Bonbonrosa oder Schönfärberei im Dortmunder Kunstbonbon

Das „Kunstbonbon“ in der Dortmunder Chemnitzer Str. 11 zeigt vom 10.04.2021 (15 Uhr) bis zum 15.05.2021 in seinen Räumlichkeiten die diesjährige Gemeinschaftsausstellung von 15 teilnehmenden hiesigen KünstlerInnen unter dem Motto „Bonbonrosa oder Schönfärberei“.

Die Farbe „Rosa“ bietet den Beteiligten einerseits in all seinen Facetten ein interessantes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten. Schon in früheren Zeiten wurde Bonbonrosa genutzt, um von düsteren, beängstigenden Sachverhalten abzulenken. So eine Art „Zuckerguss“ für die Gesellschaft.

Rosa war in der Vergangenheit mal die Farben für Jungen, und für die Mädchen war das „Himmelblau der Jungfrau Maria“ vorgesehen. Das hat sich das später geändert und Rosa wird heute als der Kleinmädchentraum schlechthin betrachtet und früh (auch von manchen Eltern und der Werbung) geprägt.

Eine rosa Brille ermöglicht es, die kleinen und größeren Übel dieser Welt „schön zu färben“. Dabei in seinen verschiedenen Schattierungen ruft in uns verschiedene Gefühle aus. Ein zartes Puderrosa etwa als elegant, grelles Pink aufdringlich oder ordinär. Bonbonrosa wirkt oft kitschig oder verharmlosend.

Die Ausstellung im Kunstbonbon steht ganz in der Farbe Rosa.
Die Ausstellung im Kunstbonbon steht ganz in der Farbe Rosa.

Rosa ist sicherlich eine Farbe, die nur wenige KünstlerInnen gerne und großflächig benutzen und somit eine besondere Herausforderung. In diesem Jahr bekam jede/r Künstler/in noch die spezielle Aufgabe, für das Schaufenster ein Regalfach von ca. 30 x 30 zum Ausstellungsthema zu gestalten.

So gibt es auch bei geschlossenem Kunstbonbon immer etwas zu sehen.

Wie immer die Regelungen ab 10.04.2021 sein sollten – ob nun mit negativen Testergebnis und den üblichen Hygienemaßnahmen oder nur mit telefonischer Terminvereinbarung zu den Öffnungszeiten unter 01629889005…

Es soll auch eine virtuelle „Bonbonrosa“-Ausstellung geben, die dann auf den entsprechenden Seiten verlinkt wird.

Öffnungszeiten: di 13-18, fr 15-18, sa 12-15 Uhr.

(Eventuelle Änderungen auf der Facebookseite des Kunstbonbons unter www.kunstbonbon.de ).




Nathan der Weise als Online-Format im KJT Dortmund

Am 18.03.2021 hatte in diesen Corona-Zeiten das Drama um Toleranz und Humanismus von Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781) seine Premiere als Online-Format im Dortmunder Kinder-und Jugendtheater (KJT). Unter der Regie seines langjährigen Leiters Andreas Gruhn übertrug sein Ensemble die Geschichte um den reichen jüdischen Nathan in unsere virtuelle Gegenwart. In ihrem Internet-Blog erzählt Nathans Tochter Recha (Ann-Kathrin Hinz) ihre Geschichte und bedient sich der heutigen digitalen Möglichkeiten wie Google und Facebook. So werden die ZuschauerInnen an ihren Computern auf spannende Weise direkt in das Geschehen des Dramas eingeführt. Recha brennt darauf, nicht nur ihren Retter aus dem brennenden Haus, einen christlichen Ritter (eindringlich von Max Ranft gespielt), zu finden, sondern auch eine Antwort darauf zu finden, an was sie glauben soll.

Der Bühnenhintergrund ist minimalistisch nüchtern gehalten. Die aktuelle Brisanz des Themas wird schon durch die zeitgenössische Kleidung (Max Ranft etwa trägt eine militärische Tarnhose und als christliches Symbol ein Kreuz) deutlich, dem entgegen ist die Sprache die des Aufklärungs-Dramas von Lessing.

