Schulalltag im Ersten Weltkrieg

Eine Seite aus dem Gedenkbuch des Westfälischen Lehrervereins
Eine Seite aus dem Gedenkbuch des Westfälischen Lehrervereins.

Wie bekamen Schulkinder den Ersten Weltkrieg 1914-1918 mit? Natürlich direkt, wenn der Vater oder der ältere Bruder im Feld waren oder wenn die Nachricht kam, dass ein Lehrer gefallen war. Doch auch indirekt spielten die Ereignisse und Folgen des Krieges in den Schulalltag. Das Westfälische Schulmuseum in Marten zeigt in der Ausstellung ab dem 22. März „…und stricken für’s liebe Vaterland“ Dokumente aus dem Schul- und Alltagsleben in dieser Zeit.

Haben Sie schon einmal den Begriff „Siegfrei“ gehört? Damals bekamen die Kinder schulfrei nach der Siegesfeier einer gewonnenen wichtigen Schlacht. Natürlich musste das in Preußen genau geplant werden und daher bekamen die einzelnen Schulen von der Königlichen Regierung in Arnsberg Rundschreiben zugeschickt, die sie dann an die entsprechenden Lehrer weitergaben. Die Dokumente sind nicht sehr spektakulär von ihrem Aussehen, doch sie erzählen sehr viel vom Alltagsleben an der Heimatfront.
Die Siegfeiern und das Siegfrei gab es vermehrt zu Beginn des Krieges, danach spielten die Alltagsnöte eine immer stärkere Rolle. So wurden Brotmarken in der Schule von den Lehrern verteilt, wegen Ledermangel sollten Holzschuhe mittels Sportwettbewerben populärer gemacht werden und das Fehlen von männlichen Lehrer sorgte dafür, dass in den Schulen gefragt wurde, ob denn „Zucht und Ordnung“ leide.
Später, als es in Deutschland an allen Ecken und Enden Versorgungsengpässe gab, wurden die Schülerinnen und Schüler zum Sammeln von allen möglichen Dingen aufgefordert: Angefangen von Obstkernen zur Margarineherstellung über Eicheln und Roßkastanien bis hin zu Altmetall und Knochen. Daneben wurde gewarnt, dass das Stehlen von fremden Gras (für die Fütterung der eigenen Kaninchen und Ziegen) bestraft wurde.
Auch wurden den Kindern eingeimpft, dass die Mütter in den Briefen an ihre Männer und Söhne nicht ständig jammern sollten, denn die Briefe könnten abgefangen und als feindliches Flugblatt benutzt werden.

Neben diesen Dokumenten ist ein imposantes Buch des Westfälischen Lehrervereins. Über 620 gefallene Lehrer hatte der Verein zu beklagen und ehrte die Toten 1923 mit einem opulenten Gedenkbuch, in dem an jedem Lehrer mit Foto und kurzem Text gedacht wurde.

Der Titel der Ausstellung stammt übrigens von einem Foto einer strickenden Mädchenklasse, das sogenannte Liebesgaben an die Soldaten schickte. Auch dieses Foto ist in der Ausstellung zu sehen.

Nach den Osterferien kann ein erstes Schulklassenprogramm zur Ausstellung gebucht werden, zu einem Preis von 54 Euro bei einer 90-minütigen Dauer oder für 72 Euro bei einer 120-minütigen Dauer.
Die ersten Sonntagsführungen finden am 29.3., 12.4., 10.5., und 14.6.2015 um 14.30 Uhr statt.
Die Teilnahme kostet drei Euro pro Person zuzüglich zum Museumseintritt.
Das Westfälische Schulmuseum, An der Wasserburg 1, in Dortmund Marten ist immer dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet und der Eintritt beträgt 2,50 Euro (ermäßigt 1,25 Euro) pro Person. Besucher unter 18 Jahren haben freien Eintritt, und auch an jedem 1. Mittwoch im Monat ist der Eintritt für alle Besucher frei.
Gruppen ab zehn Personen zahlen zwei Euro (ermäßigt einen Euro) pro Person.

Informationen und Anmeldungen zu Programmen und Veranstaltungen gibt es unter der Telefonnummer (0231) 613095.




