Muster, die unser Leben bestimmen – Eine internationale Gruppenausstellung im Dortmunder U

Auf Ebene 3 im Dortmunder U, der Heimat des HMKV (Hartware MedienKunstVerein), können Besucher*innen vom 15. März bis zum 27. Juli 2025 die internationale Gruppenausstellung „Holding Pattern – Warteschleifen und andere Loops“ erleben.

Die Idee zur Ausstellung entstand aus einer Einladung der Autorin und Kuratorin Anne Hilde Neset an den aus Schottland stammenden, inzwischen in Berlin lebenden, preisgekrönten Schriftsteller Tom McCarthy. Ziel war es, die Themen seiner Bücher durch zeitgenössische Kunst zu vertiefen.

Die Ausstellung, die erstmals 2022 in Oslo präsentiert wurde, beschäftigt sich mit Bewegungsmustern, Loops und anderen Wiederholungen, die unseren Alltag bestimmen. Welche Muster prägen unser Leben, und wie sind sie mit (moderner) Technologie verwoben? Wie können diese durch Kunst – sei es Literatur, Film oder Musik – sichtbar gemacht, hörbar, lesbar und hinterfragt werden?

In ihren künstlerischen Positionen setzen sich sieben internationale Künstler*innen auf ganz eigene Weise mit diesen Fragen auseinander.

Stefan Panhans & Andrea Winkler, Installation view »Freeroam À Rebours Mod#I.1 – All Choices All Endings II« (2025) ©PanhansWinkler
Stefan Panhans & Andrea Winkler, Installation view »Freeroam À Rebours Mod#I.1 – All Choices All Endings II« (2025) ©PanhansWinkler

Zu sehen sind unter anderem folgende Werke:

  • „Luanda-Kinshasa“ (2023) von Stan Douglas (Kanada): Diese einkanalige Videoprojektion (6 Std., 1 Min., Loop) zeigt eine imaginäre Jamsession in einem legendären New Yorker Tonstudio. Musikerinnen und Tontechnikerinnen mit Bezug zur politischen Geschichte der Schwarzen Bevölkerung erschaffen ohne Worte eine Musik, die einen Sog und eine eigene Dynamik entwickelt.
  • „SLOW DANS“ von Elizabeth Price: Zwei Filme der zyklischen Mehrkanal-Trilogie – „KOHL“ und „TEACHER“ – verweben Bergbau, Datenspeicherung und ein geheimnisvolles Untergrundritual zu einer fiktiven Geschichte. Prices Werk „FOOTNOTES“ (2020) greift diese Themen auf und kommentiert sie.
  • „Exploration“ (2007): Diese 12-Kanal-Arbeit macht physische, soziale, Sicherheits- und Übertragungsmuster, die das Endspiel der Fußball-WM 2006 geprägt haben, in ihrer Gleichzeitigkeit spürbar.
  • „Freeroam – Version All Choices All Endings“ (2025) von Stefan Panhans und Andrea Winkler: Diese Installation ermöglicht es Computerspielfans, die Umgebungen von Spielen wie „Grand Theft Auto“ zu erkunden. Es wird zwischen realen Schauspieler*innen und digitalen Avataren hin- und hergeschaltet. Dabei treten reale Menschen in einen Dialog miteinander, indem sie die Fehler und Unzulänglichkeiten der Spielesoftware offenlegen. Im Raum sind zudem Utensilien der Massenkontrolle verteilt.
  • „Ambient Air“ (2021) von Susan Philipsz: Diese Arbeit zeichnet ein Warteschleifenmuster mit einem Kleinflugzeug in den Berliner Himmel, kurz nach der Schließung des Flughafens Tegel. Dabei summt Philipsz die Melodie von Brian Enos „Music for Airports“, die über den Funkturm an die Beschallungsanlage des Flughafens übertragen wird.
  • „igevär“ (1963, dt.: „zu den Waffen“) von Ăke Hodell (Norwegen): Dieses bahnbrechende Werk dekonstruiert durch die wiederholte Darstellung des titelgebenden militärischen Befehlswortes in einem kleinen Notizblock die militärische Formationssprache und deutet gleichzeitig emanzipatorische Aufrufe an.

