Gott des Gemetzels mit viel Witz und Sarkasmus

Was tun, wenn ein geplantes Stück im Schauspiel Dortmund wegen einer Krankheit des Regisseurs nicht auf aufgeführt werden kann? Zum Glück erklärte sich die Regisseurin Anna Tenti bereit, in kürzester Zeit mit vier Schauspieler*innen des hiesigen Ensembles und allen sonst noch notwendigen Helfern eine der bekanntesten Wohnzimmerschlachten auf die Bühne zu bringen. Am 26.11.2022 hatte „Der Gott des Gemetzels“ (von Yasmina Reza) seine Premiere im Schauspielhaus.



Das gefällige Bühnenbild mit gutbürgerlichen Wohlfühlflair konnte von der zunächst geplanten Produktion übernommen werden.

Bei diesem Komödienhit treffen zwei sich die beiden gutsituierten Elternpaar mit der Absicht, einen Konflikt zwischen ihren beiden elfjährigen Söhnen (der einem der Kinder zwei Schneidezähne kostete) zu friedlich und erwachsen kultiviert zu bereinigen. Man ist ja tolerant.

Die disziplinierte Vermögensberaterin Annette Reille (Linda Elsner) und ihr Mann, der hauptsächlich an Geld und Erfolg interessierte Anwalt Alain Reille (Christopher Heissler) stehen natürlich auf der Seite des „Täters“, ihres Sohnes Ferdinand. Die Mutter des „Opfers“ Bruno ist die Schriftstellerin und Kunstliebhaberin Veronique Houillé (Lola Fuchs), die mit hohen Moralansprüchen Gerechtigkeit einfordert. An ihrer Seite ist der zunächst freundliche Ehemann und Nihilist Michel Houillé (Linus Ebner). Fragen nach den Hintergründen der Tat, verborgenen Eheproblemen und die Schuldfrage heizen die Atmosphäre langsam auf. Es bilden sich abwechselnd verschiedene Allianzen.

Alkohol enthemmt die vier Personen immer mehr. Die bürgerliche Fassade bröckelt immer mehr und die Situation eskaliert… 

Die Paare waren schlicht-elegant gekleidet, und durch gleiche Haarfarben auch optisch als zusammengehörig leicht erkennbar.

Die Schauspieler*innen hatten sichtlich Freude daran, sich in die widersprüchlichen Charaktere hinein zu versetzen und die dunklen verborgenen Seiten mit Humor und Ironie sichtbar zu machen. Die bitterbösen Wortgefechte bereiteten ihnen einen Riesenspass.

Nebelschwaden und akustische Geräusche sorgten zwischendurch für Dramatik.

Mehr als nur ein „Ersatzstück“, dass vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Infos zu weiteren Aufführungsterminen finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222




Humorvoll-absurdes Theater ums „Über Leben“

Im Studio des Schauspiel Dortmund hatte am 25.11.2022 das Stück „ÜBER LEBEN“ (von Annalena und Konstantin Küspert) unter der Regie von Ruven Bircks seine Premiere. Dem Regisseur interessieren hier die Wendepunkte, Grenzerfahrungen durch verschiedene Krisen und was dann mit der Gesellschaft passiert. Die wichtige frage stellt sich. Wie wird die Menschheit erinnert und oder überdauert werden?



In unterschiedlichsten Szenarien (Experimenten) werden utopische Bilder von der Vergangenheit bis in die Zukunft menschlicher Lebensformen verhandelt.

Etwa vom Untergang der mystischen Insel Atlantis, der Titanic, Verhalten bei Bärenangriffen, Hungersnöten, Kriegen, Flugzeugabstürzen bis zur Voyager Raumsonde. Die Voyager verschickt bedeutende Informationen aus verschiedenen Bereichen menschlichen Lebens in den Weltraum. Das Ganze in der Hoffnung, dass sich entfernte Lebensformen sie entdecken und sich so ein Bild von der Menschheit machen können.

Die Studio-Bühne wurde zum Simulationsraum, und die Schauspieler*innen Alexander Darkow, Ekkehard Freye, Nika Mišković und Sarah Quarshie begaben sich in ein „Überlebens-Bootcamp“ mit passender Kleidung. Begleitet wurden sie mit einer Live-Kamera von Daniela Sülwold. Mit viel Spielfreude begaben sich die vier Schauspieler*inne auf der Bühne in unterschiedliche Rollen (der Geschlechter). Auch physisch wurde ihnen einiges abverlangt. Dabei wurden sämtliche Emotion von der Kamera für das Publikum nah abgelichtet.

