Nutcracker 2.0 – Von der Phantastik zum Ballettmärchen und Retour.

Viele alte und moderne Märchen. Kinder und Jugendgeschichten wurzeln im alltäglichen, die diese Geschichten mit der Fantasiewelt und dem Übernatürlichen verbinden. So auch der Nußknacker. Der Nußknacker ist frühes Beispiel dafür, dass diese Erzählungen so geschrieben sind/wurden, dass sie auch Erwachsene in ihren Bann ziehen und können.



Die Geschichte vom Nussknacker ist ein echter Weihnachtsklassiker und wurde schon auf vielen Bühnen, Filmen und Zeichentrickfilmen dieser Welt erzählt. Mal gut, mal besser, mal naja, mal oh Gott … diese Fusion aus Klassik und elektronischer Musik mit Schauspiel aber ist phantastisch!

In der Version der Dortmunder Philharmoniker hat sich Birgit Eckenweber auf die Erzählung von E.T.A. Hoffmann von 1816 besonnen.

Die junge Klara bekommt am Weihnachtsabend einen Nussknacker geschenkt, der plötzlich in ihrer Fantasie lebendig wird. Im Traum nimmt der Nussknacker, der sich in einen Prinzen verwandelt, das Mädchen mit auf eine fantastische Reise in eine fremde, jedoch auch unheimliche Märchenwelt, die zudem auch brutal sein kann. In dieser Welt sind die Grenzen zwischen hell und dunkel, zwischen Gut und Böse unklar und verschwommen. Wie auch noch die Napoleonischen Kriege in der Erzählung nachhallen. Dieser Stoff hatte Peter Tschaikowsky zu seinem berühmten Ballett angeregt, dessen Musik wir auf eine ganz neue Weise entdecken: voller Groove!

Mit den Dortmunder Philharmonikern sind zwei Musiker aus der Berliner Clubszene, Niels Poensgen und Julius Rülke, ins Boot geholt worden, die die beliebte Nussknacker-Suite von Peter Tschaikowsky mit ihren ganz besonderen Sounds kombinieren. Dabei tragen sie das Stück in das hier und heute.

In der Groove-Symphonie Fassung von Birgit Eckenweber wird die Geschichte des Nußknackers frei nacherzählt und mit den Elektrosounds von Poensgen und Rülke an das Heute herangeführt. Klara ist eine Jugendliche von Heute, der eine Männergestalt gegenübersteht, in der sich drei Charaktere offenbaren: der Dark Lord, wie aus einem Fantasy oder Sciencefiction Roman, der Nußknacker selbst, der verwandelte Prinz und der Erzähler E.T.A. Hoffmann, der seinen Text mit Anspielungen und Zitaten aus der Nußknacker Erzählung spickt.

Während der Aufführung entstanden im Kopf unweigerlich die verschiedensten Bilder aus den unterschiedlichsten Aufführungen und Darbietungen des Nußknackers, die man bisher gesehen hatte, und doch war man sogleich wieder im Heute im Konzerthaus bei der aktuellen Aufführung.

Unterstützt wird die Nacherzählung durch eigene visuelle Effekte, dargestellt durch Irina Usova und Julian Sinclair Jäckel. Dabei kommt eine klassische Geschichte heraus, die nah an der Fantasy steht: Nutcracker goes Twilight!

Das Ende der Geschichte ist offen … War es ein Traum? Was geschah tatsächlich?

Tatsächlich haben uns aber die Dortmund Philharmoniker unter dem Dirigat von Olivia Lee-Gundermann eine phantastische und musikalisch vollendete Traumreise geboten die das Publikum mit Begeisterung aufgenommen hat.

Schauspieler*innen                Irina Usova, Julian Sinclair Jäckel
Live-Elektronik                        Niels Poensgen, Julius Rülke

Dortmunder                           Philharmoniker

Buch und Regie                      Birgit Eckenweber
Dirigat                                    Olivia Lee-Gundermann




Eine mitreißende wahrhafte Gute-Laune-Show.

I wanna be loved by you – von Shari Asha Crosson

Es ist ein empowerndes. kurzweiliges und stürmisches Spektakel über Gefühle, des Zusammenfindens und -seins, Musik und das Finden neuer Lebensformen und Identitäten.



Das Stück ist ansteckend mit seiner Energie, seiner Kraft und seiner Lebensfreude. Es ist Black Female Queer Power. Aber nicht nur, denn es ist durchaus auf uns alle übertragbar, egal of lesbisch, gay, hetero, trans, etc.

Die beiden Schauspieler*innen. Akasha Daley und Dena Abay, präsentierten dem Publikum ein lustvolles Mash Up aus popkulturellen Zitaten, Poesie. Musik und Tanz. Die beiden Multitalente Abay und Daley lassen nicht nur gekonnt die Emotionen der Frauen über ihre Gesichter und Körper (Körpersprache) huschen. Sie erheben auch den unfertigen Satz, den die jeweils andere weiterführt, zur Kunstform und tanzen in den kraftvollen Choreografien von Willie Stark Glück und Wut heraus.

Jung, lesbisch, Schwarz sucht… Wir alle lernten und lernen zu lieben, denn wir üben miteinander, an uns selbst, in allen Arten von Beziehungen. Die Stars unserer Zeit, besonders auf Instagram, wie zuvor die Yellow Press, leben uns vermeintlich vor, oder auch nicht, wie das geht und wir genießen es, sie scheitern zu sehen. Das Leid der Anderen ist eine pervertierte Lust am Scheitern. Mit unserem Lernen zu Lieben, wiederholen wir die Muster von Intimität und Schmerz, die viele von uns beim Aufwachsen vor allem in einem rassistischen und heteropatriarchalen Umfeld erfahren haben. Was wir dabei leicht vergessen: Beziehung ist Verhandlungssache und Liebe ist (k)eine endliche Ressource.

