Piano Klassik – Wilsing mit viel Genuss

Der vierte und letzte Teil der kleinen Konzertreihe um den Hörder Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing (1809 – 1893) am 14.05.2023 im Hörder Bürgersaal, stand unter dem Motto „Piano-Klassik – Wilsing mit Genuss“.



Durch hartnäckige Recherchen von Gerhard Stranz kommen immer weitere neue „Schätze“ und interessante Neuigkeiten zum Wirken dieses, noch bis vor einiger Zeit in Vergessenheit geratenen, Komponisten ans Tageslicht.

Der Genuss bezog sich nicht nur auf das musikalische Programm, sondern auch auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einem „Wilsing Schmaus“ im (Cabaret) Queue nach dem Konzert.

Die Dortmunder Philharmoniker servierten zunächst mit den Spitzen-Pianist*innen Tatjana Prushinskaya und Karsten Scholz (beides Repetitoren bei den Dortmunder Philharmonikern) einen musikalischen Hochgenuss.

Nach Grußworten von Jochen Deschner (Vorsitzende Hörde International e.V.), Michael Depenbrock (Bezirksbürgermeister Hörde) sowie Dr. Michael Stille (Orchesterdirektor der Dortmunder Philharmoniker) begann das Programm.

Es begann Gefühlvoll mit den lyrischen Werken von Franz Peter Schuberts (1797 -1828) Impromptu Ges-Dur op. 90 Nr. 3 und As-Dur op. 90 Nr.4 (Karsten Scholz am Piano), sowie der „Suite bergamasque“ von Claude Debussy (1862 – 1918) mit Tatjana Prushinskaya am Klavier.

Mit der Fuge 1, B-Dur aus den „Drei Fugen für das Pianoforte“ von Wilsing, gespielt von T. Prushinskaya, wurde die Vertrautheit mit und Achtung vor Johann Sebastian Bach durch den Hörder Komponisten deutlich.

Eine ganz eigene dynamische Kraft entwickelte sich durch die musikalische Bearbeitung von Ludwig van Beethovens (1770 – 1827) für Klavier zu vier Händen von Daniel F. E. Wilsing. Hier wurden von Beethoven geltende Konventionen und Humor miteinander verbunden.

Das gekonnte Zusammenspiel von Prushinskaya und Scholz begeisterte das Publikum.

Musik von Wilsing kann am 24.06.2023 im Orchesterzentrum (NRW Dortmund) und am 4.8.2023 in der Probsteikirche in unserer Stadt weiter genossen werden.

Übrigens: Das „Revier“ und seine Bewohner als Anregungsquelle für musikalische Entdeckungen haben sich die Dortmunder Philharmoniker für die Spielzeit 2023/2024 vorgenommen.




Sammlungspräsentation: Kunst –> Leben –> Kunst im Museum Ostwall

Bei der neuen Sammlungspräsentation (Ebene 5) im Museum Ostwall (MO) im Dortmunder U geht es um das wechselseitige Verhältnis von Kunst –> Leben –> Kunst. Der Eintritt ist frei.

Die Sammlung umfasst rund 280 Werke der MO-Sammlung von Expressionismus, Fluxus oder Kunst der 1960er-Jahre bis zur Gegenwart.



Die Sammlung ist in drei Kapitel aufgeteilt:

Das Kapitel 1 handelt von Kunst und die Dinge des Alltags.

Die Museumsleiterin Leonie Reygers sah nach dem Zweiten Weltkrieg die Hauptaufgabe des Museums nicht nur in der Verbindung von Kunst und Lebensalltag der Bevölkerung. Sie wollte der von den Nazis geächteten Kunst des Expressionismus Geltung verschaffen, aber auch durch Ausstellung moderner Möbel, Design-Ausstellungen und Architektur in die hiesige Stadtgesellschaft einwirken.

