Fiona Banner und das künstlerische Spiel mit Gegensätzen

Auf der 3. Etage des Dortmunder U hat der Hardeware MedienKunstVerein (HMKV) sein Zuhause. In den nächsten Monaten, vom 17.09.2022 bis 29.01.2023 können dort Besucherinnen und Besucher die Ausstellung „Pranayama Typhoon (Soft Parts Wing Flap Fin)“ der britischen Künstlerin Fiona Banner aka (genannt) The Vanity Press sehen und erleben.



Wie Dr. Inke Arns beim Pressegespräch verriet, wurde sie bei eben dieser Ausstellung der Künstlerin im April dieses Jahres in einer Kirche aufmerksam.

Das Fiona Banner (*1966) mit Gegensätzen spielt, wird schon beim Titel deutlich. Das Wort „Pranayama“ ist eine uralte Atemtechnik, während „Typhoon“, ein immer häufiges auftretendes Naturphänomen, aber gleichzeitig den Namen eines hochmodernen Kampfflugzeuges beinhaltet.

Die Ambivalenz manifestiert sich auf besondere Weise in die „kalten Tötungsmaschinen“ und dem „weichen Stoff“ der Attrappen. Assoziationen zu (aktuellen) Kriegen kommen da manchen Betrachtenden wohl in den Sinn.

Die Künstlerin nutzt unterschiedliche Medien als Ausdrucksform.

So befinden sich mitten im Raum (3. Etage HMKV) aufgeblasene graue Flugzeugteile in Originalgröße (Außenhülle, Planen) als gemütliche weiche Sitzgelegenheiten. Das weiche Material steht hier wieder als Gegensatz zum martialischen Kampfflugzeug.

Frontal ist das ungefähr zehnminütige Video „Pranayama Organ (2021), gedreht an der südenglischen Küste (am Kanal) auf einer großen Leinwand zu sehen. Es zeigt zwei aufblasbare Flugzeug-Attrappen in Originalgröße, eine Typhoon und eine Falcon. Im Morgengrauen tauchen zwei Figuren auf, gekleidet als die beiden Kampfflugzeuge. Sie sind in eine Art kämpferischer Bindung gefangen. Gleichzeitig treibt sie ein unerfülltes Verlangen nach Intimität. Es ist ein Ritual aus Balz und Kampf. Die in einer Londoner Kirche aufgenommen Orgelklänge (verweisen auf den Kult-Song „Wild ist the Wind“) sowie Geräusche des Winds unterstreichen die Spannung des Werks.

An der rechten Seite befindet sich ein „atmende“ aufgeblasene Kampfflugzeug-Attrappe in Originalgröße.

Verteilt über den Raum sind unter dem Titel „Fallstop Sea Scapes (2020-20222) fünf kleine gefundenen Gemälde, die das Meer zeigen zu sehen. Banner hat hier die ursprünglichen Motive, Seeschiffe, Schlachtschiffe oder Zerstörer, übermalt und stattdessen durch schwarze, in Öl gemalte Punkte (Interpunktion) ersetzt. Das sorgt für eine besondere Strukturierung.

„Runway“ (September 2021) stammt aus einer Serie für die koreanische Vogue, als die Künstlerin für Seoul ausstellte. Sie nutzt das Magazin-Format als skurrile, Performance-Raum, indem sie aufblasbare Flugzeuge als Ersatz für Kostüme und Requisiten einsetzt. Sie verweist so auf den Laufsteg als theatralischen Mode-Raum und zudem als Startrampe für ein Fluggeräte.

„Dear Bathos, Love…“ (2022), ein Film auf einem Monitor, zeigt eine ISBN-Nummer (2009 gab sich die Künstlerin selbst eine ISBN-Nummer und registrierte sich als Publikation unter ihrem eigenen Namen) auf einer Art Liedtafel wie sie es in Kirchen gibt. Es wurde der Verlauf des Sonnenlichts auf der Tafel im Laufe des Tages beim Dreh in ihrem Atelier aufgezeichnet. Ein verweis auf einen Zustand oder Gefühl.

Die Ausstellungseröffnung findet am Freitag, den 16.09.2022 um 17:00 -22.00 Uhr auf der 3. Etage des Dortmunder u statt.

Führungen: Immer am Sonntag um 16:00 Uhr! Online-Führungen immer zweimal im Monat.

Weitere Infos zur Ausstellung auf der Seite des HMKV.