Diskussion mit Flüchtlingen

Mit der Blackbox-Reihe unternimmt das Schauspiel Dortmund in Kooperation mit bodo e.V. und European Homecare den Versuch, dem unüberschaubaren Komplex der Zuwanderung nach Deutschland Bilder, Geschichten und Haltungen abzuringen – auf der Suche nach diskursiven Waffen gegen jede Form der Radikalisierung. Schon in der ersten Folge, Blackbox Abschiebung, wurde über zwei Stunden kontrovers diskutiert zwischen Fachleuten, Asylbewerbern aus Syrien und Dortmunder Bürgern. Der zweite Teil Blackbox Flucht stellt diesmal ganz die Geschichten von Geflüchteten in den Fokus: Auf welcher Route gelangt man von Syrien nach Lütgendortmund? Wieso ausgerechnet hierher? Wie überwindet man unüberwindbare Hindernisse? Und – was erwartet einen, wenn man es endlich geschafft hat? U.a . mit Bastian Pütter und Said Arab.

26. März 2015, 19.30 Uhr in der Jungen Oper. Der Eintritt ist frei.




Ehestreitkultur auf hohem Niveau

Das wird kein Spoilertext, versprochen. Wie es der genervte Paarberater (Richard Saringer) schafft, das Ehepaar Dorek (Harald Schwaiger und Katja Heinrich) wieder auf Kurs zu bekommen, sollten sie in einer der Vorstellungen von „Die Wunderübung“ im Theater im U erleben. Ars tremonia war bei der dritten Aufführung des Ensembles „Austropott“ am 15. März 2015 dabei.

„Die Wunderübung“ von Daniel Glattauer behandelt eines der beliebten Themen in Theater und Film: das zerstrittene Paar. Jeder im Publikum hat zunächst das Gefühl, das wird nichts mehr, doch von irgendwo kommt noch ein Kniff daher, der die Beziehung rettet. Dieses Mal ist es ein Kniff des Eheberaters, der im ersten Teil des Stückes schier verzweifelt.

„Sie haben eine außergewöhnlich lebendige Streitkultur auf hohem Niveau“, sagte der verzweifelte Paarberater fast schon ein wenig sarkastisch. Saringer spielt die Rolle mit stoischer Ruhe. Mit der Attitüde von jemanden, der schon fast alles gesehen hat, lässt er die Streitigkeiten und die fehlgeschlagenen Übungen über sich ergehen. Nur an seinem Spiel mit dem Stift sieht man, dass es mit der Zeit in ihm brodelt.

Katja Heinrich spielt die Joana Dorek. Sie verkörpert die Ehefrau, die mit ihren überschäumenden Emotionen alleingelassen wird. Ihre Sticheleien gegen den Panzer ihres Ehemannes setzt sie mit der Präzision einen Florettes. Doch der „Sieger“ dieses Ehestreites ist eindeutig Harald Schwaiger als Valentin Dorek. Erst sieht man ihm seine Langeweile deutlich an, sein Desinteresse an dieser Eheberatung ist zunächst gleich Null. Ein Running Gag des Stückes ist, dass Valentin nicht weiß, wie der Paarberater heißt. „Herr, äh, äh, äh“, mehr kommt nicht. Allein die genervten Blicke von Schwaiger, wenn Joana wieder ihre Sticheleien gegen Valentin loslässt, sind ihr Eintrittsgeld wert.

Auch wenn manches im Stück ein wenig klischeehaft wirkt, die rund 90 Minuten „Ehestreit live“ sind unterhaltsam, da sie eben „auf hohem Niveau“ dargeboten werden. Vielleicht ist „Die Wunderübung“ sogar für manche Ehepaare im Publikum ganz lehrreich, denn vieles wird man aus seiner eigenen Beziehung vielleicht wiedererkennen.

Kurzum, das Stück passt ideal zu „Austropott“, die sich auf kleine geistreiche Komödien spezialisiert haben, in denen es um zwischenmenschliche Dinge wie Freundschaft („Indien“, „Kunst“) oder Ehe („Die Wunderübung“) geht.

Weitere Termine:
Samstag, der 21.03.2015, 19.30 Uhr
Sonntag, der 22.03.2015, 18.30 Uhr

Samstag, der 25.04.2015, 19.30 Uhr
Sonntag, der 26.04.2015, 20.00 Uhr
Mittwoch, der 29.04.2015, 19.30 Uhr

Samstag, der 09.05.2015, 19.30 Uhr
Sonntag, der 10.05.2015, 18.30 Uhr
Samstag, der 30.05.2015, 19.30 Uhr
Sonntag, der 31.05.2015, 19.30 Uhr

Samstag, der 13.06.2015, 19.30 Uhr
Sonntag, der 14.06.2015, 18.30 Uhr

Eintritt 18 €, erm. 10 €

Vorverkauf:

Ohne zusätzliche Gebühren für alle Termine direkt zu erwerben im Dortmunder U, Leonie-Reygers-Terrasse, 44137 Dortmund
Di + Mi 11:00 – 18:00 Uhr | Do + Fr 11:00 – 20:00 Uhr | Sa + So 11:00 – 18:00 Uhr | Mo geschlossen

Reservierung:

Kartenreservierung telefonisch unter 0159 03158179 oder per Mail unter tickets@austropott.de .




