Jedes Wesen ist besonders und anders

Im Rahmen des Kinder- und Familientheaterprogramms KIDZ IM BIZZ feiert am Sonntag, den 18. Mai 2025, um 15:00 Uhr das Stück „Irgendwie Anders“ (empfohlen ab 4 Jahren) im Theater Fletch Bizzel Dortmund Premiere.

Als Vorlage dient das englische Kinderbuch Something Else (1998) von Kathryn Cave mit Illustrationen von Chris Riddell, das in deutscher Sprache im Friedrich Oetinger Verlag erschienen ist. Die Bühnenfassung bringt die Geschichte liebevoll für junges Publikum auf die Bühne.

Erzählt wird die Geschichte eines kleinen Wesens, das abgeschieden in einem Häuschen auf einem Berg lebt. Es unterscheidet sich deutlich von den anderen Bewohner:innen des Dorfes – und wird trotz aller Bemühungen, dazuzugehören, ausgegrenzt. Eines Tages jedoch klopft ein seltsam quirliges Etwas an die Tür und behauptet, ihm ähnlich zu sein…

Dzaklin Radojčić (links) und Christiane Wilke bei der Probe zu "Irgendwie anders". (Foto: (C) Bianca Breuer)
Dzaklin Radojčić (links) und Christiane Wilke bei der Probe zu „Irgendwie anders“. (Foto: (C) Bianca Breuer)

Es ist ein berührendes Abenteuer über Akzeptanz, Freundschaft und die Botschaft, dass wir alle auf unsere eigene Weise besonders sind.

Christiane Wilke übernimmt die Rolle der Dorfbewohner:innen sowie des „anderen Etwas“, während Sandra Schmitz (bekannt vom Geierabend) das Wesen „Irgendwie Anders“ spielt. Bei der Schülergruppen-Vorstellung am Dienstag, den 20. Mai 2025, um 10:00 Uhr, wird Dzaklin Radojčić diese Rolle übernehmen.

Die beiden Hauptfiguren erscheinen übrigens auch als liebevoll gestaltete Puppen auf der Bühne. Für die Kostüme zeichnet Anna Hörling verantwortlich. Das Bühnenbild orientiert sich eng an der Bildsprache des Kinderbuches.

Das Stück enthält fünf eigens komponierte Lieder – zum Abschluss ist sogar ein gemeinsames Singen geplant. Darüber hinaus ist die Produktion einer speziellen Musik-Kassette zum Stück in Planung.

Weitere Informationen unter: www.fletch-bizzel.de

 




Neun Anti-Heldinnen reißen das Theater Dortmund ab

Am 10. Mai feiert die Gruppe „i can be your translator“ Premiere auf der Bühne des Theater Dortmund. Anlässlich des geplanten Umzugs des Theaters in eine andere Spielstätte zum Ende des Sommers, lädt die seit zwei Jahren am Haus gastierende Gruppe das Publikum zu einem „Abriss!“.

Gemeinsam mit dem Publikum finden sich die Performenden auf der Bühne selbst ein, um die Frage zu verhandeln, was eigentlich genau abgerissen werden soll. Dafür treten sie eine klassische Held:innen-Reise an, die ziemlich unklassisch endet. Doch bevor es losgeht, werden die Besucher:innen erstmal gebrieft. Es handele sich um eine Relaxed-Performance, bei der Geräusche und bei Bedarf das Verlassen und Betreten des Raumes erlaubt seien. Außerdem werden die lauteste, hellste und dunkelste Stelle im Stück vorangekündigt. Hier äußert sich der erste Abriss klassischer Theaterformen: Statt das Publikum chronologisch in die Illusion der Geschichte einzuführen, wird der Ablauf und das zu erwartende Ende transparent gemacht und somit auf diverse neurodivergente Voraussetzungen im Publikum eingegangen.

In einer humoristischen Kurz-Zusammenfassung fächert das mixed-abled Ensemble dem Publikum zunächst eine Bandbreite von Held:innen-Geschichten auf: Pippi Langstrumpf, Indiana Jones, Rapunzel, Harry Potter, Tiger & Bär, Dune, Käpt’n Blaubär… und so weiter und so fort. Schnell wird klar, dass sie alle nach ähnlichem Muster funktionieren. Also muss eine neue Geschichte her! Dazu werden die neuen Held:innen gerufen und in einer Art Initiationsritual begrüßt. Der Performer Christian Schöttelndreier aka Schotti tritt mit einer leuchtenden Neon-Röhre auf, die an etwas zwischen Laserschwert und futuristischem Brennstab erinnert. Aufwändig und mit größter Sorgfalt wird die Röhre in eine von vier großen Säulen à la Atommülleimer (Bühne: Birk-André Hildebrandt) eingesetzt und schon geht es los: Eine Dreh-Plattform transformiert sich zur Bühne auf der Bühne und die Performer:innen formieren sich zu einer Band. Begleitet vom Musiker Christian Fleck, der an einem massiv verkabelten Musiktisch thront, und verschiedenen Instrumenten – darunter die für die Gruppe charakteristischen (diesmal neonfarbigen) Blockflöten – spielen sie „I need a hero“ von Bonnie Tyler.