Das in vielen Schulklassen schon über einen langen Zeitraum vermittelte Statement für Toleranz, Gleichwertigkeit aller Religionen und Humanismus (Sinnbildhaft vor allem in der berühmten „Ring-Parabel“) sowie gegen fundamentalistische Gewalt und Machtansprüche, hat leider nichts von seiner Bedeutung verloren. Anschaulich werden in dem Online-Format Bilder von den brutalen Folgen unterschiedlicher religiös-fundamentalistischen Machtkriegen unserer Zeit eingeblendet.

 Rainer Kleinespel als Nathan mit Max Ranft als christlicher Tempelherr. Foto: (c) Birgit Hupfeld
Rainer Kleinespel als Nathan mit Max Ranft als christlicher Tempelherr. Im Hintergrund lauscht Daja (Bettina Zobel) Foto: (c) Birgit Hupfeld

Das gesamte Ensemble überzeugte in der Darstellung ihrer verschiedenen Rollen und Charakteren.

Alle außer Nathan der Weise (Rainer Kleinespel) haben alle zunächst mehr oder weniger mit ihren (menschlichen) Vorurteilen zu kämpfen.

Die Akzeptanz der Gleichwertigkeit aller Menschen, egal was sie glauben (oder nicht) ist für ein friedliches Zusammenleben von essentieller Bedeutung.

Zum Abschluss der Premiere kam auch noch ein betroffener Zeitzeuge im andauernden Palästina-Israel Konflikt zu Wort. Auch wenn die Hoffnung auf eine friedliche Lösung zwischen den Parteien sehr gering ist, gibt es dort Menschen die sich weiter dafür einsetzen.

Das Komplexe Werk von Lessing wurde auf eine unmittelbare Weise und in seiner Bedeutung für unsere Gegenwart auf die Bühne gebracht.

Es bleibt zu hoffen, dass es bald wieder möglich ist, wieder live als Zuschauerin und Zuschauer Theater zu erleben!

Das Online-Format richtet sich an ein Publikum ab 16 Jahren. Die nächsten Termine nach der Premiere sind finden am 19.21.23.24. und 25. März 2021 statt. Weitere Termine ab Ende April 2021.

Online-Tickets für 5,- Euro können ab Freitag, den12. März über den Webshop auf der Homepage des Theater www.theaterdo.de gebucht werden.




MO-Kunstpreis 2020 geht an VALIE EXPORT

Der 7. MO-Kunstpreis (Museum Ostwall, Dortmunder U) „DADA, Fluxus und die Folgen“ geht in diesem Jahr an die österreichische Feministin, Pionierin der Medien-Performance und Filmkunst VALIE EXPORT (Waltraud Stockinger, 1940 in Linz geboren). Die Freunde des Museum Ostwall und Initiatoren des Preises haben sich passend zu ihrem 80. Geburtstag für diese besondere Künstlerin entschieden.

Im MO-Schaufenster (Ebene 5) können Besucherinnen und Besucher die vielseitigen Werke der radikalen und und direkt mit ihrem Körper arbeitenden Künstlerin vom 04.12.2020 bis 02.05.2021 auf sich wirken lassen. Die Bandbreite geht dabei von Gedicht, Fotografien, Skulpturen und Video- und anderen Installationen.

Die Ausstellung mit dem bezeichnenden Titel „Irritationen des Blicks“ sagt viel darüber, worum es der Künstlerin geht.

Sie möchte irritieren und arbeitet mit dem Mittel der Verfremdung, oft im öffentlichen Raum in direktem Kontakt mit den Menschen. Mit ihren Performances und Filmkunst thematisiert VALIE EXPORT (Name inspiriert durch Zigarettenmarke „Smart Export“) den gesellschaftlichen, männlichen und medialen Blick auf unser Körperbild. Welchen Einfluss haben Umgebung, Sprache oder Herkunft auf unseren Körper? Stereotype werden hinterfragt.

Benjamin Sieber (Vorsitzender der Freunde des Museum Ostwall),  Dr. Stefan Mühlhofer (Kommissarischer Direktor des Museum Ostwall im Dortmunder U), Regina Selter, stellvertretende Direktorin und Natalie Çalkozan (wissenschaftliche Mitarbeiterin des MO) in der Ausstellung im MO Schaufenster.
Benjamin Sieber (Vorsitzender der Freunde des Museum Ostwall), Dr. Stefan Mühlhofer (Kommissarischer Direktor des Museum Ostwall im Dortmunder U), Regina Selter, stellvertretende Direktorin und Natalie Çalkozan (wissenschaftliche Mitarbeiterin des MO) in der Ausstellung im MO Schaufenster.

