Romeo und Julia – was wäre, wenn?

In Kooperation des Kollektivs „I can be your translator (icbyt) mit dem Schauspiel Dortmund hat sich Linda Fisahn (icbyt, 1984*, Dortmund), künstlerisch begleitet von Christoph Rogatz (icbyt), mit „Hurra, Romeo und Julia – Die Szene mit der Leiche, die habe ich gelöscht“ an ihre erste Regiearbeit gewagt. Seit April 2023 ist sie im Rahmen eines Außenarbeitsplatzes am Schauspiel Dortmund beschäftigt.



Die als Tragödie endende Liebesgeschichte von Romeo und Julia, sowie der andauernde unsägliche Streit zwischen den Familien Montague und Capulet liegen ihr am Herzen. Dabei spielt die intensive Beschäftigung mit der DVD zum Film „Romeo und Julia“ mit Claire Danes und Leonardo DiCaprio aus dem Jahr 1996 eine wesentliche Rolle. Da sie Gewalt verabscheut und die Liebesgeschichte ein gutes Ende haben soll, werden bei ihrer Inszenierung einige Änderungen vorgenommen…


Ein bunter Abend mit "Romeo und Julia" und dem Kollektiv „i can be your translator“: Christian Fleck, Marlena Keil, Lis Marie Diehl, Julia Hülsken, Anna Reizbikh, Ekkehard Freye und Laurens Wältken. Foto: (c) Birgit Hupfeld
Ein bunter Abend mit „Romeo und Julia“ und dem Kollektiv „i can be your translator“: Christian Fleck, Marlena Keil, Lis Marie Diehl, Julia Hülsken, Anna Reizbikh, Ekkehard Freye und Laurens Wältken. Foto: (c) Birgit Hupfeld

Am 05.05.2024 fand im Studio des Schauspiel Dortmund die Uraufführung des Stücks statt.

Bei diesem inklusiven Projekt stehen neben Menschen mit verschiedenen Behinderungen und nicht behinderten Personen (icbyt) gemeinsam mit Marlena Keil und Ekkehard Freye vom Schauspiel-Ensemble Dortmund auf der Bühne.

Für romantische Stimmung sorgte nicht nur das Bühnenbild oder Kostüme, sondern auch die roten Anti-Stress Herzen vom Schauspielhaus. Kleine Leinwände als Projektionsfläche waren geschickt and Wand angebracht. Hier bestand neben der Möglichkeit, das Geschehen mit der Kameraführung festzuhalten, zusätzlich die Gelegenheit, Szenen aus dem Film passend einzublenden. Musik (von Christian Fleck entwickelt) spielte eine große stimmungsgebende Rolle. Für jeden der Akteure auf der Bühne gab es ein spezielles Instrument, die vor einer dramatischen Situation effektvoll eingesetzt wurden.

Die Regisseurin nahm sich die Freiheit, selbst energisch in die Handlung einzugreifen. Sieben Mal ließ sie die Hochzeitsszene von Romeo und Julia in den verschiedensten Konstellationen wiederholen, oder regte sich extrem über den Vater (Ekkehard Freye) auf, als dieser seine Tochter Julia (Marlena Keil) mit einem reichen Mann verheiraten möchte. Das hatte für ihn unangenehme Konsequenzen[LL1] [LL2] .

Neben den romantisch-humorvollen Szenen wurde auch ein ernsterer Impro-Anteil mit Gesprächen über den Umgang mit Tod, Verlust oder wie man beerdigt werden möchte eingebaut. Außerdem gab es witzig-entlarvende Dialoge zwischen Vätern und Töchtern zu hören.

Neben der gemeinsamen Spielfreude überzeugte der Zusammenhalt aller auf der Bühne. Jeder hatte seine wichtige Rolle und alle haben sich gegenseitig unterstützt. Es zeigt sich. Menschen mit Handikap sind nicht behindert, sondern werden behindert.

Die tolle Leistung wurde mit sehr viel Applaus belohnt.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222




Amüsantes Schlager-Theater um „Haui“ Carpendale

Im Dortmunder Theater Fletch Bizzel konnte das Publikum am 04.05.2024 bei „Spuren im Sand“ mit dem Schauspieler, Sprecher und Musiker Heinz-Peter Lengkeit als Haui Carpendale einen witzigen musikalischen Theaterabend mit liebevoller Ironie erleben.



