Glanzvolle Operngala zur Klangvokal Festival-Eröffnung

Im Konzerthaus Dortmund fand am 01.06.2025 das Eröffnungskonzert des Klangvokal Musikfestivals in unserer Stadt in Form einer italienischen Operngala statt.
Geboten wurde ein über zweistündiges Programm aus der Welt der romantischen italienischen Oper und des Verismo – von Giuseppe Verdi (1813–1901) bis Giacomo Puccini (1858–1924). Emotionale Musik voller Leidenschaft, Liebe, Eifersucht und Schmerz.

Die dramatischen Arien und Duette wurden sensibel und schwungvoll von der Neuen Philharmonie Westfalen unter der Leitung des italienischen Dirigenten Carlo Montanaro begleitet. Das Orchester konnte bei mehreren musikalischen Intermezzi sein Feingefühl und Können eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Als internationale Opernstars standen die Italienerin Maria Agresta (Sopran) und der in Brasilien geborene Tenor Martin Muehle auf der Bühne.
Ob in ihren Solo-Arien oder im Duett: Beide transportierten mit ihren ausdrucksstarken Stimmen und Gesten tiefe Emotionen, die für das Publikum unmittelbar spürbar wurden.
Maria Agresta überzeugte mit einem klaren, strahlenden Sopran, Martin Muehle mit einem kraftvoll-warmen Tenor.

Auf der Bühne standen standen die Italienerin Maria Agresta (Sopran) und der in Brasilien geborene Tenor Martin Muehle  (Foto: ((c) Oliver Hitzegrad)
Auf der Bühne standen standen die Italienerin Maria Agresta (Sopran) und der in Brasilien geborene Tenor Martin Muehle (Foto: ((c) Oliver Hitzegrad)

Dramatik und Gefühl – Ein Abend der großen Opernmomente

In der ersten Hälfte standen Arien und Duette aus Verdis Otello sowie Puccinis Tosca im Mittelpunkt.
Nach einem orchestralen Intermezzo aus Pagliacci (1892) von Ruggero Leoncavallo (1857–1919) setzte der zweite Teil mit der Arie der Mimì aus La Bohème (Puccini, 1895) dramatisch fort.
Ein weiterer Höhepunkt war die berühmte und bewegende Arie des Kalaf „Nessun dorma“ aus Turandot (Puccini, 1924).

Arien aus Opern von Francesco Cilea (1866–1950) und Umberto Giordano (1867–1948), die „Barcarola“ aus Silvano (Pietro Mascagni, 1895) sowie das von ekstatischer Liebe getragene Schlussduett „Vicino a te s’acqueta“ (Du kommst daher) rundeten die glanzvolle Gala eindrucksvoll ab.

Das begeisterte Publikum verabschiedete die Künstler:innen nicht ohne mehrere Zugaben.




Musical über Mobbing und religiösen Fanatismus

Als neues partizipatorisches Projekt der Jungen Oper Dortmund (ab 16 Jahren) präsentierten die OpernYoungsters und YoungSymphonics am 17.05.2025 im Operntreff des Dortmunder Theaters die Inszenierung Carrie – Das Musical, basierend auf dem Buch von Lawrence D. Cohen und dem gleichnamigen Roman von Stephen King. Regie führte Alexander Becker, die musikalische Leitung der Projektband übernahm Andreas Reukauf. Die Songtexte stammen von Dean Pitchford, die Musik von Michael Gore. Die deutsche Textfassung wurde von Martin Wessels-Behrens und Judith Behrens erstellt.

Zwischen innerer Zerrissenheit und gesellschaftlichem Grauen

Carrie ist ein Klassiker des Horrorgenres, der die verheerenden Folgen von Mobbing und Ausgrenzung an amerikanischen Highschools thematisiert – und dabei nichts an Aktualität eingebüßt hat. Zwar spielen übernatürliche und paranoide Elemente eine zentrale Rolle, doch liegt der Fokus dieser Inszenierung deutlich auf den emotionalen Innenwelten der Hauptfiguren. Die jungen Darsteller*innen vermittelten diese mit großer Offenheit und spürbarer Empathie – stets nah am Publikum.

