Muster, die unser Leben bestimmen – Eine internationale Gruppenausstellung im Dortmunder U

Auf Ebene 3 im Dortmunder U, der Heimat des HMKV (Hartware MedienKunstVerein), können Besucher*innen vom 15. März bis zum 27. Juli 2025 die internationale Gruppenausstellung „Holding Pattern – Warteschleifen und andere Loops“ erleben.

Die Idee zur Ausstellung entstand aus einer Einladung der Autorin und Kuratorin Anne Hilde Neset an den aus Schottland stammenden, inzwischen in Berlin lebenden, preisgekrönten Schriftsteller Tom McCarthy. Ziel war es, die Themen seiner Bücher durch zeitgenössische Kunst zu vertiefen.

Die Ausstellung, die erstmals 2022 in Oslo präsentiert wurde, beschäftigt sich mit Bewegungsmustern, Loops und anderen Wiederholungen, die unseren Alltag bestimmen. Welche Muster prägen unser Leben, und wie sind sie mit (moderner) Technologie verwoben? Wie können diese durch Kunst – sei es Literatur, Film oder Musik – sichtbar gemacht, hörbar, lesbar und hinterfragt werden?

In ihren künstlerischen Positionen setzen sich sieben internationale Künstler*innen auf ganz eigene Weise mit diesen Fragen auseinander.

Stefan Panhans & Andrea Winkler, Installation view »Freeroam À Rebours Mod#I.1 – All Choices All Endings II« (2025) ©PanhansWinkler
Stefan Panhans & Andrea Winkler, Installation view »Freeroam À Rebours Mod#I.1 – All Choices All Endings II« (2025) ©PanhansWinkler

Zu sehen sind unter anderem folgende Werke:

  • „Luanda-Kinshasa“ (2023) von Stan Douglas (Kanada): Diese einkanalige Videoprojektion (6 Std., 1 Min., Loop) zeigt eine imaginäre Jamsession in einem legendären New Yorker Tonstudio. Musikerinnen und Tontechnikerinnen mit Bezug zur politischen Geschichte der Schwarzen Bevölkerung erschaffen ohne Worte eine Musik, die einen Sog und eine eigene Dynamik entwickelt.
  • „SLOW DANS“ von Elizabeth Price: Zwei Filme der zyklischen Mehrkanal-Trilogie – „KOHL“ und „TEACHER“ – verweben Bergbau, Datenspeicherung und ein geheimnisvolles Untergrundritual zu einer fiktiven Geschichte. Prices Werk „FOOTNOTES“ (2020) greift diese Themen auf und kommentiert sie.
  • „Exploration“ (2007): Diese 12-Kanal-Arbeit macht physische, soziale, Sicherheits- und Übertragungsmuster, die das Endspiel der Fußball-WM 2006 geprägt haben, in ihrer Gleichzeitigkeit spürbar.
  • „Freeroam – Version All Choices All Endings“ (2025) von Stefan Panhans und Andrea Winkler: Diese Installation ermöglicht es Computerspielfans, die Umgebungen von Spielen wie „Grand Theft Auto“ zu erkunden. Es wird zwischen realen Schauspieler*innen und digitalen Avataren hin- und hergeschaltet. Dabei treten reale Menschen in einen Dialog miteinander, indem sie die Fehler und Unzulänglichkeiten der Spielesoftware offenlegen. Im Raum sind zudem Utensilien der Massenkontrolle verteilt.
  • „Ambient Air“ (2021) von Susan Philipsz: Diese Arbeit zeichnet ein Warteschleifenmuster mit einem Kleinflugzeug in den Berliner Himmel, kurz nach der Schließung des Flughafens Tegel. Dabei summt Philipsz die Melodie von Brian Enos „Music for Airports“, die über den Funkturm an die Beschallungsanlage des Flughafens übertragen wird.
  • „igevär“ (1963, dt.: „zu den Waffen“) von Ăke Hodell (Norwegen): Dieses bahnbrechende Werk dekonstruiert durch die wiederholte Darstellung des titelgebenden militärischen Befehlswortes in einem kleinen Notizblock die militärische Formationssprache und deutet gleichzeitig emanzipatorische Aufrufe an.

Begleitprogramm

Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen, Künstler*innengesprächen, Buchpräsentationen, Konzerten, Workshops und Film-Screenings.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.hmkv.de/ausstellungen/ausstellungen-detail/Holding_Pattern_Warteschleifen_und_andere_Loops.html




Ein eindrucksvolles Barockerlebnis im Reinoldihaus

Am 12.03.2025 kamen Fans der Barockmusik beim Oratorium in zwei Teilen (Rom 1707) mit dem Titel „La Bellezza ravveduta nel trionfo del Tempo e del Disinganno, HWV 46a“ von Georg Friedrich Händel voll auf ihre Kosten.

Für das Konzert im Rahmen des KLANGVOKAL Musikfestivals Dortmund wurde das renommierte belgische B’Rock Orchestra unter der Leitung von René Jacobs, einem der prägendsten Interpreten der Alten Musik, gewonnen. Zu den Instrumenten des Orchesters gehörten typische Klangkörper aus der Barockzeit, wie etwa das Cembalo. Hochkarätige Sänger*innen wie die Sopranistinnen Sunhae Im (Schönheit) und Kateryna Kasper (Vergnügen), der Countertenor Paul Figuier (Erkenntnis) sowie der Tenor Thomas Walker (Zeit) sorgten für ein eindringliches Musikerlebnis.