Dena Abay und Akasha Daley in "I wanna be loved" (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Dena Abay und Akasha Daley in „I wanna be loved“ (Foto: (c) Birgit Hupfeld)

Radikal, denn Audre Lorde hat uns gelehrt, dass Wut voller Informationen und Energie steckt, und zärtlich, denn Shari Asha Crosson inszeniert mit Akasha Daley und Dena Abay eine humorvolle Liebeserklärung an die unendlichen Möglichkeiten des queeren Zusammenseins. Aber nicht des queeren alleine! Es ist auch nicht typisch lesbisch, es kann auch auf das schwule Lieben lernen bezogen werden! Die beiden Protagonist*innen arbeiten an einer Neuordnung und Überschreibung ihrer erlernten Beziehungsmuster und lernen, dass die Sorge um uns selbst keine Selbstverliebtheit ist, sondern ein Akt des politischen aber auch persönlichen Widerstands.

I wanna be loved by you ist Shari Asha Crossons vierte Regiearbeit und ist ihr überaus gelungenes Debüt am Schauspiel Dortmund, nach ihren erfolgreichen Inszenierungen Mermaids und I wanna be a Boi Band in Oberhausen.

Das Stück ist emotional, mitreißend, mit tollen R&B-Songs und irrwitzigen Kostümen, das gerade mal einstündige Stück von Shari Asha Crosson, bietet eine Wahnsinns-Gute-Laune-Show. (Okay Wiederholung!, nur es war so). Aber nicht nur das: Unter der unterhaltsamen Oberfläche stecken sehr fein empfundene und genial gespielte Szenen einer Beziehung, egal welcher Orientierung.

Mit der Musik von Beyoncé, Faith Evans, Missy Elliott oder der Gesangs-Ikone Nina Simone wird ein Gesamtkunstwerk daraus, bei dem es bei der Uraufführung Freitagabend die Zuschauer und Zuschauerinnen kaum auf den Stühlen hielt.

Bitte selber schauen … und … Hingehen!

Mit                                          Akasha Daley, Dena Abay

Regie, Sound & Konzept       Shari Asha Crosson

Bühne                                     Marian Nketiah

Kostüme                                 Lorena Ayleen Diaz Stephens

Choreografie                          Willie Stark

Dramaturgie                           Jasco Viefhuess

Theatervermittlung                 Sarah Jasinszczak

Licht                                       Markus Fuchs

Ton                                         Robin Lockhardt

Regieassistenz                        Karl Georg Gierth

Ausstattungsassistenz Sandra Kania

Inspizienz                               Christoph Öhl

Soufflage                                Klara Brand




Emerging Artists – Biennale für zeitgenössische Kunst aus Dortmund

21. Oktober bis 28. Januar 2024

Emerging Artists präsentiert zum fünften Mal eine Vielzahl künstlerischer Medien und ihre schaffenden: Merve Baran, Lucas Boelter, Calvin Hein, Victoria Jung, David Mergelmeyer, Jamin Pamin + Aron Schmidtke, Nana Seeber und Louisa Stickelbruck, die aus über 50 Bewerbungen, dem „Open Call: Kunst“ von einer Fachjury auserkoren wurden, ihre Kunst im U2 des Dortmunder Us zu präsentieren. Neben diesem Salon nehmen die Künstler an einem Programm teil, das ihnen Tipps für die künstlerische Arbeit in der Zukunft an die Hand gibt. am Ende wird ein Förderpreis in Form einer Einzelausstellung vergeben werden.



Merle Baran bewegt sich mit ihrer Kunst zwischen Kunst und Mode, was man in ihren wie gewebt wirken Bildern sehr leicht erahnen kann. Ihre Bilder korrelieren mit Textilien und zeigen das Mode Kunst ist, so wie sich die Haute Couture versteht. Baran offeriert aber auch andere Sichtweisen an die und für die Bildkunst. So hat Baran mit Overflowing Landscape, einen Baldachin aus Jeansstreifen geschaffen, der eine schwebende Kunstinstallation ist und zugleich unsere Wegwerfmode (Fast Fashion) hinterfragt.

Emerging Artists: Die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler. (Foto: (c) Johannes Schriek)
Emerging Artists: Die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler. (Foto: (c) Johannes Schriek)

Lucas Bölter. Maler und Illustrator arbeitet gerne an interdisziplinären Projekten, wobei die Malerei/Illustration immer die Basis ist. Seine Arbeiten sind expressiv und farbenfroh, die sich in humorvoller Art der Darstellung der Szenen genüsslich geradezu ergehen. Kernthema dabei ist eine absurde Sicht auf das Alltägliche.

Calvin Klein ist Kunstphotograph, für den die Photographie ein Werkzeug ist um mit der Umwelt zu interagieren. Er zeigt dabei geschickt Zusammenhänge, di die Welt verständlicher machen. Dabei widmet er sich der Identität sowie dem Verhältnis von Mensch, Umwelt und Architektur. Klein versteht sich mit prozessualer und intuitiver Herangehensweise als ein Chronist der Umgebung. Beindruckend ist die Installation Jagd in einem Cubiculum. Betritt man diesen Raum, fühlt man sich direkt in einen Wald versetzt während mit der Taschenlampe leuchtend die erlegte Strecke zu sehen ist … im Bild.

Victoria Jung konzentriert sich mit ihren Projekten auf soziale Besonderheiten in Subkulturen. klingt erst mal sperrig. Jung fokussiert sich auf die Wechselbeziehung der Gruppen mit ihrer Umgebung. Ihre dokumentarischen Photographien zeigen die Situation von New Orleans nach dem verheerenden Hurrikan Katrina, der 80% der Stadt überflutete. Es fand eine Gentrifizierung hin zu einer weißeren (systemischer Rassismus) und monetär reicheren, kulturell ärmeren, aber immer noch völlig schutzlosen Stadt, die durch die photographische Arbeit von Jung erschreckend deutlich wird.