Schon vor Beginn der Aufführung deuteten weiße, blutbefleckte Tücher auf dem Boden, unter denen sich Körper verbergen, das erste Horrorelement an. Die Handlung wird rückblickend erzählt.

Tabitha Affeldt 8und die OpernYoungsters. (Foto: (C) Björn Hickmann)
Tabitha Affeldt 8und die OpernYoungsters. (Foto: (C) Björn Hickmann)

Ein fragiler Abend – und sein zerstörerisches Ende

Im Mittelpunkt steht die 16-jährige Außenseiterin Carrie White – im Musical zusätzlich als übergewichtig dargestellt –, die von Tabitha Affeldt beeindruckend verkörpert wurde. Carrie wächst isoliert und unter der Kontrolle ihrer fanatisch religiösen Mutter Margaret White auf. Das Bühnenbild ist entsprechend düster und karg gehalten. Susanna Panzner (ehemaliges Ensemblemitglied der Oper Dortmund) zeichnete ein intensives Porträt dieser von Angst und Wahnvorstellungen geprägten Mutterfigur.

Carolin Bernhard als engagierte Sportlehrerin Miss Gardner versucht, den Schikanen der beiden Hauptmobber Chris Hargensen (Jule Giesenkirchen) und Billy Nolan (Jan Kamischke) entgegenzuwirken, indem sie die beiden vom Abschlussball ausschließt. Die beiden Unruhestifter suchen daraufhin in Carrie ein neues Opfer.

Im Gegensatz dazu zeigt sich Carries Mitschülerin Sue Snell (Selma Kirketerp) reumütig. Von Schuldgefühlen geplagt, bittet sie ihren sensiblen Freund Tommy Ross (Lennart Pannek), Carrie an ihrer Stelle zum Abschlussball zu begleiten. Was als versöhnlicher Abend beginnt, endet schließlich in einer dramatischen Katastrophe …

Die Inszenierung überzeugte durch ihre eindringliche Erzählweise und die stimmige musikalische Begleitung – eine kraftvolle Mischung aus dramatischen Rock- und Popsongs sowie gefühlvollen Balladen.

Weitere Informationen zu Aufführungsterminen finden Sie unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231 / 50 27 222.




Ein Familienstück über das „Anderssein“

Am Sonntag, den 18.05.2025, feierte im Rahmen des Kinder- und Familienprogramms der Kulturbrigaden unter der Regie von Rada Radojčić das Stück Irgendwie Anders im Dortmunder Theater Fletch Bizzel seine Premiere. Die Inszenierung richtet sich an Kinder ab vier Jahren und basiert auf dem bekannten Kinderbuch Something Else von Kathryn Cave mit den ausdrucksstarken Illustrationen von Chris Riddell.

Von Ausgrenzung und Begegnung

Die Bühnenausstattung – etwa ein gemütlicher Ohrensessel – und die fantasievollen Kostüme orientierten sich eng an der Buchvorlage. Im Zentrum der Geschichte steht ein kleines Wesen, das allein in einem Haus auf einem Berg lebt und sich in vielerlei Hinsicht von den Dorfbewohnern (wie einem Maler oder tierischen Figuren) im Tal unterscheidet. Trotz aller Bemühungen wird es ausgeschlossen und fühlt sich oft einsam. Eines Tages jedoch klopft ein temperamentvolles und lautes „Etwas“ an seine Tür …

Sandra Schmitz verkörperte die Figur „Irgendwie Anders“ und sprach das junge Publikum direkt und emotional an. Vielen dürfte sie aus dem Ensemble des Geierabends bekannt sein. Schauspielerin Christiane Wilke überzeugte mit Spielfreude und Energie nicht nur als quirliges „Etwas“, sondern auch in den Rollen der verschiedenen Wesen im Tal. Mit viel Humor wurde getanzt, gesprungen und gesungen. Die Kinder im Publikum reagierten begeistert, beteiligten sich aktiv und wurden durch gezielte Ansprache geschickt in das Geschehen eingebunden.