Installationsansicht „Kunst -> Leben -> Kunst. Das Museum Ostwall gestern, heute, morgen“. Sammlungspräsentation Museum Ostwall im Dortmunder U, 2023 © Museum Ostwall im Dortmunder U/ Jürgen Spiler
Installationsansicht „Kunst -> Leben -> Kunst. Das Museum Ostwall gestern, heute, morgen“. Sammlungspräsentation Museum Ostwall im Dortmunder U, 2023 © Museum Ostwall im Dortmunder U/ Jürgen Spiler

Umgekehrt ließen sich Künstler*innen in den 1960er-Jahren vom Alltag inspirieren. Heute hat das Museum einen Schwerpunkt auf Fluxus. Kunstschaffende der Gegenwart widmen sich in unterschiedlichen Medien der Versuchung, gewohnte Sehweisen zu durchbrechen.

Im Kapitel 2 hat das Thema: Selbst machen. Das eigene Leben mit Mitteln der Kunst betrachten. Es geht hier um die Rolle von sogenannten „Laien-Künstler*innen“. Auch das fand schon bei Leonie Reygers große Beachtung. Die Werke von Laien werden derzeit wieder häufiger in Kunstaktionen gezeigt.

Die Fluxus-Kunst bietet die Möglichkeit, sich mit alltäglichen Handlungen, Spielen und Gegenständen auseinanderzusetzen und einen neuen Blickwinkel auf außereuropäische Kunst zu gewinnen.

Kapitel 3 widmet sich der Frage: Wie das Leben das Sammeln prägt. Kunst entsteht nicht in einem luftleeren Raum. Sie ist immer auch von politischen und gesellschaftlichen Einflüssen in der jeweiligen Zeit beeinflusst. Das zeigt diese Sammlungspräsentation eindrucksvoll.

Neben den drei Kapiteln werden Einblicke in den aufwendigen und notwendigen internationalen Leihverkehr, Restaurationsarbeiten und die Vermittlungskunst geboten.

Es gibt für die Besuchenden auch Möglichkeiten zur Interaktion.

Eine besondere Bedeutung (und eigene Räumlichkeit) hat der vor einem Monat gegründete MO-Beirat. Dieser besteht aus acht Menschen aus der Stadtgesellschaft, die ihre Funktion für vier Jahre ausfüllen. Der Beirat soll ergründen, in welchem Verhältnis die Kunst im MO zum Lebensalltag der Besuchenden steht, über Neueinkäufe und Präsentationsformen debattieren, sowie „Schwellenängste“ bei bisher nicht so kunstaffinen Menschen überwinden zu helfen.

Weitere Informationen zu speziellen Events, Workshops und über den Katalog zur Sammlungspräsentation finden Sie unter: https://dortmunder-u.de/museum-ostwall/




Einwanderungsporträts dreizehn türkischer Frauen

Im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) finden vom 28. April bis zum 09. Juli 2023 im frisch und einladend renovierten STADT_RAUM dreizehn (sonst eher „unsichtbaren“) Frauen der ersten Einwanderungsgeneration eine Plattform. Die Ausstellung „Ankommen. 13 Frauen vom Borsigplatz erzählen“ ist eine Kooperation der Planerladen gGmbH und des MKK.



Sie kamen in den 1970er-Jahren nach Dortmund und leben seither rund um den Borsigplatz. Ihr Alter ist zwischen 60 und 90 Jahre.

Die Kooperationspartner in der Ausstellung (v.li.): Fatlinda Bajramaj (Projektteam „Nordstadt to go!), Leopold  Achilles (Fotograf), Claudia Wagner (Co-Kuratorin, MKK), Meryem Fidan (Quartierstreff Concordia), Dr. Jens Stöcker (Direktor MKK), Anne Schlösser (Geschäftsführerin Planerladen) und Benedikt Steffens (Sparbau Stiftung). (Foto: (c) Katrin Pinetzki)
Die Kooperationspartner in der Ausstellung (v.li.): Fatlinda Bajramaj (Projektteam „Nordstadt to go!), Leopold  Achilles (Fotograf), Claudia Wagner (Co-Kuratorin, MKK), Meryem Fidan (Quartierstreff Concordia), Dr. Jens Stöcker (Direktor MKK), Anne Schlösser (Geschäftsführerin Planerladen) und Benedikt Steffens (Sparbau Stiftung). (Foto: (c) Katrin Pinetzki)