David Mergelmeyer: Formen, Farben und Bezüge unterliegen seinem Spiel in seinen textilen Skulpturen, die ihre Referenzen aus Architektur, Modedesign und Kunstgeschichte ziehen. Er webt daraus Vorstellung von Sicherheit, Funktionalität und Rehabilitation, die zu neuen Körpern werden, die in einer neuen Figürlichkeit eine neue Qualität gewinnen.

Jamin Pamin und Aron Schmidtke interessieren sich als Künstlerduo für Übersetzungsprozesse aus digitalen und analogen Produkten. Zwei unterschiedliche Sichtweisen treffen aufeinander und zeigen sich im Kunstwerk deutlich, um doch zugleich eine Einheit darzustellen, wie die präsentierte Fayencen Arbeit eindrucksvoll beweist.

Nana Seeber bringt in ihrer Photokunst organische und architektonische Elemente zusammen, um sie in Photoserien zu verarbeiten, in denen sie uns mit in ihre Vergangenheit mitnimmt – ihre ersten fünf Lebensjahre in Kamerun. Sie verwebt in ihrer Arbeit Druckgraphiken, Photos, Zeichnungen und führt sie in einer Collage zusammen. Die sich daraus ergebenden Erzählungen, die die Wahrheit hinter den Bildern hinterfragt.

Louisa Stickelbruck präsentiert photographische Essays über gesellschaftlich Themen, indem sie die Themen poetisch wandelt und auf neue Ebenen setzt, um sie erfahrbar zu machen. Sie Visualisiert das im Grunde unsichtbare als zentrales Motiv. Ihre Arbeiten befassen sich mit und spiegeln die menschlichen Ambivalenzen wieder: Mensch und Natur, Medien und Identität – die Verbindung des Seins mit Menschen.




Hörder Sehfest – Teil 2

Die Künstler mit ihren Ateliers veranstalteten nun das 17. Mal das Hörder Sehfest mit dem sie sich ihrem Publikum und den Hörder Bürger*innen, wie auch den Dortmunder*rinnen vorstellen. Und mitten drin ist der KulturLadenHörde in der Alfred-Trappen-Straße. Und direkt nebenan in der Friedrich-Ebert-Straße 7 befindet sich im Nachbarhaus nicht nur eine Ausstellungsdependence in einem ehemaligen Leerstand sondern im Obergeschoß des Hauses eines der Hörder Künstlerateliers, Ateliers überm Friedrich 7 (Linn Schiffmann, Ines Damaschke, Christine Rudolf, Koma – Christian Koch und Susanne Arull, Silke Grotepaß). „Malerei“ mit Stoff, Papierkunst/Origami, Malerei mit viel Gold, Farbexplosionen in Acryl und Aquarell, Photographie und Detailverliebte Malerei stellten hier die genannten Künstler aus.

In der Alfred-Trappen-Straße 20, am neuen Weg zum Phoenix See, ist das Gemeinschaftsatelier Kunstflirt von Beate Bach, Bettina Rinne, Birgitta Schmitt, Elke Niermann, Christiane Tamkus und Jürgen Berressem. diese Künstlergruppe präsentierte ihre Kunst, die ein breites Spektrum der Darstellung zeigt. Unterschiedlichste Malstile, und Farbschwerpunkte, Holzschnitt, Grafik und Druck und Literatur im Bild. Geradezu ein Panoptikum der Darstellenden Kunst.



Auch die durch die ausgesprochen homophobe Kaiserin Auguste Viktoria (preuß. hugenot. Protestantin) gestiftete Lutherkirche beteiligte sich als Ausstellungsort für Christina Kiefert und Sigurd Kordes.

Direkt südlich des Hörder Bahnhofs, rechts der Semerteichstraße, geht die Atelierschau weiter in der Beukenbergstraße 25 bei Cirtha Krause und ihrer Malerei in Acryl.

In der Schildstraße1 im Wohnzimmer im Piepenstock, am Piepenstockplatz, stellt Michael Wiegand seine Pop-Art arbeiten aus. Fantastische 3D Arbeiten aus seinen humorvollen, pointierten und teils grotesken Karikaturen. Ein paar Meter weiter, mit der gleichen Hausnummer stellte Rüdiger Philipp seine Aquarelle, Acrylmalerei und LEC Bilder aus.

Im ehemaligen Industriekomplex an der Schildstraße 3, in der Hausnummer 3 ist das Atelier Christa Bremer mit ihren Bronzeskulpturen, die in ihrer Einfachheit der Form extrem komplex und beeindruckend sind.

Am Schildplatz im Café Aufbruch stellte Tanja Uliczka ihre Arbeiten, Line Art aus der Pop-Art und Malerei, dem Publikum vor.

In der Wellinghoferstraße 21, im Gemeindehaus der Evangelischen Gemeinde Hörde, stellten Eleonora und Alexander Reimer ihre Grafiken, Kalligraphie, Objektdesign und Keramikkunst zum Gebrauch aus.




Eine Reise der Dortmunder Philharmoniker in das Land des Brexits

Der Brexit hat uns alle betroffen gemacht und wird uns wohl noch sehr lange beschäftigen. Vor allem die Briten. Die Folgen sind jetzt schon verheerend … und der Bestand des Restempires ist wohl gezählt. Der den Briten nachgesagte ökonomische Verstand hat in Brexit Kampagne aus Xenophobie versagt … ein Vorgeschmack für die Gefahr einer Braunaue*rinnen Regierung.



Trotz allem gibt es Gründe genug einen musikalischen Ausflug über den trennenden Ärmelkanal zu machen. Wobei sich die Briten gerne kontinentaleuropäische Musiker an den Hof holten … bis wir den Beatles Britpop erleben durften. Oder … da war was davor.

