 21. September im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK), Hansastraße 3, 44137 Dortmund.
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Donnerstag: 11–20 Uhr
Freitag bis Sonntag: 11–18 Uhr
Montag und Dienstag: geschlossen
Alle Infos sowie das gesamte Begleitprogramm zur Ausstellung gibt es auf der Website des Museums: dortmund.de/mkk
Netzwerke sind allgegenwärtig: sichtbar und unsichtbar, geordnet und chaotisch. Sie verbinden Menschen, Städte, Maschinen und Informationen – aber auch Naturphänomene, wirtschaftliche Strukturen und politische Entwicklungen. Die Ausstellung DIS/CONNECT im Künstlerhaus Dortmund nimmt diese Netzwerke in den Blick und zeigt, wie sie entstehen, sich verändern – und manchmal auch scheitern. Die gezeigten fotografischen Arbeiten machen deutlich: Zwischen Ordnung und Chaos, Struktur und Zufall entsteht eine fragile Balance, die unsere Gegenwart prägt.
Die beteiligten Künstler:innen greifen das Thema auf ganz unterschiedliche Weise auf – dokumentarisch, poetisch, experimentell oder politisch. Dabei verbinden sich persönliche Perspektiven mit gesellschaftlichen Beobachtungen, technische Verfahren mit gestalterischer Freiheit.
Zwischen Gewalt, Erinnerung und visuellen Codes
Elmar Mauch setzt sich in seiner Serie Nur die Toten mit unterschwelliger männlicher Aggression auseinander. Aus gefundenen Alltagsfotos schafft er mittels Collage irritierende Szenen, die gesellschaftlich tief verankerte Gewaltmuster sichtbar machen.
Auch Daniela Risch hinterfragt Sehgewohnheiten – allerdings auf formaler Ebene. Sie verwendet fotografische Techniken entgegen ihrer üblichen Funktion und schafft so Kunstwerke, die sich einer Reproduzierbarkeit weitgehend entziehen, da sie zu Unikaten werden.
Das Plakatmotiv der Ausstellung „Dis/connect“ im Künstlerhaus. Titelgrafik (c) Debora Ando)
Markus Kaesler reagiert mit seiner fortlaufenden Serie vanitas auf den Krieg in der Ukraine. Für jeden Tag des Krieges zerstört er ein Foto und verwandelt das Silber der ursprünglichen Aufnahme in ein abstraktes Bild. Die Arbeiten wirken wie stille Mahnmale – konkret im Anlass, aber offen in ihrer Wirkung.
Landschaften des Umbruchs
Die Auswirkungen menschlichen Handelns auf Umwelt und Natur stehen im Fokus mehrerer Arbeiten:
Marike Schuurman dokumentiert mit Toxic künstlich geschaffene Seen in ehemaligen Braunkohletagebaugebieten. Ihre Polaroids, in giftigem Wasser entwickelt, zeigen die trügerische Schönheit dieser Orte – zwischen Zerstörung und neuer Nutzung.
Ein ganz anderes Naturphänomen untersucht das Duo Sabine Bungert & Stefan Dolfen. Ihre Serie zeigt, wie die invasive Pflanze Kudzu ganze Landschaften im Süden der USA überwuchert. Was auf den ersten Blick märchenhaft wirkt, ist in Wahrheit Ausdruck ökologischer Kontrolle und Unkontrollierbarkeit zugleich.
Gabriele Engelhardt richtet ihren Blick auf Rohstoffe und industrielle Überbleibsel. In ihrer Serie raw material verwandelt sie Materialberge aus Recyclingprozessen in fotografische Skulpturen. So entstehen eindrucksvolle Bilder, die Fragen nach Wert, Kreislauf und Verantwortung aufwerfen.
Stadt, Struktur und Utopie
Die gebaute Umwelt – und ihre Versprechen – ist ebenfalls Thema der Ausstellung:
Anna Thiele zeigt in ihren Fotografien die Architektur von Einfamilienhaussiedlungen am Rande Berlins. Der Traum vom Eigenheim wirkt hier gleichförmig und dennoch widersprüchlich: modular, verdichtet – und merkwürdig menschenleer.
Norman Behrendt nimmt sich in Exit den Notausstiegen der Berliner U-Bahn an. Diese architektonischen Elemente, meist unbeachtet, werden bei ihm zu rätselhaften Portalen – Ausdruck einer unter der Oberfläche lauernden Unsicherheit im städtischen Raum.
Auch Florian Bong-Kil Grosse richtet seinen Blick auf urbane Alltagsmomente: In einer Serie von Schwarzweißfotos beobachtet er Menschen mit Zeitungen aus der Vogelperspektive. Der einheitliche Bildausschnitt und die rhythmische Hängung der Bilder verleihen dem scheinbar Banalen eine fast choreografische Wirkung.