Das Ensemble von "Abriss". (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Das Ensemble von „Abriss“. (Foto: (c) Birgit Hupfeld)

Mit viel Witz und Leichtigkeit nähern sich die Performenden nun ihrem eigenen Held:innentum. In futuristischen Kutten (Kostüm: Renè Neumann) durchlaufen sie ein Reenactment des populären Heldenepos „Herr der Ringe“. Dabei führt die Zuordnung der Rollen die vermeintlich ehrbaren Eigenschaften der Figuren liebevoll ad absurdum. Während die größte Performerin den Zwerg Gimli mimt, präsentiert Schotti dem Publikum als Legolas seinen pfeilschnellen Bogenschuss in gefühlten 10 Minuten. Das Spiel mit Asynchronitäten und ungewohnten Geschwindigkeiten kommt an diesem Abend nicht nur ein Mal zum Einsatz und führt dem Publikum mit einem Augenzwinkern vor, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von Zeit sein kann.

Auf der weiteren Reise changieren die Erzählungen des Ensembles zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, wenn sie von Ungerechtigkeiten, Defiziten, Gewalt, Diskriminierung und Barrieren erzählen. Die Performerin Anna Reizbikh tritt mit ihrem Rollstuhl den beschwerlichen Weg an von der Bühne, über den Hinterausgang raus, um das Gebäude herum, hinein in das Foyer des Theaters, mit dem Aufzug hinauf und rein in den Publikumsraum. In dieser Szene trifft die Bitterkeit der Realität von Menschen, die solche Barrieren tagtäglich überwinden müssen, auf schwarzen Humor. Die persönliche „Reise zum Mond“ wird abgerundet mit einer Gesangseinlage und weiteren Geschichten rund um grundlegende Probleme in unserer Gesellschaft: von der Unterversorgung im Gesundheitswesen, struktureller Diskriminierung und alltäglichen Gewalterfahrungen enden „i can be your translator“ bei der Erkenntnis, dass es all diese Probleme abzureißen gilt, um die Welt besser zu machen!

Symbolträchtig beschließen sie das Theater in seinen Grundfesten zu erschüttern und es mit einem Hammer und einem Dynamitzünder zu zerstören. Stellvertretend für das marode Schulsystem, den zu früh abfahrenden Zug, das Ehegattensplitting, die Prokrastination, zahllose Treppen und ständigen Harndrang hält der Bühnenboden für die Zerstörungslust der Gruppe her. Dabei wird Linda Fisahn mit einem chorischen „Wir bitten dich, zerstöre es!“ ekstatisch angefeuert. Nach diesem euphorischen Ritus, der Funken von Pyrotechnik und ein Loch im Bühnenboden hervorbringt, steht das Theater zwar immer noch in seinen Grundfesten, doch der Akt hat eine befreiende Wirkung.

Jetzt sind der Phantasie keine Grenzen mehr gesetzt, wie die Geschichten sich ändern müssten, damit sie die Welt verbessern, statt ihre Probleme zu verschärfen. Dabei bleibt eine Traurigkeit über den Abschied von einst geliebten Epen und Heroen (Stichwort: Darth Vader als faschistischer Massenmörder) nicht aus. Außerdem herrscht Uneinigkeit im Held:innenkollektiv darüber, wie genau die Wirkkraft der Geschichten umgekehrt werden kann. Brauchen unsere Geschichten mehr Tiefe, mehr Fokus auf das Individuum oder doch einfach nur mehrstimmige Lieder? Die Frage bleibt unbeantwortet und ein letzter Wunsch steht im Raum: Dass am Ende dieser Geschichte ein Zaubertrick steht. Doch wie der genau aussieht? Wer weiß…

 

 

Mit: Lis-Marie Diehl, Linda Fisahn, Christian Fleck , Ekkehard Freye, Julia Hülsken, Marlena Keil, Anna Reizbikh, Christoph Rodatz, Christian Schöttelndreier, Laurens Wältken




TOMORROW KIOSK – Ein Raum für Erinnerungen, Visionen und Begegnung

Was passiert mit einer Theatergruppe, wenn sie ihren Theaterraum verliert? Sie schafft sich einen neuen. Der TOMORROW KIOSK ist das neue Zuhause des Transnationalen Ensemble Labsa. Am 10. Mai 2025 bezog Labsa symbolisch diesen Raum im Theater im Depot.

Der Umgang mit Verlust ist den Ensemblemitgliedern vertraut. Doch statt sich zurückzuziehen, kommen sie zusammen – um Erinnerung, Gegenwart und Zukunft in kollektiver Präsenz lebendig werden zu lassen. Im TOMORROW KIOSK entstand so ein Ort der Begegnung, gefüllt mit Essen und Trinken, Performance, Musik und Tanz.

Der "Tommorow Kiosk" von Labsa öffnete für einen Abend im Theater im Depot. (Foto: (c) Labsa)
Der „Tommorow Kiosk“ von Labsa öffnete für einen Abend im Theater im Depot. (Foto: (c) Labsa)

Da Labsa zur Eröffnung der aktuellen Ausstellung „Am Tisch“ im Museum Ostwall eine Performance beigesteuert hatte, stand auch an diesem Abend das Thema Essen im Mittelpunkt. In verschiedenen Szenen wurde dieses Thema kreativ aufgegriffen: mit überdimensionalen Löffeln, einer Prise Zirkusatmosphäre (inklusive einer „zersägten Jungfrau“) und tänzerischen Einlagen – sogar ein chinesischer (?) Drache tanzte mit. Den Abschluss bildete ein gemeinsames Essen, das den Abend sinnlich und gemeinschaftlich abrundete.