Eröffnet wurde das Konzert am 09. Oktober 2023 von Beethovens Variationen zu „God Save the King“ für ein Solo Klavier. Dem Hannoveraner George und der mecklenburgisch-portugiesischen Charlotte mit afrikanischen Wurzeln würde es gefallen haben. Wundervoll gespielt vom Dirigat Christian Zacharias.

Die Londonreise von Beethoven mit seinem Lehrer Haydn zerschlug sich, aber sein Faible für England blieb bestehen. Und er war auf der Insel dann auch kein Unbekannter geblieben. Seine Stücke erschienen auf der Insel im Druck. Auf dem Kontinent baute er immer wieder Elemente mit klarem Bezug zur Insel ein.

Es folgten unsere Brexiteers: Edgar Elgar und Benjamin Britton.

Zuerst spielten die Dortmunder Philharmoniker die Serenade für Streicher e-Moll op. 20 von Edgar Elgar und anschließend Les Illuminations op. 18 von Benjamin Britton. Die Texte stammen von Arthur Rimbaud, die hervorragend von Rinnat Moriah gesungen wurden … unter einer infernalischen Belastung nach dem Überfall der Hamas am vorhergehenden Samstag dieses Oktobers.

Elgar, der, im Gegensatz zu Britton, nie einen Kompositionsunterricht erhielt, kann man ein Naturtalent nennen. Elgar ist mit dem Empire wie kein anderer verbunden, was auch seine Komposition „Land of Hope and Glory“ als inoffizielle Hymne zeigt. Er ist aber nicht zwingend der staatstragende Komponist, da er im klassenbetonten England von der Oberschicht nie anerkannt wurde. Das dreisätzige, 12-minütige Stück, einfühlsam intoniert und dirigiert, zeigt entfernte Echos von Felix Mendelsohn Bartholdy … gefesselt wird der Hörer aber schon mit den ersten Tönen der Serenade, die sich im dritten Satz echogleich wiederholen. Es wiederholt sich nicht einfach, sondern rundet die Serenade wunderbar ab.

Britton … sorry nicht mein Bier, ABER: Britton hatte eine seriöse Komponistenausbildung und wurde einer der Vertreter der Moderne. Britton, ein überzeugter Sozialist und Pazifist ging 1939 in die USA, segelte aber über den Teich zurück, da wohl doch zu tief dort verwurzelt. Die USA waren damals schon alles andere als sozialfreundlich oder pazifistisch … Nach Pearl Harbour kann man für uns nur sagen: Gott sei Dank.

Der von den Dortmunder Philharmonikern nun gespielte und von Moriah gesungene Orchesterlied-Zyklus Les Illustrations ist „strange“ und begeisterte Britton Fans zu Recht. Ich selber hatte weniger Freude daran, auch ein wenig wegen Rimbaud, der auch nicht mein Fall ist … Man kann nicht alles haben! Aber trotzdem eine fantastische Darbietung von Moriah und unseren Philharmonikern.

Von der verlassenen Insel geht der Bogen wieder zurück auf den Kontinent, nach Wien und zu Wolfgang Amadeus Mozart und seiner beschwingten 18. Jahrhundert Popmusik … Britpop heute, Wienpop damals. Die Philharmoniker intonierten die Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550, 1. Fassung. So seine eigene 2. Fassung mit zwei Klarinettenstimmen.

Die Sinfonie KV 550 gehört zu den bekanntesten Werken Mozarts. Bereits um 1800 war sie beim Publikum hochgeschätzt, was sich auch in einer Vielzahl von Bearbeitungen ausdrückte. In der Popmusik wurden mehrfach Teile der g-Moll-Sinfonie adaptiert und bearbeitet. 1971 wurde der erste Satz als Popversion von Waldo de los Ríos zu einem Singlehit in Großbritannien und Deutschland. Ich hatte damals die LP und liebte dieses Crossover. Aber auch in der TV Werbung ertönte diese Sinfonie, so die Telekom, ein Kaffeeröster und andere andere. Die Sinfonie bildet eine Trias mit No. 39 und 41. Diese drei Sinfonien wurden aber erst nach seinem Tod erst gedruckt.

Beschwingt spielten die Dortmunder Philharmoniker unter dem Dirigat von Zacharias die Sinfonie … und mit geschlossenen Augen hätte man sich in ein Konzert am Ende des 18. Jhdt. versetzen können. Die Intensität der von Mozart beabsichtigten Ausdruckskraft wurde gekonnt und ausbalanciert wie die Sinfonie selber durch die Philharmoniker gespielt und ließ mitreißen … so sehr, dass das Publikum mit seinem Applaus nicht sparte … Also nicht nur wegen Mozart, aber die Sinfonie trug ihren Anteil an der Begeisterung.




Kosmos: Eine unendliche Reise.

Das immersive Erlebnis einer virtuellen durch Raum und Zeit

Eine Sonderausstellung, von Phoenix des Lumières, die für drei Monate ab Samstag, dem 30. September, eigenständig neben dem Hauptprogramm von Phoenix des Lumières (Klimt, Hundertwasser und Journey) angeboten wird. Durch diese neue Ausstellung ändern sich auch die generellen Öffnungszeiten.



Die etwa 50minütige Ausstellung, auch gut geeignet für Schulen als Unterrichtsbegleitung, wird in den Herbst- und Weihnachtsferien täglich halbtags sowie an den Familientagen jeden Dienstag ganztägig zu sehen sein. In der Zeit zwischen den Ferien wird „Kosmos“ ganztags am Familientag und halbtags am Wochenende gezeigt. Alle Infos zu den Öffnungszeiten können Sie am Textende entnehmen.