MO Kunstpreisträgerin 2022 heißt Hannah Cooke

Am Sonntag, dem 11.September 2022 verleihen die Freunde des Museum Ostwall e.V. nun schon zum neunten Mal den mit 10.000 Euro dotierten MO_Kunstpreis für dieses Jahr im Dortmunder Museum Ostwall im U (Schaufenster). Mit dem Preisgeld wird ein Kunstwerk für die Sammlung des MO erworben. Seit 2020 unterstützt die Stadt Dortmund den Ankauf mit weiteren 10.000 Euro.



Das Ziel ist, den Fluxus-Schwerpunkt der Sammlung zu stärken, und um zeitgenössische Positionen zu erweitern.

In diesem Jahr geht der begehrte Preis an die Künstlerin Hannah Cooke (Jahrgang 1986, Karlsruhe). Ihr Bezug zu Fluxus liegt in ihrer (kritischen) Auseinandersetzung mit Themen des täglichen Lebens. Sie erforscht mit ihren Arbeiten sensibel gesellschaftliche Schieflagen.

Wie sie selbst sagt, steht am Anfang die Idee. Mit Sorgfalt und Akribie recherchiert Cooke ihre Werke zu Themen wie institutionelle Hierarchien und Strukturen (auch innerhalb des Kunstbetriebs) oder Genderfragen. Danach setzt sie sie mit Humor in Performance, Videos, Fotografien oder Installationen um. Dabei bietet sie keine einfachen Lösungen an, sondern regt die Betrachtenden subtil an, ihre Sinne für die erkannten Schieflagen zu schärfen.

Im Anschluss an die Preisverleihung am 11.09.2022 um 11:00 Uhr wird im Mo_Schaufenster (5. Etage im Dortmunder U) eine Ausstellung mit Werken der Künstlerin eröffnet. Zu sehen sind u.a. ihre angekauften Videoinstallationen „Ada vs. Emin“ und „Ada vs. Abramović“ zu sehen.

In ihren beiden rekonstruktiven Videoinstallationen stellt sie zusammen mit ihrer 2018 geborene Tochter Ada (damals noch Säugling) mit ihrer unterschiedlichen Position den beiden einflussreichen Künstlerinnen Tracey Emin und Marina Abramović gegenüber. Im Gegensatz zu ihr vertreten die beiden vorgeblichen Feministinnen die Position, das es nicht möglich ist, gleichzeitig eine gute Mutter und erfolgreiche Künstlerin zu sein.

Eindrucksvoll ist auch ihr Wandteppicharbeit „Bitter Pills“ (100 % Schurwolle, Spiegel). Der von Hannah Cooke handgetuftete Wollteppich zeigt in der Mitte eine übergroße Vulva (Symbol für die Bedeutung des weiblichen Körpers für das Gebären von Leben). Die Hyänen an den vier Ecken weisen auf die von der Psychoanalyse zugeordneten „Hysterie“ hin. Die vielen bunten Pillen auf die Belastung des weiblichen Körpers zum Beispiel durch die „Anti-Baby-Pillen“.

Jenseits der Gynäkologie nehmen Mediziner und Pharmakologen lieber den männlichen, als den „zu komplexen“ Körper der Frauen als Grundlage für ihre Forschungsarbeiten. Dies hat weitreichende Folgen für die medizinische Versorgung für den weiblichen Teil der Bevölkerung.

Das nur als kleiner Anreiz für einen Besuch der Ausstellung. Es gibt auch wieder ein umfangreiches Begleitprogramm. Mehr darüber erfahren Sie über die internet-Seite des Museum Ostwall im U.

Die Ausstellung läuft vom 13. September 2022 bis zum 8. Januar 2023.




Der Produktionsprozess als Kunstwerk

Die Künstlervereinigung „Dortmunder Gruppe“ zeigt vom Sonntag, den 11.09.2022 bis zum 02.10.2022 zum letzten Mal in den Räumlichkeiten der BIG Gallery (Dortmund, Rheinische Straße 1) eine Performance und Ausstellung „MNZ“.

Pia Bohr und Alexander Pohl berichtete beim Pressegespräch über den Hintergrund diese besonderen Performance-Ausstellung.



Schon seit einiger Zeit wurden die Bedingungen für die Künstlergruppe in der BIG Gallery wohl immer schwieriger. Am Ende fühlte man sich mit den jährlichen Ausstellungen der Bilder und Skulpturen eher als schmückendes Beiwerk für Meetings beispielsweise im Haus.

Die Städtische Galerie Torhaus Rombergpark reicht alleine nicht aus. Nun ist man auf der Suche nach einem geeigneten Ort für die Künstlervereinigung.

