In der großen Halle des Kulturort Depot Dortmund (Immermannstraße 29) ist vom 21.10.2023 bis zum 12.11.2023 die World Press Photo Ausstellung mit einer Auswahl von etwa 120 der aktuellen prämierten Fotos aus 60.000 eingereichten Fotografien und Fotogeschichten aus dem exklusiven Pool des Jahres 2022 zu sehen. Nicht nur das: Es gibt dieses Mal nicht nur eine Auswahl dieser aktuellen Fotos zusehen, sondern zudem ist am Ende eine „Winner Wall“ aufgestellt, wo alle Fotografien abgebildet sind, die seit der Premiere des Wettbewerbes im Jahr 1955 mit dem Titel Pressefoto des Jahres ausgezeichnet wurden. Eine besondere fotografische Zeitreise durch vergangene Jahrzehnte, die sich in das Gedächtnis verschiedener Generationen eingebrannt haben.
Jedes Jahr zeichnet die World Press Photo Foundation in einem internationalen Wettbewerb die besten Pressefotografien der Welt aus. Die ausgelobten 30.000 Euro werden jetzt gleichmäßig auf die teilnehmenden Kontinente verteilt. Neben Europa sind Afrika, Nordamerika, Mittelamerika (Mexiko), Südamerika (Argentinien), Südostasien und Ozeanien beteiligt. Sie werden in verschiedenen Kategorien verliehen. Die Ausgezeichneten sind den jeweiligen Kontinenten zugeordnet und erhalten einen kleineren Preisbetrag.
Themenschwerpunkte sind neben dem aktuellen Ukraine-Krieg, Freiheitkampf der iranischen Frauen, der Klimawandel und seine Auswirkungen, (Wasserknappheit, Hunger, Vertreibung, Artensterben, Umweltverschmutzung) sowie der Umgang damit. Außerdem spielen die Flüchtlingsbewegungen und Probleme mit Homophobie (Beispiel Philippinen) eine Rolle. Neben den eindringlichen und bedrückenden Fotos im Großformat ist auch eines von jubelnden Fans der Argentinischen Fußball-Nationalmannschaft nach deren Gewinn der Weltmeisterschaft zu sehen.
Blick in die Ausstellung „World Press Photo“ in der Halle des Depots Dortmund. (Foto: (c) Depot Dortmund)
Eintritt: 8.00 Euro, ermäßigt: 6.00 Euro
Familienticket 1 (Zwei Erwachsene mit max. drei Kindern bis 18.Jahre) 20.00 Euro, Familienticket 2 (Eine erwachsene Person mit max. drei Kindern bis 18 Jahre): 12.00 Euro.
Außerdem können Interessierte sich zunächst umsonst die Ausstellung „Rückblende 2022“ (hoch dotierter deutsche Preis für politische Fotografie und Karikatur) bestaunen. Schon zum fünften Mal wird dieser humorvolle Rückblick auf das vergangene Jahr in unserer Stadt gezeigt.
Weitere Infos zum speziellen Rahmenprogramm rund um die
World Press Photo Ausstellung 2023 unter www.depotdortmund.de . Anmeldungen zu Gruppen-Führungen (Zusatzgebühr: 4.00 Euro) bitte Anfragen per E-Mail kultur@depotdortmund.de.
Hörder Sehfest 2023 – Ein Kulturspaziergang Teil 1
Am 14. und 15. Oktober fand in Hörder das 17. Hörder Sehfest statt. 23 Künstlerinnen und Künstler öffneten ihre Ateliers und zeigten der interessierten Öffentlichkeit ihre Werke. Dabei waren sehr unterschiedliche Arten von Kunst zu sehen, was so einen Spaziergang sehr spannend macht.
Den Anfang machte ich beim Atelier Haus Breslauerstraße. Ein Haus, in dem Menschen mit Handicap leben, die – bei Interesse – an Kursen teilnehmen, die sie künstlerisch unterstützen. Zu sehen waren Bastel- und Holzarbeiten, aber auch Zeichnungen und Malerei.
Im WIR4Raum waren farbenfrohe Keramik von Doro Bigalke und Fotografien von Peter Ache zu sehen. Ache fotografiert unter dem Titel „Das Meer in mir“ die Nord- und Ostsee in ruhigen Bildern.
Annette Endtricht präsentierte Malerei und Grafik, die eher abstrakt war, aber dennoch einen Bezug im Realistischen hatte. Daneben gab es einige Arbeiten mit Dortmund-Bezug zu sehen.
In seinem Atelier zeigte Maler Davoud Sarfaraz seine farbenfrohen Arbeiten sowie einige Drucke. Auch hier gab es viele abstrakte sowie figürliche Arbeiten zu sehen.
