Theaterstück um soziale Gerechtigkeit und Haltung
Im Studio des
Dortmunder Schauspiels hatte am 12.10.2018 „Everything belongs to
the Future“ von der feministischen Autorin und Journalistin Laurie
Penny unter der Regie von Laura N. Junghanns seine Premiere. Vier
Schauspiel-Studierenden der Kunstuniversität aus Graz stellten sich
mit diesem Stück im Rahmen ihres einjährigen Aufenthalts in
Dortmund als erste Gruppe des neu am Schauspiel Dortmund beheimateten
Schauspielstudio als Teil des Ensembles vor.
Die jungen
Studierenden hatten sich mit Laurie Pennys bissig-wütend und
nachdenklicher Novelle einen aktuell brisanten und schweren Stoff
vorgenommen. Das Stück ist in einer dystopischen Gesellschaft der
Zukunft im Jahr 2098 in Großbritannien (Oxford) angesiedelt.
Zeit ist zum
Luxusgut geworden, das sich eine Elite von Reichen und
Hochqualifizierten dank der blauen Pille „The Fix“ leisten
können. Vor Jahren unter anderem von dem Wissenschaftler Dave
entwickelt, einem inzwischen achtundneunzig jährigen im Körper
eines fünfundzwanzig jährigen Mannes. Nur 1% können sich den Luxus
leisten, während der Rest in immer prekärer werdenden
Lebensverhältnissen vor sich hin vegetieren und unablässig altern.
Eine Gruppe, die gemeinsam in einer heruntergekommenen
Wohngemeinschaft leben, versuchen sich entgegen zu stellen und planen
die Revolte. Zunächst mit Hilfe von Dave, der ein Generikum von „The
Fix“ für alle Menschen entwickeln will. Die Situation spitzt sich
zu, und die verschiedenen Personen müssen sich entscheiden und
Haltung zeigen. Wem kann man trauen?…
Die zwei Welten
wurden in der Inszenierung sichtbar getrennt. Die Umgebung im
Vordergrund im Gefängnis oder der Wohngemeinschaft wurde eher
schäbig und düster mit entsprechendem Mobiliar dargestellt. Im
Hintergrund war eine Fläche mit drei Räumen zu sehen. Durch
Glasfenster war es dem Publikum erlaubt, in die Welt der Eliten
(Universität Oxford, Apotheke Pharmazeuten)) u hinein zu blicken. Im
Mittelbereich war durch eine Art Guckloch -symbolhaft – eine größere
armlose Büste von Aphrodite (Göttin der Schönheit), um die herum
die blauen „The Fix“-Pillen kreisend projiziert wurden.
Auf die Künstler
und Bediensteten, die bei der jährlichen Immatrikulations-Feier für
die neuen Studenten dabei sind, wird von den Herrschenden herab
gesehen. Sie sind für sie nur schmückendes Beiwerk. Parker, einer
der Professoren und Pharmazeut, spricht hochmütig zu der kommenden
Elite. Kevin Wilke füllt die Rolle des Macht bewussten und
arroganten Parker stark aus.
Die Geschichte wird
in Rückblicken erzählt. Die junge Nina, enthusiastisch gespielt von
Bérénice
Brause, erzählt am Anfang ihre Geschichte in Gefangenschaft. Sie ist
diejenige aus der Widerstandsgruppe, die ihre „Ideale“ bis zum
Ende am konsequentesten verteidigt. Aus
Solidarität mit der
armen Bevölkerung nimmt
sie bis zum Schluss die
„Wunderpille“ nicht.
Soziale Gerechtigkeit und
gleiche Chancen für alle sind der Maßstab. In
einem Spiegel hinter ihr kann das Publikum ihren Alterungsprozess,
auch bitter enttäuscht von den „Verrätern“, an einer Projektion
verfolgen.

Ihr
Freund
Alex, gespielt von Mario Lopatta, steht etwas unsicher
zwischen den Welten. Eigentlich
auf der Seite des Widerstand, ist er aber auch frustriert durch den
jahrelangen erfolglosen Kampf und eher pessimistisch. Das private
Glück mit Nina ist ihm zunächst einmal am Wichtigsten. Um
es nicht zu gefährden, lässt er sich mit schlechtem Gewissen von
der Gegenseite bestechen. Die
innere Zerrissenheit wird von dem jungen Schauspieler glaubhaft auf
die Bühne gebracht.
Als
Entwickler von „The Fix“ hat Dave, sensibel gespielt von Frieder
Langenberger, in mehrfacher Hinsicht ein schlechtes Gewissen und
will seiner Verantwortung für die Menschen gerecht werden.
Besonders
schmerzt ihn, dass der an der Entwicklung beteiligte Freund und
Kollege, von den Herrschenden vernichtet und totgeschwiegen wurde.
Die
experimentelle elektronische Musik von der Künstlerin Sonae fügte
sich wunderbar in das geschehen ein.
Gerechtigkeit,
die Rolle des Alterns in der Gesellschaft oder die Aufgabe von Kunst
und Kultur sind Angesprochene Themen in der Aufführung.
Die
Inszenierung verzichtet
auf einseitige Zuweisungen von „gut und böse“. Die Charaktere
werden in ihren Konflikten und in ihrer Zerrissenheit und in den
gesellschaftlichen Rollen gezeigt. . Es bleibt ( nicht nur) der
Jugend überlassen, sich sozialen
Ungerechtigkeiten entgegen zu stellen und sie trotz aller negativen
Erfahrungen und Schwierigkeiten nicht nur hilflos zu akzeptieren.
Informationen
zu weiteren Aufführungsterminen
erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de
oder
Tel.: 0231/ 50 27 222.