Einblick in ferne Galaxien bietet die Ausstellung "Kosmos". © Culturespaces / Falko Wübbecke
Einblick in ferne Galaxien bietet die Ausstellung „Kosmos“. © Culturespaces / Falko Wübbecke

Innerhalb der übrigen Öffnungszeiten laufen weiterhin die Ausstellungen Klimt, Hundertwasser und Journey.

Eine Reporterin fragte vor einem Jahr als Phoenix des Lumières die Klimt, Hundertwasser und Journey Ausstellung bekannt gab, ob man sich das auch richtig überlegt habe … Eine Frage an ein Unternehmen, das weltweit an verschiedenen Standorten seine Digitalen Welten präsentiert … Nun in dem knappen Jahr seither besuchten über 100.000 Zuschauer die Ausstellung in Phoenix West. Bei Ticketpreisen zwischen € 10 und € 15, für Familie € 40 erübrigt sich die Frage.

Aber auch bei diesem Presstermin für den Start am 30. September kamen peinliche Fragen … gleich zwei Mal warum die Erklärungen in Englisch seien … Es kommen eben nicht nur Dortmunder. Denn Phoenix des Lumières hat eine weite überregionale Strahlkraft.

Die riesige Halle in Phoenix West eignet sich hervorragend für die Präsentation der überdimensionalen digital aufgearbeiteten Bilder und Filme aus, von und im Universum, in dem unser kleines einsames Raumschiff Erde in seinem Sonnensystem mit der Milchstraße durch dieses unendliche Universum, von den kosmischen Kräften getrieben, gleitet. Auch wenn wir, der Homo Sapiens, sich als unendlich wichtig nimmt, so ist dieser Homo Sapiens ein Staubkorn auf der Erde die nicht mal ein Nanoteilchen eines Staubkorns im Universum ist … das wird einem deutlich, wenn man die Bilderwelten betrachtet.

Wie bei Klimt und Hundertwasser beginnt der Bilderreigen mit Dortmund und seiner Industriellen Geschichte, um dann in rascher Folge in die Geschichte der Raumfahrt und mit der Ariane ins All zu entgleiten.

Man kann die Mondladung, für die Älteren unter uns, wieder miterleben. Ich erinnerte mich sofort wie ich mit meinen Mitschülern im Internat vor dem Fernsehgerät saß und gebannt die Bilder der Mondlandung mit verfolgte … und erschien die VOYAGER … und ich war nicht der einzige, der sofort STAR TREK im Kopf hatte und die VGER in einer gigantischen Wolke in Richtung Erde zog und Captain Kirk und die Enterprise mit ihren Kohlenstoff-Einheiten vor Probleme stellte.

Der Bilderreigen, die Filmsequenzen reißen einen förmlich mit, und stoßen in uns Erinnerungen wach. Ein faszinierendes Bilder Ereignis von unendlicher Schönheit, das Bescheiden machen kann … besonders in diesen Tagen, in denen es dumme und laute Klimakatastrophenleugner gibt, die nichts anderes als „Weiter so!“ fordern, während wir unser Raumschiff Erde zerstören. Sechs von neun Kipppunkten/Erdbelastungsgrenzen haben wir schon gerissen. Und die Wetterkatastrophen dieses Jahres ereigneten sich bei 1,1° und die 1,5° werden wir mit Sicherheit reißen.

Und ganz am Ende erscheint doch der Mensch schwer atmend bei der Arbeit außen an der ISS … Bestechend schön mit der Erde im Hintergrund und beängstigend die Einsamkeit dort oben über dem blauen Planeten, den wir gerade zerstören.

Spielzeiten „Kosmos: Eine unendliche Reise“

Freitag und Samstag: 14:30 bis 21:15 Uhr

Sonntag: 14:30 bis 19 Uhr

Dienstag: 10 bis 17 Uhr

In den Herbst- und Weihnachtsferien gelten folgende Spielzeiten:

Herbstferien: 02. bis 14.10.

Weihnachtsferien: 21.12.2023 bis 05.01.2024

Dienstag: 10 bis 19 Uhr

Freitag, Samstag: 14:30 bis 21:15 Uhr

Sonntag, Montag, Mittwoch, Donnerstag: 14:30 bis 19 Uhr




Ein Tanzfestival der Extraklasse

Internationale Ballettgala XXXVII

Die Internationale Ballettgala, gefördert von den Ballettfreunden Dortmund e. V. und weiteren kunstsinnigen Sponsoren, bot einen einmaligen Tanzfest Abend von internationalem Rang. Xin Peng Wang lud das Publikum in dieser Saison dazu ein, mit ihm sein 20-jähriges Dortmund-Jubiläum zu feiern! Durch den Abend führte als Conférencier/Moderator Hannes Brock.



Die bei dieser 37. Internationalen Ballettgala präsentieren Tänzer*innen international namhafter Compagnien, wurden von den Dortmunder Philharmonikern begleitet. Die Tänzer präsentierten die vielen Facetten und Schattierungen der Ballettkunst. Stars des Stuttgarter Balletts, des Royal Ballet London, des National Ballet of China und Het Nationale Ballet Amsterdam waren im Opernhaus zu Gast und zeigten ein höchst abwechslungsreiches Programm.

Eine Choreografie von Ted Brandsen, ebenfalls seit 20 Jahren Direktor und Chefchoreograf des Dutch National Ballet, gab den Auftakt zu dieser feierlichen Gala.

Das Dortmunder Ballett erarbeitete/ertanzte sich mit und unter Xin Peng Wang seit 2003 zu Weltruhm und Reputation. Sonst wären andere weltbekannte, renommierte Tanzkompanien nicht nach Dortmund gereist. Dieser Aufstieg ist auch durch die von Xin Peng Wang 2014 gegründete NRW Ballett Junior Academy begründet. Diese Ballett Junior Academie war auch an diesem Abend Teil des begeisternden Programms. Die eröffneten nach der Pause den zweiten Teil des Abends mit einer fantastischen Choreografie von Xin Peng Wang, Im Wald, mit der Musik von Camille Pepin. 