Da ich das Sehfest öfter besucht habe, gibt es „alte Bekannte“. Im Atelier Dreisam stellte Peka seine Porträts aus und Michael Schulz-Runge hatte Schachuhren als künstlerische Objekte entdeckt. Dennoch gab es auch jemanden Neues: Rebecca Hofmann zeigte Dioramen, die als Zufallsprodukte entstanden sind.
Mark Bühren zeigte viele unterschiedliche Kunst. Seine letzte Malerei von 2020, seine Arbeiten mit einem 3-D Stift, der hauchdünne Fäden produziert und seine Papierkunst.
Großformatige Bilder erwarteten mich bei Beate Wolf, die anfänglich abstrakt malte und sich dann der figürlichen Malerei annäherte. Die Themen ihrer Bilder spielen mit Erinnerungen aus ihrer Kindheit in der DDR. Ihre Bilder bearbeitet sie mit einer speziellen Spachteltechnik.
Eine besondere Location war das TurboPropTheater, das seit 1978 existiert und etwa 40 Zuschauer fasst. Unter dem Motto „Dinge erzählen“ wurde Objekte zwischen bildender Kunst und darstellender Kunst gezeigt, also beispielsweise Werkzeug, das in einem Theaterstück Verwendung fand.
Igor Jablunowskij hatte in seinem Wandmalerei-ART Studio einen Gast dabei: Martina Wernicke zeigte abstrakte Malerei, während der Gastgeber figürlich Arbeiten präsentierte. Ein interessantes Bild war seine Serie von „Abgenutzten Objekten“ wie beispielsweise ein abgebranntes Streichholz. So fühlte sich der Künstler während der Pandemie.
Karla Christoph zeigte in ihrem Atelier neben Werken, die mit dem 3-D Stift erstellt wurden sowie Malerei aus Acryl.
Fundstücke in Kunst verwandelt Gaston Posmek an einem ungewöhnlichen Ort Ort: zwei Garagen in einem verwilderten Garten. Er sagt selbst, dass seine Kunst aus Rudimenten des urbanen Umfeldes entstehen. Neben Dioramen, Skulpturen und Bilder gab es auch LInoldrucke zu sehen.
Nebenan hatte Stefanie Becker ihren Garten der Figuren geöffnet. Drei neue „Pole-Tänzerinnen“ fanden so ihre Heimat.
Cirtha Krause zeigt uns mit ihren Bildern einen Blick in unsere eigene Galaxie. Ihre Acrylmalerei ist bunt und voller Sterne. Teilweise malt sie auch mit speziellen Farben, die im Dunkeln leuchten.
Künstlerische Grüße aus Dresden
Aus Dresden kommt nicht nur Stollen, sondern auch Künstlerinnen und Künstler. Das Künstlerhaus Dortmund hat acht von ihnen eingeladen, ihre Werke vorzustellen. Doch diese acht Künstlerinnen und Künstler stehen gerade vor einem Wendepunkt: Sie haben ihr Studium bei Professor Ralf Kerbach gerade abgeschlossen und starten ihre künstlerische Laufbahn. Wohin geht die Reise? Daher heißt die Ausstellung „Cliffhanger“ wie kurz beim Ende einer Serienstaffel.
Felina Wießmann malt großformatig und figurativ. Sie benutzt Alltagsmotive, die sich in Konstruktion und Dekonstruktion abwechseln, es darf aber auch durchaus humorvoll sein.
Das Ausstellungsmotiv für „Cliffhanger“. (Design: (c) Nicola Bork)
Ana Pireva malt mit selbstgemachter Tusche Bilder, die auf den ersten Blick sehr dunkel wirken. Erst danach zeigen sich Formen aus ihren abstrakt wirkenden Werken. Ihre Bilder vermitteln eine gewisse Ruhe.
Seine abstrakten Figuren zerfallen in der Fläche. Tillmann Ziola benutzt Titel für seine Werke, um einen Hinweis auf die Handlung seines Bildes zu geben. Seine ausgestellte Plastik ist etwas figürlicher.
Robert Czolkoß findet Architektur und Baustoffe spannend und hat daher als Art Kindheitserinnerung sein Jugendzimmer ins Künstlerhaus gebracht, beziehungsweise eine Schrankwand. Durch die Lage im Raum wird es dem Betrachtenden möglich, eine Auseinandersetzung mit der Formsprache zu suchen.
Christopher Putbrese arbeitet mit gefundenem Material und kombiniert in seinen Arbeiten Bild und Schrift. Putbrese beschäftigt sich mit den Momenten und Gefühlen des Alltags.