Ihre Arbeit ist im Kontext ihres beginnenden künstlerischen Wirkens in den 1960iger und 1970iger Jahren zu sehen. Eine gesellschaftliche Zeit des politischen Aufbruchs und Widerstands in einer konservativ geprägten Zeit. Die Frauenbewegung kämpfte für das Recht Selbstbestimmung, Das betraf etwa auch die Frage der Abschaffung des § 218.

Der Körper war dabei ein Terrain der Auseinandersetzung. Die angekaufte Foto-Dokumentation von „HOMO METER II“ (1976) zeigt dies deutlich. Bei dieser Straßenaktion band sich die Künstlerin einen Brotleib vor ihren Bauch und bot den Passant*innen in Wien an , sich mit einem scharfen Brotmesse davon ein Stück abzuschneiden. Das Brot war dabei ein Symbol für Erde, leben, Ernährung und Mutterschaft.

Schon 1970 ließ VALIE EXPORT mit „Weiblichkeitssymbolen“ auseinander und lässt sich öffentlich ein Strumpfband auf den Oberschenkel tätowieren.

Seit 1972 fotografiert und setzt sie sich auch immer wieder in Bezug zur Architektur.

In ihren „Körperkonfigurationen“ (1982) diente ihr Körper als Messinstrument, mit dem sie repräsentative Bauten nachzeichnete. Mit Körperhaltungen machte sie Formen sichtbar und eroberte sich so männlich dominierte Architektur zurück.

Mit ihrer Skulptur die „Scherentänzerinnen“ (2008) zeigt sie ein (Fluxus)-Kernprinzip ihrer Arbeiten. Gegenstände des Alltäglichen Gebrauchs wurden aus ihrem alltäglichen Zusammenhang gerissen. Jeweils zwei Scheren wurden wie „Tänzerinnen“ miteinander verwoben, grazil und bedrohlich abweisend zugleich.

Wegen der Corona-Pandemie kann der mit 20.000 Euro dotierte Fluxus-Preis (Hälfte von den Freunden des MO, andere Hälfte Kulturbetriebe) erst im nächsten Jahr am 16. April 2021 verliehen werden. Zur gegebenen Zeit gibt es noch genaue Informationen.




Bunter Teller – Eine Art Weihnachtsmarkt im Kunstbonbon

Das kleine, aber feine „Kunstbonbon“ in der Chemnitzer Str. 11 in Dortmund bietet für das Publikum auch in Zeiten von Corona vom 20.11.2020 bis 13.02.2021 unter dem Motto „Bunter Teller“ eine Art Weihnachtsmarkt zum Stöbern und der Möglichkeit für Ideen und den Kauf kleiner besonderer Geschenke für ihre Lieben. Vierzehn Künstlerinnen und Künstler stellen ihre Malerei, Objekte, Skulpturen, Schmuck, Zeichnungen, Bücher, Kalender, Drucke, Collagen, Karikaturen, Assemblagen und Fotografien aus.

Für jeden Geldbeutel ( von 1,50 Euro aufwärts) und Geschmack ist etwas dabei.

Folgende Künstler*innen sind mit ihren Werken dabei: Laura Dröge, Thomas Dröge, Michaela Düllberg, Markus Jöhring, Claudia König, Ingrid Lacher, Hendrik Müller, Virginia Novarin, Ari Plikat, Günter Rückert, Almut Rybasch-Tarry, Karin Schmidt, Lotte Wagner und Michael Wienand.

Die Galerie "Das Kunstbonbon" bietet eine Art Weihnachtsmarkt für Kunstliebhaber an.
Die Galerie „Das Kunstbonbon“ bietet eine Art Weihnachtsmarkt für Kunstliebhaber an.

Die Eröffnung zum Besuch des „Bunten Teller“ findet am Freitag, dem 20.11.2020 ab 15:00 Uhr im Kunstbonbon statt.