Arbeit, Identität und gesellschaftliche Dynamiken
Katharina Gruzei zeigt in ihrer Serie Bodies of Work eindrucksvolle Bilder aus einer Donau-Schiffswerft. Die industriellen Arbeitsräume werden bei ihr zu futuristisch anmutenden Szenen – fast schwerelos, zwischen Gegenwart und Imagination.
Lee Chang Ming hingegen begibt sich in seine persönliche Vergangenheit: Er verarbeitet Erfahrungen aus dem Militärdienst in Singapur. Der dortige Dschungel, einst kolonial geprägt, wird für ihn zu einem Ort queerer Selbstverortung und ökologischer Vielfalt – abseits normierter Identitäten.
In Mirages thematisiert Duy-Phuong Le Nguyen den Kontrast zwischen Hochglanzwerbung und Wirklichkeit. In nächtlichen Aufnahmen zeigt er Leuchtreklamen in Vietnam, die luxuriöses Wohnen versprechen – aber inmitten einer Realität stehen, in der viele Menschen kaum Zugang zu diesen Verheißungen haben.
Ein Netz aus Perspektiven
Die Ausstellung DIS/CONNECT bringt vielfältige Sichtweisen zusammen – fotografisch, formal, inhaltlich. Die gezeigten Arbeiten greifen das Thema Netzwerk auf, indem sie Beziehungen herstellen: zwischen Menschen und Orten, Vergangenheit und Gegenwart, Sichtbarem und Unsichtbarem. Dabei wird deutlich: Das Verbindende ist oft auch das Trennende – und gerade darin liegt die Spannung unserer Zeit.
Fotograf:innen
Norman Behrendt, Sabine Bungert & Stefan Dolfen, Gabriele Engelhardt, Florian Bong-Kil Grosse, Katharina Gruzei, Markus Kaesler, Duy Phuong Le Nguyen, Lee Chang Ming, Elmar Mauch, Daniela Risch, Marike Schuurman, Anna Thiele
Zeitraum: 13. Juni – 13. Juli 2025 Eröffnung: Samstag, 14. Juni 2025, 20:00 Uhr
Öffnungszeiten:
13.–15. Juni: Fr–So, 11:00–18:00 Uhr
16. Juni – 13. Juli: Do–So, 16:00–19:00 Uhr
Donnerstag, 19. Juni (Feiertag): regulär geöffnet
Zeitgleich findet in der ersten Etage des Künstlerhaus die Ausstellung „Schwarzseite Projekt“ statt. Die zweite Ausgabe des Projektes zeigt 19 Positionen aus acht Ländern, die unterschiedliche Ansätze, Themen und Techniken zeigen.
Chaos in der Stadt! f² Fotofestival 2025 #Chaos
Chaos in der Stadt! – Hilfe. Mit so einer Schlagzeile kann man etwas auslösen. Wer nur sie liest, interpretiert – mit seinem eigenen Erfahrungshorizont. Dabei ist es immer gut, einer Sache – oder einer Schlagzeile – einen zweiten Blick zu gönnen. In diesem Fall ist das Chaos gewollt und geordnet inszeniert. „Chaos“ ist das Thema des fünften f² Fotofestivals in Dortmund, dessen Eröffnung am Donnerstag sympathisch chaotisch gestaltet wurde.
Nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler, Studierende der verschiedenen Hochschulen aus Dortmund, Essen, Duisburg sowie der École nationale supérieure de la photographie Arles stellen ihre Werke unter verschiedenen Aspekten des Begriffs „Chaos“ an neun Orten in der Stadt aus.
Das Festival wird durch Kulturdezernent und Stadtkämmerer Jörg Stüdemann eröffnet, der in seinem letzten Jahr im Amt nun seine Auftritte wohl oder übel als Abschiedstournee begreifen muss. Jedenfalls wehrt er das Lob der Geschäftsführerin des Depot e. V., Claudia Schenk, für mehr als zwanzig Jahre des Wirkens in der Stadt erst einmal vehement gestisch ab, bevor er lieber mit einem Blick auf die „maskulinen … Selbstinszenierungen“ derzeit in der Welt und ihre chaotischen Anmutungen startet. Und einem Zitat eines berühmten Menschen, wie sich das für eine ordentliche Eröffnungsrede gehört. In diesem Fall Nietzsche: „Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“
Oder, wie es ein Professor der beteiligten Hochschulen im Anschluss formuliert: Man könne das Chaos dystopisch lesen oder auch optimistisch. Die vielen jungen Menschen in der großen Halle des Depots erscheinen überwiegend optimistisch, freuen sich über einen gelungenen Abend, verteilen sich locker in Grüppchen im ganzen Depot, lachen, tauschen sich aus, probieren aus – denn es gibt viel zu entdecken und mehr als „nur“ Fotos.