Klassische Malerei ist das Sujet von Lena Dobner. Sie malt gerne Porträts, versucht dabei durch Dekonstruktion eine eigene Bildsprache zu erschaffen. Einige ihrer Arbeiten sind durch den Ukrainekrieg beeinflusst.
Leben wir in einer Hyperrealität? Für Shengjie Zong kann diese Frage mit „Ja“ beantwortet werden. In Zeiten, in denen Smartphones den Takt angeben, ist eine Erweiterung der Realität möglich. In diesem Sinne sieht der Künstler auch seine sehr farbigen Bilder.
Farbig sind auch die Bilder von Aren Shahnazaryan. Er verbindet Form, Farben und Linien mit kleinen Geschichten. Diese Geschichten können durchaus mit Horror, Tragik und Humor verbunden sein. Er übermalt seine Bilder sehr häufig, so dass sie durch die vielen Farbschichten eine Struktur bekommen.
Die Ausstellung „Cliffhanger“ wurde kuratiert von Denise Ritter und Felina Wießmann und ist bis zum 26.11.2023 zu sehen.
Blattgetreten – Hommage an das Blatt, was am Boden lag
Das Kunstbonbon präsentiert die nächste Vernissage am 07.10.2023 um 15 Uhr, Ausstellung bis zum 04.11.2023.
Passend zur herbstlichen Jahreszeit gibt es jede Menge Blätter von der Künstlerin Ingrid Lacher im Kunstbonbon zu sehen.
Dabei sind nicht leuchtende Herbstfärbungen das Thema, sondern der Schwerpunkt liegt auf dem Zerfall, dessen Zustand fotografisch eingefangen wurde.
Die Inspiration zu dieser Werkreihe kam im Corona-Jahr 2020. Spazierengehen war ja mehr oder weniger die einzige Abwechslung, die man sich im Alltag gönnen konnte und so spazierte Ingrid Lacher unermüdlich umher, senkte dabei den Blick zu Boden und sah auf herabgefallene Blätter.
Die plattgetretenen Blätter, die sich teilweise kaum noch vom umgebenden Boden unterschieden, inspirierten sie dabei besonders.
Diese korrespondierten damals so sehr mit der „niedergedrückten“ Stimmung in Pandemiezeiten, dass eine vage Idee für das Kunstprojekt „Blattgetreten“ (dieser Ausdruck kam Ingrid Lacher in den Kopf und wurde dann auch schnell als Ausstellungstitel gewählt) entstand.
Während der Coronajahre wurden also von der Künstlerin Unmengen von Blättern fotografiert. Einige Ausgewählte wurden dann digital bearbeitet, um so die verborgene Schönheit und die Unterschiedlichkeit in Form, Farbe und Konsistenz zum Vorschein zu bringen.
Bei späteren Ausarbeitungen versuchte Ingrid Lacher die Spuren des Verfalls positiv zu aufzunehmen und so die „Ästhetik der Vergänglichkeit“ hervorzuheben. In mühevoller Kleinarbeit befreite sie die digital aufbereiteten Blätter aus der Umgebung und ließ sie quasi „schweben“ und bei der Betrachtung weiß man nicht: sehen wir hier eine Art „Auferstehung“ und schweben sie zurück an den Baum oder sinken sie elegant zu Boden.
Aber die unglaubliche Filigranität eines zerfallenden Blattes zieht die Aufmerksamkeit in jedem Fall auf sich und wieder einmal wird einem klar, wie wunderbar die Natur auch Kleinigkeiten konstruiert.
Weitere großformatige Arbeiten zeigen bearbeitete Fotos, in denen mit Blattgold akribisch feinste Details ausgearbeitet sind: gedacht als „Grabbeigaben“ für die morbide Schönheit eines toten Blattes.
Nach drei Jahren hatte Ingrid Lacher so viele Werke hervorgebracht, dass eine vielseitige Ausstellung damit bestückt werden kann.
Aber es sind nicht nur Fotos zu sehen, sondern es gibt auch einige frühere Werke, in denen echte Pflanzenteile erscheinen.
So unterschiedlich die Schaffensprozesse der Exponate waren, so unterschiedlich ist auch die Präsentation, denn die Künstlerin hängt nicht einfach nur Fotos und Bilder an die Wände, sondern hat sich wieder mal was einfallen lassen.
Wer also einen Blick dafür bekommen möchte, was wir im Allgemeinen so mit Füßen treten, der ist in der Ausstellung „Blattgetreten“ genau richtig.
Kosmos: Eine unendliche Reise.
