Wie umgehen mit den Ängsten?

Im Dortmunder Kinder und Jugendtheater (KJT) hatte am 19.04.2024 „Angst oder Hase“ (ab 12 Jahren) von Julia Haenni unter der Regie von Johanna Weißert seine Premiere.



Auf einer ganz in blau gehaltenen Bühnenkonstruktion mit zwei kleinen Leinwänden an den Seiten versuchen die vier Schauspieler*innen (Annika Hauffe, Bianka Lammert, Sar Adina Scheer, Jan Westphal) eine fetzige Mut-Mach-Show auf die Bühne zu bringen. Alle im knalligen Pink gekleidet und mit Perücken versehen. Ein unheimliches Geräusch stört sie und eine Angstspirale wird in Gang gesetzt…

Annika Hauffe, Jan Westphal, Bianka Lammert, Sar Adina Scheer in „Angst oder Hase“. Foto: (c) Florian Dürkopp

Unter den vier Personen entspinnt eine Diskussion darum, wer Angst hat und ein „Schisser“ ist. Nach und nach wird klar. Jeder von ihnen (auch jedes Lebewesen) hat seine Ängste. Viele versuchen sie zu verdrängen und möglichst zu verbergen, da Angst als „Schwäche und Uncool“ vor allem unter jungen Menschen gilt. Die Anzeichen einer Angstattacke, Herzrasen, Zittern Schweißausbrüche und mehr lassen sich jedoch nicht verbergen.

Das ausgestoßene Adrenalin und die Energie sind evolutionär als Überlebens-Alarmsignal vor Gefahren tief verankert. Es bietet die Möglichkeit, diese Situationen schnell einzuschätzen und sich ihnen bei Risikoabwägung entweder mutig zu stellen oder als Rettung zu fliehen. Die Ängste können sich bis zu Neurosen steigern und dazu verleiten, sich den auslösenden Objekten oder Situationen gänzlich zu entziehen. Das führt oft zur Isolation. Die Chance, schwierigen und bedrohlichen Erlebnissen mit Mut zu begegnen und gestärkt daraus heraus zu kommen, wird dann nicht gesehen. Um so wichtiger sind, wie das Stück zeigt – gute Freunde -, mit denen man offen und ehrlich über das Thema sprechen kann. So „outen“ sich auch die vier Protagonisten zu ihren ganz persönlichen „Angstproblemen“.

Mit einer interessanten Technik wird nebenbei die Hasenphobie von dem jungen Mann (Jan Westphal) erzählt. Zwei kleine Pappmodelle (Bad, Küche) wurden auf die Leinwand projiziert und von Sar Adina Scheer bedient.  

Ein links davon angebrachter Bildschirm sowie eine Kamera ermöglichte es dem Schauspieler, sich von der blauen Bühne aus in die Leinwandprojektion handelt und erzählend einzubringen. Da war Präzisionsarbeit nötig.

 Ein besonderer Einfall war der Auftritt eines knuffigen blauen Hasen (wunderbares Kostüm) im Hintergrund.

Das Geschehen wurde musikalisch und mit passender Geräuschkulisse von Peter Kirschke zielgenau begleitet.

Ein wichtiges Theaterstück gerade in diesen unruhigen, bedrohlich wirkenden und schnelllebigen digitalen Zeiten.

Informationen über weitere Aufführungstermine finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222




Protokolle der Sprachlosigkeit Erinnerung an Mehmet Kubaşik

Es gibt Ereignisse, die einen sprachlos und wütend machen. Eines davon sind die NSU-Morde, die bis zu ihrer endgültigen Aufklärung unter dem scheußlichen Begriff „Dönermorde“ in den Medien waren. Grund dafür ist, dass die meisten Opfer migrantischen Hintergrund hatten. Von der Floskel „Wir ermitteln in alle Richtungen“ ist auch bei der Polizei schnell Mord im Drogenmilieu, Kämpfe innerhalb migrantischer Kreise usw. geworden, so dass die Opfer und auch ihre Angehörigen quasi verdächtigt wurden.