Sandra Schmitz (links) und Christiane Wilke in "Irgendwie anders". (Foto;: (c) Kulturbrigaden)
Sandra Schmitz (links) und Christiane Wilke in „Irgendwie anders“. (Foto;: (c) Kulturbrigaden)

Ein wichtiger Bestandteil des Gesamt­erlebnisses war auch die stimmige und situationsbezogene musikalische Begleitung. Es hat sich aus organisatorischen Gründen ergeben, dass am kommenden Donnerstag, den 22. Mai um 10 Uhr NICHT „ZWEI MONSTER“ gespielt wird, sondern eine weitere Vorstellung von „IRGENDWIE ANDERS“.

Weitere Informationen unter: www.fletch-bizzel.de




Jedes Wesen ist besonders und anders

Im Rahmen des Kinder- und Familientheaterprogramms KIDZ IM BIZZ feiert am Sonntag, den 18. Mai 2025, um 15:00 Uhr das Stück „Irgendwie Anders“ (empfohlen ab 4 Jahren) im Theater Fletch Bizzel Dortmund Premiere.

Als Vorlage dient das englische Kinderbuch Something Else (1998) von Kathryn Cave mit Illustrationen von Chris Riddell, das in deutscher Sprache im Friedrich Oetinger Verlag erschienen ist. Die Bühnenfassung bringt die Geschichte liebevoll für junges Publikum auf die Bühne.

Erzählt wird die Geschichte eines kleinen Wesens, das abgeschieden in einem Häuschen auf einem Berg lebt. Es unterscheidet sich deutlich von den anderen Bewohner:innen des Dorfes – und wird trotz aller Bemühungen, dazuzugehören, ausgegrenzt. Eines Tages jedoch klopft ein seltsam quirliges Etwas an die Tür und behauptet, ihm ähnlich zu sein…

Dzaklin Radojčić (links) und Christiane Wilke bei der Probe zu "Irgendwie anders". (Foto: (C) Bianca Breuer)
Dzaklin Radojčić (links) und Christiane Wilke bei der Probe zu „Irgendwie anders“. (Foto: (C) Bianca Breuer)

Es ist ein berührendes Abenteuer über Akzeptanz, Freundschaft und die Botschaft, dass wir alle auf unsere eigene Weise besonders sind.

Christiane Wilke übernimmt die Rolle der Dorfbewohner:innen sowie des „anderen Etwas“, während Sandra Schmitz (bekannt vom Geierabend) das Wesen „Irgendwie Anders“ spielt. Bei der Schülergruppen-Vorstellung am Dienstag, den 20. Mai 2025, um 10:00 Uhr, wird Dzaklin Radojčić diese Rolle übernehmen.

Die beiden Hauptfiguren erscheinen übrigens auch als liebevoll gestaltete Puppen auf der Bühne. Für die Kostüme zeichnet Anna Hörling verantwortlich. Das Bühnenbild orientiert sich eng an der Bildsprache des Kinderbuches.

Das Stück enthält fünf eigens komponierte Lieder – zum Abschluss ist sogar ein gemeinsames Singen geplant. Darüber hinaus ist die Produktion einer speziellen Musik-Kassette zum Stück in Planung.

Weitere Informationen unter: www.fletch-bizzel.de

 




Viele Möglichkeiten und Potenziale durch Vernichtung genommen

Der 8. Mai 2025 ist ein denkwürdiges Datum: Zum 80. Mal jährt sich an diesem Tag das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft mit ihrer grausamen Vernichtungsmaschinerie – gegen jüdische Mitmenschen ebenso wie gegen all jene, die als Gegner*innen oder „lebensunwert“ galten.

Anlässlich dieses historischen Tages feierte das Stück Ohne Titel (194418) (ab 16 Jahren) von den israelischen Autorinnen Elinor Milchan und Sharon Burstein Bichachi seine Uraufführung im Kinder- und Jugendtheater Dortmund (KJT). Regie führte KJT-Intendant Andreas Gruhn. Das Stück zeigt eindrücklich, wie durch die Ermordung von Millionen jüdischer Künstlerinnen – ebenso wie von Intellektuellen und Wissenschaftlerinnen – nicht nur individuelle Lebensentwürfe ausgelöscht, sondern auch menschliche Potenziale unwiederbringlich vernichtet wurden.