Günstige Discounterkunst auf der einen, super teure, im Augenblick gefragte „hippe Kunst“ machen es örtlichen Kunstschaffenden schwer, ihre Werke zu verkaufen. Die Künstler*innen der „Dortmunder Gruppe“ spielen in ihrer Performance „MNZ“ mit diesen traurigen Blüten der Kunstwelt.

Der Ausstellungsraum der BIG Gallery wird zur Produktionsstraße, jeder der beteiligten Künstler*innen ein Rädchen in der Kunstmaschine und Diener des Produktionsprozesses.

Vierzig identische Bilder werden nach einer typischen Dortmunder Bildvorlage (Siegelpils-Flasche) auf eine Leinwand im Format 60×80 cm in einer kollektiven, seriellen Produktion hergestellt. Das Ergebnis wird direkt im Anschluss im Ausstellungsraum gehängt. Es kann vor Ort reserviert und für 19,98 Euro käuflich erworben werden.

Neun Künstler*innen sind um einen langen mit Malerfilz abgedeckten langen Tisch gruppiert mit Stationen wie am Fließband. Vorne bei Station 1 kommt eine identische reproduzierte Vorlage hinein, die von Station zu Station mit verschiedenen Farben akribisch ausgemalt werden.

Immer dieselben Farben und Striche, über mehrere Stunden. Am Ende kommt eine Serie von Kopien ein und desselben Bildes als Ergebnis eines kollektiven Prozesses heraus. Dieser wird von vier Personen am Tischende sorgfältig und genau beobachtet. Antreibende Musik läuft im Hintergrund. Bei kleineren Auszeiten bei diesem Marathon sind „Springer“ zur Stelle.

Jede Kopie ein Original! Es stellt sich die Frage. Was ist Kunst?

Eine sich Kunst und kulturbeflissene darstellende Stadt wie Dortmund sollte sich überlegen, mehr für die hiesigen bildenden Künstler*innen zu tun. Die Performance beginnt am Sonntag, den 11.09.2022 um 11:00 Uhr und geht bis ca. 17:00 Uhr.




Neun Sonnen – Digitale Utopien in der UWEI

Vom 08. September 2022 bis zum 15. Januar 2023 zeigt die UWEI des Dortmunder U die immersive Ausstellung „Neun Sonnen“. Hier gibt es alternative Realitäten zu entdecken, sich zu entschleunigen und neue virtuelle Räume entdecken. #neunsonnenexperience



Wenn Künstler sich die Zukunft vorstellen, wird es meistens düster. Dystopien in verschiedenster Form lassen grüßen, die Farbe Schwarz ist vorherrschend. Doch diese Ausstellung ist anders. Bunt und farbig. Gemäß den Satz der Science-Fiction Autorin Octavia E. Butler „Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Aber es gibt neue Sonnen.“ präsentieren elf Künstler*innen Arbeiten, die das Verhältnis zwischen Natur und Technik thematisieren. Wie sehen ihre Utopien aus?

Die Videoarbeit von Johanna Mangold zeigt überhaupt keine positive Utopie. Denn sie zeigt das Verhältnis zwischen einer Ameisenart und parasitären Pilzen, die sich zu einer Symbiose vereinigen. Leider zum Nachteil der Ameisen. In ihrem Video verbindet sie 2-D Animationen mit Synthesizer-Sounds und Text.

Virtual Reality (VR) ist das Stichwort für Lena Biresch und Nico Parisius. Sie bilden das Kollektiv PRESS [ST]ART und bieten mit „Me, myself and my Avatar“ einen Ausflug in virtuelle Welten. Hier können Besucher via VR-Brille einen von drei Avataren steuern, die allesamt Besonderheiten haben wie beispielsweise einen dritten Arm. Wie geht das menschliche Gehirn damit um?

Gamer unter den Besucher*innen werden Spaß haben an „Orun Rere – Swarm Prototype 4“ der beiden Künstlerinnen Glor’la & alpha_rats. Kann man in den meisten Spielen nur „männlich“ oder „weiblich“ wählen, ist „Orun Rere“ ein Spiel ohne binäres Denken.

Augmented Reality hat durch Pokeman Go vor einigen Jahren einen Boom erlebt. Die Künstlerin Eunjeong Kim verwandelt ihren Bereich mithilfe eines Tablets in einen Raum, in denen Objekte auftauchen, die sich bewegen und auch klingen.

„Chasing Landscapes“ heißt die interaktive Installation von Vesela Stanoeva, die gleichzeitig auch Kuratorin der Ausstellung ist. Ihre projizierte bunte Landschaft kann durch Besucher*innen gestaltet werden, die die Installation per Bewegung zu einem anderen Ort verändern können.