Blick in die Ausstellungshalle im Depot. (Foto: (c) Martina Bracke)
Zwei Ausstellungen des Festivals werden an diesem Abend mit eröffnet: zum einen „NEW DYNAMICS – Transforming Diversity“. Gleich am Anfang eine Spiegelinstallation, in der das Publikum sich unter verschiedenen Aspekten selbst sehen kann. Oder malerisch überarbeitete Fotografien auf Glas. Oder das Video „In the chase find your breath“ von Andrews Siaw Nubuor über Bewegung einer Stadt und Bewegung in einer Stadt auf einer Skateboardfahrt. Es geht um das „Spannungsverhältnis von Chaos und Ordnung im Kontext von Migration und kultureller Identität“ in dieser Ausstellung. Migration zeigt sich zum Beispiel in Fotos aus dem überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos. Kulturelle Identität kann sich auch in „Pastagrammen“ ausdrücken (bei Fotogrammen werden Objekte direkt auf dem zu belichtenden Papier platziert – in diesem Fall also italienische Nudeln). Die Szenografie, also die Inszenierung der Werke im Raum, in der Halle des Depots, haben Studierende der Universität Dortmund übernommen. Genutzt werden z. B. Bühnenelemente, die dann aber senkrecht platziert sind. Es hat etwas von Baustellencharakter und ist für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig, während manche es auch einfach toll finden.
Faszinierend für alle dagegen der riesige Tisch, an dem man sich seinen Ausstellungskatalog selbst zusammenbasteln kann – faszinierend allerdings eher wegen des herrschenden Chaos’, das noch dadurch verstärkt wird, dass ein Ventilator nicht nur die Luft verwirbelt, sondern auch die einzelnen losen Blätter. Kaum einer nimmt die Gelegenheit wahr, das Material zusammenzustellen. Die Versuche bleiben im Ansatz stecken. Dafür sieht man mehrere Menschen, die lieber dieses Chaos fotografieren – selbst ein etwa neunjähriges Mädchen, das sehr professionell den Haufen wehender Blätter vor die Linse nimmt. So schön das ist, ist es auch schade, dass man doch nichts Vernünftiges über die Werke zum Nachlesen mit nach Hause nehmen kann.
Strukturiert überlastet wird man dagegen mit Material zum Mitnehmen zu der zweiten Ausstellung. Hier nähern sich Studierende der Fachhochschule Dortmund und der École nationale supérieure de la photographie Arles in dreizehn verschiedenen fotografischen Positionen dem Thema „Chaos“. Und so gibt es auch dreizehn verschiedene, kunstvoll gestaltete Poster, gefaltet auf ein handliches quadratisches Format. Mit dem Titel […] eröffnen sich für die Studierenden alle Möglichkeiten. Man erlebt noch bis Sonntag z. B. die dokumentarischen Fotos zu den „letzten Tagen der Jugend“ von Katharina Kemme, fotografische Umsetzungen durch Agnes Zimmermann von Wahrnehmungs- und Gefühlszuständen („Wonach schmeckt der Donnerstag?“) bis hin zu einer von Jens Erbeck mit KI generierten „Quantenfotografie“.
Insgesamt also ein überbordend gefülltes Fotofestival in der Stadt. Ein gewolltes Chaos, das Dortmund gut zu Gesicht steht und jede Menge Leben bringt. Sehr intensiv an dem Wochenende bis zum 15.06., aber verschiedene Ausstellungen sind auch in geordneter Ruhe noch eine Weile länger zu genießen. Deshalb ist ein Blick ins insgesamt kostenlose Programm unter https://f2-fotofestival.de sehr empfehlenswert.
So gut wie alles als Hilfe unter: https://f2-fotofestival.de im Depot, im Künstlerhaus, an der TU, im U, im Superraum, im Rekorder etc.
Zwischen Verlangen und Verlust: Soshiro Matsubaras „Sleeves of Desire“ im Dortmunder Kunstverein
Die Ausstellung „Sleeves of Desire“ von Soshiro Matsubara widmet sich den feinen Nuancen zwischen Verlangen, Begehren und Sehnsucht. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit dem Anderen – einem unerreichbaren Horizont, der stets nur als Ahnung existiert. Matsubara kombiniert eigene Werke mit Fundstücken, Antiquitäten, Zeichnungen und Objekten, die persönliche wie gesellschaftliche Dimensionen des Begehrens sichtbar machen.