Erinnerung in eindrucksvollen Bildern

Die Bühne war mit bronzefarbenen, stelenartigen Konstruktionen gestaltet, in deren Mitte ein flacher Sockel platziert war – eine Anspielung auf das Holocaust-Mahnmal. Die rückseitige Wand, mit fensterrahmenähnlichen Elementen versehen, diente als Projektionsfläche für jeweils passende Hintergrundbilder, die Szenen visuell einbetteten.

Beatrice Sclicon, Annika Hauffe, Jan Westphal
(c) Birgit Hupfeld

Im Zentrum des Geschehens steht die junge Künstlerin Nelly – beeindruckend dargestellt von Annika Hauffe. Als 18-jährige Jüdin wird sie 1944 im Ghetto Theresienstadt festgehalten. In episodenhaften Zeitsprüngen über mehrere Jahrzehnte entfaltet sich eine Geschichte, die nur fiktiv sein kann – denn das tatsächliche Leben wurde Nelly verwehrt. Menschen, Erinnerungen, Geräusche – all das webt sich in die Erzählung ein. Über der Projektionsfläche werden jeweils Jahreszahlen und Orte eingeblendet. Doch immer wieder bricht die Realität, der Nelly zu entfliehen versucht, gewaltsam über sie herein. Eine zentrale Rolle übernimmt das „Mädchen“ – ihr stummes Alter Ego, eindrucksvoll verkörpert von Paula Wegener.

Zu Beginn betritt Annika Hauffe als über 90-jährige Nelly die Bühne, um den Preis für ihr Lebenswerk entgegenzunehmen – ein berührender Einstieg. Auch das übrige Ensemble (Jan Westphal, Rainer Kleinespel, Thomas Ehrlichmann und Sar Adina Scheer) überzeugte durch starke schauspielerische Präsenz und große Wandlungsfähigkeit in den verschiedenen Rollen.

Musik und Sounddesign von Manuel Loos unterstreichen atmosphärisch die dramatischen Szenen, ohne sie zu überfrachten – ein fein abgestimmter akustischer Rahmen.

Kunst als Widerstand – und als Erinnerung

Nelly steht stellvertretend für viele jüdische Künstler*innen, die selbst in der Gefangenschaft weiter schöpferisch tätig waren – oft im Verborgenen, als mutiger Akt des Widerstands. Ob sie überlebten oder nicht, bleibt in vielen Fällen offen. Das Stück verneigt sich vor diesen Menschen und ihrem unbeugsamen Geist.

Trotz der ernsten Thematik verliert die Inszenierung nicht den Blick für Menschlichkeit und Überlebenswillen – gelegentlich blitzen sogar humorvoll-ironische Momente auf.

Für Schulklassen und interessierte Besucher*innen gibt es weitere Vorstellungen. Informationen zu den Terminen sind wie immer unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231 / 50 27 222 erhältlich.




Ein Konzertabend für Entdeckerinnen und Liebhaber seltener Klangwelten

Mit Bartóks experimenteller Klangarchitektur und Bruckners kraftvoller Sechster präsentierte das 9. Philharmonische Konzert im Dortmunder Konzerthaus zwei Meisterwerke, die abseits des üblichen Repertoires liegen – und genau darin ihre besondere Faszination entfalten.

Das 9. Philharmonische Konzert lockte das Dortmunder Publikum und zahlreiche Musikinteressierte am 6. und 7. Mai 2025 unter dem Titel „Geheimtipp“ ins hiesige Konzerthaus. Da Generalmusikdirektor Gabriel Feltz aus gesundheitlichen Gründen nicht dirigieren konnte, gelang es glücklicherweise, kurzfristig Mateusz Moleda als temperamentvoll-engagierten Ersatz für die beiden Abende zu gewinnen.

Auf dem Programm standen zwei Werke, die in unserer Region eher selten zu hören sind: Béla Bartóks Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta (1936) sowie Anton Bruckners Sinfonie Nr. 6 A-Dur, ein Werk, das etwas im Schatten seiner populären Siebten steht, die Bruckner unmittelbar danach komponierte.

Zwischen Architektur und Expressivität: Bartók und Bruckner

Bartóks Komposition entstand in der düsteren Zeit des aufkommenden Faschismus in Mitteleuropa und zeichnet sich durch eine damals völlig neuartige Instrumentierung aus: Zwei gleichwertige Streichergruppen, links und rechts auf dem Podium positioniert, werden durch ein zentrales Ensemble aus reichhaltigem Schlagwerk, Harfe (links), Klavier und Celesta ergänzt. Ein derartiges Klangbild war in der Musikgeschichte bis dahin ohne Vorbild.