Das immersive Erlebnis einer virtuellen durch Raum und Zeit
Eine Sonderausstellung, von Phoenix des Lumières, die für drei Monate ab Samstag, dem 30. September, eigenständig neben dem Hauptprogramm von Phoenix des Lumières (Klimt, Hundertwasser und Journey) angeboten wird. Durch diese neue Ausstellung ändern sich auch die generellen Öffnungszeiten.
Die etwa 50minütige Ausstellung, auch gut geeignet für Schulen als Unterrichtsbegleitung, wird in den Herbst- und Weihnachtsferien täglich halbtags sowie an den Familientagen jeden Dienstag ganztägig zu sehen sein. In der Zeit zwischen den Ferien wird „Kosmos“ ganztags am Familientag und halbtags am Wochenende gezeigt. Alle Infos zu den Öffnungszeiten können Sie am Textende entnehmen.
Innerhalb der übrigen Öffnungszeiten laufen weiterhin die Ausstellungen Klimt, Hundertwasser und Journey.
Eine Reporterin fragte vor einem Jahr als Phoenix des Lumières die Klimt, Hundertwasser und Journey Ausstellung bekannt gab, ob man sich das auch richtig überlegt habe … Eine Frage an ein Unternehmen, das weltweit an verschiedenen Standorten seine Digitalen Welten präsentiert … Nun in dem knappen Jahr seither besuchten über 100.000 Zuschauer die Ausstellung in Phoenix West. Bei Ticketpreisen zwischen € 10 und € 15, für Familie € 40 erübrigt sich die Frage.
Aber auch bei diesem Presstermin für den Start am 30. September kamen peinliche Fragen … gleich zwei Mal warum die Erklärungen in Englisch seien … Es kommen eben nicht nur Dortmunder. Denn Phoenix des Lumières hat eine weite überregionale Strahlkraft.
Die riesige Halle in Phoenix West eignet sich hervorragend für die Präsentation der überdimensionalen digital aufgearbeiteten Bilder und Filme aus, von und im Universum, in dem unser kleines einsames Raumschiff Erde in seinem Sonnensystem mit der Milchstraße durch dieses unendliche Universum, von den kosmischen Kräften getrieben, gleitet. Auch wenn wir, der Homo Sapiens, sich als unendlich wichtig nimmt, so ist dieser Homo Sapiens ein Staubkorn auf der Erde die nicht mal ein Nanoteilchen eines Staubkorns im Universum ist … das wird einem deutlich, wenn man die Bilderwelten betrachtet.
Wie bei Klimt und Hundertwasser beginnt der Bilderreigen mit Dortmund und seiner Industriellen Geschichte, um dann in rascher Folge in die Geschichte der Raumfahrt und mit der Ariane ins All zu entgleiten.
Man kann die Mondladung, für die Älteren unter uns, wieder miterleben. Ich erinnerte mich sofort wie ich mit meinen Mitschülern im Internat vor dem Fernsehgerät saß und gebannt die Bilder der Mondlandung mit verfolgte … und erschien die VOYAGER … und ich war nicht der einzige, der sofort STAR TREK im Kopf hatte und die VGER in einer gigantischen Wolke in Richtung Erde zog und Captain Kirk und die Enterprise mit ihren Kohlenstoff-Einheiten vor Probleme stellte.
Der Bilderreigen, die Filmsequenzen reißen einen förmlich mit, und stoßen in uns Erinnerungen wach. Ein faszinierendes Bilder Ereignis von unendlicher Schönheit, das Bescheiden machen kann … besonders in diesen Tagen, in denen es dumme und laute Klimakatastrophenleugner gibt, die nichts anderes als „Weiter so!“ fordern, während wir unser Raumschiff Erde zerstören. Sechs von neun Kipppunkten/Erdbelastungsgrenzen haben wir schon gerissen. Und die Wetterkatastrophen dieses Jahres ereigneten sich bei 1,1° und die 1,5° werden wir mit Sicherheit reißen.
Und ganz am Ende erscheint doch der Mensch schwer atmend bei der Arbeit außen an der ISS … Bestechend schön mit der Erde im Hintergrund und beängstigend die Einsamkeit dort oben über dem blauen Planeten, den wir gerade zerstören.
Spielzeiten „Kosmos: Eine unendliche Reise“
Freitag und Samstag: 14:30 bis 21:15 Uhr
Sonntag: 14:30 bis 19 Uhr
Dienstag: 10 bis 17 Uhr
In den Herbst- und Weihnachtsferien gelten folgende Spielzeiten:
Herbstferien: 02. bis 14.10.