Musikalisch wurde das Geschehen von der Performerin houaïda. Diese ist nicht nur Musikerin, Performerin sondern auch Astrophysikerin.

Live sang eindrucksvoll Ekkehard Freye den Song „Space Oddity“ (David Bowie).

Eine humorvoll-ironische, absurd und manchmal groteske Aufführung, welche die Mittel des modernen Theaters (Live-Kamera, Video-Projektionen von Elizaweta Veprinskaja) geschickt ausnutzte.

Es bietet zudem gerade in unsere turbulenten Krisenzeiten genug Stoff zum Nachdenken. Für die starke Leistung gab es viel Applaus vom Publikum.

Infos zu weiteren Vorstellungsterminen erfahren Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222




Neues vom Geierabend mit viel Ruhrpottherz

Im Jahr 2023 kann Dortmunder Geierabend ab dem 5. Januar bis zum 21. Februar hoffentlich nach zweijähriger Zwangs-Abstinenz wegen Corona (außer alternatives Sommer-Specials) wie gewohnt durchstarten.  Es steht unter dem passenden Motto: „Den ham wa uns verdient“.



Geplant sind derzeit 30 Vorstellungen auf Zeche Zollern II/IV (LWL-Industriemuseum Dortmund-Bövinghausen) des beliebten hiesigen alternativen Karnevals.

„Der Steiger“ Martin Kaysh freut sich wie alle anderen vom Geierabend-Ensemble (und viele Menschen), endlich wieder gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen.

In einem gewissen Sinne ist es auch ein Neustart. Neben alten Bekannten wie etwa der „Steiger“, der Präsi“ Roman , Sandra Schmitz z.B. als Miss Annen oder Enkelin Nicki mit  ihrem Opa /BVB Südtribüne) sind auch neue junge Kolleg*innen dazu gekommen, die neue Ideen und eigene Charaktere einbringen. Mit frischem Engagement dabei sind Angelo Engelhausen-Micaela, Nina Mühlmann, Sebastian Thrun und Silvia Holzhäuser. Es soll eine soll eine bunte Mischung aus bewährten und völlig neuen „schrulligen und liebenswürdigen“ Figuren auf der Bühne darstellen.

Mit viel Ruhrpottherz widmen sich die Geier mal heiter-ironisch, dann wieder nachdenklich und kritisch den großen und kleinen aktuellen Themen unserer Zeit. So lehrt beispielsweise Mehrfachmutter Jessica S. in Krisenzeiten Reichen das Shoppen beim Discounter, auf der Südtribüne machen sich die Fans Gedanken über die tiefen Mentaltäler des BVB, oder Militärs verballern 100 Milliarden für Sonderausstattungen im Leo II….

Regie führt der deutsche Schauspieler, Komiker, Hörspielsprecher und Theaterproduzent Björn Jung unterstützt wurde er tatkräftig von Joey Porner und für die Choreo ist Claudia lau zuständig.

Musikalisch begleitet wird der Abend von den Bandmitgliedern Oleg Bordo, Matthias Dornhege, Roman Krämer und Andreas Ruhnke.

Für das Catering ist wie immer „Tante Amanda“ zuständig.

Wer diesmal für den „Pannekopp-Orden“ nominiert ist und welche Stadt die Partnerstadt für den Geierabend 2023 ist, wurde bei der Pressekonferenz im Bodo-Laden noch nicht verraten.

Der Geierabend verzichtet aus Sicherheitsgründen wegen der noch vorhandenen Corona-Pandemie auf 20% der bisherigen Plätze.

Der Vorverkauf für den Geierabend 2023 startet am 26.11.2022 um 9:00 Uhr in ausgewählten Vorverkaufsstellen. Ab 10:00 Uhr gibt es die Tickets dann online über die Homepage www.geierabend.de und in allen Ticketmaster-Vorverkaufsstellen.

Es wird empfohlen, möglichst schnell Tickets zu ordern!

Wir dürfen gespannt auf das neue Programm sein.