Da die Räumlichkeiten relativ begrenzt sind, können wegen den Corona-Bestimmungen maximal zwei Personen gleichzeitig eintreten und müssen sich dann in den beiden Räumen etwas aufteilen. Mund-Nasen-Schutz ist natürlich Pflicht und die Besucher müssen sich in eine Liste eintragen. Desinfektionsmittel ist genug vorhanden und es wird gebeten, diese auch zu nutzen.

Trotz all der Auflagen sollten sich die neugierigen Besucher nicht den Spaß an den Exponaten und der Möglichkeit, ein ausgefallenes Weihnachtsgeschenk zu ergattern nehmen lassen.

Öffnungszeiten: dienstags 13-18, freitags 15-20 und samstags 12-15 Uhr




Blick in die Psyche eines Reichsbürgers

Im Schatten des drohenden erneuten Lockdowns wegen der steigenden Corona-Fallzahlen im November hatte „Der Reichsbürger“ von Konstantin und Annalena Küspert unter der Regie von Jens Dornheim als neue Produktion des freien Theaters glassbooth am 30.10.2020 im Theater im Depot seiner Uraufführung.

Die Thematik und wachsende Problematik der sogenannten „Reichsbürger“ ist wieder ein kontroverser Stoff und dabei hoch aktuell. Trotz ihrer uneinheitlichem diversen Erscheinungsformen und Auftretens eint sie, dass sie die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennen. Für sie ist das Land seit dem Kriegsende nicht wirklich souverän und nur eine GmbH, deren Gesetze für die Reichsbürger nicht gelten.

Der Protagonist in der als Reichsbürger-Monolog konzipierten Inszenierung wird von Schauspieler Sebastian Thrun eindrucksvoll und fast erschreckend glaubhaft auf der Bühne dargestellt. Er bezeichnet sich als „Selbstverwalter“ und provoziert das Publikum gleich zu Anfang mit der ironischen Bemerkung, wegen ihm müssten die Zuschauer*innen keinen Mund-Nasenschutz tragen.

Sebastian Thrun überzeugte als wortgewandter "Reichsbürger" im gleichnamigen Stück. (Foto: © Oliver Mengedoht)
Sebastian Thrun überzeugte als wortgewandter „Reichsbürger“ im gleichnamigen Stück. (Foto: © Oliver Mengedoht)

Von Beruf Elektriker, könnte der Protagonist aber ein sehr guter Verkäufer auf einer Werbeveranstaltung sein. Er kommt als wortgewandter Menschenfreund daher, der eigentlich nur seine Ruhe will, nicht plump aggressiv.

Er stellt provokative Fragen, weist geschickt auf Missstände (marode Straßen, kein Geld für Bildung, „Migranten-Kriminalität“ u.s.w.) hin, gegen die man doch etwas tun müsse. Das Recht auf Waffenbesitz eines jeden Bürgers ist ihn ein selbstverständliches „Recht“ um sich und seine Familie zu schützen. Dass der freie Waffenbesitz etwa in den USA vielen Menschen das Leben kostet, wird wohlweislich ignoriert.

Widersprüche zwischen gespielter Toleranz, Naturverbundenheit, Humanität und offen zur Schau getragenen Überlegenheit des „Deutschen“ gegenüber dem „Fremden“ werden nicht zur Diskussion gestellt. So beruft er sich auf unter anderem auf Albert Einstein als als einer der „großen Deutschen“, um dann eine herablassende Bemerkung gegen Juden loszulassen. Obwohl er wohl auch gerne mal beim „Syrer, Chinesen, Türken oder anderen“ essen geht, wird die Bereicherung unseres Lebens durch fremde Kulturen geleugnet.

Der „Selbstverwalter“ hat den Durchblick und weiß, wer im Hintergrund die Strippen zieht. Kanzlerin Angela Merkel wird nur als „IM“ Merkel bezeichnet. Offen bekennt er im Gegensatz zu den „Linksliberalen“ einfache Erklärungen und Lösungen für komplexe Zusammenhänge zu haben.

Wie alle Rattenfänger versucht er, Menschen bei ihren Ängsten und Befürchtungen zu packen und sie für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Die Vorteile (Rosinen) des abgelehnten Staatssystems nimmt er jedoch gerne für sich in Anspruch, wenn es ihm zu pass kommt.

Eine starke Leistung von Thrun, die Zuschauerinnen und Zuschauer aber auch mit einem ambivalenten Gefühl zurück lässt.