Schon der Ausstellungsraum im Dortmunder Kunstverein wird selbst zum sinnlichen Körper: Verhüllt von raumhohen, blutroten Stoffbahnen entsteht der Eindruck, man bewege sich im Inneren eines lebendigen Organismus.
Der Titel „Sleeves of Desire“ spielt metaphorisch auf Hüllen an – etwa auf Schallplattenhüllen – als Symbole kapitalistischer Oberfläche und Projektionsfläche von Begierde. Matsubara hinterfragt, wie Konsumgüter unsere Sehnsüchte vereinnahmen, glätten und letztlich banalisieren.
Ein begehbarer Körper zwischen Begehren, Konsum und Kunstgeschichte
Antiquitäten verschmelzen mit neuen Zeichnungen, Secondhand-Vasen werden zu fragmentierten Torsoskulpturen umgearbeitet. Die Werke thematisieren die enge Verbindung zwischen Erotik, Tod und Erinnerung. Im Eingangsbereich liegt ein Skelett, während im Obergeschoss ein nacktes Puppenpärchen nebeneinander ruht. Sind die beiden am Ziel des Begehrens angekommen – oder ist dies nur eine illusionäre Erfüllung?
Der raum des Dortmunder Kunstvereins erscheint in ein blutrotes Licht getaucht.-
Zahlreiche kunsthistorische Bezüge – unter anderem zu Gustav Klimt, Francis Picabia, Oskar Kokoschka oder Édouard Manets Olympia – verweisen auf eine intensive Auseinandersetzung mit der westlichen Kunsttradition. Auch die Psychoanalyse findet ihren Platz, insbesondere in ihrer historischen Verbindung mit dem Eros, wie sie in Wien, Matsubaras Wohnort, entstand.
Die Ausstellung „Sleeves of Desire“ von Soshiro Matsubara ist noch bis zum 31. August 2025 im Dortmunder Kunstverein zu sehen. Weitere Informationen sowie das Begleitprogramm finden Sie unter www.dortmunder-kunstverein.de.
Vom Suchen und Finden
„Wer suchet, der findet“, „Die Suche ist wichtiger als das Finden“ – zahllose Sprichwörter beschäftigen sich mit dem Thema des Suchens und Findens. Sechs Künstler:innen haben sich nun unter diesem Leitmotiv zur Ausstellung „Vom Suchen und Finden“ im Kunstraum 1a zusammengefunden. Kuratiert wurde die Ausstellung von Elly Valk-Verheijen, die damit eine ebenso poetische wie nachdenkliche Spurensuche inszeniert.
Zwischen Utopie und Unsicherheit
Marc Bühren nahm 2023 am Wettbewerb KUNSTstein teil. Dort zeigte er erstmals ein Kunstwerk, an dem er seit 2020 gearbeitet hatte: ein Video auf gefaltetem Papier, das durch seine Präsentation ein besonderes Raumerlebnis schuf. In der aktuellen Ausstellung präsentiert er „DYSTOPIAN COCOON II | cozy cathedral“ – eine Installation aus Ton, Bild und Raum. Sie thematisiert die Verletzlichkeit des Menschen im Zeitalter des Anthropozäns. Bühren verwendet Papierformen, Kuppeln, Projektionen und Klanglandschaften, um Räume zu gestalten, in denen man sich zugleich geborgen und bedroht fühlt. Seine Arbeit regt zur Auseinandersetzung mit der Frage an: Wie lässt sich in einer unsicheren Welt überleben?
Im Raum 1A, in Dortmund-Lütgendortmund, ist die Ausstellung „Vom Suchen und Finden“ bis zum 25.06.25 zu sehen.
Auch Anett Frontzek nähert sich dem Thema forschend. Sie untersucht in ihrer Kunst Strukturen aus Stadtplanung, Architektur oder Biologie und nutzt Karten, wissenschaftliche Daten und Statistiken als Ausgangspunkt. Ihre Werke basieren stets auf realen Beobachtungen, ergänzt durch eigene Fotos, Gespräche und Fundstücke. Für diese Ausstellung arbeitete sie mit Spuren des Sammlers Karl Ernst Osthaus – dem Gründer des Hagener Folkwang-Museums – und erforschte dessen Wirken im Stadtbild von Hagen anlässlich seines 150. Geburtstags.