Armin Mueller-Stahl und seine Porträts jüdischer Freunde

Im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) im inneren Foyer sind vom 24.11.2022 bis 29.01.2023 dreißig Gemälde auf Papier aus der Serie „Jüdische Freunde“ des international bekannten Schauspielers, Schriftstellers, Musikers und Malers Armin Mueller-Stahl (Jahrgang 1930) ausgestellt.

Es handelt sich ausschließlich um Porträts jüdischer Künstler oder Politiker, denen sich Mueller-Stahl verbunden fühlt. Darunter etwa Woody Allen, Hannah Arendt, Susan Sontag, Walter Rathenau oder Franz Kafka.



Alle Gemälde zeichnen sich durch den Wunsch des Künstlers aus, dass „Gesicht hinter dem Gesicht“ darzustellen und den besonderen Charakter der Persönlichkeiten in einer abstrahierten Form lebendig werden zu lassen.

Das Armin Mueller-Stahl ein begnadeter Redner und Erzähler ist, bewies er wieder einmal beim Pressegespräch am 23.11.2022 im MKK.

Er berichtete, dass Weichenstellungen für sein Leben wesentlich durch Juden bestimmt wurden. Sein Talent zum Malen hatte sich schon früh entwickelt und gibt ihm heute mit seinen besonderen Ausdrucksmöglichkeiten eine große Befriedigung. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es, so auch bei Mueller-Stahl, einen großen Hunger nach Kultur, die für seine vielseitige künstlerische Entwicklung von Bedeutung.

Ein wesentlicher Antrieb für diese Ausstellung war zudem die Sorge wegen des zunehmenden Antisemitismus sowie der übersteigerten Nationalismen in der Welt.

 Angesprochen darauf, wie sich die Nationalspieler angesichts der Restriktion der FIFA (One-Love-Binde) bei der umstritten Fußball WM in Katar verhalten sollten, antwortete er: „Lieber ein Knick in der Karriere als im Rückgrat“. Es sei aber letztendlich die Gewissens-Entscheidung jedes Einzelnen, wie er sich dazu verhält.

Außerdem hat Armin Mueller-Stahl Cover-Bild zum freirhythmischen Lyrikband „Leaves of grass/ Grashalme mit einem Porträt des Autors Walt Whitman gestaltet. Die Buchvorstellung des studentischen Übersetzungsprojekts der Amerikanistik an der TU Dortmund, beteiligt waren 80 Studierende, mit Armin Mueller-Stahl wurde am 23. November (16:00 Uhr) im Audimax der TU bei einer Podiumsdiskussion mit dem Hollywood-Star u.a. vorgestellt.




Dortmunder U 2023 – Kollektive, Kooperation und Kollaboration

Das Dortmunder U stellte am 14.11.2022 im lockeren Rahmen das umfangreiche Jahresprogramm 2023 ihrer verschiedenen Abteilungen vor.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Kunst, Kultur, und Wissenschaft (neue Technologien) steht im Mittelpunkt. Allgemein geht es um den Mehrwert von Kollektiven und Kollaboration als mögliches Zukunftsmodell.



Ein kleiner Einblick in Highlights:

 Auf der Hochschul-Etage, im „Campus-Stadt“ der TU Dortmund arbeiten Studierendenden interdisziplinär zusammen. Unter dem Motto „Engineering meets art – make it sound“ zeigen sie vom 3. März bis 18. April 2023 Objekte an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technik (z.B. klingendes Insulin, leuchtende Bakterien odersichtbare Luft). Spannend ist sicher auch die Ausstellung „Was Statistik über den Sport erzählt“ (21.04 – 29.05.2023). Das Projekt wurden gemeinsam von Datenjournalist*innen und Statistiker*innen erarbeitet.

Experimentell und Kollaborativ ist die Arbeit schon länger das storyLab KiU (Leitung Harald Opel) auf der Ebene 1 sowie im Fulldome und dem Immersiven Raum im Foyer (Dortmunder U). Zukunftsorientiert wird bei deren Forschungsprojekten mit der Fachhochschule, Museen der Akademie für Digitalität und Theater sowie dem neu gegründeten Koproduktionslabor) zusammengearbeitet.