Konkrete Kunst in zwölf Streifen

Drei Bilder von Werner Block: (v.l.n.r.) 85 -9.3, 2015; 83 - 3.3, 2015; 82 - 27.2, 2015, alle Harzölfarbe auf Papier, 32x24 cm
Drei Bilder von Werner Block: (v.l.n.r.) 85 -9.3, 2015; 83 – 3.3, 2015; 82 – 27.2, 2015, alle Harzölfarbe auf Papier, 32×24 cm

Die städtische Galerie „Torhaus Rombergpark“ zeigt mit der Ausstellung „12 Striche“ Werke von Werner Block. Seine Arbeiten sind überwiegend streng geometrisch aufgebaut und leben vom Kontrast zwischen Licht und Farbe. Die Ausstellung ist bis zum 05. April 2015 zu sehen.

Blocks Bilder wirken auf den ersten Blick irritierend, bestehen sie hauptsächlich aus 12 waagerechten Balken aus verschiedenen Materialien wie Holzölfarbe, Aquarellfarbe oder Graphit. Doch das besondere ist die Komposition. Helle und dunkle Balken wechseln sich ab, sie unterscheiden sich je nach Lichteinfluss und führen uns so an die Grenzen der Wahrnehmung.

Die ausgestellten Werke des Künstlers sind der konkreten Kunst zuzuordnen. Hier hatte der Künstler Theo van Doesburg 1924 postuliert, dass Bilder ausschließlich aus plastischen Elementen bestehen dürfen, d.h. aus Formen und Farben. Also nichts aus der Natur oder etwas, das die Sinne anspricht. Ein Bildelement hat keine andere Bedeutung als sich selbst.

Das spannende an den Werken Blocks sind die kleinen Farbverschiebungen, die er in seinen Werken, vor allem aber in seinen seriellen Werken benutzt. Block malt gerne Diptychons oder Triptychons. Die Farbe, die beim ersten Bild noch die helle Farbe war, wird im zweiten Bild zur dunklen Farbe und so weiter. Der Betrachter kann also für sich selbst die Reihe solange weiterführen, bis keine Farbe mehr sichtbar ist.

Bei den Arbeiten mit Graphit arbeitet Block mit dem Licht. Hier liegt der Unterschied zwischen den Streifen einzig und allein in der Schraffur. So wirken die Balken je nach Lichteinfall anders.

In einer weiteren Serie hat Block den zweiten Streifen, der ursprünglich in einer der Grundfarben Rot, Grün oder Gelb gemalt wurde mit der Farbe des ersten Streifens, Preußisch Blau, übermalt. Hier kommt der Kontrast nur dadurch zustande, weil die Grundfarbe ganz leicht durchschimmert.

Etwas Besonders in der Ausstellung sind die drei mit Wasser gefüllten Glasobjekte. Sie haben eine organische Form und sind, im Gegensatz zu den Bildern, völlig farblos. Dafür spiegeln sie, – je nach Licht – ihre Umgebung wider.

Öffnungszeiten:

Dienstag-Samstag, 14:00-18:00 Uhr
Sonntag, 10:00-18:00 Uhr




Acht Filme bewerben sich um den RWE Filmpreis

"Frailer" dreht sich um die Freundschaft von vier Frauen, von denen eine unheilbar an Krebs erkrankt ist. (Foto: IFFF)
„Frailer“ dreht sich um die Freundschaft von vier Frauen, von denen eine unheilbar an Krebs erkrankt ist. (Foto: IFFF)

Zum 6. Mal wird beim Internationalen Frauenfilmfestival in Dortmund der RWE Filmpreis für eine Spielfilmregisseurin vergeben. Der Preis ist mit 15.000 € dotiert. Vom 15. bis zum 19. April werden die acht Filme im Kino „Schauburg“ zu sehen sein. Die Filme zeigen sehr unterschiedliche Filmgenres. Vier Filme haben Deutschlandpremiere.

Den Beginn macht der Film „Eden“ am 15. April 2015 um 20 Uhr. Der Beitrag von Mia Hansen-Løve führt den Zuschauer zurück in das Paris der 90er Jahre: Sex, Drogen und Beats sind der Lebensinhalt von DJ Paul. „Eden“ ist hochkarätig besetzt mit Greta Gerwig und Bradly Corby.