Dimitris Gkikas entführt die Besucher*innen mit „Mnemosyne Unit-01“ in eine ferne Zukunft. Seine Installation erzählt die Geschichte einer Kreatur, die wegen eines Virus sämtliche DNA der Menschheit in sich aufgenommen hat.  

Andrea Familari ist ein Medienkünstler, der bei dieser Ausstellung mit einem Spiegel (TTN-YOU) aufwartet. Anders als im Märchen, sagt er nichts, sondern reagiert auf dem Lärm, den eine Person erzeugt. So entstehen ungewöhnliche bunte Bilder.

Eine virtuelle Reise zu den fünf menschlichen Sinnen ermöglicht das Studio „Baum & Leahy“. Begleitet von den Hütern der Sinne können sich die Besucher*innen auf neue Erlebnisse in der virtuellen Welt freuen.

Ein wenig Zeit brauchen die Besucher*innen für „Sleep like Mountains“ von Lotta Stöver. Hier wird die Oberfläche des menschlichen Körpers gemessen und mit Geodaten der Erde verglichen. So bekommt der/die Besucher*in einen Ort präsentiert, der seinem/ihrem Körper entspricht.

Wird es in der Zukunft eine Form der digitalen Unsterblichkeit geben? MengXuan Sun experimentiert mit dieser Frage in ihrer Video Installation „TaiChu3030“. Hier können die Besucher*innen wieder mit einer VR-Brille in virtuelle Welten abtauchen und einen imaginären Blick in die Zukunft werfen können.

Für die Ausstellung wurde extra ein Sounddesign geschaffen. Verantwortlich dafür ist der Soundkünstler Christian Bröer. Besonders schön ist auch das Ausstellungsdesign geworden. Mehr als 15.000 Papierstreifen führen die BesucherInnen durch die einzelnen Räume. Dazu gibt es auch noch ein futuristisches Sofa als „Snoezel-Element“.

Die UZWEI freut sich schon auf Reaktionen der Besucher*innen unter dem Hashtag #neunsonnenexperience

Die Eröffnung ist am Donnerstag, dem 08. September 2022 um 17 Uhr.




Landschaftsbilder von  Johann Hinger an zwei Orten

Vom 04. September 2022 bis zum 15. Januar 2023 stellt das Hoesch-Museum und das Atelierhaus Westfalenhütte insgesamt über 60 Arbeiten von Johann Hinger aus. Das Hauptthema seiner Bilder sind die Landschaften des Ruhrgebiets.

Wie kommt ein Österreicher ins Ruhrgebiet? Der Liebe wegen. Deshalb wechselte Johann Hilger von der Kunstakademie in Wien nach Düsseldorf und zog 1976 ins Ruhrgebiet. Hier fand er auch sein Hauptthema: Die Landschaften des Ruhrgebiets.



Abseits der Klischees hat das Ruhrgebiet einiges zu bieten. Die Kombination von Industriestrukturen und Natur macht die Gegend zu etwas Besonderem. Hier wechselt sich ein stillgelegtes Stahlwerk mit einem ursprünglichen Wald ab, ein belebter Binnenhafen mit ruhiger Flussaue. Die Motive von Johann Hinger halten die Balance zwischen Industrie, Kultur und Natur.

Auch wenn die Landschaftsbilder durchaus an die klassischen Romantiker erinnern, gibt es einen großen Unterschied, wie Hinger erzählt. Das Licht, das eine wichtige Rolle spielt, ist bei ihm kein göttliches Licht, sondern eher wissenschaftlich kühl. Seine Bilder sind der Moderne verpflichtet ohne den romantischen Eskapismus.

Während im Hoesch-Museum etwa 20 Bilder hängen, sind ein paar hundert Meter weiter im Atelierhaus Westfalenhütte von Brigitte Bailer rund 40 weitere Arbeiten von Johann Hinger zu sehen. Der Spaziergang wischen den beiden orten dauert etwa 10 Minuten und lohnt sich. Denn im Atelierhaus ist unter anderem eine großformatige Ansicht von Dortmund zu sehen. Dort sind auch die Bildbände von Joahnn Hinger zu sehen.

Ausstellungseröffnung ist im Hoesch-Museum um 11 Uhr und um 13 Uhr im Atelierhaus Westfalenhütte (Freizeitstraße 2).

Öffnungszeiten Hoesch-Museum: Dienstag, Mittwoch: 13:00 – 17:00 Uhr

Donnerstag: 09:00 – 17:00 Uhr

Sonntag: 10:00 – 17:00 Uhr

An allen Feiertagen geschlossen.