Die Inszenierung verdeutlicht, wie sehr wir aufpassen müssen, kritisch zu reflektieren und nicht auf einfach Lösungen oder „Heilsbringer“ herein zu fallen.




Eindrucksvolle Porträts von Holocaust-Überlebenden

Im Dortmunder Westfalenpark säumen vom 24.10.2020 bis zum 09.11.2020 den Weg vom Eingang Ruhrallee bis zum Florianturm 80 überlebensgroße Porträts von Überlebenden der NS-Verfolgung unter dem Titel „Gegen das Vergessen“. Der Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano (Mannheim) traf seit 2014/2015 (bewegt auch durch das Flüchtlingsdrama) weltweit mehr als 400 dieser Holocaust-Überlebenden.

Begegnungen gab es zum Beispiel in Deutschland, den USA, Österreich, der Ukraine, Russland, Israel, den Niederlanden oder Weißrussland. Das Spektrum reichte von verfolgten Juden, politisch unliebsamen Personen, Zwangsarbeiter*innen bis zu Sinti-und Roma. Jede und jeder der Porträtierten hat seine ganz individuelle Lebens- und Leidensgeschichte. Diesen Menschen soll unter dem Titel „Gegen das Vergessen“ ein Gesicht gegeben werden. Die Opfer werden, so Klaus Kaiser (Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW) beim Pressetermin, aus ihrer Anonymität geholt.

Auf Initiative des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW präsentiert Toscano sein großes multimediales Erinnerungsprojekt nach erfolgreicher „Tournee“ zum Beispiel in Washington (und anderen Städten) im Dortmunder Westfalenpark. Koordiniert wird die Ausstellung von der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache.

Neben dem Porträt von Horst Sommerfeld stehen (v.l.n.r.) Luigi Toscano (Fotograf und Filmemacher), Markus Günnewig (Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache) und Klaus Kaiser (Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen).
Neben dem Porträt von Horst Sommerfeld stehen (v.l.n.r.) Luigi Toscano (Fotograf und Filmemacher), Markus Günnewig (Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache) und Klaus Kaiser (Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen).

Für eine Patenschaft konnte Schüler*innen des hiesigen Westfalenkollegs für die Dortmunder Schau gewonnen werden. Toscano betonte wie wichtig es vor allem ist, die junge Generation für die Thematik zu sensibilisieren und sie dazu zu bewegen, sich für den Erhalt unserer Demokratie einzusetzen.

Er hätte hunderte bewegende Geschichten zu erzählen. Etwa die von dem inzwischen verstorbenen Horst Sommerfeld (geb. in Flatow), dessen gesamte Familie in Auschwitz ermordet wurde. Sein Porträt befand sich einer Ausstellung von Luigi Toscano zufällig neben dem des heute in Stockholm lebenden Walter Frankenstein. In der einzigen deutschen Zeitung, die Frankenstein in Stockholm las, sah er ein Porträtfoto der Ausstellung von Horst Sommerfeld neben seinem eigenen. Sie kannte sich beide aus ihrer Vergangenheit in Flatow. Anders als bei Sommerfeld hatte seine Familie den Holocaust überlebt. Es kam nur noch zu einem telefonischen Kontakt zwischen ihnen, da Sommerfeld inzwischen verstorben war.

An jedem Porträt ist eine kleine Gedenktafel mit den wichtigsten Daten angebracht. Über einen QR-Code können Besucher*innen vertiefende Informationen zu den Persönlichkeiten erhalten.

Die Ausstellungs-Eröffnung findet am Samstag, den 24.10.2020 um 14:00 Uhr am Florianturm (bei Unwetter: Café im Florianturm) statt. Nach Grußworten des Parlamentarischen Staatssekretärs Klaus Kaiser und von Bürgermeister Manfred Sauer stellt Luigi Toscano sein Ausstellungsprojekt vor. Anschließend gibt es einen Beitrag von Schüler*innen des Westfalenkollegs Dortmund.

Es moderiert Markus Günnewig, Leiter der Gedenkstätte Steinwache. Es wird um Anmeldung unter gegen-das-vergessen@fulfil.de gebeten.




Fatadǎ/Fassade – Eine besondere Ausstellung zur Roma-Baukultur

Der Hardware MedienKunstVerein (HMKV) zeigt auf der Ebene 3 des Dortmunder U vom 24.10.2020 bis 21.03.2021 die Ausstellung „Fatadǎ/Fassade“.