Mit „Futatsume no mado“ von Naomi Kawase geht es am 16. April um 18 Uhr weiter. Das poetische Opus um das Heranwachsen und das Erwachen der Sinnlichkeit bekam großes Lob in Cannes.

Der zweite Film am 16. April startet um 21 Uhr und präsentiert „Ella“ von Libia Stella Gomez. In diesem Film aus Kolumbien, versucht der Witwer Alcides seiner kürzlich verstorbenen Frau ein würdiges Begräbnis zu verschaffen, auch wenn er mittellos ist.

Eine skurrile Liebesgeschichte zeigt „Red Rose“, der iranischen Regisseurin Sepideh Farsi. Hier verliebt sich ein politisch resignierter Mitfünfziger in eine junge Aktivistin. Ein Kammerspiel über politische Haltungen, Geschlechter- und Generationenkonflikte. Farsi lebt seit ihrem Studium in Paris. Der Film wird am 17.04. um 18 Uhr gezeigt.

Die Preisträgerin des RWE Filmpreises 2013, Małgorzata Szumoska, präsentiert ihren Film „Body“. Der Film ist eine schwarze Komödie über Janusz, einem Untersuchungsrichter, dessen Tochter Olga an Magersucht leidet, zumal sie um ihre verstorbene Mutter trauert. Aber auch die Psychologin Anna, zu der er Olga schickt, ist auch über einen Verlust nicht hinweggekommen. Zu sehen am 17.04. um 21 Uhr.

Pelo Malo“ führt uns in die Stadthölle von Caracas. Die Regisseurin Mariana Rondón erzählt die Geschichte des 9-jährigen Juniors, der gerne glatte Haare haben möchte. Dieser Wunsch wiederum bringt seine Mutter Marta auf die Palme. Dieser Film läuft am 18.04. um 18 Uhr.

Eine schrille, bunter Balkankomödie erwartet die Besucher am 18.04. um 21 Uhr. Jasmila Žbanić präsentiert mit „Love Island“ eine klassische Screwball Komödie über eine junge Familie im emotionalen Gefühlschaos.

Der letzte Film des Wettbewerbes wird am Sonntag um 16 Uhr gezeigt. „Frailer“ heißt das Werk von Mijke de Jong und ist eine dokumentarische Fiktion über Freundschaft und Tod. Muis erfährt, dass sie Lungenkrebs im Endstadium hat und versammelt ihre Freundinnen um sich. Der reale Hintergrund: Die tödlich erkrankte Schauspielerin Leonoor Pauw verkörperte bis zu ihrem Tod die Muis.

Vor zwei Jahren liefen die Filme des Regie-Wettbewerbes noch im Kino im U, jetzt sind sie wieder in der Schauburg zu sehen. „Das hat technische Gründe“, so Silke Räbiger. „Das Kino im U ist das einzige, dass alte Filme zeigen kann.“ Denn beim Internationalen Frauenfilmfestival gibt es das Sonderprogramm „Ruhr Lokal“. Hier laufen vom 15. bis 17. April Filme von Elisabeth Wilms und weitere Filme aus den 50er Jahren sowie aus Firmenarchiven.




Warum Kierkegaard auf Lionel Messi stolz gewesen wäre

Blanche (Marle Wasmuth) will Zauber und nicht die Realität. (Foto: © Birgit Hupfeld).
Blanche (Marle Wasmuth) will Zauber und nicht die Realität. (Foto: © Birgit Hupfeld).

Der ewige Kampf zwischen Individuum und Determinismus, er geht weiter. Das „Goldene Zeitalter“ geht in die zweite Runde mit dem Titel „The Return of das Goldene Zeitalter“ und sucht 100 neue Wege, dem Schicksal das Sorgerecht zu entziehen. Die Premiere fand am Freitag, dem 27. Februar im Dortmunder Schauspielhaus statt. Für die einen war es der zwölfte Versuch, für die anderen der erste der neuen Reihe.

Wer in der ersten Variante des „Goldenen Zeitalters“ dabei war, konnte sich auf ein Wiedersehen freuen mit der Raupe, Adam und Eva, dem Erklärbär, Kalaschnikowa und natürlich den Schulmädchen, die die Treppe heruntergingen. Auch das Konzept blieb gleich. Eine Szene wurde so lange wiederholt, bis der Regisseur Kay Voges neue Anweisungen gab. Auch hier war der Wiedererkennungseffekt groß, aber es wurden auch neue Szenen gespielt.

