Klangvokal Musikfestival mit glanzvoller Operngala
In diesem Jahr musste das Klangvokal Musikfestival-Team in Dortmund für die beliebte Operngala am 30.05.2024 kurzfristig umdisponieren. Die beiden vorgesehenen Opernsängerinnen hatten aus persönlichen Gründen oder krankheitsbedingt abgesagt.
Mit Hilfe des italienischen Dirigenten Lorenzo Passerini konnte jedoch hochkarätiger Ersatz für einen speziellen italienischen Opernabend gewonnen werden: die Sopranistin Pretty Yende aus Südafrika und der Bariton Artur Ruciński. Die Neue Philharmonie Westfalen sorgte als Orchester unter der temperamentvollen Leitung Passerinis für eine professionelle musikalische Begleitung.
Pretty Yende und Artur Ruciński sorgten mit der Neuen Philharmonie Westfalen für einen gelungen Opernabend beim Festival Klangvokal. (Foto: Bülent Kirschbaum)
Nach der feierlichen Ouvertüre von Giuseppe Verdis (1813-1901) Oper „Nabucco“ begeisterten Yende und Ruciński das Publikum im Dortmunder Konzerthaus mit Arien und einem Duett aus Verdis „La Traviata“. Ihre kraftvoll-warmen Stimmen brachten die unterschiedlichen Stimmungen, von melancholisch-tragisch bis zu dramatisch steigender Intensität, wunderbar zur Geltung.
Die gesangstechnischen Herausforderungen meisterten sie auch nach der Pause bei den folgenden Arien und Duetten aus Vincenzo Bellinis (1801-1835) Oper „Norma“ sowie Gaetano Donizettis (1797-1848) „Lucia di Lammermoor“ mit scheinbarer Leichtigkeit. Das galt auch für anspruchsvollste Koloraturen, die die Sopranistin locker bewältigte.
Freunde der italienischen Oper kamen an diesem Abend voll auf ihre Kosten, und die Akteure wurden mit starkem Applaus für ihre Leistung belohnt.
Als humorvolle Zugabe gab es zum Schluss noch die italienische Fassung von Mozarts „Don Giovanni“ mit „Reich mir die Hand, mein Leben“ als kleines Dankeschön.
Alte Männer – eine Performance des Sprechchors Dortmund
Im Institut des Dortmunder Schauspiels traten am 28.05.2024 die fünf Männer der „Beuys Group“ (nach dem Künstler Joseph Beuys) des Sprechchors Dortmund mit ihrer Performance „Alte Männer“ in einem heimeligen Umfeld auf. Auf der Bühne saßen Jörg Karweick, Jürgen Luga, Jürgen Hecker, Roland Schröter-Liederwald und Udo Höderath.
Die einzelnen Personen der Beuys Group rezitierten abwechselnd kurze, mal nachdenkliche, dann wieder humorvoll-ironische Texte aus drei Jahrhunderten, die mit Bedacht ausgewählt wurden. Das Leben in all seiner Fülle, verpasste Chancen, Verluste und Wünsche, sowie der spezielle Umgang mit dem Altern wurden thematisiert.
Daneben spielten sie Situationen nach, die ältere Menschen gut kennen. So zum Beispiel ein Klassentreffen fast 50 Jahre nach dem Abitur, ein Schauspieler, der kurz vor dem Ende seiner Karriere in Erinnerungen schwelgt, oder das Vergleichen mit anderen Kurgästen in Baden. Mit Selbstironie und Melancholie wurde zudem der „Alzheimer“ getanzt.
Stichwort Überalterung der Gesellschaft
Die Lesung wurde fein pointiert gewürzt mit einer guten Portion Humor, Ernst und Skurrilität. Es war ein gelungener Wechsel von Rezitieren, Debattieren, ob laut tönend oder sich flüsternd verlierend. Mal einzeln, zu zweit oder im Chor.
Interessant und nachdenklich stimmend war zum Schluss ein kleiner Ausblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten unseres Lebens im Zusammenhang mit den modernen Nanobiotechnologien.
Eine spannende Inszenierung in einer Zeit, da die Überalterung unserer Gesellschaft beständig zunimmt. Bleibt zu hoffen, dass diese Performance noch an verschiedenen Orten erlebt werden kann und auch im hiesigen Schauspiel nicht nur ein einmaliges Gastspiel bleibt.
Transformation – ein ewiger Prozess
Nichts bleibt, wie es ist, alles ist einer Veränderung unterworfen – ob Kunst, Menschen, Viren oder unsere Umgebung. Auch Gebäude durchleben eine Transformation, wie das Künstlerhaus Dortmund. Es wurde als Waschkaue errichtet, später von der Fachhochschule Design genutzt und schließlich von Studierenden besetzt, bis es seit 1987 als Künstlerhaus fungiert. Diese Umnutzung oder Zweckentfremdung lässt sich auch in der Kunst finden, sowohl in schnellen als auch in langsamen Veränderungen, entsorgten Handys oder dem Klimawandel. Was prägt uns Menschen im Leben, und welche unterschiedlichen Leben füllen Raum und Zeit? Antworten könnte die Ausstellung „Transformation – Panta rhei“ im Künstlerhaus liefern, die vom 1. Juni – 7. Juli 2024 läuft. Kuratiert wurde die Ausstellung von Ach Kuhzunft
In der Arbeit „The Wheel“ von Irene Pérez Hernández bewegen sich Holzhämmer auf einem Rad, das durch einen Motor angetrieben wird. Damit wird das Kunstwerk zu einer Metapher der Automatisierung der Bewegung. Was früher reine Handarbeit war, wird heute immer mehr automatisiert. Kreisförmige Bewegungen, Wiederholungen, Zyklen und Schleifen sind wiederkehrende Elemente in der formalen Sprache von Hernández‘ Werken.