Die insgesamt 17 Stücke, Ballettszenen, begeisterten das Dortmunder Publikum, das die Tänzer, eigentlich Tanzkünstler, zu Ovationen begeisterte … auch inmitten ihrer Darbietungen. So wie bei Polina Semionova vom Staatsballett Berlin, sie zeigte, dass eine Frau/Ballerina auch auf kleinster Fläche standhaft stehen kann …

Die Gründung der NRW Junior Academy durch Xin Peng Wang machte Dortmund zu einem international beachteten Knotenpunkt für hochbegabten Ballettnachwuchs. Jährlich können zwölf Tänzer*innen aufgenommen werden. Allerdings ist die Bewerberzahl um ein Vielfaches höher. Diese jungen Ballettkünstler sind bereits professionell ausgebildet und erhalten in Dortmund ihren letzten Schliff. Kein Wunder, dass die Welt auf die Dortmunder Jugend Academy schaut, wenn es um die besten Nachwuchstänzer geht.

Auch dies ein Grund für die starke internationale Resonanz auf die Einladung zur 37. Internationalen Ballettgala.




Mein lieber Scholli

Ein Tegtmeierabend im Fletch Bizzel, am 22. September, Beginn 20:00, mit Carsten Bülow, Peer Claßen und Monika von Manger, der Nichte von Jürgen von Manger, alias Adolf Tegtmeier.



Tegtmeier schwadronierte in bestem Ruhrpottslang über die Widrigkeiten des Lebens auf Bühnen und bundesweit im ZDF in 6 verschiedenen TV Formaten. Mein beliebtestes und weithin bekannteste war/ist Tegtmeier´s Reisen. In diesem Format bereist von Manger als Tegtmeier die Welt und war dabei herrlich skurril provinziell … ein Spagat für den kosmopolitischen von Mager, den er mit Bravour hinlegte oder besser darbot. Der literarische Kabarettist war aber nicht nur der Kabarettist sondern auch ein Schauspieler von Rang und Gesangskünstler.

Bülow, Claßen und von Manger lassen im 100 Geburtsjahr von Jürgen von Manger den Ausnahmekünstler hochleben. In diesem Programm. dass sich um das Bühnenschaffen von von Manger dreht, und mit der Familie von Manger erarbeitet wurde, werden wir ein Gesamtbild wiedererstehen sehen.

www.fletch-bizzel.de




Das ist Kolonial

Eine Ausstellungswerkstatt zum Kolonialismus und seinen Einflüssen

Seit dem 18. März 2023 präsentiert das LWL Zeche Zollern diese Ausstellung, die noch bis zum 15. Oktober 2023 zu sehen ist. Und im Gerede ist diese Ausstellung erst seit kurzem. wegen eines Hinweises auf einen Safe Space Termin an Samstagen für 4 Stunden für People of Color, also Afrodeutsche und Deutsche mit asiatischen, orientalischen oder auch nicht mitteleuropäischen Wurzeln und somit nicht der weißen Mehrheit in unserem Land offen ist … 5 Monate hat es gebraucht, damit die AltRight Szene aufmerksam und final Hassaktiv wurde. Und die Junge Union (JU).



Das Ganze kochte auf, als gut fünf Monate nach der Eröffnung der Schau „Das ist Kolonial“ zwei Rechtsaußen sich via TikTok erstmals darüber auszulassen begannen … Hier stimmte die von Kuban geführte JU ein, unisono mit der AfD.

Mitte September machte schließlich die Washington Post, USA, einen Artikel zu diesem Thema.

Das Thema Kolonialismus wird in Deutschland leider zu nebensächlich behandelt … zuerst einmal hatten wir uns mit den Folgen der 1.000 Jahre VogelschiSS zu beschäftigen … wenn auch erst spät, weil wir zuvor das schmutzige Wasser ja zum Saubermachen noch brauchten. Also fing man ab 1968 endlich gründlich an. Schaut man sich die Reaktion auf ein gewisses antisemitisches Flugblatt in der Keimzelle zur Säuberung des Deutschen Reiches an, muss man leider konstatieren, wir war nicht gründlich genug. Zumal es im Osten der Republik, in der ehemaligen „DDR“ keine Aufarbeitung gab, weil man per ordre de Mufti des ZK der SED (heute Die Linke) antifaschistisch und auch nicht antisemitisch war … wobei letzteres immer wieder anderweitig zu erleben war.

Der Kolonialismus hatte entgegen vielerlei Meinungen einen tiefen Einfluss auf Deutschland und unser Bundesland Nordrhein-Westfalen. Überall in Deutschen Reich gab es bis in die 1960er Kolonialwarenläden, in denen es wie der Name suggerierte, Lebensmittel und Waren gab, die aus den Kolonien oder tropischen Ländern gab, wie z.B. Bananen und Ananas. So unser Kaffee oder der Tee, die Ananas, die Banane, die Schokolade, das Usambara-Veilchen, auch manche Straßennamen, u.v.m. sind Produkte des Kolonialismus.

Im Kaiserreich wurde nach der Berliner Afrikakonferenz und dem offiziellen Erwerb von überseeischen Besitzungen, Kolonien, stark für diese geworben, um sie auch durch Deutsche zu besiedeln. Aus meiner Familie z.B. gingen gleich drei Urgroß- und Großonkel in die Welt und gründeten Plantagen. Einer in Kamerun, einer in Tansania und einer in Papua Neuguinea.