Wie es sich für eine gelungene Wiederholung gehört, spielen auch die gleichen Schauspieler wieder mit: Björn Gabriel, Caroline Hanke, Eva Verena Müller, Uwe Schmieder, Merle Wasmuth und Carlos Lobo. Lobo hatte zwei neue bemerkenswerte Auftritte: Zum einen spielte er einen sehr engagierten Brandschutzbeauftragten und einen weiteren Auftritt hatte er als eine Art spanischer Fußballkommentator.

Das neue „Goldene Zeitalter“ begann wie das alte: Schulmädchen, die mechanisch Treppen hinunterlaufen. Da ist das Grundmotiv des Stückes und wird wiederholt beziehungsweise variiert. Denn die Variation der Wiederholung ist das Prinzip des „Goldenen Zeitalters“.

Neben der Frage, kann ich als Individuum meinem Schicksal entkommen, ging es auch um die Frage des Urheberrechts. Passenderweise gab es vor kurzem eine Diskussion um die Inszenierung von Frank Castorfs „Baal“. Hier hatten die Brecht-Erben und der Suhrkamp-Verlag die weitere Aufführung untersagt, weil die Inszenierung Fremd-Texte enthielt. Obwohl Bertolt Brecht ironischerweise selbst gesagt habe: „Der Urheber ist belanglos. Er setzt sich durch, indem er verschwindet.“ So tauchte Brecht persönlich in einem Sarg auf und der Verlag Suhrkamp bekam ordentlich sein Fett weg („Mein Suhrkampf“).

Die Grenzen der Individualität wurde bei einer Szene besonders deutlich. Plötzlich kamen statt den Schulmädchen drei Burka-Träger(innen?). Durch die schwarze Uniformierung wurde das Individuelle komplett negiert. Ist jetzt ein Mann oder eine Frau hinter den schwarzen Tüchern? Angestimmt wurde das Kinderlied „Anders als du“. Es klang in meinen Ohren ironisch, vor allem wenn drei schwarze Gestalten „das macht das Leben eben bunt“ singen.

Kay Voges hatte auch jemanden mitgebracht. Die Figur „Blanche“ aus seiner Inszenierung „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams in Frankfurt. Merle Wasmuth spielte die Blanche in einem Südstaatenkostüm, das an „Vom Winde verweht“ erinnerte. Blanche, die wienerisch sprach, war eine Realitätsverweigerin, die statt dessen den Zauber wollte. Sie wirkt dabei so ähnlich wie Irina (Merle Wasmuth) bei Tschechows „Drei Schwestern“, die die Arbeit als Flucht aus ihrem langweiligen Leben benutzen will.

War der Ausschnitt aus Tschechows „Drei Schwestern“ in der ersten Inkarnation bereits dabei, hatte Carlos Lobo gleich zwei neue Rollen. Zunächst war er ein hessischer Feuerwehrmann, der sich in allen Einzelheiten um den Brandschutz kümmerte,

Danach kommentierte Lobo mit passendem spanischem Temparament zwei Tore.Hatte Kirkegaard mit seiner Wiederholung doch recht? Jedenfalls findet man Parallelen beim Fußball. Wie Maradona 1986 im WM-Viertelfinalspiel Argentinien gegen England lief der 19-jährige Messi bei Barças 5:2-Sieg im Pokalspiel des spanischen Pokals über den FC Getafe mit dem Ball über das halbe Spielfeld.

Ein besonderer Gast war an diesem Abend Morgan Moody. Der Opernsänger gab unter anderem „My Way“ in einer Verkleidung als Schlagerstar zum besten.

Ansonsten gab es viele Wiederholungen. Die Zombies mit Joghurt-Becher, Sisyphus, die Ouvertüre von Tannhäuser und ein nackter Uwe Schmieder, der durch die Zuschauerränge kroch.

Logischerweise war dieser Abend ein sehr starkes multimediales Ereignis. Für den Live-Sound sorgte Jan Voges, für die Videos war Daniel Hengst zuständig. Die Live-Musik zu dem Spektakel kam von Tommy Finke. Die sechs Schauspieler machten (fast) jede Regieanweisung mit, die Zuschauer merkten, dass das Ensemble mit Spielfreude bei der Sache war.

Es bleibt nur zu hoffen, dass das goldene Zeitalter nicht hinter uns liegt, sondern vor uns, um mit Heine zusprechen.

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Dortmunder U zieht positive Jahresbilanz

Was gibt es Neues im Dortmunder U 2015? Es berichteten (v.l.n.r.) Kurt Eichler (Geschäftsführer Kulturbetriebe), Angelika von Renteln (U_2 Kulturelle Bildung), Prof. Dr. Kurt Wettengl (Museum Ostwall)  und Barabara Wolf (Geschäftsführerin Hartware MedienKunstVerein).
Was gibt es Neues im Dortmunder U 2015? Es berichteten (v.l.n.r.) Kurt Eichler (Geschäftsführer Kulturbetriebe), Angelika von Renteln (U_2 Kulturelle Bildung), Prof. Dr. Kurt Wettengl (Museum Ostwall) und Barabara Wolf (Geschäftsführerin Hartware MedienKunstVerein).