Weihnachtsferien: 21.12.2023 bis 05.01.2024
Dienstag: 10 bis 19 Uhr
Freitag, Samstag: 14:30 bis 21:15 Uhr
Sonntag, Montag, Mittwoch, Donnerstag: 14:30 bis 19 Uhr
Differenziert-kritischer Blick auf das Western-Genre
Nach „Going West!“ folgt im Dortmunder schauraum: comic und cartoon (nahe der Stadt und Landesbibliothek) mit der Ausstellung „Staying West! Comics vom Wilden Westen“ vom 22. September 2023 bis 3. März 2024 eine Fortsetzung.
Das Western-Genre prägte mit verschiedenen Filmen (Kino und TV), Groschenromanen und eben auch Comics das 20. Jahrhundert. Gerade in letzter Zeit tobte eine lebhafte Debatte um kulturelle Aneignung aus indigenen Kulturkreisen. Statt einer kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte entbrannte der Streit oft an dem Gebrauch bestimmter Begriffe wie zum Beispiel „Indianer“. Dieser wird von den Vertretern der angesprochenen indigenen Völker im Westen der USA als Überbegriff gesehen und sogar in ihrem Namen geführt.
Zurecht kritisieren sie jedoch das Beharren auf Stereotype (z.B. Marterpfahl, Skalpieren.). Es ist eine Beleidigung gegenüber der Vielfalt und Diversität indigener Kultur. Es geht um Respekt und Umgang auf Augenhöhe.
Die Ausstellung zeigt eine interessante Auswahl aus der Geschichte der Western-Comics verschiedener Länder.
Die Comics sind ein Spiegel der Ambivalenz des Western-Genres zwischen „heroischen Pioniertaten“, „Abenteuer“, Völkermord und Raubbau an der Natur.
Zeichner wie Harold Foster (1892-1982) oder James Swinnerton (1875-1974 „Canyon Kiddies“) zeichneten schon in den 1920iger Jahren einen klischeefreien und authentisch-respektvollen Indian-Spirit. Da wurde in Hollywood noch skalpiert und auf Angst und Gewalt-Potenzial gezielt.
Im Gegensatz zu den anderen Europäern oder Argentinien boten die deutschen Western-Comics in den 1950iger Jahren aus dem Bastei-Lübbe Verlag eher Massenproduktion und bedienten Klischees.
Später setzten sich hier Western-Parodien wie etwa die MAD, Ralf König oder Lucky Luke-Comics. Wild West galt in Europa großer Abenteuerspielplatz und diente als Projektionsfläche für Sehnsüchte, Spannung sowie Humor. In den USA war vielen Menschen der Mythos von der „Eroberung des Westens“ eher heilig.
Zur Ausstellung erscheint ein Buch vom Kurator Dr. Alexander Braun, Staying West. Comics vom Wilden Westen. Salleck Publications. 272 Seiten.
Preis im schauraum comic und cartoon: 25 Euro (Buchhandel 49 Euro).
Zusammen mit Katalog „Going west“ von 2015: 45 Euro.
Unheimlich schön
Eine Retrospektive zu Sascha Schneider im MKK
Vom 8. September 2023 bis 7. Januar 2024 können sich Besucher*innen diese Werke anschauen. Der Eintritt ist frei.
Woher kommen unsere geschlechterstereotypen Zuordnungen? Weiblich? Männlich? Was uns der AltRight Komplex wieder einhämmern möchte. Eine neue Ausstellung im MKK beleuchtet Geschlechterstereotype um 1900 und zeitgenössische künstlerische Ansätze.
Unser heute immer noch zu toxisches Männer- und Männlichkeitsbild, wurde im 19. Jahrhundert durch die dominierende englische, protestantische, prüde, anglikanische Kultur festgezurrt und wirkt bis heute verheerend und behindernd auf uns ein. Dort im frühen 19. Jhdt. liegen die Ursprünge heutiger Geschlechterstereotype, die auf weit ältere Geschlechterrollen zurückgreifen, das antike griechische und römische Geschlechterbild. Der Mann stark und wichtig, die Frau als Besitz des Mannes (Vater, Bruder, Gatte, Schwäger), weit mehr im Griechischen als im Römischen. Bei den Römern konnte Frau sich wenigstens scheiden lassen, wobei die antiken Griechen die Frau strikt als Besitz betrachteten. Einzig Sparta bildete eine egalitäre Ausnahme.