Musikalisch changiert das Werk zwischen präziser Struktur und expressiver Emotionalität, zwischen Tradition und Avantgarde. Die Schlaginstrumente prägen den rhythmisch-perkussiven Charakter des Stücks entscheidend. Das Fugenthema des Kopfsatzes beginnt in mittlerer Tonlage; die weiteren Einsätze steigen und fallen fächerartig jeweils um eine Quinte – ein Prozess, der den gesamten Tonraum öffnet, bis sich im Höhepunkt der Klang bündelt und anschließend zurückentwickelt. Es entfaltet sich ein Wechselspiel aus instrumentalen Dialogen, verschachtelten Strukturen und einem machtvollen Gesamtklang.

Im "richtigen Leben" sind sich Bruckner und Bartok mit größter Wahrscheinlichkeit nicht begegnet. Aber beim Konzertabend mit den Dortmunder Philharmoniker schon.
Im „richtigen Leben“ sind sich Bruckner und Bartok mit größter Wahrscheinlichkeit nicht begegnet. Aber beim Konzertabend mit den Dortmunder Philharmoniker schon. (Foto: kreiert von ChatGPT)

Der dritte Satz wirkt geheimnisvoll, fast sphärisch. Im vierten Satz schließlich wird Bartóks Liebe zur ungarischen Volks- und Bauernmusik besonders deutlich – das Werk strebt in einem raschen, energiegeladenen Finale seinem Abschluss entgegen.

Wie Bartók ist auch Bruckner ein Meister musikalischer Architektur und des Kontrapunkts. Seine 6. Sinfonie besticht nicht nur durch die ungewöhnliche Tonart A-Dur, sondern auch durch ihre eigenwillige Form. Choralartige Passagen, sonst typisch für Bruckner, fehlen hier weitgehend. Stattdessen beginnt das Werk mit einem markanten, klopfenden Rhythmus, der sofort Aufmerksamkeit erzeugt.

Der zweite Satz – ein melancholisch-feierliches Adagio – entfaltet sich langsam und würdevoll. In den folgenden Sätzen steigert sich das Werk sukzessive zu voller Klangpracht. Die Bläser übernehmen eine zentrale Rolle und verleihen der Musik stellenweise einen bedrohlich-militärischen, fast bombastischen Charakter – ein dramatischer Höhepunkt eines in jeder Hinsicht besonderen Konzertabends.




Fotoausstellung zum Thema: Das eigene „Glashaus“ verlassen

Der Berufsverband der Bildjournalistinnen und Dokumentarfotografinnen in Deutschland, Freelens, präsentiert anlässlich seines 30-jährigen Bestehens bundesweit eine Reihe von Fotoausstellungen. In Dortmund thematisieren elf Fotografinnen der Freelens-Regionalgruppe Ruhrgebiet unter dem Titel „Glashaus – Räume, Rollen, Reflexionen“ das Verlassen der eigenen Filterblase. Die Ausstellung ist vom 9. bis 31. Mai 2025 in den Räumen „Hans A“ und „Hans B“ (Hansastraße 6–10, 44137 Dortmund) zu sehen. Die teilnehmenden Künstlerinnen beleuchten ein breites Themenspektrum – von Inklusion und Geschlechterrollen über Umweltfragen bis hin zu Drogenabhängigkeit und sozialen Brennpunkten.

Sinnbildlich für das Ausstellungsthema steht das Werk „Glashaus, Raum“ des Fotografen Axel M. Mosler: ein roter Bretterverschlag in Hausform mit durchscheinendem Lattengerüst und aufgemalten Fenstern – ein Bild, das architektonische Struktur und symbolischen Rückzugsraum in sich vereint.

Die großformatigen Fotografien laden dazu ein, gewohnte Sichtweisen zu hinterfragen. Sie zeigen eindrucksvoll, wie ein Perspektivwechsel zu mehr Reflexion, Problembewusstsein und Empathie für das „Andere“ führen kann.