Kurt Eichler, Geschäftsführer der Dortmunder Kulturbetriebe formuliert es bei der Pressekonferenz in der Mediathek auf der fünften Etage am 25. Februar 2015 so: „Das Dortmunder U ist ein kulturelles Zentrum mit inzwischen internationaler Ausstrahlung und eine Landmarke in unserer Region. Zudem ist es ein Symbol für den Strukturwandel in unserer Stadt. Die Besucherzahl ist im Jahr 2014 um 10 % gestiegen.“ 2014 wurden 122.679 Besuche im Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich registriert. Im Vergleich dazu 110.526 im Jahr 2013.

Sonderausstellungen im Ausland und im Gegenzug die vielen internationalen Fachbesucher und interessierten Gäste würden von der internationalen Ausstrahlungskraft des Dortmunder U zeugen, so Eichler weiter. „Konferenzen und die Möglichkeit zur Kooperationen mit verschiedenen Einrichtungen im In – und Ausland tun ihr übriges.“ Im Inland seien da nur die Kooperation mit der Technischen Universität Dortmund, dem Museum für Kunst-und Kulturgeschichte oder etwa mit dem Hartware MedienKunstVerein (HMKV) im Haus erwähnt.

Der HMKV hat in den letzten über acht Jahren eine Reihe von Ausstellungen. Performances, Workshops, Vorträge und Konferenzen in Dortmund und international verwirklicht. Besonders das von ihm initiierte „New Industries Festival“ im Jahr 2014 fand Beachtung. Weitere Sonderausstellungen wie „World of Matter“, „Jetzt helfe ich mir selbst“ oder die aktuellen „Bösen Clowns“ lockten das Publikum an.

Barbara Wolf, Geschäftsführerin des HMKV verriet Spannendes für das Jahr 2015: Mit „Das mechanische Corps. Auf den Spuren von Jules Verne“ zeigt der HMKV vom 11.04.2015 bis 12.07.2015 „die große faszinierende Mechanik“ des neunzehnten Jahrhunderts im Gegensatz zu unser schnelllebigen, oft „ miniaturisierten“ modernen Gesellschaft. Mit dem „Kitsch im Netz“ befasst sich vom 25. 07.2015 bis zum 27.09.2015 die „Digitale Folklore“.

Technisierung und der Automatisierung und den damit verbundenen Probleme stehen im Mittelpunkt der Ausstellung „eigenvalue.Technologie als handelndes Subjekt.“ (31.10.2015 bis 21.02 2016).

Die digitale Präsenz und Reichweite im Netz spielt eine wichtige Rolle bei dem Anliegen des Dortmunder U, vor allem auch die Kinder-und Jugendlichen an die Kunst und Kultur heranzuführen, zu interessieren und eine frühe Bindung an das Dortmunder U zu erreichen.

Als Schnittstelle für die Beteiligung von Kindern-und Jugendlichen an Kunst und Kultur hat die U2_Kulturelle Bildung mit seinen Workshops zu Fotografie, Film, Trickfilm, PC-Animationen und anderen Kursangeboten, Konferenzen und Ausstellungen einen große Bedeutung.

Bei „Young Dogs -Say what you are“ bekommen jungen Menschen, die am Journalismus und kreativer Arbeit mit Film Interesse haben, die Gelegenheit, sich auszuprobieren.

Auch das Projekt „Traumboot“ für Jugendliche im Museum Ostwall richtet sich mit Schulworkshop an diese Zielgruppe. „Mit den Flüchtlingsströmen aus Afrika hat das „Boot“ eine besondere Symbolkraft und bekommt eine politische, ethisch-sittliche Komponente“, erklärte der Leiter des Museum Ostwall, Prof. Dr. Kurt Wettengl.

Ein spezielles Programm für Kinder zwischen 3-5 Jahren gibt es am 18. 03.2015 auf dem Vorplatz des Dortmunder U. Kinder zeigen ihre Vorstellung von einer „Ausstellung für Tiere“.