Nackte Körper von Frauen, Jungen, Männern und Androgynen präsentiert uns die MKK Ausstellung. Der Fokus dieser Ausstellung sind die Werke des Dresdner Künstlers Rudolph Karl Alexander, genannt Sascha Schneider. Sascha Schneider ist uns durch die Darstellung des idealisierten menschlichen, insbesondere des männlichen Körpers bekannt. Frauen, Jungen, Männer und Androgyne in seinen Werken (Zeichnungen, Gemälden, Plastiken, Fresken, etc.) spiegeln die gängigen Geschlechterstereotype des frühen 20. Jahrhunderts wider, darunter das Bild der verführerischen, gefährlichen, Frau, einem Objekt der Begierde und des muskulösen, willensstarken, überlegenen Mannes.
Das Team hinter der neuen Sonderschau zeigt (v.l.n.r): Dr. Christian Walda, Kunsthistoriker und stellvertretender Museumsdirektor, Svenja Lehnhardt, wissenschaftliche Volontärin und Projektleitung der Ausstellung und Ann-Kathrin Mäker, Kunst- und Kulturvermittlerin. (Fotos: Tanita Groß)
Sascha, als Vorname ist nebenbei androgyn, da er sowohl als weiblicher, wie auch als männlicher Vorname gebräuchlich ist. Er ist zudem die Kosename Variante von Alexander/Alexandra im Slawischen. Sascha Schneider war schwul … einem LGBTQIA+ Mitglied fällt es sofort auf, wenn er es nicht schon zuvor wußte.
Zu dieser besonderen Ausstellung kam es, weil die Projektleitung (Kuratorin) der Ausstellung Svenja Lehnhardt, an der Frage, der Geschlechterbilder um 1900 hängengeblieben ist. „Es ist ein Thema was mich besonders interessiert hat. Außerdem ist das Thema Geschlechterstereotype aktuell“, sagt Lehnhardt. Der AltRight Komplex hängt sich in seiner generellen Misogynie gerade besonders daran auf. Die Bemühungen die Abtreibung wieder zu kriminalisieren, Dragqueen Lesungen für Kinder und Jugendliche zu verbieten und Transrechte zu beschneiden spiegeln den Kampf von CDU/CSU, den Braunaue*rinnen und anderen so genannten „Konservativen“ wieder, um das höchst fragile, toxische Männerbild (Männekens) aufrecht zu erhalten und mit jedem Mittel, auch unter der Verletzung der Menschenrechte, aufrecht zu erhalten. Ein Männerbild im 19. Jhdt. im damals weltbeherrschenden, die Natur verneinenden, militaristischen, überprüdeten, anglikanischen England entwickelt und mit tödlichen Folgen in die Welt hinausgetragen, nicht nur in den ehemaligen Kolonien wie Uganda oder in Arabien (Todesstrafen).
Das Œuvre von Sascha Schneider zeigt aber nicht nur den „vitalen“, „virilen“ Mann, sondern auch seine anderen realen Erscheinungsformen … was Lehnhardt am Ende überzeugte sich auf die „Männerbilder“ von Schneider zu fokussieren.
Nonchalant beleuchtet die Ausstellung die stereotypen Darstellungen der gefährlichen Frau, der „Femme Fatale“, die als Reaktion auf die Emanzipationsbewegung des 19. Jhdts. populär wurde, und sich besonders in den Frauenfiguren die u.a. von Marlene Dietrich oder Heddy Lamarr (Hedwig Maria Kiessler) dargestellt wiederfinden. Diese Darstellungen stellen Frauen als Objekte der Begierde, aber auch als bedrohliche, gar hinterhältige, Männer verschlingende. gefährliche Figuren dar.
Dieses Frauenbild, das in den 30er Jahren sowohl in Europa als auch in den USA entstand, ist eine Reaktion auf das Frauenwahlrecht, 1919 in Deutschland eingeführt, wie auch Gleichberechtigungsgesetze, und die erzkonservative Kehrtwende nach dem Börsenkrach von 1929. Schon während des Ersten Weltkrieges wurden die Frauen emanzipierter, weil sie in Männerberufen an den Heimatfronten eingesetzt werden mussten.
Die Ausstellung präsentiert darüber hinaus zeitgenössische Kunstwerke, die die Geschlechterbilder von Sascha Schneider in einen neuen Kontext setzen, mit Fotografien von Milena Schilling und Fiona Mentzel aus der Serie „Men are made to reproduce“ … und ihr Anspruch auf Herrschaft über den Uterus?
„Vor allem junge Menschen befassen sich im Schulalltag mit diesem Thema“, sagt MKK Kunst- und Kulturvermittlerin Ann-Kathrin Mäker. Sie bestätigt, dass die ersten Anfragen von Sekundarschulen schon hereingekommen sind.
Das MKK hat an einer Triggerwarnung gearbeitet, weil Nacktheit, genderspezifische Stereotype, rassistische Darstellungen sowie körperliche Gewalt gezeigt werden … Die Verprüdung des natürlichen.
