Puccinis La Bohème als kontrastreiches Erlebnis

Zu Beginn der neuen Spielzeit stand im Dortmunder Opernhaus am 02.09.2023 als Premiere Giacomo Puccinis (1858 – 1924) Oper in vier Bildern „La Bohème“ (Libretto: Luigi Illica und Giuseppe Giacosa) unter der Regie von Gil Mehnert auf dem Programm. Mehmert ist schon für seine besonderen und opulenten Musical-Inszenierungen bekannt.



Begleitet wurde der Abend von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz.


Noch ist Zeit für Party. Das dicke Ende kommt noch... Mandla Mndebele, Denis Velev, Rinnat Moriah, Statisterie, Morgan Moody. Foto:
(c) Björn Hickmann
Noch ist Zeit für Party. Das dicke Ende kommt noch… Mandla Mndebele, Denis Velev, Rinnat Moriah, Statisterie, Morgan Moody. Foto:
(c) Björn Hickmann

Die Geschichte von „La Bohème“ über Einsamkeit, Freundschaft, Liebe, Treue und Tod im Dunstkreis einer Künstlergruppe in Paris. Deren Behausung der Bohèmiens verortet die Inszenierung auf das das Dach eines Bürgerhauses. Die zugige Dachmansarde ist Zeugnis ihres „erhöhten“ Lebens außerhalb der kleinbürgerlichen gesellschaftlichen Zwänge.

Doch sind die vier Künstler nicht wirklich frei, sondern sind gezwungen, ihr Leben irgendwie zu finanzieren. Sie changieren zwischen den Augenblick exzessiv zu leben um dann wieder in Melancholie und depressiver Stimmung zu verfallen.

Puccini benutzt einen erzählerischen episodenhaften Stil in „Modulen“ oder eben Bilder mit einer ausgeprägten Kontrastdramaturgie zwischen Komik und Pathos. Das entspricht den unterschiedlichen Befindlichkeiten der handelnden Personen. Die Hebebühnenkonstruktion bei der Inszenierung geschickt  eingesetzt.

Das tragische Paar Rodolfo, ein Dichter und die todkranke Stickerin Mimi durchläuft ein Wechselbad der Gefühle. Mit ihren starken Stimmen und Ausdruckskraft bringen Sungho Kim (Rodolfo) und Anna Sohn (Mimi) diese emphatisch auf die Bühne.

Dem Maler Marcello, wunderbar gesungen und dargestellt von Mandla Mndebele und seiner (Ex) Giebten Musetta (Rinnat Moriah) geht es ähnlich. Ihn quält unter anderem die Eifersucht.

Das Morgan Moody nicht nur mit seiner Stimme, sondern auch mit einer gehörigen Portion Humor glänzen kann, hat er auch hier als Musiker Schaunard wieder einmal bewiesen. Denis Velev als kluger Philosoph Colline konnte das wie seine Mitkolleg*innen besonders bei der ausgelassenen Feier im vierten Bild zeigen.

Der Opernchor Theater Dortmund, der Opern Kinder und Knabenchor der Chorakademie Dortmund (Choreinstudierung Fabio Mancini), die Statisterie Theater Dortmund sowie die Darstellenden in den Nebenrollen rundeten das Opernerlebnis ab.

Weitere Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222




Kaffeemaschine Stina will hoch hinaus

Tja, so ist das. Wirst du als Kaffeemaschine geboren, sorry, hergestellt, dann ist dein Lebensweg vorgezeichnet. Aber die kleine Kaffeemaschine Stina will unbedingt Polizistin werden, wo sie doch gar nicht so aussieht wie ein typischer Robocop.



In „Stina und der Tentakelarmverkäufer“ präsentierte Yvonne Dicketmüller am 02. September 2023 ein weiteres Werk aus der RoboTheater.  Mit „Strom – Eine Robotergeschichte“ war sie vor einiger Zeit im Fletch Bizzel zu Gast.

Yvonne Dicketmüller zeigte eine Besonderheit im Fletch, nämlich ein Crankie. Ein Crankie ist eine kleine, mobile Erzähltheaterbühne, die wie eine manuelle Filmrolle gedreht wird und so die Bilder zeigt, die zur Geschichte gehören. Natürlich gehörten liebevoll selbstgebastelte Figuren wie Stina oder der Polizeichef zu den Requisiten.

Die Handlung von „Stina und der Tentakelarmverkäufer“ kurz erzählt. Stina will Polizistin werden und wird sogar überraschend angenommen, aber nur um als Kaffeemaschine „missbraucht“ zu werden. Als in Robocity plötzlich einige Roboter durchdrehen, findet Stina eine Spur durch den merkwürdigen Tentakelarmverkäufer, der keine Tentakelarme verkauft, sondern Kaffeeöl, die Robotervariante von Kaffeesahne.  Doch mit dem Stoff scheint was nicht zu stimmen…

Das Stück war ein großer Kontrast zu dem „Regenbogenfisch“ von gestern. Statt bunt, war die Roboterwelt schwarz-weiß und statt 30 Minuten, dauerte „Stina“ etwa 70 Minuten. Zu viel für einige Kinder, die irgendwann müde und quengelig wurden. Verstärkt wurde das Ganze durch die Dunkelheit im Saal und dadurch, dass manche Bilder des Crankies hinten schlecht lesbar waren.

Eine Straffung der Geschichte hätte gutgetan und ich denke, auch Roboter können Farben erkennen, den richtigen Chip vorausgesetzt.

Mehr Mitmachoptionen für die jüngsten Zuschauer*innen würde das Ganze ebenfalls auflockern. Abschließen bleibt mir zu sagen, dass so ein Crankie auch etwas Faszinierendes hat und ich könnte mir gut vorstellen, so etwas für ein älteres Publikum, lies: Erwachsene, in Aktion zu sehen.    




Innenansichten eines englischen Vororts

Bis zum 02. November 2023 zeigt das Kulturzentrum balou e.V. Arbeiten von Silvia Liebig unter dem Titel „Ich finde dich, White Rabbit“. Diese entstanden 2019 während ihres Aufenthalts-Stipendiums in Leeds das „Being Beeston Projekt“.



Beeston ist ein Vorort, ähnlich der Nordstadt in Dortmund. Sehr multikulturell geprägt, dort befindet sich auch das Stadion von Leeds United. Eines der Hauptziele des Projekts war es, über Identität und Zugehörigkeit nachzudenken.  Das Ergebnis dieses Prozesses war eine interaktive Installation, die sich über alle vier Ebenen des Residenz-Hauses erstreckte.

2022 begann die Arbeit an der Dokumentation, die keine nüchterne Zusammenfassung von Fakten sein sollte, sondern eine neue künstlerische Erkundung. Das balou präsentiert nun erstmalig die Bilder, die dabei entstanden sind als Comic.

In diesem Comic tauchen Bezüge zu „Alice im Wunderland“ auf, schon der Titel „White Rabbit“ nennt das „Weiße Kaninchen“, dem Alice ins Kaninchenloch folgt.  Aber statt im Wunderland taucht Liebig in Beeston auf und erkundet die Menschen und ihre Geschichten.

Zusätzlich ist noch ein aktuelles Werk entstanden, das Silvia Liebig an die Wand getapt hat: Ein überdimensionierter Bick in den Putzmittelschrank, der überquillt vor Unmengen an Reinigungsflaschen.