Begleitprogramm

Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen, Künstler*innengesprächen, Buchpräsentationen, Konzerten, Workshops und Film-Screenings.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.hmkv.de/ausstellungen/ausstellungen-detail/Holding_Pattern_Warteschleifen_und_andere_Loops.html




Ein eindrucksvolles Barockerlebnis im Reinoldihaus

Am 12.03.2025 kamen Fans der Barockmusik beim Oratorium in zwei Teilen (Rom 1707) mit dem Titel „La Bellezza ravveduta nel trionfo del Tempo e del Disinganno, HWV 46a“ von Georg Friedrich Händel voll auf ihre Kosten.

Für das Konzert im Rahmen des KLANGVOKAL Musikfestivals Dortmund wurde das renommierte belgische B’Rock Orchestra unter der Leitung von René Jacobs, einem der prägendsten Interpreten der Alten Musik, gewonnen. Zu den Instrumenten des Orchesters gehörten typische Klangkörper aus der Barockzeit, wie etwa das Cembalo. Hochkarätige Sänger*innen wie die Sopranistinnen Sunhae Im (Schönheit) und Kateryna Kasper (Vergnügen), der Countertenor Paul Figuier (Erkenntnis) sowie der Tenor Thomas Walker (Zeit) sorgten für ein eindringliches Musikerlebnis.

In einer klassischen Abfolge von Rezitativen und anspruchsvollen Arien hat Händel die Handlung zu einem „religiös-moralisierenden“ Oratorium vertont. Das Libretto stammte von Kardinal Benedetto Pamphilj.

Virtuosität und tiefgründige Symbolik

Die Partitur stellte nicht nur für das sensibel begleitende Orchester eine Herausforderung dar, sondern auch für die Singenden auf der Bühne. Besonders die Figur des Piacere (Vergnügen) verlangte eine Musik voller halsbrecherischer Koloraturen. Der ukrainisch-deutschen Sopranistin Kateryna Kasper gelang dies kraftvoll und scheinbar mühelos. Symbolisch für die Eitelkeit stand zudem die Virtuosität der Instrumentalist*innen des Orchesters.

Barockes Highlight unter der Leitung von René Jacobs. (Foto: Fiona Bischof)
Barockes Highlight unter der Leitung von René Jacobs. (Foto: Fiona Bischof)

Im Mittelpunkt der Handlung stand die Wandlung der Bellezza (Schönheit) von der sinnlichen Liebe (verkörpert durch das Vergnügen) zur geistigen Liebe (Erkenntnis). Zeit und Vergänglichkeit spielten ebenfalls eine bedeutende Rolle.

Ein musikalisches Highlight bildete das spezielle Concerto für Orgel und Streicher, das im ersten Teil bei Bellezzas Eintritt in den Palast als Zeichen des Vergnügens erklang. Am Ende, während ihrer schlicht gehaltenen Schlussarie in E-Dur – als Symbol des Himmels –, gesellte sich eine zusätzliche Violinenstimme hinzu.

Nicht nur großartige Stimmen waren zu hören, sondern es wurde auch viel mit Mimik und Gesten gearbeitet, was die Aufführung besonders lebendig machte.

Interessanterweise hat Händel in seinem ersten Oratorium geschickt seine bekannte Arie „Lascia la spina“ aus der später entstandenen Oper Rinaldo eingearbeitet.

An diesem Abend hatten die Musiker*innen an ihren Soloinstrumenten mehrfach Gelegenheit, ihr virtuoses Können unter Beweis zu stellen.




Philharmonisches Konzert entführt in mythische Nachtwelten

Mit der Sinfonie Nr. 7 von Gustav Mahler (1860–1911) fand am 11./12.03.25 ein großer Mahler-Zyklus im hiesigen Konzerthaus seinen gebührenden Abschluss. Es war ein bedeutender Schwerpunkt im über ein Jahrzehnt andauernden Wirken von GMD Gabriel Feltz bei den Dortmunder Philharmonikern.

Bereits einmal wegen der Corona-Pandemie verschoben, konnte dem Publikum nun doch noch dieses kolossale Werk mit großer Orchesterbesetzung dargeboten werden. Es zeichnet sich durch musikalische Vielfalt, Variationsreichtum und ein gezieltes Changieren zwischen den Tonarten aus. Dramatisch aufbrausende, geheimnisvolle und feierlich leise Passagen wechseln sich in den fünf Sätzen ab.

Die besondere Rolle der Nachtmusiken

Die Besonderheit dieser Sinfonie liegt in den beiden „Nachtmusik“-Binnensätzen, die geschickt über ein Scherzo mit unheimlichem Charakter im Wechsel von Dur und Moll verbunden werden.