Worte, Fundstücke und Erinnerungsschichten
Christel Koerdt lässt sich von Peter Bichsels Kurzgeschichte „Ein Tisch ist ein Tisch“ inspirieren, in der ein alter Mann durch das Neubenennen von Dingen in die Einsamkeit gerät. Für die Ausstellung hat Koerdt den gesamten Text ohne Satzzeichen oder Leerzeichen auf weiße Folie gedruckt und auf eine Wand appliziert. Darüber legte sie weiße, dreidimensionale Buchstaben – das Ergebnis ist ein strukturiertes, aber kaum lesbares Textfeld, das aus der Distanz an Brailleschrift erinnert. Ihr Werk kreist um die Themen Suchen und Finden, aber auch um Verstecken und Verlieren.
Maria Schleiner hingegen lässt sich vom Zufall leiten. Ihre Kunst beginnt oft mit Fundstücken wie Steinen, Zweigen oder Tonabdrücken. Auch Überreste anderer Kunstprojekte – selbst beschädigte Materialien – finden bei ihr neue Verwendung. Sie interessiert sich für kleine Strukturen, Farbveränderungen und ungewöhnliche Formen. Aus ausgeschnittenen Zeichnungen entstehen dreidimensionale Objekte, häufig in Serien. Durch genaue Beobachtung von Formen, Farben und Materialität sucht sie nach dem Besonderen im Alltäglichen.
Mira Schumann sammelt gebrauchte Alltagsgegenstände – etwa Tapetenreste, Holzstücke oder alte Teppiche –, die Spuren vergangener Orte und Situationen in sich tragen. Auch wenn sie ausrangiert sind, bleibt ihre Geschichte spürbar. In neuen Zusammenhängen entfalten sie neue Bedeutungen und erzählen andere Geschichten.
Elly Valk-Verheijen, die Kuratorin, ist selbst mit einer Arbeit vertreten. Sie fotografiert weiße Wände und bearbeitet die Bilder digital. Aus den dabei entstehenden Farb- und Formspielen entwickelt sie Wandmalereien, die reale und virtuelle Elemente verbinden. Ihr Werk zeigt beispielsweise die Lichtverhältnisse eines bestimmten Moments in Dortmund-Lütgendortmund und thematisiert das Wechselspiel von Licht, Schatten und Farbe im Lauf der Zeit.
Die Ausstellung ist bis zum 25.06.2025 zu sehen. Der Raum 1A in der Werner Straße 2 ist Mittwoch und Samstag von 11 Uhr bis 15 Uhr.
„Helle Wachträume“ an einem hellen, lichtdurchfluteten ersten Sommernachmittag in der Produzentengalerie Friedrich 7
Vom 10. Mai bis zum 8. Juni 2025 ist unter dem Titel „Helle Wachträume“ eine gemeinsame Ausstellung von Pia Bohr und Sonia Ruskov zu sehen – und zwar in der Produzentengalerie „Friedrich 7“ (Friedrich-Ebert-Straße 7, 44263 Dortmund). Öffnungszeiten: Mittwoch 16–18 Uhr, Samstag/Sonntag 14–17 Uhr.
Zur Vernissage haben die Künstlerinnen Pia Bohr und Sonia Ruskov eingeladen. Die gut besuchte Eröffnung um 17 Uhr wurde vom Team der Produzentengalerie Friedrich 7 in Dortmund hervorragend vorbereitet und begleitet. Friedrich 7 (https://www.kulturladenhoerde.de/), das jüngste Mitglied der KulturLaden-Familie, bietet einen großen, lichtdurchfluteten Raum mitten im belebten Zentrum Hördes für temporäre Ausstellungen, Workshops, Poetry Slams, Konzerte oder andere kulturelle Veranstaltungen. Diesen Raum haben die beiden Künstlerinnen ganz für sich gewonnen, um uns in ihre „hellen Wachträume“ zu entführen. Eine sehr gute Einführungsrede hielt die Kunsthistorikerin Silvia Schmidt-Bauer.
Zwischen Expressionismus und Skulptur – Zwei Künstlerinnen, zwei Ausdrucksformen
Sonia Ruskov ist gebürtige Bulgarin und hat an der Kunstakademie in Sofia im Hauptfach Restauration ihr Examen abgelegt. Seitdem war sie auch international an bedeutenden Restaurationsarbeiten beteiligt. Parallel dazu entwickelte sie ihre Malerei, und man erkennt deutlich, wo ihre Themen und Arbeitsschwerpunkte ihren Ursprung haben. Sie nimmt uns mit auf eine Reise durch religiös inspirierte Themen, die an die Freskenmalerei römischer Kirchen erinnern, aber gleichzeitig eine Befreiung der Malerei durch den Expressionismus andeuten.