Regisseurin Gerburg Jahnke und HP Lengkeit haben ein wunderbares Programm um den Musiker, Mensch und das Phänomen Howard Carpendale entwickelt. Zur Seite stand Lengkeit kongenial der Gitarrist Peter Engelhardt (bis 2011 bei der Kultband Birth Control). Musikalische Qualität war da schon mal gesichert.

Schon von Beginn an ging der Schauspieler als Haui mit seiner perfekten Carpendale-Perücke direkt auf Paar Frauen im Publikum und rühmte ihre Schönheit. Ein kleiner Hinweis auf Hauis Vorliebe für schöne Frauen.

Es wurde ein Abend mit vielen Geschichten (einige davon wahr), Selbst-Ironie und einer großen Palette von Carpendale-Songs. Dabei konnte HP Lengkeit seine Qualität als Sänger unter Beweis stellen. Das gelang ihm auch, als er den Elvis Presley Hit „Suspicious minds“ auf die Bühne brachte.

Ob nun Howard Carpendale-Fan oder nicht, jeder wurde von den Ohrwurm-Refrains der Songs zum mitsingen oder summen animiert.

Die perfekten „Carpendale-Gesten“ oder Attitüden brachten viele zum Tränen lachen. Als „Running Gag“ zog sich die Eitelkeit des Künstlers im Bezug auf seine und andere „fantastische Frisuren“ durch den gesamten Abend. Die Obsession für das Golfen wurde natürlich auch selbstironisch eingebracht.

Ab und zu wurden einzelne Personen im Raum humorvoll angesprochen und einbezogen. Die Akteure hatten ihr Publikum im Griff und bescherten ihm fast zwei Stunden Unterhaltung und Ablenkung von den Problemen unserer Zeit.

Wer sich dieses Schlager-Theater-Programm erleben will, hat zudem die Gelegenheit an verschiedenen Terminen im Stratmanns Theater Europahaus (Essen). Es lohnt sich.




Protestlied als Kunstform

„The People United Will Never Be Defeated!“ ist ein bekanntes Klavierstück des zeitgenössischen amerikanischen Komponisten Frederic Rzewski. Es wurde 1975 komponiert und basiert auf dem chilenischen Protestlied „¡El pueblo unido jamás será vencido!“ von Sergio Ortega und Quilapayún. Rzewski schuf eine monumentale Variationsserie über das Thema dieses Liedes.

Am 03. Mai 2024 sollte eigentlich Giorgi Gigashvili das Stück im Konzerthaus spielen, aber leider musste er aus gesundheitlichen Gründen absagen. Dafür übernahm Emanuil Ivanov seinen Platz.

Die Zuhörenden, die bei der Reihe „Musik für Freaks“ gewöhnlich auf der Bühne saßen, erlebten ein Klavierfeuerwerk der besonderen Art. Rzewski seziert das Volkslied ähnlich wie Johann Sebastian Bach seinerzeit die Goldberg-Variationen. In den Goldberg-Variationen verwendet Bach ein Thema und präsentiert dann 30 Variationen, während Rzewski in „The People United“ das chilenische Protestlied als Ausgangspunkt nimmt und 36 Variationen komponiert. Sowohl Bach als auch Rzewski stellen hohe Anforderungen an den Pianisten. Die Goldberg-Variationen sind technisch anspruchsvoll, erfordern jedoch auch eine subtile interpretatorische Fähigkeit, um die musikalischen Nuancen jeder Variation zu erfassen. Bei „The People United“ sind neben der technischen Beherrschung des Instruments auch komplexe rhythmische Muster und moderne Spieltechniken erforderlich.

Natürlich unterschieden sich beide Werke auch: Rzewski unterteilt seine Variationen thematisch: Zunächst kommen einfache Ereignisse, dann folgen Rhythmen, Melodien, Kontrapunkte, Harmonien und zum Schluss werden alle Elemente wieder zusammengefügt. Rzewski zitiert auch im Verlauf des Stückes das „Solidariätslied“ von Brecht und Eissler oder das italienische „Bandiera rossa“. Hier wird deutlich, dass Rzewski im Gegensatz zu Bach auch eine politische Komponente integrierte.

Letztlich muss ich Ivanov loben, der das Stück mit Bravur spielte, denn wie erwähnt, erfordert „The people united“ hohe technische Ansprüche, dabei kommen Dinge wie Pfeifen oder Klavierdeckel zuschlagen auch vor.

Dies alles ließ Ivanov leicht und locker aussehen und wurde vom Publikum zurecht gefeiert. Erst nach zwei Zugaben war das Konzert zu Ende.