Wenn auch der Künstler Schneider schwul war, so reflektiert sein Œuvre den Zeitgeist, die Idealbilder des antiken, männlichen Schönheitsbildes des 19. Jhdts., andauernd im 20. Jhdt., überhöht in der Faschistischen / NAZI Kunst (Arno Bräker, den Schneider stilbildend vorwegnimmt) und heute im Fitnesskörperkult des 21. Jhdts. immer noch gegenwärtig. Schneider, geboren 1870 in Russland, war ein „Produkt“ seiner Zeit. Wobei das männliche Schönheitsideal im antiken Griechenland basiert ist.
Wie weit wir Männer uns auf Abziehbildchen einer faschistischen, toxischen Vision reduzieren lassen, liegt an uns und wie weit wir gewillt sind unseren uns innewohnenden Konservatismus zu überwinden bereit sind. Menschenrechte sind kein Kuchen, sie sind universell, unteilbar und unveräußerlich … FÜR ALLE … Wenn Frauen, LGBTQIA+ und People of Color gleiche Rechte haben, hat das Männ(chen) nicht weniger! Hat der AltRight Komplex nicht verstanden.
IRWIN, was ist Retroavantgarde?
Die aktuelle Ausstellung im Hartware MedienKunstverein präsentiert eine Retrospektive über 40 Jahre Schaffen der Künstlergruppe IRWIN, ein Teil der Neuen Slowenischen Kunst (NSK). Die Ausstellung geht bis zum 28.01. 2024
Die Neue Slowenische Kunst (NSK) ist eine avantgardistische Kunstbewegung und kulturelle Gruppierung, die in den 1980er Jahren in Slowenien entstanden ist. NSK war eine multidisziplinäre Bewegung, die Kunst, Musik, Philosophie, Politik und Performance miteinander verknüpfte. Zu dieser Bewegung gehören beispielsweise die Band Laibach oder eben IRWIN. Die NSK verwendete Ironie und Parodie, um die Ideen von totalitären Systemen zu erforschen und zu kritisieren.
Key Visual der Ausstellung „Was ist Kunst, Irwin?“, HMKV im Dortmunder U, 09. September 2023 – 28. Januar 2024. Abbildung: IRWIN in New York, 1991, Foto: Leslie Fratkin. Gestaltung: e o t. Berlin
IRWIN wurde 1983 in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, gegründet und besteht aus einer wechselnden Gruppe von Künstlern, darunter Dusan Mandic, Miran Mohar, Andrej Savski, Roman Uranjek und Borut Vogelnik. Ihr Name „IRWIN“ ist ein Pseudonym und eine Anspielung auf den amerikanischen Maler Jackson Pollock. IRWIN wird oft als Vertreter der Retroavantgarde bezeichnet, einer Bewegung, die in den 1980er Jahren in Osteuropa aufkam. Die Retroavantgarde bezog sich auf historische künstlerische Stile und Techniken, um sie neu zu interpretieren und in zeitgenössischen Kontexten zu verwenden.
Was erleben die Besucher*innen im HMKV? Ein Ausstellungskapitel fragt nach dem „schwarzen Humor“, der sich durch die Werke von IRWIN zieht und der andere Teil widmet sich Fragen des Staates.
Besonders im ersten Teil fallen die Rahmen der Bilder auf. Das ist nicht ohne Grund so. Die Verwendung dieser speziellen Rahmen ist Teil des künstlerischen Konzepts von IRWIN, das auf Ironie und Parodie abzielt. Die breiten, dekorativen Rahmen sollen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Bild lenken und gleichzeitig die Frage nach der Bedeutung und Interpretation des Bildes selbst aufwerfen.
Weitere Themen sind die Hommage an das „schwarze Quadrat“ von Kasimir Malewitsch oder Kritik am Kunstmarkt.
Und was hat das mit dem „Staat“ zu tun? Ein bemerkenswertes Projekt von NSK war die Gründung des fiktiven Staates „NSK Staat“ im Jahr 1992. Dieser Staat existierte nicht in der realen Welt, sondern war eine künstlerische Konzeption. Die Idee dahinter war, die Konzepte von Nation und Staatsbürgerschaft in Frage zu stellen und die Ironie und Absurdität politischer Systeme zu betonen. NSK Staat hatte eigene Symbole, Flaggen und Pässe, die von Mitgliedern und Unterstützern der Bewegung angenommen wurden.