Im Quartierstreff Concordia am Borsigplatz fanden die Frauen einen Ort zum Austausch. Ihre Erzählungen, persönliche Zeugnisse wurden in Gesprächen gemeinsam mit Jugendlichen (Ur-Enkelgeneration) und Vermittlung des Projektteams der Planerladen gGmbH im Quartierstreff in deren Muttersprache geführt und aufgezeichnet. Dabei entstanden auch die einfühlsamen fotografischen Porträts des Dortmunder Fotografen Leopold Achilles.

Die Schau stellt die Frauen mit Porträt- und privaten Fotografien, O-Tönen und Texten in den Mittelpunkt. Über einen QR-Code können sich die Besuchenden bei den Fotoporträts einloggen und den persönlichen Erzählungen in deren türkischen Heimatsprache lauschen. (Ein klein wenig das Gefühl, sich mit einer fremden Sprache in einem fremden Land konfrontiert zu sehen).

Aber keine Angst, als Text sind die Geschichten der Frauen in deutscher Sprache an einem Gittergestell zu lesen.

Sie erzählen von den Schwierigkeiten beim Ankommen und die häufige Abhängigkeit vom Mann oder Söhnen. Zunächst waren sie ja nur als vorläufige sogenannte „Gastarbeiter*innen“ in das fremde Land gekommen. Zumeist kümmerten sie sich um Familie und Haushalt und lebten isoliert in ihrer Community. Einige fanden hier den Weg in den Arbeitsmarkt oder Selbstständigkeit. Integration war noch nicht so ein großes Thema. Sie blieben und die Kinder und Enkelkinder sind hier in Deutschland fest verwurzelt.

Die Ausstellung macht diese Zeugnisse einer schweren und ereignisreichen Zeit so allen Interessierten zugänglich. Es ist zudem eine Broschüre zur Schau erstellt worden. Der Eintritt ist frei.

Der STADT_RAUM ist als neuer Denk-, Dialog- und Arbeitsraum für zivilgesellschaftliche Akteur*innen und Communitys konzipiert worden.




Musik voll Eleganz, Sinnlichkeit und rhythmischer Kraft

Das 9. Philharmonische Konzert am 25./26.04.2023 stand unter dem Titel „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. Das bezog sich aber nach der Programmänderung speziell nur auf den Gershwins „Porgy and Bess – A Concert of Songs“ nach der Pause im Dortmunder Konzerthaus. Ars tremonia war am 25.04.2023  mit dabei.

Das Programm stellte französische und US-amerikanische Musik (erste Hälfte 20. Jahrhundert) gegenüber.

Der Abend begann mit Maurice Ravels (1875 – 1937) „Le Tombeau de Couperin“. Mit dem Tombeau (Grabmal oder Grabstein) greift Ravel die Tradition der französischen Barockmusik auf und huldigt auf seine eigene Art nicht nur ihr, sondern auch dem von ihm verehrten Barockkomponisten Francois Couperin.

Die Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Dirigent Jordan de Souza füllten die viersätzigen Orchesterfassung des Komponisten mit Leben. Die stilisierten Tanzformen dieses „musikalischen Grabmals“ mit ihren charakteristischen Rhythmen und Bewegungsformen werden auf die ganz eigen von Ravel musikalisch raffiniert und elegant musikalisch verarbeitet.

Es war gleichzeitig ein Gedenken an die im Ersten Weltkrieg ermordeten Menschen.

Es folgte die Huldigung von Claude Debussy (1862 – 1918) an das Meer mit „La Mer. Trois esquisses symphoniques“. Die bis ins letzte Detail ausgeformte Komposition gibt viel Spielraum für Assoziationen. Die drei Sätze wurden von Debussy schon mal (suggestiv) mit Titeln wie „Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer“, „Spiel der Wellen“ und „Dialog zwischen Wind und Meer“ versehen. Auf alle Fälle ein sinnliches Erlebnis für alle Zuhörenden.