Für das neue Jahr verriet Wettengel weiter: „Das MO gestaltet in diesem Jahr seine Sammlungspräsentation gleich zweimal um.“

Für die Ausstellung „Angenehmer Aufenthalt. Sammlung in Bewegung“, werden sechs Räume neu gestaltet. Im Mittelpunkt stehen Op-Art-Werke von VictorVasarely und Siebdrucke aus der „Marilyn“-Reihe von Andy Warhol. „Venus“-Figuren aus Schokoladenpapier von Fluxus-Künstler Al Hansen werden im Gedenken an seinen 20. Todestag aufgestellt.

Im Grafik-Kabinett sind Werke nonkonformistischer sowjetischer Künstler aus den 1960er Jahren zu bewundern. Im Herbst bezieht die Sammlungspräsentation die Ausstellung des MO-Kunstpreisträgers Ben Patterson im MO-_Schaufenster mit einer Performance des Künstlers zur Eröffnung ein.

Wettengl freut sich, dass die monatlich wechselnden Klangkunstarbeiten im Erker auf der Ebene U4 fortgesetzt werden, und wie im Fall von Florian Huttner (08.05.2015 bis 30.08.2015) sogar auf Radio 91.2 zu hören sein wird.

Eine U-Sonderausstellung vom 14.05.2015 bis 09.08.2015 zeigt über Meisterwerke von Caspar David Friedrich bis Max Beckmann. Kurator ist der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Dortmund Gerhard Langemeyer.

Der DEW21 Kunstreis 2015 (12-09.21015 bis18.10.2015) wird schon zum zehnten Mal ausgeschrieben.

Grund zur Freude haben Freunde des Bieres.

In der Sonderausstellung „Neu-Gold“ zum Jubiläum 500 Jahre Deutsches Reinheitsgebot wird das Publikum vom 27.11.2015 bis 01.05.2016 nicht nur viel über die Geschichte der Braukunst erfahren, sondern auch Gelegenheit zur Probe (und Kauf) selbst gebrauten Bieres bekommen.

Das Kino im U wird neben ihrem normalen Kinoprogramm auch einige Filmprogramme zu den Sonderausstellungen zeigen.

Darüber hinaus kann sich das Publikum in diesem Jahr wieder auf ein Sommerfest im U freuen.




Besuch aus der Zukunft

Lars Lienen (Kai) trifft seine Tochter Helen (Sandra Wickenburg) in der U-Bahn-Station. (Foto: © Theater im Depot)
Lars Lienen (Kai) trifft seine Tochter Helen (Sandra Wickenburg) in der U-Bahn-Station. (Foto: © Theater im Depot)

Skurrile Geschichte: Da verpasst Kai die letzte Bahn, muss also stundenlang in einer U-Bahn-Station ausharren, als er plötzlich Besuch bekommt. Es ist seine Tochter Helen. Aus der Zukunft. Mit dem Ziel, ihn zu töten und damit ihre Existenz auszulöschen. Doch aus einem geplanten Mord wird eine höchst ungewöhnliche Vater-Tochter-Geschichte, die im Stück „Die erste Bahn“ von Markus Veith erzählt wird. Es spielen Sandra Wickenburg und Lars Lienen. Premiere ist am 20. Februar 2015 im Theater im Depot.

Zeitreisen sind ein beliebtes Sujet in der Sciencefiction-Literatur und auch im Film wie beispielsweise beim „Terminator“ und bei „Zurück in die Zukunft“. Lassen wir das Zeitparadoxon auch „Großvaterparadoxon“ genannt mal außen vor, geht es bei „Die erste Bahn“ eher darum, dass jemand der Spiegel vorgehalten wird. Nach dem Motto: Schau mal, so wirst du in der Zukunft sein. Und das scheint nicht gerade das positivste Erscheinungsbild zu sein.

Wie geht die Geschichte weiter? In der ersten Bahn soll Kai die künftige Mutter von Helen kennenlernen. Aber im Verlauf des Stückes kommt Helen der Verdacht, dass sie vielleicht schon gezeugt wurde und daher zu spät kommt.

Neben der Premiere am 20. Februar um 20 Uhr wird das Stück noch am 07. März (20 Uhr) und am 29. März (18 Uhr) gezeigt.




Pannekopp-Orden 2015: Herzlichen Glückwunsch, Herr Lange!

Der „Pannekopp des Jahres“ ist gekürt. Dem Publikum auf Zeche und den Besuchern der Geierabend-Homepage fiel die Wahl anscheinend nicht schwer. Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange erhält den „Pannekopp-Orden“ für seinen Umgang mit der lokalen Nazi-Szene und deren Gegnern. Während der Session geriet Lange wiederholt in die öffentliche Kritik. Geierabend-Moderator Martin Kaysh alias „der Steiger“ witterte Manipulation: „Ein Kandidat, der während der laufenden Abstimmung derart auffällig mit weiteren ,Verdiensten‘ um den Orden buhlt, gehört eigentlich disqualifiziert.“ Ob Lange den 28,5 kg schweren Orden aus rostigem Stahlschrott tatsächlich persönlich entgegennehmen wird, bleibt abzuwarten.