Mahler führt uns in eine ganz eigene, mythisch-märchenhafte Nachtwelt mit all ihren musikalisch fühlbaren Geräuschen. Oft düster, entfaltet sich eine abwechslungsreiche Wanderung durch die „Musik der Nacht“, in der der Mensch mit dem Unbegrenzten und Erhabenen konfrontiert wird. Musik als Kunst der Nacht sowie als Schutz vor den Ängsten in der Dunkelheit spielen dabei ebenfalls eine Rolle.

GMD Gabriel Feltz dirigierte die 7. Sinfonie von Gustav Mahler (Foto: (C) Liudmila Jeremis)
GMD Gabriel Feltz dirigierte die 7. Sinfonie von Gustav Mahler (Foto: (C) Liudmila Jeremis)

Schon der erste, stark zerklüftete Satz beginnt furios mit einem marschartigen Rhythmus. Hierfür wählte der Komponist ein Tenorhorn – ein für den Einsatz in einem Symphonieorchester eher unübliches Instrument. Wie Mahler selbst vor seinem Tod gesagt haben soll: „Hier röhrt die Natur.“ Danach entwickelt sich durch die Verschiebung des Themas nach Es-Dur eine Art Choral und feierliche Stimmung, die von Harfen- und Mandolinenklängen unterstützt wird. Die beiden „Nachtmusiken“ mit ihrem leichten Serenadencharakter werden durch das Scherzo zu einem musikalischen Block verbunden. Jeder einzelne Satz wirkt dabei wie ein eigenes Universum.

Im optimistisch-euphorischen Finalsatz geht es temperamentvoll zu. Als Rondo angelegt, mit siebenfach wiederkehrendem Ritornell, wird er feierlich mit dem choralartigen Einsatz der Blechbläser eröffnet, den die Streicher weiterführen. Der Satz führt die Zuhörenden ins Helle – man könnte sich auf einer in leuchtendes Himmelblau getauchten Festwiese wähnen.

Ein grandioses musikalisches Finale.




Weggeworfenes fantasievoll zu neuem Leben erweckt

Auf der uzwei im Dortmunder U können Besuchende vom 07.03. bis 15.08.2025 die interaktive Ausstellung „Urban Trash Transformation“ (Verborgene Schönheit – Kunst aus urbanem Abfall) sehen und erleben.

Über anderthalb Jahre hinweg haben sich Kinder und Jugendliche unter der Leitung verschiedener Künstler*innen in Workshops kreativ mit dem Thema „Künstlerische Ressourcen und vermeintlicher Müll“ auseinandergesetzt. Welche Werte stecken in Dingen, die oft achtlos weggeworfen werden? Stichwort: Upcycling.

Die Künstlerin und Initiatorin des Projekts, Hülya Özkan, führte beim Presserundgang gemeinsam mit Lioba Sombetzki (uzwei), dem Szenografen Max Rüthers und dem Künstler Oliver Mark durch die Ausstellung.

Mitmachen und neue Perspektiven entdecken

Die Ausstellung lädt zum Mitmachen und Nachdenken ein. So können Besuchende über Kopfhörer urbane Hintergrundgeräusche hören und daraus ihren ganz eigenen Stadtsound komponieren.An einem Gittergestell mit vier Müllsäcken an den Bodenecken besteht die Möglichkeit, mit selbst mitgebrachten, scheinbar unbrauchbaren Gegenständen kreativ zu werden und sich zu verewigen. Ein weiteres Highlight sind zerbrochene Vasen und Blumentöpfe, die – inspiriert von der japanischen Kintsugi-Technik – kunstvoll repariert wurden. Diese Stücke erzählen von der Geschichte jedes einzelnen Teils und zeigen, dass etwas Repariertes wertvoller als zuvor sein kann.

Künstler Oliver Mark vor seiner Arbeit.
Künstler Oliver Mark vor seiner Arbeit.

Besonders spannend und innovativ sind die digitalen Collagen: Fotografierte Fundstücke aus dem Umfeld der Kinder und Jugendlichen werden – auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) – neu zusammengesetzt. So entstehen faszinierende Bildwelten, in denen Strukturen und Formen unerwartet miteinander verschmelzen.