Der Besucher wird zu der partizipativen Ausstellung von zwei virtuell ihm gegenüberstehenden empfangen und in das Thema eingeführt … wie sehr der Kolonialismus noch heute hier und in den Kolonien präsent ist. alleine der systemische Rassismus, der durch sogenannte Völkerschauen die untere Entwicklungsstufe der Kolonisierten zeigen sollte. Oder wie wir heute noch auf Afrika schauen als Kontinent, der nicht alleine gehen könne. Dessen Volkswirtschaften immer noch nur als Rohstofflieferanten gesehen werden. Dies wird durch immense Importzölle von Fertigprodukten zementiert, während die Rohstoffe unsere Fabriken und Volkswirtschaften billig versorgen. Unsere Überschussprodukte hingegen überschwemmen die afrikanischen Märkte und zerstören Existenzen.

Man versuchte durch „Rassenlehre“ die Vorherrschaft des weißen Mannes zu zementieren. So fabulierte einst Gloria von Thurn und Taxis, dass die Afrikaner zu viel schnackseln, was alleine Ursache der Probleme in „schwarz“ Afrika sei. Afrika wird immer noch nicht als bunt gesehen, oder dass es dort über 50 Staaten gibt, die immer noch in ihren kolonialen Grenzen existieren und fast ausnahmslos Vielvölkerstaaten sind.

In der Ausstellung werden die Probleme, die der deutsche Kolonialismus in den „Schutzgebieten“ verursachte schonungslos gezeigt. Beginnend beim Kunstdiebstal bis hin zu Verschleppungen und da sich die Ausstellung in erster Linie mit dem Bezug zu Nordrhein-Westfalen beschäftigt, kommt der Genozid and den Herero und Nama in Namibia nicht zum Tragen. Anhand von Einzelschicksalen werden u.a. die Verschleppungen und Entsendungen zur Ausbildung dargestellt.

An vielen Stellen in der Ausstellung kann man sich als Besucher mit einbringen, wird dazu aufgefordert, teilzunehmen. Wir werden aufgefordert unsere Gedanken und Eindrücke, Erlebnisse, Erfahrungen, Familiengeschichtliches mit einzubringen. Interessant was man auf den Karteikarten zu lesen bekommt. Es gibt Workshop Flächen, eine Bibliotheksliste, ein Sprachlabor, um eigene Texte zu sprechen oder aufgenommene Texte zu hören.

Die Kurator*innen haben neue Methoden der Darstellung und Rezeption gewählt, weil die frontale Darstellung dem Thema Kolonialismus nicht gerecht werden kann. Dazu zählt auch die Bitte an Samstagen von 10:00 bis 14;00 sich als Mitteleuropäer eventuell. freiwillig zurück zu halten und BiPoC den Vortritt zu lassen. damit sie sich ungestört, unbeeinflusst von der Mehrheitsgesellschaft, mit dem Thema auseinandersetzen zu können. Und genau das kritisierten also unsere kleinen HerrenMännekens aus der äuSSerten Ecke Rechts von der Anständigkeit. Genau diese haben immer noch nicht begriffen, was ihr Herrenmenschentum immer noch alles anrichtet. Und dabei geht es nicht nur um die „Negerküsse“ … sondern generell um Respekt. Auch wenn dieser immer noch hinkt und seit der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Nationalversammlung vom August 1789 endlich allen bewusst sein, dass diese nicht nur für weiße, heterosexuelle Menschen gelten.

Die Ausstellungen ist kein Honigschlecken, sondern soll aufrütteln und auf Probleme hinweisen … etwas das HerrenMännekens vollends abgeht. Empathie ist dort im Gensatz nicht vorhanden.

Der Eintritt kostet €5.00, wobei der Dortmund Pass NICHT zu einem reduzierten Eintritt führt … Das LWL Museum in Münster hingegen den Dortmund Pass akzeptiert …




Unheimlich schön

Eine Retrospektive zu Sascha Schneider im MKK

Vom 8. September 2023 bis 7. Januar 2024 können sich Besucher*innen diese Werke anschauen. Der Eintritt ist frei.

Woher kommen unsere geschlechterstereotypen Zuordnungen? Weiblich? Männlich? Was uns der AltRight Komplex wieder einhämmern möchte. Eine neue Ausstellung im MKK beleuchtet Geschlechterstereotype um 1900 und zeitgenössische künstlerische Ansätze.

Unser heute immer noch zu toxisches Männer- und Männlichkeitsbild, wurde im 19. Jahrhundert durch die dominierende englische, protestantische, prüde, anglikanische Kultur festgezurrt und wirkt bis heute verheerend und behindernd auf uns ein. Dort im frühen 19. Jhdt. liegen die Ursprünge heutiger Geschlechterstereotype, die auf weit ältere Geschlechterrollen zurückgreifen, das antike griechische und römische Geschlechterbild. Der Mann stark und wichtig, die Frau als Besitz des Mannes (Vater, Bruder, Gatte, Schwäger), weit mehr im Griechischen als im Römischen. Bei den Römern konnte Frau sich wenigstens scheiden lassen, wobei die antiken Griechen die Frau strikt als Besitz betrachteten. Einzig Sparta bildete eine egalitäre Ausnahme.



Nackte Körper von Frauen, Jungen, Männern und Androgynen präsentiert uns die MKK Ausstellung. Der Fokus dieser Ausstellung sind die Werke des Dresdner Künstlers Rudolph Karl Alexander, genannt Sascha Schneider. Sascha Schneider ist uns durch die Darstellung des idealisierten menschlichen, insbesondere des männlichen Körpers bekannt. Frauen, Jungen, Männer und Androgyne in seinen Werken (Zeichnungen, Gemälden, Plastiken, Fresken, etc.) spiegeln die gängigen Geschlechterstereotype des frühen 20. Jahrhunderts wider, darunter das Bild der verführerischen, gefährlichen, Frau, einem Objekt der Begierde und des muskulösen, willensstarken, überlegenen Mannes.