Auf der uzwei (Leitung Mirjam Gaffran) forscht eine Gruppe von Jugendliche und jungen Erwachsenen (15 -20 Jahre) nach der Unbeschwertheit, die gerade vielen Kindern -und Jugendlichen während der Pandemie oder in Folge des Krieges in der Ukraine verloren gegangen ist. Etwa abschalten bei Techno-Musik oder sich verkriechen oder kurz mal abtauchen.  Die interaktive Ausstellung „Unbeschwert“ ist vom 3. Februar bis 28. Mai 2023 zu erleben. Im Herbst wird die uzwei zur Plattform für die schon fünfte Ausgabe von „Emerging Artists“ (Kooperation und Professionalisierung junger Künstler*innen). Im Sommer sind die Ergebnisse diversen Workshops zu bewundern.

Um das Verhältnis von Umwelt und Mensch geht es unter anderem auf der 3. Etage im HardwareMedienKunstverein (HMKV) unter der Leitung von Dr. Inke Arns. Bei der Ausstellung „We grow, grow,grow, we`re gonna be alright and this is our show” der Dortmunder Künstler*innen Jana Kerima Stolzer und Lex Rütter um die Frage der symbiotischen Beziehungen in der Natur und das Phänomen des Wachsens (11. März bis 30. Juli 2023).

Eine besondere Ausstellung steht dann vom 09.09.2023 bis 28.01.2024 mit „IRWIN – Collective before Collectives“ auf dem Programm. Das slowenische Künstlerkollektiv IRWIN gehörte zusammen mit der Musikgruppe Laibach zu den Gründungsmitgliedern des Meta-Kollektivs Neue Slowenische Kunst (NSK).

Mit ihren künstlerischen Projekten setzt sich das Kollektiv mit dem ambivalenten künstlerischen Erbe (sowjetisch aber auch südslawisch), der Avantgarde und ihren totalitären Nachfolgern auseinander. Seit den 1990iger Jahren auch kritisch mit dem „westlichen Modernismus“ im Gegensatz zum „östlichen Modernismus“ (Retroavantgarde).

Ein Highlight bietet das Museum Ostwall im U (Leitung: Dr. Florence Thurmes und Regina Selter) mit der Sonderausstellung „Nam June Paik: I Expose the Music“ (17.03 – 27.08.23). das MO widmet sich hier den Live- Momenten in den Arbeiten des international bekannten Medienkünstlers Nam June Paik. Gezeigt werden rund 100 Arbeiten (Installationen, Skulpturen, Audio -und Videoarbeiten, ungewöhnliche Partituren und mehr. Besucherinnen und Besucher können sich auch selber partizipatorisch einbringen.

Paik (20. Juli 1932 – 29. Januar 2006) hatte zu Lebzeiten immer wieder unterschiedlichen Künstler*innen (z.B. Stockhausen, Cage) kooperiert.

Teil der Ausstellung sind vier Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen, die sich auf Paik beziehen in einem eigenen Raum. Sie zeigen die Bedeutung der Ideen Medienkünstlers für unsere Gegenwart.

Ein Höhepunkt ist die Deutschlandpremiere der „Sistine Chapel (1993). Die Besucher*innen werden mit auf eine aufregende, bild- und soundgewaltige raumfüllende Reise mitgenommen.




Ein besonderer fotografischer Blick auf Indien

In der Städtischen Galerie Dortmund Torhaus Rombergpark gibt die Ausstellung „INDIA“ der Fotokünstlerin Anja Bohnhof (*1974) vom 13.11.2022 bis zum 04.12.2022 Einblick in vier ihrer Projekte, entstanden in den vergangenen zwölf Jahren in Indien zu sehen.



Mit ihrer starken Bildsprache und realistisch-dokumentarischen großformatigen Fotografien ermöglicht sie uns „europäischen“ Menschen, dieses riesige und unbekannte Land mit anderen Augen zu sehen. Dabei arbeitete Bohnhof immer mit viel Respekt vor den Persönlichkeiten vor ihrer Kamera. Die Fotografie regen zum Nachdenken, geben Raum für eigene Gedanken und weit über Indien hinausgehende gesellschaftliche Kritikpunkte.

Die Künstlerin arbeitet viel mit improvisierten oder mobilen Fotostudios.

Auszüge aus dem Projekt „BOOKS FOR SALE (2009)“ zeigen eindrucksvoll das große Verlagshandelszentrum rund um das Universitätsviertel in Kolkata (Kalkutta). Obwohl Indien drittgrößter Softwareexporteur ist, ist die Liebe zum Lesen und zum Buch dort groß.