Kreative Upcycling-Ideen zum Staunen

Ein humorvolles Element der Ausstellung ist ein umgestalteter Müllcontainer, der im Inneren wie ein gemütlicher „Strandkorb“ als Sitzgelegenheit eingerichtet wurde. Schrille und einzigartige Figuren aus Hausmüll und Stoffresten entstanden bereits in einem früheren Workshop, bei dem Kinder ihrer Fantasie freien Lauf ließen. Die Arbeit von Oliver Mark zeichnet sich durch den spannenden Kontrast zwischen alten Holzpaletten und spiegelnden Metallplatten aus Druckereien aus – eine Mischung aus rauen und glänzenden Oberflächen.

Ein besonderer Höhepunkt der Ausstellung ist der selbstgebaute Parcours „Müllcity“ für ferngesteuerte Autos. Gemeinsam mit Kindern des Dietrich-Keuning-Hauses wurden aus Karton und gefundenen Materialien Hindernisse gestaltet. In einem kreativen Prozess, der zwei Monate dauerte, suchten die Kinder in der Dortmunder Nordstadt nach geeigneten Objekten – von Straßenrändern, aus Gebüschen oder vom Schrottplatz – und setzten diese fantasievoll zusammen.

Mehr Infos unter: E-Mail: uzwei@stadtdo.de oder Tel.: 0231/50 23843




Kontrastreich und originell: Wiener Klassik 2025

Das dritte Konzert der Reihe „Wiener Klassik“ der Dortmunder Philharmoniker griff am 24. Februar 2025 im hiesigen Konzerthaus die im 18. Jahrhundert übliche Praxis auf, dass Solokonzerte vom Solisten selbst geleitet werden. Diesmal war der musikalische Abend unter dem Titel „Flaut dolce“ einem im Konzertsaal eher selten zu hörenden Instrument gewidmet – der Blockflöte.

Maurice Steger (*1971), ein virtuoser Meister der Blockflöte, begeisterte das Publikum nicht nur mit seiner beeindruckenden Beherrschung des Instruments, sondern auch als energiegeladener Dirigent. Zudem war er für die Konzeption des vielfältigen und klanglich wie stilistisch kontrastreichen Programms verantwortlich.

Elegische Streicher und virtuose Barockklänge

Mit „Adagio for Strings“ von Samuel Barber (1910–1981) und der „Fantasie über ein Thema von Thomas Tallis“ von Ralph Vaughan Williams (1872–1958) standen zwei elegisch-schwermütige Werke des 20. Jahrhunderts auf dem Programm, die das Publikum in ihren magischen Klangkosmos zogen. Beide Stücke leben von der feinen Abstimmung und dem homogenen Klang des Streichorchesters und sind stilistisch der Spätromantik zuzuordnen. Hier zeigte sich einmal mehr das sensible musikalische Gespür der Dortmunder Philharmoniker.

Maurice Steger faszinierte mit seiner Blockflöte das Konzerthaus. (Foto: (c) pixabay)
Maurice Steger faszinierte mit seiner Blockflöte das Konzerthaus. (Foto: (c) pixabay)

Den Kontrapunkt dazu bildeten das Blockflötenkonzert F-Dur von Georg Friedrich Händel sowie das „Concerto A-Dur für Blockflöte und Streicher“ von Francesco Geminiani (1687–1762). Im Barock war das sogenannte „Recycling“ musikalischer Werke gängige Praxis: Erfolgreiche Kompositionen wurden für neue Kontexte bearbeitet und mit Soloinstrumenten wie der Flöte kombiniert. Grundlage für diese Stücke waren unter anderem die Solostimmen von Arcangelo Corelli. Die Werke bestechen durch abwechslungsreiche Satzfolgen, die sich zwischen langsamen Passagen und virtuosen, von spielerischen Verzierungen geprägten Läufen bewegen.

Den Abschluss bildete ein Meisterwerk der musikalischen Komik: Joseph Haydns Sinfonie Nr. 60 C-Dur, „Il distratto“ („Der Zerstreute“). Die Sinfonie basiert auf einer turbulenten Verwechslungskomödie und spiegelt deren Witz in der Musik wider – mit unerwarteten Fanfaren, abrupten Themenwechseln, scheinbar sinnlosen Wiederholungen und überraschenden Harmonien.

Das Publikum belohnte die klangliche Vielseitigkeit und die mitreißende Darbietung des Orchesters mit begeistertem Applaus.