Sonia Ruskov (links) und Pia Bohr vor ihren Arbeiten. (Foto: (c) Alexander Pohl)
„Darin wird ein Destruktionswille erkennbar, der sich gegen ein dekadent-erschlafftes und wohlanständiges Bürgertum der wilhelminischen Epoche sowie gegen die Genussästhetik des Impressionismus und Jugendstils wendet, wobei das Ziel der Stimulation oft unklar bleibt.“ (1)
Auf der Schwelle zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit entstehen Bildwerke, die an Künstler wie Marc Chagall, Pablo Picasso oder auch Piet Mondrian erinnern. Besonders die kräftige Farbgebung verweist auf diese Zeit des Umbruchs in der Malerei. Dabei handelt es sich jedoch nicht um bloße Kopien alter Meister, sondern um neue Werke in der Tradition jener Kunstepoche. In der modernen Kunst spricht man hier auch von Appropriation Art (englisch: appropriation = Aneignung) (2).
Dieses Phänomen trat bereits Anfang der 1970er-Jahre in der amerikanischen Kunstwelt auf. Damals kopierte man absichtlich die Originale berühmter und unerschwinglicher Künstlerinnen und stellte sie mit gesellschaftskritischem Hintergrund aus – mit der Frage: Warum soll sich nicht jeder einen Picasso leisten können? In der Tat sind die Bilder von Sonia Ruskov in dieser Ausstellung durchaus erschwinglich.
Bei Pia Bohr sehen wir neuere Bronzeplastiken und Holzskulpturen, die sie inzwischen auch erfolgreich auf großen Kunstmessen präsentiert. Ihre Werke haben es nicht leicht, sich gegen die farbgewaltigen Bilder an den Wänden zu behaupten, doch sie bilden in ihrer farblichen Zurückhaltung und reduzierten Formensprache einen spannenden Gegenpol. Nimmt man sich die Zeit, sie losgelöst vom Hintergrundgeschehen zu betrachten, entfalten sie ihre eigene Sinnlichkeit. Im Gegensatz zu musealen Präsentationen ist bei ihr das Berühren der Objekte ausdrücklich erlaubt – damit eröffnet sich eine weitere Dimension der Wahrnehmung. Wie sie selbst beobachtet hat, sind es vor allem Frauen, die diese Möglichkeit der Kunstbetrachtung gerne annehmen und genießen.
Als Bildhauerin arbeitete sie lange ausschließlich mit Holz und schuf amorphe Frauenfiguren, Torsi oder organisch wirkende Wesen. Diese Originale wurden zur Grundlage ihrer neuen Bronzeplastiken. Moderne 3D-Technik erlaubt das maßstabsgerechte Skalieren in kleinere Formate. Dennoch wird jede Bronzeplastik vor dem Guss individuell an der Gussform bearbeitet und nach dem Guss patiniert, sodass jedes Stück trotz serieller Herstellung ein Original bleibt. Dadurch erhalten die Werke von Pia Bohr eine besondere Wertigkeit.
Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Juni 2025 zu sehen. Sie wird mit einer Finissage am 8. Juni um 14:00 Uhr feierlich beendet.
By derpohl, 11. Mai 2025
Quellen:
(1) Zitat: Richard Hamann, Jost Hermand: Expressionismus (Epochen deutscher Kultur von 1870 bis zur Gegenwart. Band 5), Frankfurt 1977, S. 32–63, 93, 123.
Kunst, Kulinarik und Medienforschung im Dortmunder U
Im Museum Ostwall im Dortmunder U eröffnen gleich zwei neue Projekte spannende Perspektiven auf Kunst und Gesellschaft: Die Sonderausstellung „Am Tisch“ widmet sich dem Thema Essen und Trinken in der zeitgenössischen Kunst.Parallel dazu erlaubt das Forschungsprojekt „Wohin gehen all diese Leute?“ seltene Einblicke in die Restaurierung digitaler Medienkunst.
In „Am Tisch“ stehen gemeinschaftliche Mahlzeiten als kulturelle Praxis im Zentrum. Die Werke zeigen, wie Essen Identität, Erinnerung und soziale Begegnung formt.
Schon der Eingangsbereich ist faszinierend. Die Künstlerin Narges Mohammadi hat gemeinsam mit Dortmunder*innen 700 Kilo Halva hergestellt und daraus einen goldglänzenden, sinnlich erfahrbaren Raum geschaffen. Das ist nicht nur gestalterisch aufregend, sondern auch riechbar. Das Künstlerduo Alina und Jeff Bliumis tauschte Kunstwerke gegen Einladungen zum Abendessen und dokumentierte so persönliche Begegnungen mit Dortmunder Haushalten.