Auch in Dortmund gab es ein NSU-Opfer: Mehmet Kubaşik wurde am 04. April 2006 in seinem Kiosk in der Nordstadt ermordet. Erst mit dem Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 2011 war klar, dass der Mord nichts mit innermigrantischen Banden oder Drogen zu tun hatte, sondern mit rechtsradikalem Terrorismus.

Jasmina Musić und Johanna Wieking vom HER.STORY KOLLEKTIV gaben in ihrer Performance „Protokolle der Sprachlosigkeit“ Raum zum Angedenken nicht nur an Mehmet Kubaşik, sondern auch den anderen zahllosen Opfern des Rechtsextremismus. Denn viel zu schnell sind die vielen Opfer rechtsradikaler Gewalt aus den Nachrichten und den Erinnerungen der Öffentlichkeit verschwunden.

Schon der Beginn war beeindruckend, als die Zuschauer in den Saal kamen, der Zuschauerbereich war mit Absperrband versperrt und beide Performerinnen aus dem Grundgesetz zitierten. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Doch dann wurde es emotional. Fast dokumentarisch berichteten die beiden Performerinnen über den Mord an Mehmet Kubaşik aus Sicht seiner Tochter. Das Schlimme war, durch die einseitigen Ermittlungen wurden die Angehörigen mit in den Dreck gezogen, was Spuren hinterließ. Passend dazu wurden die Angehörigen auch nicht durch die Polizei von der Aufklärung 2011 informiert, sondern bekamen das durch die Presse mit. Daneben wurden auch persönliche Geschichten und Erfahrungen von Frauen, die aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen sind, beleuchtet.

Damit die Opfer rechter Gewalt nicht vergessen wurden, bauten Musić und Wieking gegen Ende noch eine Art Gedenktafel mit den Namen der vielen Opfer auf. Vor der einige BesucherInnen Blumen hinterlegen konnten.

Insgesamt ein sehr emotionaler Abend zu einem ernsten, aber wichtigen Thema. Niemals dürfen die Opfer rechter Gewalt vergessen werden.




Kammerkonzert im besonderen Ambiente

Diese Spielzeit bietet für Kammermusikfreundinnen und -freunde etwas Besonderes: Die Konzerte finden an ungewöhnlichen Orten statt. So wurde beispielsweise die Kokerei Hansa, die Ausstellungshalle von Phoenix des Lumières oder die Akademie für Theater und Digitalität zum Ort von klassischer Musik. Am 18. April 2024 war der Pioneer Cube des Unternehmens Wilo der Schauplatz für das Kammerkonzert.



Auf dem Programm stand Mozart und Mendelssohn Bartholdy. Das Divertimento in D-Dur, KV 136, von Wolfgang Amadeus Mozart ist ein charmantes und lebhaftes Werk, das typisch für die eleganten und verspielten Divertimenti dieser Zeit ist. Komponiert im Jahr 1770, ist es eines von drei Divertimenti, die Mozart innerhalb einer Woche komponierte, während er in Salzburg weilte.

Die Anmut, Leichtigkeit und Eleganz des frühen Stückes wurde durch das Streichquartett wunderbar unterstrichen.

Mendelssohn Bartholdy reichte ein Streichquartett nicht, er verdoppelte es zu seinem Oktett in Es-Dur op. 20. Es ist ein bemerkenswertes Werk, das die Brillanz und Jugendlichkeit des Komponisten widerspiegelt. Mendelssohn schrieb dieses Oktett im Alter von nur 16 Jahren, und doch zeigt es bereits seine außergewöhnliche Begabung und seinen reifen musikalischen Stil.

Vor allem der 3. Satz, das Scherzo begeisterte die Zuhörer: Mendelssohn zeigt hier sein Talent für kontrastierende Rhythmen und überraschende harmonische Wendungen, die dem Stück einen frischen und dynamischen Charakter verleihen.

Kein Wunder, dass es als Zugabe wiederholt wurde.

Als MusikerInnen waren dabei: Nemanja Belej, Anna Straub, Vera Plum und Iris Plettner (Violine), Dahee kwon und Carlotta Guijarro Alonso (Viola) und Emmanuel Matz und Markus Beul (Cello).