Die Session 14/15 brachte für das Geierabend-Team rund 17.500 Zuschauer, 38 ausverkaufte Vorstellungen und eine Auslastung von 104 Prozent – mit diesen Zahlen endete der alternative Ruhrpott-Karneval Geierabend.




Geschichten mit Augenzwinkern

Am 25. Februar ist es wieder soweit. In einem leerstehenden Ladenlokal an der Oesterholzstraße 103 lädt der Autor, Regisseur und Schauspieler Rolf Dennemann um 18 Uhr zu seinen „Sprechstunden“ Hier können Bewohner zusammenkommen und erzählen, was es so zu erzählen gibt im Quartier. Die daraus entstehenden Geschichten nennt Dennemann „Borsig-Blinks“. Das Projekt wird organisiert von der Machbarschaft Borsig11 e.V. und der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft.

Im Mai soll dann ein Ergebnis vorliegen. Was daraus werden soll, erzählt uns Dennemann in einem Interview.

Ars tremonia: Was ist „Borsig-Blinks“ eigentlich?

Dennemann: Ich treffe hier Menschen, die mir ihre Geschichten erzählen. Nicht ihre Lebensgeschichten, sondern die aus ihrem Alltag. Das ist nicht einfach, denn viele Leute merken nicht, was sie an kleinen Geschichten so sehen und erleben.

Ich habe hin und wieder etwas über diese Gegend hier geschrieben, kleine kurze Texte, die ich „Blinks“ genannt habe. Es gibt keine direkte Übersetzung dafür. In etwa „Geschichten mit Augenzwinkern“, aus dem Alltäglichen, die dann etwas in Übertreibungen münden.

Wir richten daher „Sprechstunden“ ein. Eine habe ich schon gemacht, ab dem 15.02. gibt es jeden Sonntag um 18 Uhr in dem Ladenlokal in der Oesterholzstraße 103 Sprechstunden mit mir und Gästen.

Ars tremonia: Was sind das für Gäste?

Dennemann: Mit Gästen sind erst mal alle gemeint, die kommen, aber auch jemanden, den wir mitbringen. Prominent oder nicht prominent. Das muss sich herumsprechen. Wir brauchen natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein schwieriges Unterfangen in dieser Gegend. Es ist nicht so, dass jeden Sonntag ein Programm stattfindet. Das Programm ist die Sprechstunde. Man kann sich treffen und es wird einem zugehört.

Ars tremonia: Welche Geschichten sollen die Menschen denn erzählen?

Dennemann: Das weiß ich nicht. Das ist ja der Punkt. Manche fangen einfach an. Beim ersten Mal ging es von Hölzken auf Stöcksken. „Da war doch mal einer, der war obdachlos und ganz beliebt.“ Da sagt die nächste: „Ja, da hatte ich noch meinen kleinen Hund“ und dann muss ich schauen, wie ich aus den ganz kleinen Abrissen meine Texte mache, die durch meine Art und Weise überhöht werden, so dass sie nichts mehr damit zu tun haben, was ich gehört habe. Ich kann mir auch vorstellen, einen Sonntag die Leute einfach meckern zu lassen. Darüber hinaus planen wir auch, eine Art Bürgertalkshow zu machen, weil das Format bekannt ist und wir über diese Talkshow mit den Leuten ins Gespräch kommen.

Daneben wird es einen weiteren, kleineren Kreis von Menschen geben, die sich anmelden. Mit denen werde ich mich woanders treffen und können mit den Geschichten tiefer gehen.

Ars tremonia: Was soll aus dem Projekt entstehen?

Dennemann: Das Programm endet im Mai. Es gibt eine Art Ziel, ich will mir nicht ein Resultat setzen und muss dann darauf hinarbeiten. Ich kenne kein Ergebnis und bin gespannt, wie sich das zusammenpuzzelt.

Die Geschichten, die ich sammele, könnten am Ende eine Art Drehbuch ergeben. Das ist das ehrgeizigste Ziel. Das ist nah an den Leuten. So kann ich ihnen vermitteln, wie kommt eine reale Szene in einen Film.

Ars tremonia: Haben Sie keine Angst, dass Nörgler und Besserwisser in die Sprechstunde kommen

Dennemann: Man muss den Leuten immer wieder klarmachen, dass wir das mit einem Augenzwinkern betrachten. Manche Leute muss man auch bremsen.