Nach der Pause stand als weiterer Höhepunkt George Gershwins (1898 – 1937) „Porgy and Bess – A Concert of Songs. Arrangiert für Sopran, Bariton, Chor und Orchester von Robert Russel Bennett“ auf dem Programm.

Mit der Konzentration auf vier große Szenen in gedrängter Form (14 Songs insgesamt) wurde es zu einem gelungenen Gershwin pur Erlebnis.

Beteiligt daran waren der nicht zum ersten Mal im Konzerthaus aufgetretenen temperamentvolle Chor Brno unter der Leitung von Michael Dvořák, Tatjana Prushinskaya am Klavier und die südafrikanische Sopranistin Pumeza Matshikiza mit ihrer klaren Stimme und Zachariah N. Kariithi (Kenia) mit seinem vollen warmen Bariton. Das wunderbare Zusammenspiel aller Beteiligten sorgte zudem insgesamt für ein gelungenen, und mit viel Beifall bedachten Konzertabend.




IFFF Tag 6 – Music

Am Abschlusstag des IFFF Dortmund/ Köln 2023 ging mit „Music“ eine lose moderne Adaptation der Ödipus-Tragödie von der Schauspielerin und Regisseurin Angela Schamelec als letzter Wettbewerbsfilm in der Dortmunder Schauburg an den Start.



Die Geschichte führt über Griechenland nach Berlin, von den 1980-iger Jahren bis in die Gegenwart. Jon wächst nach seiner Geburt in Griechenland bei seinen Stiefeltern auf. Diese hatten ihn in einer stürmischen Nacht in den griechischen Bergen gefunden und adoptiert. Als Erwachsener lernt er die Iro kennen. Sie ist Aufseherin des Gefängnisses, in das er wegen eines tragischen Unfalls inhaftiert ist. Sie kümmert sich sehr um ihn und sie kommen nach der Haftzeit zusammen. Jon hatte unwissentlich seinen Vater getötet und sein Augenlicht beginnt langsam zu schwinden Die Musik als Ausdrucksmittel hilft ihm am Ende zu überleben. Jeder schmerzliche Verlust gibt ihm auch etwas zurück und macht sein Leben reicher. Der Film kreist um Geburt, Liebe, Schmerz und Heilung. Was kann aus Schmerz entstehen?

Szene aus "Music" (Foto: (C) IFFF)
Szene aus „Music“ (Foto: (C) IFFF)

Die mit großer Präzision und Intensität inszenierten Bilder werfen Fragen um Beziehungen, Räumen, Verlusten und Erfüllung im Leben auf.

Die Long Takes werden im Film oft bis an die Schmerzgrenze ausgereizt und macht ihn für mich etwas langatmig. Auch die ständigen Bildschnitte irritieren (gewollt?). Zusammenhänge sind für den Zuschauenden so schwerer zu erkennen.

Die Musik ist ein zweites bedeutendes Element des Films. Meist melancholische Barockmusik – von Bach, Monteverdi oder Pergolesi.

Der Darsteller des Jon überzeugt mit einer klaren starken Stimme.




IFFF Tag 5 – The Realm of God

Am 22.04.2023 stand in der Dortmunder Schauburg „The Realm of God“, von der mexikanischen Regisseurin Claudia Sainte-Luce als Wettbewerbsbeitrag des IFFF Dortmund/Köln auf dem Programm.



Wenn in einem Film die Hauptfigur „Neimar“ heißt, ähnlich wie der brasilianische Fußballstar, der junge Schauspieler im wahren Leben den Vornamen Diego Armando trägt, wie die argentinische Fußballlegende, dann könnten die Zuschauer:innen einen veritablen Fußballfilm erwarten. Doch weit gefehlt. Dieses Coming-of-Age Drama um den achtjährigen Neimar ist von Erfahrungen in der eigenen Familie geprägt.