Öffnungszeiten Atelierhaus Westfalenhütte

Öffnungszeiten:
Mittwoch 17.00 – 21.00 Uhr          
Sonntag   11.00 – 13.00 Uhr          
täglich nach Vereinbarung 




Musik, Sound und kinetische Objekte – what comes mex?

Seit über 30 Jahren sorgen die mex-Konzerte im Künstlerhaus für außergewöhnliche Klangerlebnisse. Das feiert das Haus jetzt mit einer besonderen Ausstellung, bei der sich die Künstler*innen mit diesen Klangwelten aus unterschiedlicher Sicht auseinandersetzen. Vom 27. August bis zum 02. Oktober 2022 ist die Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund zu sehen.

Mit veralteter Haustechnik beschäftigt sich Darsha  Hewitt. Sie ist eine Art Medienarchäologin In ihrer Arbeit „High Fidelity Wasteland II“ benutzt sie Schellackplatten, die Vorgänger der Vinylplatten und spielt sie auf einem 50er Jahre Plattenspieler statt auf 78 rpm auf 16 rpm ab. So wird Musik plötzlich zu einer düsteren Landschaft.



Im tiefen Keller des Künstlerhaus zeigen Jan van IJken und Jana Winderen. Ihr Film „Planktonium“ ist eine Reise in ein unbekanntes Gebiet. Mikroskopisch kleine Strukturen werden sichtbar. Untermalt wird der Film von Klangkompositionen von Winderen, die teilweise unter Wasser oder im Eis entstanden.

Pfeiffer & Kreuzer sind ein konzeptionell arbeitendes Duo. Sie zeigen einige kinetische Arbeiten, die mit unserer Wahrnehmung spielen. So wird ein Kissen zum Rotieren gebracht, bis seine Konturen sich auflösen. Scheibenwischer streicheln Fell, aber in der Gegenbewegung zerzausen sie es.

Bei Joanna Schulte stehen zwei Musikmöbel gegeneinander, die beide „Give me your love“ von Frank Duvall spielen. Die Tonarme sind so manipuliert, dass sie die ein und dieselbe Stelle spielen. Was digital einfach ist, wird hier analog und mechanisch zu einem Loop verarbeitet.

Olsen arbeitet an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Seine Konstruktionen sind jenseits funktionaler und rationaler Logik. Sein Newton’s Buddha entwickelt sich zum perpetuum mobile, ein Chefsessel dreht durch und wird zu „Düsen nach Jägerart“. Olsen nennt seine Arbeiten poetische Tastversuche jenseits sinnvoller Logik.

Natürlich dürfen die Namensgeber der Ausstellung nicht fehlen. 15 Künstler*innen haben einen Kettenfilm mit Sound und visuellen Effekten zusammengestellt, die aufeinander aufbauen. Zu sehen im Keller.




Künstlerische Arbeiten zum Thema „Lost Paradises“

In der Städtischen Galerie Torhaus Rombergpark in Dortmund sind vom 21.08.2022 bis zum 11.09.2022 unter dem Titel „Lost Paradises“ 39 Arbeiten (Malerei /Collage /Plastiken) der Lüdenscheider Künstlerin Gabriele Püttmann ausgestellt. Die Werke entstanden 2004 bis aktuell 2022.

Wenn man die spezielle Örtlichkeit der Galerie des Torhauses am idyllischen Rombergpark betritt, fallen einem sofort die farbenfrohen abstrakt-surrealen Bilder auf Leinwand (Acryl, Ölmalerei, Strukturspachtel bearbeitet, teilweise Schichtungen von Papier auf Folie) ins Auge. Der Bezug zu paradiesischen Arkaden-Gärten und Landschaften drängt sich dem betrachtenden Menschen auf. Gleichzeitig wird die Bedrohung „des Paradieses“ spürbar materialisiert. Die Landschaften werden durch die Interpretation der Künstlerin expressiv überformt.



Ihre Plastiken (Keramik) stellen stilisierte Personen oder Gegenstände in Zuständen des Wartens, des gebunden oder losgelöst Seins, oder der Bewegung in Zeit und Raum dar. So werden etwa einem aneinander gebundenen ein losgelöstes Paar neben einander gestellt. Das assoziiert den Wunsch nach Nähe und gleichzeitig Eigenständigkeit der Personen. Ein Reduktionsbrand mit Oxiden verleiht den Oberflächen der Objekte einen archaischen Touch.