Diese besondere Ausstellung baut auf dem gleichnamigen kollaborativen Kunstprojekt der Werkstatt Mallinckrodtstraße auf. Das Projekt wurde 2018 von Akteur*innen aus der Dortmunder Roma-Community zusammen mit den Künstlern Christoph Wachter und Mathias Jud sowie Interkultur Ruhr initiiert.

Im Jahr 2019 wurde ein Hausfassade in der Dortmunder Nordstadt (Schleswigerstr. 31) nach Art der Roma-Baukultur (wie in Rumänien zu sehen) umgestaltet und im September eingeweiht.

Die im Rahmen des Projekts zahlreich entstandenen imposanten teils raumhohe Hausmodelle präsentiert.

Die besondere Form der Architektur zeichnet sich durch ihre expressiven, teils bunten Fassaden, Kuppeln, Burgzinnen oder den silbrig schimmernden Zwiebeldächern – den charakteristischen Spenglerarbeiten der Roma – aus.

Die Leiterin des HMKV, Imke Arns, vor einem der Exponate der Ausstellung "Fatadǎ/Fassade"
Die Leiterin des HMKV, Imke Arns, vor einem der Exponate der Ausstellung „Fatadǎ/Fassade“

Neben dem Sichtbar machen der Roma-Kultur soll aber auch ein Gegen-Narrativ etwa zum Vorurteil, Roma würden „nicht gerne sesshaft in Wohnungen leben“ geschaffen werden. Es ist zudem ein eindringlicher Ausdruck einer Selbstermächtigung. Der Rom‘nja, der Wunsch nach gesellschaftlicher Teilhabe und Anerkennung.

Im Rahmen der Ausstellung wurde von der Werkstatt Mallinckrodtstraße der Eingangsbereich auf der Ebene 3 mit einer neuen Wandgestaltung versehen.

Im hinteren Bereich der Ausstellung steht ein großer Raum mit Lesebereich mit weiterführenden Texten zum Thema Kultur der Roma oder ein Hörspiel zum tieferen Eintauchen zur Verfügung.

Zudem wird ein gedrucktes Magazin zur Ausstellung herausgebracht, das ab Dezember 2020 zu erhalten sein wird.

Der HMKV öffnet am 23.10.2020 (15.00 – 20:00 Uhr) seine Türen für „Fatadă/Fassade“.




Schauspielhaus Dortmund – ein neues Ensemble stellt sich vor

In der Spielzeit 2020/2021 hat das Schauspiel Dortmund mit Julia Wissert nicht nur eine neue Intendantin, sondern bis auf wenige Ausnahmen (Marlena Keil, Ekkehard Freye, natürlich der Sprechchor) ein noch unbekanntes Ensemble.

Seit der Premiere von „17 x 1“ am 24.09.2020 haben sich die Mitglieder des Ensemble dem hiesigen Publikum mit jeweils 10-minütigen individuellen Performances vorgestellt.Ars tremonia nahm die Gelegenheit wahr, am 18.10.2020 an der Tour-A ab 18:00 Uhr zu besuchen, um einen kleinen Eindruck von den „Neuen“ zu bekommen. Die einzelnen Performances fanden an verschiedenen Orten des Schauspiels statt.

Als Moderator fungiert mit seiner Stimme Ekkehard Freye. Die Publikumsgruppen (zwei unterschiedliche von etwa 10 Personen) wurden von ihren Guides zu den Orten des Geschehens geführt.

Los ging es auf dem Vorplatz mit Nika Mišković. Hier erfuhr das Publikum von ihr, dass sie ursprünglich aus Kroatien kommt und nun über die Zwischenstation Berlin als Schauspielerin in Dortmund gelandet ist. Humorvoll-ironisch zeigte sie in Großformat ihren Ausweis, Pass, diverse Zertifikate, Pokale und sogar ein Foto mit BVB Trikot zusammen mit Michael Zorc und Joachim Watzke. Was kann da schief gehen?