Der junge Neimar lebt mit Mutter und Großmutter in ärmlichen Verhältnissen in einer stark katholisch beeinflussten ländlichen Gegend in Mexiko.

Sein Vater ist abwesend, und der offene und neugierige Junge ist oft auf sich alleine gestellt.

Er ist ein guter und fleißiger Junge kurz vor seiner Kommunion, der die Existenz Gottes gerne in sich erfahren möchte.

Höflich und verständnisvoll ist er gegenüber seiner gläubigen Mutter, selbst wenn sie fade lauwarme Suppe kocht oder erklärt, nicht genug Geld für ein Outfit zur Kommunion zu haben.

Manchmal amüsiert sich Neimar über seine streitbare Großmutter und kann fantasievoll mit seiner besten Freundin Naomi spielen. Beide gehen auch am Sonntag zusammen in die Kirche.

Seine besondere Leidenschaft gilt den Rennpferden und dem Rennsport.

Er lernt viel über die Tiere und wird nebenbei von den Männern in die „Machowelt“ eingeführt. Schmerzhafte, unerwartete und lebensverändernde Ereignisse lassen ihn Existenz Gottes in Frage stellen.

Der Film lässt das Publikum das leben direkt mit den Augen des staunenden Kindes sehen. Eine behutsame fast dokumentarische Kameraführung bringt jede Emotion (Freude und Wut) des Jungen nah an die Zuschauenden heran.

Deren Bandbreite und Intensität wird durch das natürliche Spiel von Diego Armando Lara Lagunes als Neimar wunderbar auf den Bildschirm gebracht.




IFFF Tag 4 – Before, Now & Then

Der erste Wettbewerbsbeitrag am 4. Tag des IFFF Dortmund/Köln kam mit „Before, Now & Then“ von der indonesischen Regisseurin Kamila Andini.



Indonesien in den 1960er-Jahren ist er Ort der Handlung. Die Hauptperson im Film ist Nana, deren Mann im West-Java-Krieg verschleppt wurde.

Einblicke in die moderne Geschichte Indonesiens gibt "Before, Now & Then" von Kamila Andini. (Foto: (c) FourcoloursFilm)
Einblicke in die moderne Geschichte Indonesiens gibt „Before, Now & Then“ von Kamila Andini. (Foto: (c) FourcoloursFilm)

Zuflucht findet sie bei einem Sundanesen, den sie heiratet und mit ihm und vier Kindern in einem großfamiliären Kontext lebt. Sie kümmert sich neben dem Wohlergehen ihres Mannes und Kinder auch um die Gemüse-Plantage.

Das Trauma holt Nana jedoch ein. Doch eine unerwartete Frauenfreundschaft ist ihre Rettung und hilft auf emanzipatorischen Weg. Sie muss am Ende eine schwere Entscheidung treffen.

Dabei steht sie auch als Synonym für Indonesien.

Der Film ist durch opulente Bilder und passender Musikbegleitung geprägt. Nahaufnahmen, die jede Mimik und Geste auffangen, sowie starke Symbolik wurden als Stilmittel genutzt.

Es gibt einige Traum- und Albtraumsequenzen, aber auch Alltagsszenen, die das Klima von Angst und Enge, den herrschenden Traditionen, Angst vor Verfolgung eindrucksvoll visualisieren. Auch die schönen Momente, etwa beim Spielen mit den Kindern am Strand oder die tröstlichen Szenen mit der Freundin fehlen nicht.

Ein ruhiger aber eindringlicher Film mit um Emanzipation und Solidarität.




IFFF Tag 3 – Mother and Son (Un petit frère)

Als nächster Wettbewerbsfilm beim IFFF Dortmund/Köln 2023 stand „Mother and Son“ der jungen französischen Regisseurin Léonor Serraille auf dem Programm.