Auch weitere Arbeiten zeigen, wie Essen gesellschaftliche Fragen reflektiert: Eine riesige Küchenreibe von Mona Hatoum verweist auf unsichtbare Sorgearbeit vor allem von Frauen hin, während die ukrainische Künstlerin Zhanna Kadyrovas in ihren steinernen Broten politische Botschaften in Kriegszeiten transportiert. Die Ausstellung lädt auch zum Mitmachen ein: In der KunstKüche können Besucher*innen Fotos machen, mit KI ihren „kulinarischen Typ“ erkunden oder selbst mit Esspapier kreativ werden.
Keyvisual „Am Tisch“ / Design: Studio Fitz
Während die japanische Teezeremonie einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat, ist die koreanische Teezeremonie weitgehend unbekannt. In ihrer Arbeit „Until our tea strainer gets dry“ widmet sie sich den Lebensgeschichten von Gastarbeiter*innen aus Südkorea und Vietnam.
Der schönste Platz ist immer noch an der Theke? Na ja, das galt früher, denn das Kneipensterben hat auch im Ruhrgebiet massiv Einzug gehalten. Marie Donike und Johannes Specks werden ihre Tresenskulptur unter dem Titel „Kulisse“ an drei Terminen zum Leben erwecken. Passend, denn das Dortmunder U war früher ein Kühlturm der Dortmunder Union-Brauerei.
Gleichzeitig zeigt das Museum im benachbarten Galeriebereich das Forschungsprojekt „Wohin gehen all diese Leute?“. Es untersucht die 2000 entstandene Installation „Dove va tutta ’sta gente?“ der Künstlergruppe Studio Azzurro – ein interaktives Kunstwerk, das auf Besucher*innen reagiert. Die Restaurierung stellt das Museum vor besondere Herausforderungen, da veraltete Technik, sich wandelnde Sehgewohnheiten und komplexe Programmierungen berücksichtigt werden müssen. Im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts wird das Werk probeweise aufgebaut und öffentlich zugänglich gemacht.
Beide Projekte zeigen exemplarisch, wie das Museum Ostwall künstlerische Ausdrucksformen sammelt, erforscht und vermittelt. Die Ausstellung „Am Tisch“ ist bis zum 20. Juli zu sehen, der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Der Zugang zum Forschungsraum ist kostenlos.
Fotoausstellung zum Thema: Das eigene „Glashaus“ verlassen
Der Berufsverband der Bildjournalistinnen und Dokumentarfotografinnen in Deutschland, Freelens, präsentiert anlässlich seines 30-jährigen Bestehens bundesweit eine Reihe von Fotoausstellungen. In Dortmund thematisieren elf Fotografinnen der Freelens-Regionalgruppe Ruhrgebiet unter dem Titel „Glashaus – Räume, Rollen, Reflexionen“ das Verlassen der eigenen Filterblase. Die Ausstellung ist vom 9. bis 31. Mai 2025 in den Räumen „Hans A“ und „Hans B“ (Hansastraße 6–10, 44137 Dortmund) zu sehen. Die teilnehmenden Künstlerinnen beleuchten ein breites Themenspektrum – von Inklusion und Geschlechterrollen über Umweltfragen bis hin zu Drogenabhängigkeit und sozialen Brennpunkten.
Sinnbildlich für das Ausstellungsthema steht das Werk „Glashaus, Raum“ des Fotografen Axel M. Mosler: ein roter Bretterverschlag in Hausform mit durchscheinendem Lattengerüst und aufgemalten Fenstern – ein Bild, das architektonische Struktur und symbolischen Rückzugsraum in sich vereint.
Die großformatigen Fotografien laden dazu ein, gewohnte Sichtweisen zu hinterfragen. Sie zeigen eindrucksvoll, wie ein Perspektivwechsel zu mehr Reflexion, Problembewusstsein und Empathie für das „Andere“ führen kann.
Gesellschaft im Fokus – Fotografien mit Haltung
Die Ausstellung überzeugt nicht nur durch Vielfalt, sondern vor allem durch ihre persönliche Tiefe und gesellschaftliche Relevanz. Jede Serie eröffnet einen eigenen, prägnanten Blick auf Themen, die uns alle betreffen – mal leise beobachtend, mal mit deutlicher Haltung.
Die Fotoausstellung präsentieren unter anderem (v.l.n.r.) Axel M. Mosler, Andreas Buck, Merle Weidmann, Frank Schultze und Achim Pohl.