Im Institut des Schauspiel sah die Gruppe dann zunächst ein Video von Sarah Yawa Quarshie (About me?). Die junge Schauspielerin hat, wie sie dann perönlich erzählte, ihr Schauspielstudium in Berlin relativ frisch abgeschlossen. Frauenrechte und Antirassismus sind wichtige Themen für sie, aber ebenso Lebensfreude, Tanzen und gutes Essen.

Alexander Darkow begrüßte sein Publikum im Aufzug. (Foto: © Florian Dürkopp)
Alexander Darkow begrüßte sein Publikum im Aufzug. (Foto: © Florian Dürkopp)

In dem großen Lastenaufzugs des Schauspiels wartete danach Alexander Darkow (kommt aus dem Osten Deutschlands) im Anzug auf das Publikum. Zwischen Auf – und Abstiegsversuchen gefangen versucht er rechtzeitig zu seinem „Chef“ zu kommen, um einen wichtigen „Auftrag“ (Heiner Müller) zu erhalten. Welchen Auftrag erfüllt der Schauspieler?

Während später Schauspielerin Bettina Engelhardt (Das Leben ist kein Wunschkonzert. Eine Passion!) im Studio in ihrer „Badewanne“ in einer vergangenen Zeit und einer Liebe gefangen ist, geht danach Raphael Westermeier auf dem Balkon der Frage nach: Was bleibt von den live Theater-Momenten?

Auf der großes Bühne des Schauspielhauses kommt dann noch mit „I‘ll fly with you“ zu einer besonderen Hochzeitsfeierlichkeit. Das Schauspiel in Person von Mervan Ürkimez geht eine „besondere“ Verbindung mit dem BVB, in Person des Maskottchens Emma, ein und sie entschwinden in den Weltraum.

Man darf gespannt sein, was uns bei diesem diversen Ensemble noch so alles erwartet.




Abstand – ein Zeitballett unter besonderen Bedingungen

Die aktuelle Kreation „Abstand“ von Ballettintendant Xin Peng Wang hatte am Samstag, den 17.10.2020 im Dortmunder Opernhaus seine mit Spannung erwartete Uraufführung.

Gemeinsam mit seiner Ballett-Compagnie und dem gesamten Produktionsteam setzte er sich mit der Corona-Pandemie – ihren Gefahren, aber auch Chancen – künstlerisch auseinander.

Unseren zwischenmenschlichen Bedürfnissen nach Nähe und Sicherheit ist momentan eine Bremsspur verordnet. Dies betrifft alle Bereiche. Gefahr lauert nicht nur für unsere Gesundheit, sondern zudem auch durch die ideologische Instrumentalisierung der Pandemie. Die Risse quer durch die Gesellschaft verstärken sich zunehmend.

Während die Zeit still zu stehen scheint, besteht aber auch die Chance, den Umgang mit (Um)Welt, oder unser Verhältnis innerhalb einer Solidargemeinschaft gemeinsam neu zu überdenken.

Aktuelle Themen wie "Fridays for future" wurden im Ballett "Abstand" auch behandelt.(Foto: © Leszek Januszewski)
Aktuelle Themen wie „Fridays for future“ wurden im Ballett „Abstand“ auch behandelt. (Foto: © Leszek Januszewski)

Mit Abstand hat Xin Peng Wang ein Zeitballett geschaffen, das sich mit einem „choreografischen Augenzwinkern“ mit den Kernfragen sozialer Bedürfnisse nach Nähe und Sicherheit fantasievoll beschäftigt. Kreative Videoinstallationen und passende Musikauswahl verstärkten die Ausdruckskraft der Tänzer*innen zusätzlich.

Es war aber nicht nur moderner Ausdruckstanz mit Empathie gefordert, sondern auch mit Sprache und Gesang gearbeitet.

Zu Anfang standen die Umweltaktivisten von „Fridays for Future“ (sowie eine eindrucksvollen Greta Thunberg Video-Installation) im Mittelpunkt. Im weiteren Verlauf wurden fantasievoll-witzigen Versuche, mit den veränderten Lebensbedingungen klarzukommen von den Tänzer*innen auf der Bühne umgesetzt. Ein Beispiel dafür war etwa die Situation, als eine Frau und ein Mann nur mit „Übermittlung“ durch ein Spielzugwagen Kontakt miteinander aufnehmen konnten.