 




Balletterlebnis voll expressiver Dynamik und Emotionen

Im Dortmunder Opernhaus feierte der Ballettabend „Dips“ anlässlich des zehnten Jubiläums des NRW Juniorballetts am 22. Februar 2025 seine Premiere. Es war zugleich die letzte Premiere, die Ballettintendant Xin Peng Wang seinem Publikum präsentieren durfte. Das NRW Juniorballett wurde von ihm 2014 ins Leben gerufen. Seitdem erhalten jeweils zwölf vielversprechende Ballett-Talente die Chance, ihr professionelles Können weiterzuentwickeln und sich als zukunftsweisende „Tanzbotschafter Dortmunds“ weltweit zu präsentieren.

Bevor die jungen Tänzerinnen und Tänzer an diesem Abend ihr Können zeigten, wurden sie von Dorothee Feller (Ministerin für Schule und Bildung NRW) gebührend gewürdigt, die ihre Vorbildfunktion für junge Menschen betonte. Sie hob hervor, wie wichtig ein geförderter Zugang zu Tanz und Kultur für alle Kinder ist – unabhängig von Herkunft und sozialem Hintergrund. Auch Ute Mais (3. Bürgermeisterin von Dortmund) unterstrich eindringlich die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Teilhabe.

In einem kurzen Film berichteten einige aktuelle und ehemalige Mitglieder des NRW Juniorballetts von der prägenden Wirkung dieser zweijährigen „Kaderschmiede“ auf ihre persönliche Entwicklung und die Möglichkeiten für ihre weitere Karriere.

Vielschichtige Choreografien mit emotionaler Tiefe

Als ersten „Dip“ erlebte das Publikum die moderne Uraufführung von „Drama Class“ des israelischen Choreografen Nadav Zelner. Das Stück thematisiert den Umgang mit traumatischen und schmerzhaften Erlebnissen. Oft sind es die kleinsten Alltagsdetails, die uns nach langer Zeit in der Dunkelheit schließlich wieder das Licht finden lassen. Unterschiedliche Musikrichtungen begleiteten das Geschehen und verstärkten die emotionale Wirkung.

Das NRW Juniorballett. Foto: (c) Leszek Januszewski
Das NRW Juniorballett. Foto: (c) Leszek Januszewski

Die Bühne war in düsteres Licht getaucht, und die Tänzerinnen und Tänzer traten in futuristisch schwarzen Kostümen auf. Zelner integrierte zu Beginn des Stücks expressiven Gesang, der die emotionale Intensität noch verstärkte. Mit eindringlicher Körpersprache und geräuschhaften Elementen machten die Tänzerinnen und Tänzer den inneren Schmerz greifbar. Erst am Ende der Choreografie erschien die ersehnte Helligkeit als Symbol der Hoffnung.

Es folgte „Blushing“ unter der Choreografie von Marco Goecke. Inspiriert vom Erröten in unangenehmen Situationen, verleiht diese Arbeit emotionalen Zuständen durch eine moderne Bewegungssprache und vielseitige musikalische Begleitung Ausdruck. Dieser „Dip“ schließt thematisch an den ersten an, wirkt jedoch weniger düster und schafft mit seinen feinsinnigen Bewegungen einen spannenden Kontrast.

Mit „Saturn“ (in Reminiszenz an „Paradiso“) führte das NRW Juniorballett gemeinsam mit Mitgliedern der Hauptcompany das Publikum in die unendlichen Weiten des Universums. Unter der Choreografie von Xin Peng Wang thematisiert das Stück die Sehnsucht nach einem „himmlischen Paradies“ – einem Ort des Schutzes, des Friedens und grenzenloser Möglichkeiten. Die neoklassisch geprägten Bewegungen waren weich und fließend, begleitet von sphärischen Hintergrundprojektionen und dem eindrucksvollen Musiksound des Ensembles 48nord.

Ein hoffnungsvoller Ausblick auf eine Zukunft voller unbegrenzter Möglichkeiten.

Weitere Informationen zu den Aufführungsterminen erhalten Sie unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231/50 27 222.

 




Zwischen Nordpol und Südpol: Ein Kind zwischen Fürsorge und Vernachlässigung

Mit dem Stück Südpol.Windstill von Armelia Madreiter unter der Regie von Franz Maria Hoffmann hat sich das Dortmunder Kinder- und Jugendtheater (KJT) einem brisanten, oft schamhaft verdrängten Thema angenommen: dem Leben von Kindern in dysfunktionalen Familienstrukturen und prekären Wohnverhältnissen. Die Premiere fand am 14. Februar 2025 im Skelly (KJT) statt.