Im Zeichen der Transformation: Im Vordergrund sind Arbeiten von Yasin Wörheide zu sehen, in Hintergrund „The Wheel“ von Irene Pérez Hernández.
Im Keller werden Filme von Bernd Herzogenrath gezeigt, die zur Zeit der Covid-Pandemie entstanden sind: die „(c)ovid’s metamorphoses“. Herzogenrath fragte Personen aus verschiedenen Künsten, ob sie an dem Projekt mitmachen wollen. 133 internationale KünstlerInnen haben zugesagt. Wie bei einem Staffellauf haben sich die Teilnehmenden von ihren Vorgängern inspirieren lassen. Dabei waren die Übertragungskanäle das Spannende. Welche Metamorphosen haben sich in der Übertragung ergeben?
In dem interdisziplinären Projekt PHOTEXT, das zwischen Literatur und visueller Kunst angesiedelt ist, möchten die Fotografin Anna Melnykova und die Schriftstellerin Vera Vorneweg erkunden, welche Ähnlichkeiten es zwischen dem Medium Fotografie und dem Medium Schrift gibt und wie sich diese beiden Medien perspektivisch ergänzen können. In der Ausstellung werden analoge schwarz-weiß Akte von Frauen gezeigt, bei denen ausgewählte Körperstellen mit Text versehen wurden. Das Geschriebene erzählt eine zusammenhängende Geschichte von Schmerz und Verlust. Eine besondere Filtertechnik ermöglicht das Verschwinden dieser feinen, in roter Farbe geschriebenen Zeilen, sodass die unbeschrifteten Frauenkörper in ihrer ursprünglichen und unverletzten Form wiedererscheinen.
Beim Thema Transformation darf die künstliche Intelligenz nicht fehlen. Die RaumZeitPiraten (Tobias Daemgen, Jan Ehlen, Moritz Ellerich) präsentieren eine Installation, bei der eine KI die Schattenbilder interpretiert, die sie selbst an die Wand wirft. Wenn man sich vor die Kamera stellt, kann die KI mit neuen Informationen gefüttert werden. So wird die KI das Bild immer neu interpretieren.
„Mona Lisa in Arbeit“ von Tanja Roolfs spielt mit den Perspektiven des künstlerischen Prozesses und wirft die Frage auf, wie eigentlich „große“ Kunst entsteht. Wirft das Genie Farbe und Licht auf die Leinwand oder sind vielmehr echte Handwerker nötig, die entsprechend der Bauordnung und des Tarifvertrags ihren Auftrag ausführen? In einer Welt, in der gegen Bezahlung alles vorgefertigt geliefert werden kann, geht die Wertschätzung für den eigentlichen Herstellungsprozess, für Handwerk und Hingabe an die Arbeit verloren. Das gilt nicht nur für die Kunst, sondern erstreckt sich auf andere Bereiche, von Technik über Kleidung bis hin zu Lebensmitteln. Oft hilft ein Perspektivwechsel, gepaart mit Humor, um diese Verzerrung bewusst zu machen.
Im Nebenraum ist das Oscar-prämierte Meisterwerk „Tango“ von Zbig Rybczynski aus dem Jahre 1980 zu sehen. Er ist ein surrealistischer Tango der Entfremdung von sechsunddreißig Menschen, die in einem Raum gefangen sind und das Gefühl von Unterdrückung, Verwirrung, Liebe und Spannung darstellen. Ironischerweise ist es im Jahr 2020 so, als würde man sein eigenes Leben während des Lockdowns und der Quarantäne auf den Bildschirm projizieren.
Schmelzende Gletscher deuten auf den Klimawandel hin, für die Schweizer Künstlerin Anna Katharina Scheidegger ist diese Transformation auch eine künstlerische Inspiration. MELTING DIAMONDS ist eine fortlaufende Bestandsaufnahme, deren Zweck es ist, die verschiedenen Eisarten anhand von Fotogrammen von Gletscherstücken aufzulisten. Das Fotogramm ist ein fotografisches Verfahren ohne Kamera, das im 19. Jahrhundert erfunden wurde. Das Ergebnis sieht aus wie eine Röntgenaufnahme des Objekts. Besonders beeindruckend ist „Head of Roses“. Es zeigt den geformten Kopf der Künstlerin in Eis mit eingeschlossenen Pflanzen. Wenn das Eis schmilzt, bleibt von der Skulptur nur noch die Vegetation übrig. Das Eis spiegelt die Vergänglichkeit des Lebens wider, und sein programmiertes Verschwinden, um Blumen zu enthüllen, zeigt, dass, wenn ein Ding verschwindet, es einem anderen Platz macht.
Yasin Wörheide beschäftigt sich vornehmlich mit post-digitalem Animismus, transhumanistischen Analogien und Schöpfungsmythen im Kontext des gesellschaftlichen Raums. Viele seiner ausgestellten Arbeiten erinnern an die japanischen Tsukumogamis, besessene oder beseelte Gegenstände, die eine eigene Persönlichkeit entwickeln und bei Missachtung ihre Besitzer bestrafen. Ob die Gegenstände wie die ausgestellten Totems aus Toiletten oder alte Telefone böse werden, bleibt dem Betrachter überlassen, aber Wörheide haucht ihnen neues Leben ein und transformiert sie so in ein neues Dasein.
Zu dieser Ausstellung gibt es auch eine Sonderveranstaltung: Am 14. Juni um 18 Uhr wird es einen Jubiläums-Talk geben, mit dabei: Antje Hassinger (bildende Künstlerin, Gründungsmitglied des Künstlerhauses Dortmund), sowie Dr. Ingo Wuttke (Historiker vom Ruhr Museum in Essen) und Norbert Grondorf (Bergmann a.D.).