Das hatte Folgen in der realen Welt. In Moskau wurde eine temporäre Botschaft in Moskau eröffnet und in Nigeria erlebten die Reisepässe des NSK-Staates einen regen Handel, weil sie für echte Pässe gehalten wurden, was die slowenische Regierung veranlasste, auf ihrer Homepage vor diesen Reisepässen zu waren. Es ist übrigens immer noch möglich, Bürger des NSK-Staates zu werden.
Erwartungsgemäß beantwortet die Ausstellung nicht, was Kunst ist, gibt aber einen guten Einblick in die moderne Kunst, die in Osteuropa in den 80er Jahren aufkam.
Bis zum 02. November 2023 zeigt das Kulturzentrum balou e.V. Arbeiten von Silvia Liebig unter dem Titel „Ich finde dich, White Rabbit“. Diese entstanden 2019 während ihres Aufenthalts-Stipendiums in Leeds das „Being Beeston Projekt“.
Beeston ist ein Vorort, ähnlich der Nordstadt in Dortmund. Sehr multikulturell geprägt, dort befindet sich auch das Stadion von Leeds United. Eines der Hauptziele des Projekts war es, über Identität und Zugehörigkeit nachzudenken. Das Ergebnis dieses Prozesses war eine interaktive Installation, die sich über alle vier Ebenen des Residenz-Hauses erstreckte.
2022 begann die Arbeit an der Dokumentation, die keine nüchterne Zusammenfassung von Fakten sein sollte, sondern eine neue künstlerische Erkundung. Das balou präsentiert nun erstmalig die Bilder, die dabei entstanden sind als Comic.
In diesem Comic tauchen Bezüge zu „Alice im Wunderland“ auf, schon der Titel „White Rabbit“ nennt das „Weiße Kaninchen“, dem Alice ins Kaninchenloch folgt. Aber statt im Wunderland taucht Liebig in Beeston auf und erkundet die Menschen und ihre Geschichten.
Zusätzlich ist noch ein aktuelles Werk entstanden, das Silvia Liebig an die Wand getapt hat: Ein überdimensionierter Bick in den Putzmittelschrank, der überquillt vor Unmengen an Reinigungsflaschen.
Günter Rückert untersucht das Panoptikum der Hirnschmelze
Das Kunstbonbon freut sich auf die nunmehr dritte Einzelausstellung von Günter Rückert im Kunstbonbon! Da er sich im Laufe der Jahre auch an vielen Gemeinschaftsausstellungen und dem jährlichen Bunten Teller beteiligte, betrachtet die galerie ihn ein wenig stolz als einen „Stammgastkünstler“ der Galerie und sind gespannt auf seine Bilder!
Und weil Günter Rückert nicht nur ein sehr bekannter, sondern auch ein sehr netter Künstler ist, hat er sogar einen erklärenden Text zu seinen Exponaten geschrieben (und der Galeristin eine Menge Arbeit abgenommen), der hier zitiert wird:
Der Flyer zur Ausstellung. (c) Kunstbonbon
„Wie ein Wolf nimmt Rückert die Witterung auf, wenn Menschen sich lächerlich machen. In nagelneuen Arbeiten während der Entdeckung des Kleinformats verfolgt er die großartig armseligen Versuche von Menschen, sich dem Leben zu stellen. Das Unverbindliche in seiner Malerei ist nicht seine Stärke, eher die Spiegelfechterei mit den Launen der Wirklichkeit. Er ist stets zu Stelle, wenn der Ernst des Lebens eine Tracht Prügel verdient. Da verstehen wir im Ruhrpott keinen Spaß. Wer den Text bis hierhin nicht verstanden hat, hat alles richtig gemacht.
Zum richtigen Verständnis noch ein paar Bildtitel:
Insektoiden auf Shopping Ministerstreit um den letzten Hering Mit 70 hat man nur noch Träume Man befahl mir, einen Elefanten zu malen Lünen hat jetzt ein Eiscafe Der König hat Brand Neulich im Bürokratendschungel Auf Borkum nix los Kufsteinbär gesichtet Giraffe für lau“
Wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat, der sollte am 02.09.2023 um 15 Uhr ins Kunstbonbon kommen und den Künstler selber um eine Erklärung bitten – wie schon erwähnt: der ist nett und macht das!
VIELLEICHT gibt es wieder Musik zur Vernissage, denn Günter Rückert kann auch Akkordeon spielen…
„Achterbahn der Irrelevanten“
Vernissage 02.09.2023 um 15 Uhr
Ausstellung vom 02.09. bis 30.09.2023
Die Ausstellung dauert bis zum 30.09.2023 und kann zu den üblichen Öffnungszeiten (di 13-18, fr. 15-18, sa 12-15 Uhr) besucht werden.