Eindrucksvoll war die Bühnenausstattung mit einer hellen Kachelwand im Hintergrund und einem vollständig in weißes Glitzertuch gehüllten Innenraum. Links stand ein dreistufiges Treppengestell mit einer Mikrowelle ganz oben, rechts ein Kühlschrank.

Sensibel und ernsthaft, zugleich humorvoll und voller Lebenskraft, stellte die Inszenierung das zehnjährige Mädchen Ida (stark gespielt von Annika Hauffe) in den Mittelpunkt. Ida ist fasziniert vom Nord- und Südpol und träumt davon, Polarforscherin zu werden. Sie liebt die Ruhe und Weite der Polarregionen. Das Publikum erfährt, dass dieses Interesse auch mit Idas Mutter zusammenhängt, mit der sie in einem riesigen Wohnkomplex lebt. Diese liegt oft depressiv auf dem Sofa und trinkt viel Alkohol. An diesen „Nordpol-Tagen“ ihrer Mutter kümmert sich Ida um Haushalt und Mutter, wobei sie aus Rücksicht auf deren psychische Erkrankung absolut leise sein muss. Damit die schwierige Situation zu Hause nicht auffällt, verheimlicht das Kind seine Lage. Halt und Unterstützung findet Ida nur bei ihrem imaginierten besten Freund, dem Polarforscher Robert Falcon Scott (humorvoll dargestellt von Rainer Kleinespel). Gemeinsam planen sie Expeditionen und lösen Kreuzworträtsel, wobei Kleinespel eine gute Portion Humor ins Geschehen bringt.

Ein Alltag zwischen Extremen

Doch es gibt auch die „Südpol-Tage“: Dann ist die Mutter gut gelaunt, interessiert sich für ihre Tochter und übernimmt Verantwortung – so, wie es eigentlich sein sollte. Für Ida fühlt es sich an, als hätte sie zwei völlig verschiedene Mütter. Es wird angedeutet, dass es sich um eine bipolare Störung handelt, begleitet von Alkoholmissbrauch.

Südpol.windstill: Rainer Kleinespel (Robert Falcon Scott), Annika Hauffe (Ida)(c) Birgit Hupfeld
Südpol.windstill: Rainer Kleinespel (Robert Falcon Scott), Annika Hauffe (Ida)
(c) Birgit Hupfeld

Als Ida den zwölfjährigen Ari kennenlernt, der aus einer großen Familie stammt und einen ruhigen Platz für seine astronomischen Forschungen sucht, gewinnt sie einen echten Freund. Ari (kongenial gespielt von Thomas Ehrlichmann) gibt Ida nicht nur Lebenskraft, sondern auch neue Einsichten und Hoffnung.

Lange trägt Ida einen Brief der Schule mit sich herum, aus Angst, er könne schlechte Nachrichten enthalten und ihre Mutter beunruhigen. Die Mutter braucht schließlich oft Stille. Doch irgendwann muss der Brief geöffnet werden …

Erstaunlich ist, welche Ausdruckskraft die fantasievolle Nutzung einfacher Gegenstände wie Blechdosen oder Kacheln in dieser Inszenierung entwickelt. Annika Hauffe als Ida gewährt dem Publikum tiefe Einblicke in das Seelenleben eines Kindes, das trotz widriger Umstände Willenskraft, Fantasie und Mut zeigt – und die Bedeutung von Freundschaften, in denen man sich öffnen kann.

Atmosphärisch und mit viel Feingefühl wurde die Aufführung musikalisch von Murphy Martyna Baginski begleitet.

Weitere Aufführungstermine finden Sie unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231/5027222




Erste Comic-Preisverleihung in Dortmund

Im Rathaus (Saal Westfalia) unserer Stadt wurde am 07.02.2025 erstmals der „Dortmunder Comic-Preis“ verliehen. Dieser ging an die Zeichnerin Hannah Brinkmann (geb. 1990).