In einer klassischen Abfolge von Rezitativen und anspruchsvollen Arien hat Händel die Handlung zu einem „religiös-moralisierenden“ Oratorium vertont. Das Libretto stammte von Kardinal Benedetto Pamphilj.

Virtuosität und tiefgründige Symbolik

Die Partitur stellte nicht nur für das sensibel begleitende Orchester eine Herausforderung dar, sondern auch für die Singenden auf der Bühne. Besonders die Figur des Piacere (Vergnügen) verlangte eine Musik voller halsbrecherischer Koloraturen. Der ukrainisch-deutschen Sopranistin Kateryna Kasper gelang dies kraftvoll und scheinbar mühelos. Symbolisch für die Eitelkeit stand zudem die Virtuosität der Instrumentalist*innen des Orchesters.

Barockes Highlight unter der Leitung von René Jacobs. (Foto: Fiona Bischof)
Barockes Highlight unter der Leitung von René Jacobs. (Foto: Fiona Bischof)

Im Mittelpunkt der Handlung stand die Wandlung der Bellezza (Schönheit) von der sinnlichen Liebe (verkörpert durch das Vergnügen) zur geistigen Liebe (Erkenntnis). Zeit und Vergänglichkeit spielten ebenfalls eine bedeutende Rolle.

Ein musikalisches Highlight bildete das spezielle Concerto für Orgel und Streicher, das im ersten Teil bei Bellezzas Eintritt in den Palast als Zeichen des Vergnügens erklang. Am Ende, während ihrer schlicht gehaltenen Schlussarie in E-Dur – als Symbol des Himmels –, gesellte sich eine zusätzliche Violinenstimme hinzu.

Nicht nur großartige Stimmen waren zu hören, sondern es wurde auch viel mit Mimik und Gesten gearbeitet, was die Aufführung besonders lebendig machte.

Interessanterweise hat Händel in seinem ersten Oratorium geschickt seine bekannte Arie „Lascia la spina“ aus der später entstandenen Oper Rinaldo eingearbeitet.

An diesem Abend hatten die Musiker*innen an ihren Soloinstrumenten mehrfach Gelegenheit, ihr virtuoses Können unter Beweis zu stellen.




Philharmonisches Konzert entführt in mythische Nachtwelten

Mit der Sinfonie Nr. 7 von Gustav Mahler (1860–1911) fand am 11./12.03.25 ein großer Mahler-Zyklus im hiesigen Konzerthaus seinen gebührenden Abschluss. Es war ein bedeutender Schwerpunkt im über ein Jahrzehnt andauernden Wirken von GMD Gabriel Feltz bei den Dortmunder Philharmonikern.

Bereits einmal wegen der Corona-Pandemie verschoben, konnte dem Publikum nun doch noch dieses kolossale Werk mit großer Orchesterbesetzung dargeboten werden. Es zeichnet sich durch musikalische Vielfalt, Variationsreichtum und ein gezieltes Changieren zwischen den Tonarten aus. Dramatisch aufbrausende, geheimnisvolle und feierlich leise Passagen wechseln sich in den fünf Sätzen ab.

Die besondere Rolle der Nachtmusiken

Die Besonderheit dieser Sinfonie liegt in den beiden „Nachtmusik“-Binnensätzen, die geschickt über ein Scherzo mit unheimlichem Charakter im Wechsel von Dur und Moll verbunden werden.

Mahler führt uns in eine ganz eigene, mythisch-märchenhafte Nachtwelt mit all ihren musikalisch fühlbaren Geräuschen. Oft düster, entfaltet sich eine abwechslungsreiche Wanderung durch die „Musik der Nacht“, in der der Mensch mit dem Unbegrenzten und Erhabenen konfrontiert wird. Musik als Kunst der Nacht sowie als Schutz vor den Ängsten in der Dunkelheit spielen dabei ebenfalls eine Rolle.

GMD Gabriel Feltz dirigierte die 7. Sinfonie von Gustav Mahler (Foto: (C) Liudmila Jeremis)
GMD Gabriel Feltz dirigierte die 7. Sinfonie von Gustav Mahler (Foto: (C) Liudmila Jeremis)

Schon der erste, stark zerklüftete Satz beginnt furios mit einem marschartigen Rhythmus. Hierfür wählte der Komponist ein Tenorhorn – ein für den Einsatz in einem Symphonieorchester eher unübliches Instrument. Wie Mahler selbst vor seinem Tod gesagt haben soll: „Hier röhrt die Natur.“ Danach entwickelt sich durch die Verschiebung des Themas nach Es-Dur eine Art Choral und feierliche Stimmung, die von Harfen- und Mandolinenklängen unterstützt wird. Die beiden „Nachtmusiken“ mit ihrem leichten Serenadencharakter werden durch das Scherzo zu einem musikalischen Block verbunden. Jeder einzelne Satz wirkt dabei wie ein eigenes Universum.

Im optimistisch-euphorischen Finalsatz geht es temperamentvoll zu. Als Rondo angelegt, mit siebenfach wiederkehrendem Ritornell, wird er feierlich mit dem choralartigen Einsatz der Blechbläser eröffnet, den die Streicher weiterführen. Der Satz führt die Zuhörenden ins Helle – man könnte sich auf einer in leuchtendes Himmelblau getauchten Festwiese wähnen.

Ein grandioses musikalisches Finale.