Teilweise inspiriert von den Erfahrungen ihres Partners anlässlich seines Umzugs aus Afrika, erzählt sie die Geschichte von Rose und ihren beiden Söhnen Jean und Ernest. Die drei Personen migrieren 1989 von der Elfenbeinküste nach Frankreich (Paris).

Szenenbild aus dem Film "Mother and Son". (Foto:  (c) IFFF)
Szenenbild aus dem Film „Mother and Son“. (Foto: (c) IFFF)

Die Erlebnisse der Familie werden über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten und in ihren Entwicklungsprozessen sensibel dargestellt.

Darüber hinaus noch zusätzlich aus verschiedenen Perspektiven von Mutter und Söhnen.

Zu Beginn steht die Blickwinkel von Rose, wunderbar dargestellt von Annabelle Lengronne, im Mittelpunkt. Sie ist mit den noch sehr jungen Söhnen in Paris angekommen und lebt in beengten Verhältnissen bei ihrer Schwester.

Rose putzt im Hotel und versucht, ihren Söhnen eine gute Mutter zu sein. Gleichzeitig versucht sie, sich Freiräume zu schaffen. Ablenkung findet sie in romantischen Begegnungen mit Männern.

Ihren Kindern vermittelt Rose, wie wichtig es ist, für eine bessere Zukunft hart zu arbeiten und zu kämpfen. Gebildete und gute Männer soll aus ihnen werden. Sie findet einen Partner und zieht mit den Kindern zu ihm nach Rouen.

Der Film ist bildgewaltig und es geht neben ihrer Mutterrolle auch um (afrikanische) Identität.

Zehn Jahre später steht Jean im Blickfeld. Er ist mit seinem jüngeren Bruder ziemlich auf sich alleine gestellt und hat Schwierigkeiten, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Seine Mutter arbeitet in Paris und kommt nur am Wochenende nachhause. Sie heiratet einen neuen Mann, den er ablehnt und immer mehr in schlechte Kreise und Drogen abzudriften droht. Letztendlich geht sein Weg zurück zur nach Afrika.

Weitere zehn Jahre später ist der sensible Ernst Philosophieprofessor geworden. Er hat das erreicht, was seine Mutter sich für ihn erträumt hat. Er lebt jedoch allein und entfremdet von ihr und auch sein Bruder ist aus seinem Leben verschwunden.

Starke Schauspieler*innen und ein bewegendes Familienporträt, Leben in der Fremde sowie der Auswirkung einzelner Entscheidungen auf alle anderen.




Kammermusik zwischen Klezmer und Romantik

Beim 5. Kammerkonzert im Dortmunder Orchesterzentrum am 17.04.2023 stand die mit der jüdischen Geschichte verbundenen Klezmer-Musik mit ihrem besonderen Klang und  der Klarinette als Zentrum sowie der Verbindungsbogen zur Romantik im Mittelpunkt.



Wie der Titel des Konzerts „Mazel un Schlamazel“ schon andeutet, spielen Glück und Pech, Fröhlichkeit und Tragik bei dieser facettenreich-emotionalen Musik eine große Rolle.

Mit Alexander Schwab (Philharmonisches Orchester Hagen, Klarinette), Tatiana Prushinskaya (Solorepetitorin, Klavier), Irina Blank sowie Sanjar Sapaev (Dortmunder Philharmoniker, Violine), Zsuzannna Pipták-Pikó (Viola) sowie Markus Beul  (Violoncello) von der Dortmunder Philharmoniker) standen sechs ausgezeichnete Musiker*innen zur Verfügung.

Am Anfang wurde es mit dem Quintett für Klavier und Streichquartett g-moll von Max Bruch (1838 – 1920) romantisch. Es ist an traditionelle Satzmuster orientiert und wechselt zwischen schwelgerisch- romantischen, melancholischen (besonders gegen Ende 2. Satz) oder aufbrausenden Klängen.

Nach einer kurzen Pause ging es mit „Der Golem“, einer Suite für Klarinette und Streichquartett der israelischen Komponistin Betty Olivero (* 1954) Musik aus dem Geist der jüdischen Tradition auf dem Programm.