Sie überzeugte eine neunköpfige Mischung aus Fachjury und Ratsmitgliedern (drei Fraktionen) mit ihrem sehr persönlichen Graphic Novel Gegen mein Gewissen, das sich mit Wehrdienst und Gewissenskonflikten am Beispiel ihres Onkels Hermann befasst. In den frühen 1970er Jahren (1973) nahm sich dieser aus Verzweiflung über die Ablehnung seines Wehrdienstverweigerungsantrags im Alter von nur neunzehn Jahren das Leben.

Comic-Kultur in Dortmund und die Laudatio

In seiner Begrüßungsrede wies Oberbürgermeister Thomas Westphal unter anderem auf einen Comic-Kulturschub für Dortmund durch den neuen „schauraum comic + cartoon“ nahe der Stadt- und Landesbibliothek hin.

Der erste Dortmunder Comic-Preis geht an Hannah Brinkmann: Oberbürgermeister Thomas Westphal verlieh ihn am 7. Februar.Stadt Dortmund / Roland Gorecki
Der erste Dortmunder Comic-Preis geht an Hannah Brinkmann: Oberbürgermeister Thomas Westphal verlieh ihn am 7. Februar.
Stadt Dortmund / Roland Gorecki

Dr. Alexander Braun, Kurator des „schauraums“ und Mitglied der Jury des Dortmunder Comic-Preises, hielt eine humorvoll-informative Laudatio auf die Preisträgerin. Die Anwesenden erfuhren dabei nicht nur von den historischen und gesellschaftspolitischen Hintergründen der Geschichte, sondern auch von der langwierigen und detailgetreuen Arbeit an den emotional berührenden Zeichnungen.

Preisvergabe und Symbolik

Der mit 10.000 Euro dotierte Preis, der alle zwei Jahre verliehen wird, stellt sicherlich eine wertvolle finanzielle Unterstützung für die weitere Arbeit dar. Einen tieferen Einblick bot Hannah Brinkmann mit einer bewegenden Lesung aus ihrem Werk. Die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht für junge Männer wird ja derzeit wieder diskutiert.

Westphal überreichte jedoch nicht nur die Urkunde, sondern auch ein eigens ausgewähltes Symbol für den Preis. Nach längeren Überlegungen, so Dr. Braun, entschied man sich für eine stilisierte Dodo-Figur auf einem Sockel. Der Dodo, ein leider ausgestorbener flugunfähiger Vogel, kam ausschließlich auf der Insel Mauritius vor.

Bleibt zu hoffen, dass das vielseitige und moderne Comic-Genre nicht ein ähnliches Schicksal erleidet.




Kunst im Dialog: Eine besondere Ausstellung

In der Produzentengalerie „Friedrich 7“ in der Friedrich-Ebert-Straße im Dortmunder Stadtteil Hörde ist vom 1. Februar bis 2. März 2025 die Ausstellung „Knowing Me, Knowing You (a-ha)“ zu sehen, gestaltet von vier Künstlerinnen. Der Titel, angelehnt an den bekannten ABBA-Song, lädt dazu ein, sich gegenseitig kennenzulernen und künstlerisch zu inspirieren.

Die vier Frauen trafen sich 2023 während eines Residenzaufenthalts in der Cité des Arts in Paris. Den Anfang machten Silvia Liebig (Dortmund) und Dorothea Gillert-Marien (Frankfurt), die über den Austausch künstlerisch gestalteter „reisender Bücher“ kommunizierten. Im Rhythmus von etwa zwei Wochen schickten sie sich gegenseitig ihre Werke und beantworteten diese jeweils mit einer ganz persönlichen, kreativen Reaktion. Später schlossen sich Peco Kawashima, in Kyoto geboren und heute in Karlsruhe lebend, sowie Maria Bill aus Zürich dem Projekt an.

Ein Konzept der gegenseitigen Inspiration

Die unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten haben für die Ausstellung ein besonderes Konzept entwickelt, das den visuellen Austausch und die gegenseitige Anregung in den Fokus stellt. Präsentiert werden die entstandenen „reisenden Bücher“ mit diversen Collagen, eine Videoinstallation sowie individuelle Werke der Künstlerinnen.