Gesellschaft im Fokus – Fotografien mit Haltung

Die Ausstellung überzeugt nicht nur durch Vielfalt, sondern vor allem durch ihre persönliche Tiefe und gesellschaftliche Relevanz. Jede Serie eröffnet einen eigenen, prägnanten Blick auf Themen, die uns alle betreffen – mal leise beobachtend, mal mit deutlicher Haltung.

Die Fotoausstellung präsentieren unter anderem (v.l.n.r.) Axel M. Mosler, Andreas Buck, Merle Weidmann, Frank Schultze und Achim Pohl.
Die Fotoausstellung präsentieren unter anderem (v.l.n.r.) Axel M. Mosler, Andreas Buck, Merle Weidmann, Frank Schultze und Achim Pohl.

Hans Buck setzt sich mit dem Waldsterben auseinander. Seine Bilder zeigen nicht nur den Zustand der Natur, sondern auch die stille Ohnmacht des Menschen angesichts der Klimakrise.
Ravi Sejk führt das Publikum in die geheimnisvolle Welt von Averdunk-Island. Die Bewohner*innen dieser fiktiven Insel erscheinen nur von hinten oder ohne Gesicht – ein Spiel mit Sichtbarkeit und Schutz, aber auch mit Ausgrenzung.
Sascha Schürmanns Serie „Rausch-Raum“ gibt einen bewegenden Einblick in die Arbeit der Aids- und Drogenhilfe. Seine Fotografien zeigen die Realität derer, die oft am Rand der Gesellschaft stehen – würdevoll und direkt.
Achim Pohl dokumentiert mit „Lust for Life“ die Corona-Zeit aus einem ganz eigenen Blickwinkel. Menschen tauchen an Waldrändern oder auf Feldern auf – scheinbar geschützt, aber auch isoliert. Der Wald wird zum Rückzugsraum, zur Zwischenwelt.

Mit „Women of Wuppertal“ fängt Süleyman Kayaalp die Vielfalt und den Charakter eines Frauenchors ein. Die Bilder zeigen Individualität, Stärke und Gemeinschaft jenseits gängiger Klischees.
Frank Schultze blickt in „Flood-Postcards“ zurück auf die verheerende Flut im Juli 2021. Seine Arbeiten sind mehr als eine Dokumentation – sie halten fest, was geblieben ist und was noch zu tun bleibt.
Heike Thomese-Osthoff begleitet in „Freiheit hat keinen Wohnsitz“ unter anderem eine Frau, die in einem Wohnmobil lebt. Ihre Geschichte erzählt von Selbstbestimmung, Unabhängigkeit – und den Grenzen dieser Freiheit.
Dr. Jörg Jäger richtet den Blick auf die vielen leerstehenden Ladenlokale in unseren Innenstädten – stille Zeugnisse des Strukturwandels und des Verschwindens urbaner Öffentlichkeit.
Merle Weidmann porträtiert das Leben mit einem Kind, das mit Trisomie 21 geboren wurde. Ihre Fotografien sind liebevoll, nah und voller Respekt – sie zeigen den Alltag, aber auch das Besondere dieses Familienlebens.
Jörg Meier schließlich widmet sich in seinen Porträts Frauen, die sich bewusst gegen gesellschaftliche Normen stellen. Seine Bilder feiern Selbstbestimmung und Individualität – ein stilles, starkes Statement gegen Rollenzwänge.

Die Vernissage findet am 9. Mai 2025 um 18 Uhr in den Ausstellungsräumen „Hans A“ und „Hans B“ statt.
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag, jeweils von 16 bis 19 Uhr.




Ausstellung im Kunstbonbon: „WÜ50 – weit über fünfzig“

Vernissage am 26. April 2025 um 15 Uhr

Im Dortmunder Kunstbonbon gibt es wieder eine spannende neue Ausstellung zu entdecken. Unter dem Titel „WÜ50 – weit über fünfzig“ setzen sich 14 Künstler:innen mit den Facetten des Älterwerdens auseinander – ernsthaft, nachdenklich, humorvoll und kritisch. Wer Lust hat, einen frischen Blick auf ein oft tabuisiertes Thema zu werfen, sollte sich die Ausstellung nicht entgehen lassen.