Das Projekt „KRISHAK (2018)“zeigt Kleinbauern, die auf kleinsten Flächen den größten Teil aller Lebensmittel produzieren. Dies steht im Kontrast zur parallel laufenden Entwicklung immer größerer, energie- und rohstoffintensiver Bewirtschaftungsformen.

Bekannt sind in Indien beliebten „Daily Soaps“. Sie werden in den „Set Constructions“ in den Filmstudios produziert. Darin Einblick bietet das Projekt „DAILY CONSTRUCTIONS (2015)“. Es zeigt den „Lifestyletrend“ in der Mittel- und Oberschicht Indiens.

Das Projekt „BAHAK (2012) zeigt das harte Leben der Lastenträger und Tagelöhner aber auch den Stolz dieser Menschen, die Anja Bohnhof mit Hilfe eines improvisierten Studios aufgenommen hat.

Am Herzen liegt der Künstlerin aber ihr Langzeitprojekt über Lebens- und Wirkstationen Mahatma Gandhis, vor allem sein Weg des passiven Wiederstands.

Eine spannende Fotoausstellung mit einem diversen Blick auf das große südasiatische Land.

Die Vernissage findet am Sonntag, den 13.11.2022 um 11.00 Uhr im Torhaus Rombergpark statt.




Dortmunder Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert

Die Schauspielerin, Kabarettistin und Autorin Uta Rotermund gastierte am 06.11.2022 im Fletch Bizzel (Dortmund) mit ihrem neuen Programm „Dieser Mensch war ich“. Es ist kein gewöhnliches Kabarettprogramm, wie man es von ihr sonst kennt.



Inspiriert wurde sie unter anderen durch ihre Tätigkeit als Trauerrednerin in letzter Zeit. Viele Gespräche mit Menschen vor allem im Dortmunder Kreuzviertel bildeten die programmatische Grundlage. Rotermund selbst kennt das Viertel wegen ihrer eigenen Lebensgeschichte sehr gut.

Das zum größten Teil ältere Publikum brachte seine eigenen Erinnerungen an vergangene Zeiten in unserer Stadt ins Fletch Bizzel.

Uta Rotermund schlüpfte in die Rolle der über 90 Jahre alten Angelika, die eigentlich schon tot ist und samt Urne die Bühne betritt.

Sie blickt auf fast das ganze 20. Jahrhundert in ihrer Heimatstadt Dortmund zurück. Dabei erzählt sie ihre persönliche Geschichte und die ihrer Familie im Kontext der damaligen gesellschaftspolitischen Bedingungen. Kriegsgrauen des Zweiten Weltkriegs, Einfluss der katholischen Kirche, Wiederaufbau, der Errichtung der Mauer usw. sowie deren Einfluss auf die Menschen. Mit ein wenig Wehmut berichtet sie von dem alten Kolonialwarenladen, der Bäckerei Feldkamp sowie anderen kleinen Geschäften, die es nicht mehr gibt. Auch der Kampf starker Frauen um ihre Rechte wird teils humorvoll-ironisch thematisiert.

Wie alle Menschen stellt sich Angelika wichtige existentielle Fragen: Was bleibt von meinem Leben? Was wäre aus mir unter anderen Bedingungen und zu anderen Zeiten geworden? Was ist der Sinn des Lebens?

Ihre Antwort darauf: Unser Leben hat nur den Sinn, den wir ihm selber geben. Das ist manchmal anstrengend und erfordert Stärke und Kraft.

Es ist Zufall, in welche Zeit, Ort oder unter welchen Verhältnissen wir geboren werden. Das Beste aus seinen Lebensmöglichkeiten zu machen, darauf kommt es an. Wichtig ist, wenn möglich, die glücklichen Momente auch bewusst zu genießen und mit Mut auch neue Wege zu gehen.

Insgesamt vier großformatige Familienbilder oder Porträts bilden den Bühnenhintergrund. Sie dienen sowohl als persönlicher wie geschichtlicher Rückblick in ein vergangenes Jahrhundert.

Ein nachdenkliches, manchmal auch witzig-ironisches Solo-Programm über eine Frau, die ihre Geschichte mit vielen Frauen ihrer Generation im Ruhrgebiet teilt.




Spannender Kriminalroman im Umfeld von Zeche Zollverein

In dem dritten Krimi „Tod auf der Kokerei“ von Thomas Salzmann um die Ex-Hauptkommissar Frederike Stier wird es für sie sehr persönlich. Ihr geht ein weiblicher Leichenfund im Wasser des Werksschwimmbads auf der Kokerei (Zeche Zollverein) besonders nah.



