Abschieds-Sinfonie von Gustav Mahler zum Spielzeitende

Wie schon im vergangenem Jahr beendeten die Dortmunder Philharmoniker
unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz die
Spielzeit 2018/2019 mit einem großen Werk eines bedeutenden
Komponisten.

Auf dem Programm mit
dem Titel „Ewige Heimkehr“ stand die 9. Sinfonie D-Dur von Gustav
Mahler (1860-1911). Eine musikalisch wegweisende Sinfonie von großer
emotionaler Kraft. Das Werk ist streng genommen eigentlich keine
Sinfonie in D-Dur, denn im vierten und letzten Satz findet ein
Wechsel nach Des-Dur und somit eine bewusste musikalische
Abwärtsbewegung zum Ende hin statt.

Abschied spielt
allen vier Sätzen eine entscheidende Rolle

Das Besondere dieser
9. und letzten vollendeten Sinfonie ist aber die parallelen Krisen im
Privatleben des Komponisten und die gesellschaftlichen Umbrüche
wenige Jahre vor dem drohenden Ersten Weltkrieg (1914 -1918). In
seinem persönlichen Schicksalsjahr 1907 verstarb Mahlers Tochter
Maria Anna mit nur vier Jahren an einer
Scharlach-Diphterie-Erkrankung und seine Ehe ging nach und nach in
die Brüche. Als ein Arzt bei dem Komponisten auch noch einen
schweren Herzklappenfehler diagnostiziert wird klar, dass ihm nicht
mehr viel Lebens- und Schaffenszeit bleibt. Hin und her gerissen
zwischen Depression und Phasen voll Lebenshunger und Freude,
komponierte er rastlos.

In seiner 9.
Sinfonie spiegelt sich der wehmütige Blick auf eine vergangene
Epoche und das Wissen um die Endlichkeit einerseits, und das
musikalische, fast trotzige Aufbäumen auf der anderen Seite.
Entgegen der Tradition sind bei dieser Sinfonie der Anfang und
Endsatz langsam angesetzt, während die beiden Mittelsätze im
schnellen Tempo komponiert. Mahler verfolgt auch hier sein Motto, mit
allen vorhandenen technischen Mitteln musikalische eine Welt
aufzubauen.

Gabriel Feltz dirigierte die Dortmunder Philharmoniker gewohnt energiegeladen durch Mahlers 9. Sinfonie. (Foto: © Anneliese Schürer)
Gabriel Feltz dirigierte die Dortmunder Philharmoniker gewohnt energiegeladen durch Mahlers 9. Sinfonie. (Foto: © Anneliese Schürer)

Schon der erste Satz
lebt von seinen krassen dynamischen Gegensätzen. Nach einem leisen
Anfang fast aus dem Nichts, kommt es nach einer längeren
Piano-Passage gleich zweimal zu einem großen und wütenden
Orchester-Ausbruch. Die kurzen Passagen mit Abbrüchen und
Dissonanzen, dem Auf-und Ab, sind Sinnbildhaft für den sehnsüchtigen
Blick auf das bisherige Leben und Natur und das verzweifelte
Aufbäumen gegen dessen Vergänglichkeit und dem Ende.

Lebendige
Mittelsätze

Es folgen zwei
furiose und lebendige Mittelsätze, wobei der zweite Satz als ein
Tanzsatz „Im Tempo eines gemächlichen Ländlers“ zunächst
unbeschwert konzipiert wurde. Besonders die zweite Geige strahlte
behagliche Gemütlichkeit aus, um dann mit einem zweiten wilderen
Tanz in den dritten Satz über zu leiten, bei der zu Beginn die Oboe
für idyllische Gelassenheit sorgt. Doch nur für kurze Zeit, um sich
dann allmählich furioser und doppelbödiger zu entwickeln. Der
dritte Satz folgt als eine trotzige Rondo-Burleske, um in rasant
wechselnden Besetzungen voran zu preschen. Nach einem nur vorläufigen
elegischem Mittelteil kehrt die Musik zu einer beinah grimmigen und
verbissenen Rekapitulation des Anfangs zurück.

4. Satz –
Sehnsuchtsvoller Rückblick

Der vierte Satz ist
ein sehnsuchtsvoller Rückblick durch eine elegische weit gestreckte
Melodie der Streicher eingeführt. Mit dem Wechsel zu Des-Dur findet
nicht nur eine Stimmungsänderung mit der Halbton-Vertiefung im
Gegensatz zum Anfang statt, sondern auch eine bemerkenswerte
musikalische Abwärtsbewegung. Üblicherweise findet in der
Musikgeschichte am Ende einer Sinfonie eine Aufhellung statt. Doch
bei Mahler stirbt die Musik nach einem letzten Tutti-Ausbruch ganz
langsam wie das Leben.

Die Dortmunder
Philharmoniker meisterte die große Herausforderung dieser Sinfonie
zusammen mit ihrem Dirigenten mit Bravur und viel Sensibilität und
Temperament.

Abschied nehmen hieß
es auch von dem langjährigen ersten Bratschisten Roman Nowicki als
wichtigen Bestandteil der hiesigen Philharmoniker.