Angeregt durch den expressionistischen Stummfilm „Der Golem“ aus dem Jahr 1920 (nach dem Roman von Gustav Meyrink) schuf die Komponistin eine Begleitmusik, die 1997 zu einer Suite für den Konzertsaal umgearbeitet wurde.

Um dem Golem ranken sich viele Mythen. Die sagenhafte Gestalt soll etwa von einem Rabbiner (Rabbi Löw) aus einem Klumpen Lehn zum Schutz für die bedrohten Juden zum Leben erweckt worden sein.

Die dazu gestaltete Musik der Komponistin ist vielseitig und farbig. Sie trägt der unheimlichen Seite der Geschichte wie auch den romantischen Aspekten Rechnung.

Es werden hier zahlreiche Melodien und Tonfälle traditioneller jüdischer Musik verarbeitet.

Die Klezmer-Musik changiert intensiv zwischen fröhlich lebendig und melancholischer Traurigkeit.

Zum Schluss vereinigt die Ouvertüre über hebräische Themen von Sergej Prokofjew (1891 – 1953) mit „Jüdischem aus New York“ auf wunderbare Weise Klezmer, Klarinette und Klavier.

Ein eindrucksvoller Konzertabend, der vor allem auch durch das gelungene Zusammenspiel von Klavier, Streichern und starker Klarinette überzeugte.




Musikalische Frühlingsgefühle im Dortmunder Konzerthaus

Das 8. Philharmonische Konzert am 04. und 05. April 2023 im Konzerthaus in Dortmund stand unter dem Anfang April passenden Motto „Frühlingsgefühle“. Mit dieser Jahreszeit wird Aufbruch und neue Lebenskraft verbunden.



Zu Beginn wurde der bekannte Jahreszyklus „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi (1678 – 1744) von der virtuosen französischen Soloviolinistin Chouchane Siranossian, einem Streichquartett der Dortmunder Philharmoniker sowie einem Basso continuo zelebriert. Der Zyklus wurde von fast allen Beteiligten im Stehen stimmungsvoll präsentiert.

Chouchane Siranossian spielte die Solovioline bei den "Vier Jahreszeiten" von Antonio Vivaldi. (Foto: (c) Nicolaj Lund)
Chouchane Siranossian spielte die Solovioline bei den „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi. (Foto: (c) Nicolaj Lund)

Der Frühling, das Vogelgezwitscher, das Erblühen der Vegetation und der Winter (Hitze, aber auch Spaß), der Sommer (Hitze, aber auch Spaß) und der Winter (Kälte, Schlittschuhlaufen) wurden mit viel Empathie musikalisch begleitet.

Es war ein grandioses Zusammenwirken zwischen Solo-Violine und ihren musikalischen Begleitungen.

Nach der Pause wurde mit einer größeren Orchesterbesetzung der fünfminütige Frühlingsmorgen der leider früh verstorbenen Lili Boulanger unter der Leitung von Felix Mildenberger gefühlvoll dargeboten.

Der impressionistische Klangzauber wurde von der Komponistin erst kurz vor ihrem Tod für das Orchester umgearbeitet und besticht durch seine Eigenständigkeit und prächtige Vielfalt.

Die viersätzige „Frühlingssinfonie“ (Sinfonie Nr. B-Dur op. 38) von Robert Schuhmann (1810 – 1856) bildete den Abschluss des Konzerts.

In diesem Sinne schuf der frisch mit Clara Wieck verheiratete Komponist hier seine musikalische Vorstellung vom Frühling. Das Stück hat einen optimistisch-idyllischen Charakter.

Die thematische Verklammerung der vier Sinfonie-Sätze wird durch einen abstrakten Blechbläserruf zu Beginn der Sätze variiert. Der Frühling kündigt sich mit Fanfarenklängen an und zum Ende des vierten Satzes hin steigert sich das Ganze zu einem musikalischen Rausch.

Es war ein gelungener Konzertabend zum Frühlingsanfang.