Es handelt sich um die Tochter ihres guten Freundes Hartmut Lautenschläger.  Längere Zeit hatte dieser keinen guten Kontakt zu ihr gehabt.

Hartnäckig kämpft die Kommissarin im Vorruhestand um die Aufklärung des mysteriösen Todesfalles und gräbt sich immer tiefer in die Vergangenheit des Opfers. Sie glaubt wie Hartmut nicht an einen Selbstmord. Je mehr sie im beruflichen und privaten Umfeld ermittelt, führen Rache, Lügen sowie ein gut gehütetes Geheimnis Frederike ins Zentrum der Gefahr….

Mit Liebe zum Detail, viel Charme jedoch auch kritischen Blick auf den Strukturwandel im Ruhrgebiet schreibt Salzmann seinen Krimi im Umfeld des Weltkulturerbes Zeche Zollverein.

Immer einen offenen Blick auf die hier lebenden Menschen

Frederike Stier wird den Leser*innen mit all ihren kleinen Schwächen und Vorzügen nahegebracht. Es ist erstaunlich, mit wieviel Empathie der Autor die Gefühlwelt der ex-Kommissarin mit seinen Worten lebendig werden lässt. Es fällt leicht, sich in Frederike hinein zu versetzten. Die Sprache wechselt zwischen melancholischen und humorvoll-witzigen (teils ironischen) Tonfall.

Salzmanns Protagonist muss, wie jeder Mensch, immer neue, manchmal schwere Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen. Das betrifft auch ihre Beziehung zu Hartmut. Sie muss letztendlich feststellen, dass die Menschen wie eine Kokerei sind. Sie haben eine weiße und eine schwarze Seite.

Örtlichkeiten der Handlung (Raum Essen, Gelsenkirchen) werden nach Recherche genau beschrieben und auch neuere Verfahren zur Sicherung regenerativer Energieversorgung für die Zukunft eingeflochten.

Die „Unterflurpump-Speicherwerk“ -Technik war in den letzten Jahren im Gespräch als Nutzung für stillgelegte Zechenanlagen.

Ein Krimi am Puls der Zeit, mit viel Gefühl und Verständnis für menschliche Abgründe und Schwächen. Bei der spürt man bei allen Schicksalsschlägen eine humanitäre Kraft. Sie wird die neuen Herausforderungen in ihrem Leben sicher mit Mut und Neugier bewältigen.

Thomas Salzmann
Tod auf der Kokerei
Broschur
13,6 x 20,6 cm
352 Seiten
ISBN 978-3-7408-1580-6
14,00 € [DE] 14,40 € [AT]




Die Zauberflöte oder die Macht der Liebe

Ars tremonia war am Sonntag, den 30.10.2022 bei der Aufführung der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 -1791) mit dem Libretto von Emanuel Schikaneder in der Oper Dortmund anwesend.



Eine so bekannte und oft gespielte Oper ist es nicht nur eine technische Herausforderung für das Orchester, sondern auch für den Regisseur. Es geht darum, seine eigenen Akzente zu setzen.

Da Nikolaus Habjan sowohl Regisseur als auch Puppenspieler ist, hat er zwei eindrucksvolle Klappmaulpuppen für die Königin der Nacht und den Gegenspieler Fürst Sarastro eingebaut. Zwei Puppenspieler*innen (Manuela Linshalm, Bruno Belil) standen dabei geschickt und ausdrucksstark führend an ihrer Seite. Antonia Vesenina und Denis Velev gaben ihnen ihre starken Stimmen.

Eine Drehbühnenkonstruktion sorgte jeweils für ein imposantes Hintergrund-Panorama.

Musikalisch mit viel Feingefühl begleitet wurde das Geschehen von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi.

Die Zauberflöte vereinigt gleich mehrere Musiken und Theaterstile, der Opera seria, der Opera buffa oder der lyrischen Tragödie. Mal witzig humorvoll leicht, mal wehmütig oder je nach Lage aufbrausend.