Fantasievolle Mund-Gesichtsmasken,Visiere und mehr kamen zum Einsatz, und es wurde mit Fahrräder über die Bühne gefahren sowie Krankenbetten von Personen in Schutzanzügen über die Bühne gezogen.

Wie sehr sich das Theater und ihre Akteure wieder volle Säle wünscht, wurde eindringlich klar, als ein(e) Tänzer*in (Guillem Rojo I Gallego) zu den Klängen von „Vissi d‘arte aus Giacomo Puccinis Tosca vor den an die Leinwand projizierten leeren Sitzen des Opernhauses expressiv tanzte.

Der Abschluss zu rhythmischen Klängen verbreitete eine hoffnungsvoll optimistischen Ausblick auf die Zeit, wenn die Mund-Nasen- Gesichtsmasken zur Vergangenheit gehören (Symbolisch flogen sie schon einmal per Videoprojektion durch die Lüfte.

Selbst der Ballettintendant reihte sich am Ende zur Freude des Publikums noch in die Reihe der Tänzer*innen ein.

Informationen zu weiteren Vorstellungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 50 27 222




Musikalischer Abend macht Lust auf Leben und Live-Erlebnisse

Auf der Hinterbühne des Dortmunder Schauspiels hatte am 07.10.2020 „Lust for Life“ (Lust auf Leben) ein bemerkenswerter theatral-musikalischer Abend unter der Regie von Selen Kara seine Premiere.

Mit Linda Elsner, Ekkehard Freye und Raphael Westermeier standen drei musikalische Schauspieler*innen des aktuellen Ensembles auf der Bühne. An ihr Seite sorgten Torsten Kindermann und Jan-Sebastian Weichsel live für Unterstützung auf ihrer musikalischen Suche. Als Gäste waren Friederike Krah, Meike Kurella und Hannah Saar dabei.

Das Publikum hatte Gelegenheit, den Entwicklungs- und Entstehungsprozess eines Cover-Konzeptalbums zum Thema „Lust auf Leben“ der Band beizuwohnen. Die einzelnen Bandmitglieder brachte ihre Positionen und persönlichen Einstellungen und Vorstellungen ein. Teilweise wurden die auch über eine Videoleinwand im Hintergrund vermittelt.

Wie in jeder Band gab es den Wunsch, gemeinsam etwas Neues zu schaffen, aber auch Konflikte und Egoismen. Diese wurden witzig-ironisch dargestellt.

Live-Musik unter anderem von Ekkehard Freye, Torsten Kindermann, Linda Elsner und Raphael Westermeier. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Live-Musik unter anderem von Ekkehard Freye, Torsten Kindermann, Linda Elsner und Raphael Westermeier. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Der Wunsch nach Live-Erlebnissen, Nähe und Gemeinschaft nach (Corona-bedingten) Isolation und oft Depression war spürbar.

Vorsichtige Textversuche wie „Ich wünschte, schwimmen zu können wie ein Delphin“ oder „Wir werden sie bewegen, für immer“ stehen am Anfang.

Musikalisch wurde es vielfältig mit unterschiedlichste Genres wie Soul, Rock, Pop oder Folk. Song unter anderem von Johnny Cash, Coldplay, den Rolling Stones oder Nina Simone wurden in ganz eigenen sensiblen Versionen von verschiedenen beteiligten „Bandmitgliedern“. Es zeigte sich, auch das neue Ensemble ist musikalisch.

Neben dem vom alten Ensemble bekannten Ekkehard Freye hatten Linda Elsner mit ihrer warmen Soul-Stimme und Raphael Westermeier (meistert auch hohen Tonlagen) die Gelegenheit, ihr Können beweisen. Auch die Dramaturgin Hannah Saar konnte mit ihrer Version von „No love, No life“ überzeugen.

Besonders war, das die Beteiligten sich an verschiedenste (auch ungewöhnliche) Instrumente wagten. Es wurden beispielsweise von den drei Gästen bunte offene Rohrstangen als Rhythmusbegleitung zur starken „Wonderful life“-Version (Raphael Westermann) effektvoll benutzt..

Am Ende gab es für Publikum das eine angespielte Version von „All you need is love“ (Beatles) mit auf den Weg.

Ein Abend, der die Sehnsucht nach Lebensfreude und Live-Momente deutlich spürbar machte.

Informationen zu weiteren Vorstellungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel. 0231/ 50 27 222