In der neuen Ausstellung „WÜ50 – weit über fünfzig“ im Kunstbonbon in Dortmund setzen sich 14 Künstler:innen mit den Veränderungen auseinander, die das Leben jenseits der 50 mit sich bringt – sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Ausstellung wird am Samstag, den 26. April 2025, um 15 Uhr mit einer Vernissage eröffnet und läuft bis zum 24. Mai 2025.

Ausgangspunkt der Ausstellung war eine frühere Präsentation von Angelika Luise Stephan, in der sie sich zeichnerisch mit Frauen über 50 auseinandersetzte. Daraus entwickelte sich ein Austausch über das Älterwerden und dessen Auswirkungen auf Selbst- und Fremdwahrnehmung – insbesondere, aber nicht ausschließlich, aus weiblicher Perspektive.

Eine breite Palette künstlerischer Ausdrucksformen

Die teilnehmenden Künstler:innen beleuchten nun, welche Rollenbilder, Klischees und Wahrnehmungsveränderungen mit dem Überschreiten der Lebensmitte einhergehen. Welche Unterschiede bestehen zwischen der Außenwahrnehmung und dem Selbstbild? Wie erleben Frauen und Männer diesen Lebensabschnitt? Und was sagt dies über unsere Gesellschaft aus?

"Wie geht das mit dem Älterwerden", fragt die neue Ausstellung im Kunstbonbon.
„Wie geht das mit dem Älterwerden“, fragt die neue Ausstellung im Kunstbonbon.

Die Beiträge der Ausstellung zeigen eine breite Palette künstlerischer Ausdrucksformen – von Zeichnungen über Skulpturen bis hin zu Collagen und Fotografien. Inhaltlich reicht das Spektrum von persönlichen Erfahrungen über gesellschaftliche Beobachtungen bis hin zu ironischen, kritischen oder auch humorvollen Reflexionen über das Altern.

Dabei stehen Fragen im Raum wie: Welche Chancen bietet ein höheres Lebensalter? Welche Herausforderungen bringt es mit sich? Wird man „unsichtbarer“ oder neu sichtbar? Und: Gibt es Vorbilder, die das Alter nicht als Rückzug, sondern als Aufbruch begreifen?

Die Ausstellung lädt zum Nachdenken über gesellschaftliche Werte und zum Austausch über die eigene Perspektive auf das Älterwerden ein. Sie ist während der regulären Öffnungszeiten zu sehen:
Dienstags von 13 bis 18 Uhr, freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 12 bis 15 Uhr.

Weitere Informationen gibt es auf der Facebook-Seite des Kunstbonbon:
www.facebook.com/Kunstbonbon




Zerrieben zwischen Selbstverwirklichung und Mutterschaft

Mit ihrem neuesten Wettbewerbsfilm Salve Maria präsentierte die katalanische Filmemacherin Mar Coll (*1981) am 06.04.2025 im Rahmen des IFFF Dortmund (Schauburg) einen Psychothriller der besonderen Art.
Im Zentrum steht eines der größten gesellschaftlichen Tabus: die Vorstellung, dass nicht jede Frau zur Mutterschaft geboren ist.

Basierend auf Katixa Agirres Roman Mothers Don’t erzählt der Film von der Schriftstellerin Maria, die zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen an ihre Rolle als junge Mutter, als funktionierende Ehefrau und ihrem Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung hin- und hergerissen ist.

Die Rolle der Maria wird eindrucksvoll von der Schauspielerin Laura Weissmahr verkörpert, deren ausdrucksstarke Mimik die innere Zerrissenheit und die Schuldgefühle der Figur greifbar macht. Der Mythos der „liebenden, aufopferungsvollen Mutter“ wird dabei besonders durch das religiös geprägte Bild der „Gottesmutter Maria“ in Frage gestellt.

Wenn Realität und Wahn ineinander übergehen

Als Maria von einer aufsehenerregenden Kindstötung liest, gerät ihr eigenes Leben zunehmend aus dem Gleichgewicht. Aus ihren persönlichen Selbstzweifeln heraus steigert sie sich obsessiv in den Mordfall hinein.
Unterlegt mit einer atmosphärischen Musik und psychologischen Elementen, die an Alfred Hitchcock erinnern, gewinnt der Film zunehmend an Spannung. Realität und Imagination beginnen zu verschwimmen.