Stellen gemeinsam in der Galerie Friedrich 7 aus: (v.l.n.r.)  Maria Bill, Peco Kawashima, Silvia Liebig und  ,Dorothea Gillert-Marien .Foto: (Claudia Eberbach-Pape)
Stellen gemeinsam in der Galerie Friedrich 7 aus: (v.l.n.r.) Maria Bill, Peco Kawashima, Silvia Liebig und ,Dorothea Gillert-Marien .Foto: (Claudia Eberbach-Pape)

Im Gespräch berichteten die vier Frauen von den Annäherungen in ihren Arbeiten. Die Collagen zeigen Gegensätze in der uns umgebenden Lebenswirklichkeit und greifen häufig auf Naturfarben zurück. Peco Kawashima kombiniert diese mit traditionellen handwerklichen Techniken wie dem Holzdrehen. Skulpturale Werke nutzen geschickt verschiedene Stoffe und Farben, um weitere Akzente zu setzen.

Ein Highlight der Ausstellung ist eine Mappe mit überblendeten Kindheitsfotos der Künstlerinnen, die Einblicke in persönliche Erinnerungen gibt. Die kunstvoll gebundenen Bücher werden zudem als fortlaufendes Projekt weitergeführt.

Ein Besuch lohnt sich

Die Ausstellung „Knowing Me, Knowing You (a-ha)“ bietet einen spannenden Einblick in die kreative Zusammenarbeit der Künstlerinnen und lädt dazu ein, die Vielfalt ihrer Werke zu entdecken.

Öffnungszeiten:
Mittwochs von 17 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.




Kids Unplugged – Eine musikalische Filmgeschichtsreise

Auch in diesem Jahr bot das Publikum im Operntreff des Opernhauses Dortmund die Gelegenheit, die jungen und jüngsten Nachwuchstalente für Oper und Entertainment live in intimer Atmosphäre zu erleben. Bei der Filmmusikrevue „Kids Unplugged – Another Night with the Movies“ präsentierten sich die OpernKids (ca. 8 bis 16 Jahre) am 25. Januar 2025 unter der Leitung von Regisseur Alexander Becker.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer durften sich auf eine musikalische Reise durch mehrere Jahrzehnte Filmgeschichte freuen. Von zeitlosen Klassikern wie „Die Schöne und das Biest“ bis zu den magischen Klängen von „Harry Potter“ war für jede Generation etwas dabei. Unterstützt wurden die Kids tatkräftig von den erfahrenen OpernYoungstern Tabitha Affeldt, Michelle Blaurock, Sarah Heckner, Sophie Stein und Lennart Pannek.

Ein Zusammenspiel von Musik, Talent und Teamwork

Für die musikalische Begleitung sorgten die neu gegründeten YoungSymphonics unter der Leitung von Florian Koch, der auch die stimmungsvollen Arrangements des Programms erstellte. Die Choreografie sowie die Musiktheatervermittlung lagen in den Händen von Kristina Senne.

Nach Hogwarts ging es  musikalisch bei "Kids Unplugged"(Foto: (c) Fabian from Pixabay)
Nach Hogwarts ging es musikalisch bei „Kids Unplugged“(Foto: (c) Fabian from Pixabay)

Wie auch in den vergangenen Jahren wurde die Vorstellung mit humorvollen Zwischenmoderationen aufgelockert. Besonders unterhaltsam waren die beiden kurzen Rate-Quiz zu bekannten Filmmusiken, die das Publikum begeistert mit einbezog.

Es war beeindruckend zu sehen, wie selbst die jüngsten Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbstbewusst auftraten und ihre Freude am Singen und Performen ausstrahlten. Die Zusammenarbeit zwischen den „Kleineren“ und „Größeren“ zeigte ein hohes Maß an Achtsamkeit und Harmonie – ein gelungenes Beispiel für Teamgeist und gegenseitige Unterstützung.

Die Filmmusikrevue bot den Zuschauerinnen und Zuschauern nicht nur eine abwechslungsreiche Reise durch die Filmgeschichte, sondern auch die Möglichkeit, die beeindruckende Vielfalt der Filmmusik hautnah zu erleben – und das in der besonderen Atmosphäre des Operntreffs.

Das Finale der Revue bildete der schwungvolle Song „Revolution Children“ aus dem Musical Matilda.

Mit diesem talentierten Nachwuchs brauchen wir uns um die Zukunft der Oper, des Musicals und der Dortmunder Philharmoniker keine Sorgen zu machen.

Weitere Vorstellungstermine:

  • 10.02.2025, 19:00 Uhr
  • 12.02.2025, 19:00 Uhr
  • 20.02.2025, 19:00 Uhr
  • 23.02.2025, 11:15 Uhr

Weitere Infos:
Telefon: 0231/50 27 222
Website: www.theaterdo.de