Wer der oder die „Gute“ und „Böse“ lässt sich nicht so leicht auf anhieb erkennen. Alles hat seine zwei Seiten. Es geht vor allem um gegensätzliche Mächte, Rache, Patriachat und Emanzipation. Sarastro ist der Herrscher eines elitären Männerordens mit seinen Priestern, gleichzeitig gilt in seinen “heiligen Hallen“ Vergebung. Tamino, mit großartiger Stimme gesungen von Sungho Kim, ist eigentlich nicht der Held. Er schickt gerne seinen Begleiter, den lustigen Vogelfänger Papageno vor, wenn es brenzlig wird. Die Rolle des Papageno ist Morgan Moody wie auf den Leib geschnitten. Hier kann er seinen Spaß am Spiel und Gesang voll ausleben. Ähnliches gilt für Wendy Krikken als Papagena.

Sie sind eigentlich neben der mutigen Pamina, mit klarer Stimme gesungen von Tanja Christine Kuhn. Sie ist die „starke Frau“.

Für eine weitere humorvolle Komponente sorgten die schützenden Begleitungen in Form der drei Damen von der Königin der Nacht (Heejin Kim, Hyona Kim, Maria Hiefinger) auf der einen, und die 3 Knaben (Solisten des Knabenchors der Chorakademie Dortmund). Gefallen konnten auch die Priester (Mario Ahlborn, Carl kaiser) sowie Fritz Steinbacher in der Rolle des Aufsehers Monostatos.

Die bedeutende Rolle hatte das hilfreiche Glockenspiel und die „Zauberflöte“ als Symbol für die Kraft der Liebe.

Die Macht von der Königin der Nacht und Sarastro konnte in Form der Puppen effektvoll auf den Boden abgeworfen werden.

Die gelungene Inszenierung und alle Beteiligten wurden mit viel Applaus und Standig Ovations vom Publikum belohnt.

Infos zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie unter www.theaterdo.de oder Tel: 02321/50 27 222




Gleich dreimal Glück in F-Dur

Glücksmomente sind das Thema der Dortmunder Philharmoniker in der Spielzeit 2022/2023. Die sind ja gerade in diesen Zeiten wichtig. Passend lautete das Motto für das erste Kammerkonzert im hiesigen Orchesterzentrum am 24.10.2022 „Glück in F-Dur“.



Im Mittelpunkt standen neben den einem technisch versierten und spielfreudigen multikulturellem Streichquartett die Werke dreier renommierter Komponisten in F-Dur.

Es musizierten und kommunizierten wunderbar mit ihren Instrumenten Nemanja Belej (Serbien) und Senjar Sapaev (Usbekistan) an der Violin), MinGwan Kim (Südkorea) an der Viola sowie Risto Rajakorpi (Finnland) am Violoncello.

Das Konzert begann mit dem Salzburger Divertimento Nr. 3 F-Dur KV 138 des damals noch jungen Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1790).

Noch beeinflusst von Mozarts Italienreise 1772 in Salzburg komponiert, merkt man das besonders beim lebendig-temperamentvollen Allegro. Elegant und melodiös komm das folgende Andante daher und witzig-heiter da Presto

Das Streichquartett F-Dur op. 35 von Maurice Ravel (1875 – 1937) ist die Musik sowohl harmonisch wie mehrdeutig, schillernd changierend und die vier Sätze sind mit Raffinesse gekonnt verzahnt. Dem lieblich-zauberhaft klingenden Allegro moderato folgt ein interessantes Scherzo mit Tremolo-Klängen und gezupften Pizziccati. Das Très lent danach wirkt lieblich, nostalgisch und auch etwas mysteriös. Der rhythmische letzte Satz rast zum Ende hin herausfordernd eindrucksvoll im Fünfachtel- und Dreivierteltakt davon.

Inspiriert von seiner Zeit in den USA entstand das nach der Pause gespielte Streichquartett Nr. 12 F-Dur op. 96 von Antonin Dvořák (1844 – 1904).

Der erste Satz ist eine Liebes Erklärung an die Natur. Wehmütig schön ist die Stimmung im folgen Satz (Lento). Dann geht es im Scherzo rasant und geheimnisvoll zur Sache. Die Musik im Finale hüpft und springt zunächst lustig umher, dann klingt dazwischen auch eine Volksweise an.

Es ist eine Freude, bei einem Kammerkonzert die Meister an ihren Instrumenten zu erleben. Das bringt nicht nur einzelne Gruppen der Dortmunder Philharmoniker näher, sondern zudem das entsprechende Instrument.