Mar Coll bleibt dabei ihrer filmischen Handschrift treu: Schon in ihren früheren Arbeiten wie Tres dies amb la família (2009) und Tots volem el millor per a ella (2013) setzte sie sich intensiv mit familiären Konflikten, sozialen Erwartungen und der inneren Zerrissenheit ihrer Figuren auseinander. In Salve Maria geht sie noch einen Schritt weiter – und wagt sich in die psychologischen Abgründe moderner Mutterschaft, ohne jemals ins Klischeehafte oder Überzeichnete abzurutschen.

Am Ende steht die Suche nach einem Ausweg aus dem inneren und äußeren Dilemma. Gemeinsam wird eine Möglichkeit gefunden, Beruf und Mutterrolle auf eine Weise zu vereinen, die allen Beteiligten gerecht wird.

Salve Maria ist ein stiller, mutiger Film, der mit Tabus bricht – unbequem, notwendig, bewegend. Ein Werk, das nicht nur die Mutterrolle, sondern auch unser Bild von weiblicher Identität und Selbstbestimmung eindrucksvoll hinterfragt – und lange nachhallt.




Faruk – ein persönlich-fiktionalisiertes Porträt

Die türkische Regisseurin Aslı Özge wollte ursprünglich einen Film über den drohenden Abriss des Wohnblocks ihres Vaters Faruk in Istanbul drehen. Doch der über 90-Jährige wurde nach und nach zur Hauptfigur ihres Wettbewerbsfilms Faruk, der am 05.04.2025 im Rahmen des IFFF in Dortmund (Schauburg) gezeigt wurde.

Die mehrfach preisgekrönte Regisseurin (Men on the Bridge, Lifelong, All of a Sudden) ist bekannt für ihre genauen Alltagsbeobachtungen und ihre sensible Darstellung komplexer gesellschaftlicher Strukturen. In ihren bisherigen Filmen widmete sie sich unter anderem der Geschlechterdynamik in der türkischen Mittelschicht (Lifelong, 2013) oder der Unwägbarkeit zwischenmenschlicher Beziehungen in einem deutschen Kleinstadtmilieu (All of a Sudden, 2016). Dabei verbindet Özge häufig das Private mit dem Politischen – eine Stärke, die auch in Faruk voll zur Geltung kommt.

Inspiriert von realen Personen und Begebenheiten, gedreht an Originalschauplätzen, erzählt der Film mit Leichtigkeit und trockenem Humor eine Geschichte über Gentrifizierung und eine vielschichtige Vater-Tochter-Beziehung.
Die intime Kameraführung bringt den Zuschauer*innen den pfiffig-verschmitzten Faruk als Mensch nahe und schafft eine spürbare Vertrautheit.

Ein Mann gegen die Stadt – und gegen die Zeit

Über einen Zeitraum von sieben Jahren wird der schmerzliche Prozess der Gentrifizierung und der soziokulturellen Veränderungen in Istanbul am Beispiel Faruks auf sehr persönliche Weise erlebbar gemacht.
Sein langanhaltender, sturer Widerstand gegen das Unausweichliche und die anschließende Krise, in die er gestürzt wird, bilden den Ausgangspunkt dieses Porträts.

Es ist die Geschichte eines Mannes, der viele Jahrzehnte in seiner gewohnten Umgebung lebte – und dem nun der Plan eines friedlichen Lebensabends buchstäblich „vermasselt“ wird. Das urbane Sounddesign begleitet dabei eindrucksvoll die Gedankenwelt Faruks.

Gleichzeitig gewährt der Film Einblicke in die sich wandelnde, komplexe Beziehung zwischen Vater und Tochter. Am Ende muss Faruk, zermürbt und kraftlos, seiner Tochter die Vollmacht in Wohnungsangelegenheiten – und damit einen Teil seiner Selbstbestimmung – übertragen.
Ihre Rolle wandelt sich, wie bei vielen erwachsenen Kindern, deren Eltern alt werden, hin zu einer Form mütterlicher Fürsorge.

Ein zart gezeichneter Film über das Altern, das Loslassen und die Umbrüche in einer Stadt – mit Empathie, Realitätsnähe und leiser Komik inszeniert.