Das Team hinter der neuen Sonderschau zeigt (v.l.n.r): Dr. Christian Walda, Kunsthistoriker und stellvertretender Museumsdirektor, Svenja Lehnhardt, wissenschaftliche Volontärin und Projektleitung der Ausstellung und Ann-Kathrin Mäker, Kunst- und Kulturvermittlerin. (Fotos: Tanita Groß)
Das Team hinter der neuen Sonderschau zeigt (v.l.n.r): Dr. Christian Walda, Kunsthistoriker und stellvertretender Museumsdirektor, Svenja Lehnhardt, wissenschaftliche Volontärin und Projektleitung der Ausstellung und Ann-Kathrin Mäker, Kunst- und Kulturvermittlerin. (Fotos: Tanita Groß)

Sascha, als Vorname ist nebenbei androgyn, da er sowohl als weiblicher, wie auch als männlicher Vorname gebräuchlich ist. Er ist zudem die Kosename Variante von Alexander/Alexandra im Slawischen. Sascha Schneider war schwul … einem LGBTQIA+ Mitglied fällt es sofort auf, wenn er es nicht schon zuvor wußte.

Zu dieser besonderen Ausstellung kam es, weil die Projektleitung (Kuratorin) der Ausstellung Svenja Lehnhardt, an der Frage, der Geschlechterbilder um 1900 hängengeblieben ist. „Es ist ein Thema was mich besonders interessiert hat. Außerdem ist das Thema Geschlechterstereotype aktuell“, sagt Lehnhardt. Der AltRight Komplex hängt sich in seiner generellen Misogynie gerade besonders daran auf. Die Bemühungen die Abtreibung wieder zu kriminalisieren, Dragqueen Lesungen für Kinder und Jugendliche zu verbieten und Transrechte zu beschneiden spiegeln den Kampf von CDU/CSU, den Braunaue*rinnen und anderen so genannten „Konservativen“ wieder, um das höchst fragile, toxische Männerbild (Männekens) aufrecht zu erhalten und mit jedem Mittel, auch unter der Verletzung der Menschenrechte, aufrecht zu erhalten. Ein Männerbild im 19. Jhdt. im damals weltbeherrschenden, die Natur verneinenden, militaristischen, überprüdeten, anglikanischen England entwickelt und mit tödlichen Folgen in die Welt hinausgetragen, nicht nur in den ehemaligen Kolonien wie Uganda oder in Arabien (Todesstrafen).

Das Œuvre von Sascha Schneider zeigt aber nicht nur den „vitalen“, „virilen“ Mann, sondern auch seine anderen realen Erscheinungsformen … was Lehnhardt am Ende überzeugte sich auf die „Männerbilder“ von Schneider zu fokussieren.

Nonchalant beleuchtet die Ausstellung die stereotypen Darstellungen der gefährlichen Frau, der „Femme Fatale“, die als Reaktion auf die Emanzipationsbewegung des 19. Jhdts. populär wurde, und sich besonders in den Frauenfiguren die u.a. von Marlene Dietrich oder Heddy Lamarr (Hedwig Maria Kiessler) dargestellt wiederfinden. Diese Darstellungen stellen Frauen als Objekte der Begierde, aber auch als bedrohliche, gar hinterhältige, Männer verschlingende. gefährliche Figuren dar.

Dieses Frauenbild, das in den 30er Jahren sowohl in Europa als auch in den USA entstand, ist eine Reaktion auf das Frauenwahlrecht, 1919 in Deutschland eingeführt, wie auch Gleichberechtigungsgesetze, und die erzkonservative Kehrtwende nach dem Börsenkrach von 1929. Schon während des Ersten Weltkrieges wurden die Frauen emanzipierter, weil sie in Männerberufen an den Heimatfronten eingesetzt werden mussten.

Die Ausstellung präsentiert darüber hinaus zeitgenössische Kunstwerke, die die Geschlechterbilder von Sascha Schneider in einen neuen Kontext setzen, mit Fotografien von Milena Schilling und Fiona Mentzel aus der Serie „Men are made to reproduce“ … und ihr Anspruch auf Herrschaft über den Uterus?

„Vor allem junge Menschen befassen sich im Schulalltag mit diesem Thema“, sagt MKK Kunst- und Kulturvermittlerin Ann-Kathrin Mäker. Sie bestätigt, dass die ersten Anfragen von Sekundarschulen schon hereingekommen sind.

Das MKK hat an einer Triggerwarnung gearbeitet, weil Nacktheit, genderspezifische Stereotype, rassistische Darstellungen sowie körperliche Gewalt gezeigt werden … Die Verprüdung des natürlichen.

Wenn auch der Künstler Schneider schwul war, so reflektiert sein Œuvre den Zeitgeist, die Idealbilder des antiken, männlichen Schönheitsbildes des 19. Jhdts., andauernd im 20. Jhdt., überhöht in der Faschistischen / NAZI Kunst (Arno Bräker, den Schneider stilbildend vorwegnimmt) und heute im Fitnesskörperkult des 21. Jhdts. immer noch gegenwärtig. Schneider, geboren 1870 in Russland, war ein „Produkt“ seiner Zeit. Wobei das männliche Schönheitsideal im antiken Griechenland basiert ist.

Wie weit wir Männer uns auf Abziehbildchen einer faschistischen, toxischen Vision reduzieren lassen, liegt an uns und wie weit wir gewillt sind unseren uns innewohnenden Konservatismus zu überwinden bereit sind. Menschenrechte sind kein Kuchen, sie sind universell, unteilbar und unveräußerlich … FÜR ALLE … Wenn Frauen, LGBTQIA+ und People of Color gleiche Rechte haben, hat das Männ(chen) nicht weniger! Hat der AltRight Komplex nicht verstanden.