Symbolkraft steckt zum Beispiel auch in einem löchrigen Bootswrack (Keramik, Rauchbrand).  Damit kommt man nicht weit und es weckt Assoziationen an die vielen Flüchtlingsboote…

Eindrucksvoll steht in der Mitte des Raumes ein großer, herausgearbeiteter Teller aus Fichtenholz mit übereinander gekreuzten Riesenlöffeln aus Holz. Da stellt sich die Frage. Wieviel bekommt wer von diesem der Gesellschaft ab?

Die Arbeiten sind sowohl ein Entwurf von Wirklichkeit als auch die Erinnerung an diese in Bildern.

Öffnungszeiten:

dienstags – samstags, 14:00-18:00 Uhr

sonn- und feiertags, 10:00-18:00 Uhr

Der Eintritt ist frei.




Wet resistance – Der Widerstand, der mit Wasser gefüllten Beutel

Die Künstliche Intelligenz (KI) scheint immer mehr Bereiche des Menschen zu dominieren. Sie kann besser Schach spielen und ist in Logik und Effizienz anscheinend dem Menschen überlegen. Dennoch haben die Menschen (noch?) mehrere Trümpfe. Ihre Kreativität in Kunst und Kultur, die Liebe und den Humor. Die Ausstellung „Wet resistance“ zeigt Arbeiten von neun KünstlerInnen in Dortmunder Kunstverein. Sie ist bis zum 30. Oktober 2022 zu sehen.

Die Arbeiten in der Ausstellung wurden von José Montealegre und Rebekka Seubert kuratiert und zeigen das Irrationale, Feuchte, Moosige, Wuchernde. Dazu wird das saubere, technische, rationale kontrastiert.



Der Titel der Ausstellung „wet resistance“ erinnert an ein Zitat aus Star Trek Folge „Ein Planet wehrt sich“  mit Picard als Captain. Dort bezeichnete eine anorganische Lebensform die Menschen als „Mit Wasser gefüllte Beutel“. Wie sieht uns die sich immer schneller entwickelnde KI? Bis etwas ähnliches wie Commander Data Realität ist, wird es sicher noch einige Zeit dauern, aber dann?

Gleich zu Beginn erwartet die BesucherInnen eine Überraschung. Denn die Fliesen scheinen nicht sachgerecht gelegt worden zu sein. Doch das ist gewollt. Die Arbeit von José Montealegre macht die Schritte der BesucherInnen hörbar. Zudem baut der Künstler eine alte Tomatenform aus Kupfer. Kupfer steht hier für die Technologie.

„Cup with stains“ von Anna Solal zeigt eine Kaffeetasse, die überall im Raum Flecken hinterlassen hat. Ihre Flecken bestehen unter anderem aus kaputten Smartphonebildschirmen, die wie Vögel aussehen. 

Darling Lopez-Salinas benutzt gefundene Materialien für ihre „Wasserpistole“. Das harmlos aussehende Gerät hat es in sich, denn darin befindet sich giftiges Wasser aus einem See in Managua (Nicaragua).

Die Arbeit von Tetsumi Kudos ist geprägt durch die Atombombenabwürfe auf Japan und die Möglichkeit der Auslöschung der Menschheit. Durch den Ukrainekrieg hat die Symbolik von „Souvenir de la mue“ eine neue Aktualität bekommen…

Mit dem Aussterben von Spezies beschäftigt sich auch Julian Irlinger. In seiner Fotoserie „before time“ kombiniert er Dinosaurierspielzeug mit Milch, die von Säugetieren produziert wird.

Die im Raum aufgestellten Fallen von Hanna-Marie Hammari wirken einerseits bedrohlich, sind aber zerbrechliche Objekte aus Keramik.

Die Arbeit von James Krone „Waterhome Series“ besteht aus zwei Teilen. Zum einen ein Aquarium, das vor Jahren mit Wassergefüllt wurde und danach von Algen überwuchert. Vom Mikrokosmos des Wassers inspiriert schuf Krone eine Reihe von Gemälden, die durch Schichtung von Farbe entstanden sind. Zu sehen sind einige Bilder mit ihrer Vorderseite (schwarz) und andere von ihrer Rückseite, auf der die Flecken der durchkommenden Farbe sichtbar sind.

Begrüßt werden die BesucherInnen von einer Plastik, die eine Art Meerjungfrau darstellt. Die Arbeit von Zoe Williams soll den Betrachter in eine Art Zwischenwelt ziehen. Ihre weiteren Zeichnungen spielen mit dem Gegensatzpaar Ekel und Anziehung.