Hans Buck setzt sich mit dem Waldsterben auseinander. Seine Bilder zeigen nicht nur den Zustand der Natur, sondern auch die stille Ohnmacht des Menschen angesichts der Klimakrise. Ravi Sejk führt das Publikum in die geheimnisvolle Welt von Averdunk-Island. Die Bewohner*innen dieser fiktiven Insel erscheinen nur von hinten oder ohne Gesicht – ein Spiel mit Sichtbarkeit und Schutz, aber auch mit Ausgrenzung. Sascha Schürmanns Serie „Rausch-Raum“ gibt einen bewegenden Einblick in die Arbeit der Aids- und Drogenhilfe. Seine Fotografien zeigen die Realität derer, die oft am Rand der Gesellschaft stehen – würdevoll und direkt. Achim Pohl dokumentiert mit „Lust for Life“ die Corona-Zeit aus einem ganz eigenen Blickwinkel. Menschen tauchen an Waldrändern oder auf Feldern auf – scheinbar geschützt, aber auch isoliert. Der Wald wird zum Rückzugsraum, zur Zwischenwelt.
Mit „Women of Wuppertal“ fängt Süleyman Kayaalp die Vielfalt und den Charakter eines Frauenchors ein. Die Bilder zeigen Individualität, Stärke und Gemeinschaft jenseits gängiger Klischees. Frank Schultze blickt in „Flood-Postcards“ zurück auf die verheerende Flut im Juli 2021. Seine Arbeiten sind mehr als eine Dokumentation – sie halten fest, was geblieben ist und was noch zu tun bleibt. Heike Thomese-Osthoff begleitet in „Freiheit hat keinen Wohnsitz“ unter anderem eine Frau, die in einem Wohnmobil lebt. Ihre Geschichte erzählt von Selbstbestimmung, Unabhängigkeit – und den Grenzen dieser Freiheit. Dr. Jörg Jäger richtet den Blick auf die vielen leerstehenden Ladenlokale in unseren Innenstädten – stille Zeugnisse des Strukturwandels und des Verschwindens urbaner Öffentlichkeit. Merle Weidmann porträtiert das Leben mit einem Kind, das mit Trisomie 21 geboren wurde. Ihre Fotografien sind liebevoll, nah und voller Respekt – sie zeigen den Alltag, aber auch das Besondere dieses Familienlebens. Jörg Meier schließlich widmet sich in seinen Porträts Frauen, die sich bewusst gegen gesellschaftliche Normen stellen. Seine Bilder feiern Selbstbestimmung und Individualität – ein stilles, starkes Statement gegen Rollenzwänge.
Die Vernissage findet am 9. Mai 2025 um 18 Uhr in den Ausstellungsräumen „Hans A“ und „Hans B“ statt. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag, jeweils von 16 bis 19 Uhr.
Kein Ort. Und doch ein Wiedersehen
Anke Droste zeigt eine Retrospektive in Lütgendortmund
Es war wie eine kleine Zeitreise: Über Jahre hinweg haben wir die Galerie „der kunstbetrieb“ in der Gneisenaustraße und ihre Ausstellungen journalistisch begleitet. Nun zeigt Anke Droste im Laden 1a in der Wernerstraße 2 in Lütgendortmund noch bis zum 3. Mai 2025 eine Art Retrospektive ihres künstlerischen Schaffens. Der Titel der Ausstellung: Kein Ort. Nirgends. Anke Droste war – gemeinsam mit Sabine Spieckermann – das prägende Gesicht von „der kunstbetrieb“.
Freiheit, Fremdheit – und die Suche nach Zugehörigkeit
In der Ausstellung sind Werke aus Malerei, Fotografie, Grafik und Installation zu sehen. Droste setzt sich darin intensiv mit dem Begriff der Freiheit auseinander. Sie beschreibt Freiheit als ein Ideal, das nur in der Vorstellung existiert:
„Freiheit ist ein Ideal und existiert nur als Idee. Die Autonomie des Subjekts, des Einzelnen ist ebenso eine Kopfgeburt wie die einer Gruppe oder die einer Nation. Das, was wir als Freiheiten erleben, muss immer neu erkämpft werden.“
Eingang zur Galerie „Raum 1 a“ in Lütgendortmund. (Foto: (c) Anke Droste)
Der Ausstellungstitel no place. nowhere bezieht sich auf Christa Wolfs Erzählung Kein Ort. Nirgends, in der sich die Dichter*innen Kleist und Günderode begegnen – ein literarisches Sinnbild für Heimatlosigkeit und Fremdsein in der Welt. Der ergänzende Satz There has to be a place somewhere hingegen verweist auf das menschliche Bedürfnis nach Hoffnung und Zugehörigkeit.
Zur Vernissage kam das alte kunstbetrieb-Gefühl wieder auf: Jazzmusik aus den Lautsprechern, Süßigkeiten auf dem Tisch und neben Anke und Sabine einige Künstler*innen, die früher in der Galerie ausgestellt hatten. Ein Hauch von Wehmut lag in der Luft – vielleicht gibt es bald wieder einen Ort, der zur künstlerischen Heimat werden kann.