Welche Mittel benötigen wir, um unser Dasein zu verlängern? Schon seit längerem nutzen wir Technik wie Herzschrittmacher, Dialyse oder eben Atemmasken, die die mexikanischer Künstlerin Berenice Olmedo für ihre Arbeiten „Homonyme“ und „Askésis“ benutzt. Auch hier bleibt ein dystopischer Gedanke bestehen: Was werden wir in Zukunft für Hilfsgeräte benutzen müssen, um hier weiterexistieren zu können.

 

José Montealegre_ Pagina 295_2022_Photo Roland Baege

PROGRAMM

Freier Eintritt zu allen Veranstaltungen

DO, 8. SEPTEMBER, 19 UHR 
KLEINER FREITAG 
LA DERNIÈRE SÉANCE #19
19 Uhr: Kuratorinnenführung im Kunstverein
20 Uhr: Filmvorführung im Kino im U: Mundane History (82’), Regie: Anocha Suwichakornpong, Thailand, 2009, Sprache: Thai mit englischen Untertiteln
Kuratiert von Julian Irlinger  

MO, 12. SEPTEMBER, 10-13 UHR 
KÜNSTLER*INNENFRÜHSTÜCK #2
Gastvortrag: Noor Mertens, Kunstmuseum Bochum
Anmeldung unter: artistled@dortmunder-kunstverein.de

DO, 6. OKTOBER, 19 UHR 
KLEINER FREITAG
VIDEOVORTRAG + Q&A
Dr. Astrida Neimanis (Kulturtheoretikerin und Professorin an der UBC Okanagan, Kanada) über ihr Sachbuch „Bodies of Water: Posthuman Feminist Phenomenology“ (2017), Hybridveranstaltung, moderiert von Rebekka Seubert und José Montealegre

SO, 9. OKTOBER, 17 UHR 
SLOW READING CLUB #4
mit Bryana Fritz und Henry Andersen für deutsch- oder englischsprachiges Publikum
Mit philosophischen und literarischen Texten zur Ausstellung schaffen die Lesesessions des Slow Reading Clubs ein kollektives körperliches Erlebnis: Durch Lichtstimmung, Sound, Interventionen und ein besonderes räumliches Setting werden künstliche Situationen erzeugt, in denen gemeinsam gelesen wird.
Anmeldung: visit@dortmunder-kunstverein.de

Dortmunder Kunstverein
Rheinische Straße 1
44137 Dortmund

Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag        15 – 18 Uhr
Samstag und Sonntag    11 – 18 Uhr
sowie nach Vereinbarung




Der kurze Moment vor dem Einschlafen

Das Kunstbonbon in Dortmund (Chemnitzer Str. 11) zeigt in seinen Räumlichkeiten vom 06.08.2022 bis 10.09.2022 unter dem Titel „Vom Liegen und Lieben“ in einer neuen Ausstellung verschiedene Bilder von Virginia Novarin.

Virginia Novarin stellt im Kunstbonbon aus.
Virginia Novarin stellt im Kunstbonbon aus.

Die Künstlerin beschäftigt sich bei diesem Projekt mit dem spannenden kurzen Augenblick vor dem Einschlafen. Nachdem sie sich und ein paar Mitmenschen gefragt hatte, was sie vor diesem Moment empfunden haben. Gibt es spezielle Rituale und Umstände, die diesen besonders schön machen?

Mit den Erzählungen, Fragen und Antworten im Hinterkopf verarbeitete Novarin das Thema künstlerisch in ihren diversen Bildern.

Macht es einen Unterschied, ob man alleine schläft, entspannt lesend in ein Buch versinkt, oder welche Rolle spielen schöne Düfte, Geräusche wie Meeresrauschen, Erinnerungen und vieles mehr.

Auf einem Bild liegt zum Beispiel ein Mensch in sich versunken, nachdenklich oder schlafend auf einer sommerlich anmutenden, geblümten Decke. Da möchte man als betrachtende Person gern seinen Platz einnehmen.

Eine Ausstellung, die sicherlich zum innehalten, hinein-versenken und zu eigenen Assoziationen anregt.

Ab dem 06.08.2022 um 15 Uhr beginnt die Ausstellung im Kunstbonbon.

Interessierte und neugierige Gäste werden dort mit Freude erwartet.

Zu den Öffnungszeiten (dienstags 13-18, freitags 15-18 und samstags 12-15 Uhr) können die Werke von Virginia Novarin natürlich nicht nur betrachtet, sondern natürlich auch käuflich erworben werden.




Mit der Dortmunder Gruppe in eine Zeitkapsel

Eine Zeitkapsel ist eigentlich eine Erfindung der Neuzeit. Ab dem 18. Jahrhundert werden sie gerne in Grundsteine eingemauert oder in Kirchturmspitzen gelagert. Ein Zeitkapselprojekt ist die „Crypt of Civilization“, das Objekte aus dem Zeitraum 1900-1950 enthält. Sie soll erst im Jahre 8113 geöffnet werden. Wer auch immer das sein wird. So ambitioniert ist die Ausstellung der Dortmunder Gruppe im Torhaus Rombergpark unter dem Titel „Raum Zeit Kapsel“ nicht, aber die 20 Künstlerinnen und Künstler haben sich in 37 verschiedenen Positionen mit dem Thema beschäftigt. Die Ausstellung findet vom 24. Juli bis zum 14. August 2022 statt.

Einige schöne Ideen zum Thema präsentieren die Mitglieder der Dortmunder Gruppe in dieser Ausstellung. So hat Monika Pfeiffer ihre Angst vor den „Schwarzen Löchern“ im Weltall künstlerisch verarbeitet und hat „Grüne Löcher“ geschaffen. Roul Schneider präsentiert mit „Unser Wille geschehe (Es ist später als zu denkst)“ eine Uhr, auf der es immer 12 Uhr ist. Angesichts des oft getätigten Ausspruchs „Es ist Fünf vor Zwölf“, sollte sich die Menschheit klarmachen, dass es wahrscheinlich schon nach Zwölf ist. In seiner zweiten Arbeit „Fortschrittswahn“ läuft die Zeit rückwärts.

Das Torhaus Rombergpark verwandelt sich in seine Rakete mit Zeitkapsel vom 24. Juli bis zum 14. August 2022. Verantwortlich sind unter anderem (v.l.n.r.) Monika Pfeiffer, Alexander Pohl, Roul Schneider und Christian Psyk.
Das Torhaus Rombergpark verwandelt sich in seine Rakete mit Zeitkapsel vom 24. Juli bis zum 14. August 2022. Verantwortlich sind unter anderem (v.l.n.r.) Monika Pfeiffer, Alexander Pohl, Roul Schneider und Christian Psyk.

Rosa Fehr-von Ilten beschäftigte sich in ihrer dreiteiligen Arbeit „Fortune“ passenderweise mit Glückskeksen. Sammelbilder sind seit Jahrzehnten beliebt. Ob Fußballspieler, Pokémon oder Magic: The gathering, seit dem 19. Jahrhundert wird fleißig gesammelt. Birigt Feike hat sich bei „Cosmic Shells big“ und „Cosmic Shells small“ mit Star Wars Sammelbildern beschäftigt.

Seine eigene Zeitkapsel präsentiert Alexander Pohl mit „Zeit“. Die Holzkiste ist mit einem Fahrradschloss gesichert und jeder Besucher darf sich daran versuchen. Seine weiteren Arbeiten „Driven Drawings“ setzen visualisierend sein Bewegungsprofil von google maps um.

Mariana Gonzaléz Alberti hat sich seit langer Zeit mit Seidenraupen beschäftigt. In „Lebensvariationen I-IV“ zeigt sie die Unterschiedlichen Stufen der Entwicklung dieser Tiere. In „Kosmos der Seidenraupen“ präsentiert sie Spuren der Raupen, die mit ihren Eiern und Sekret ein ganz eigenes Bild erschaffen, das an Sternenbilder erinnert.

Zwei Installationen lenken aber alle Blicke auf sich. Zum ersten arbeitet Christian Psyk in seiner Arbeit „Raumzeitkapsel“ mit gefundenen Objekten. Eine kleine Umkehrung, denn in eine Zeitkapsel kommen ja „originale“ Dinge, die erst nach ihrer Öffnung „gefunden“ werden.

Die zweite Installation ist „Transformer“ von Lutz Kemper. Diese Zeitmaschine ist wirklich beeindruckend. Alte Technik trifft ein wenig Cyberpunk. Das Gefährt hat für die Besucher sicher einiges zu bieten.

Es gibt weitere Kunst in dieser Ausstellung von Marlies Blauth, Claudia Terlunen, Erika A. Schäfer, Wolfgang Schmidt, Era Freidzon, Teresa Crawford Cabral, Martin Becker, Jan Bormann, Sabine Held, Michael Odenwealler, Gudrun Kattke und Pia Bohr.

Torhaus Rombergpark

Öffnungszeiten:

dienstags – samstags, 14:00-18:00 Uhr
sonn- und feiertags, 10:00-18:00 Uhr

Der Eintritt ist frei.