Jazz, Soul und afrikanischer Groove

Somi – eine Hommage an Miriam Makeba

Die mehrfach für den Echo nominierte Somi (Laura Kabasomi Kakoma), bot in diesem Klangvokale Konzert im Domizil ihr Programm „Zenzile“. Somi ist eine Singer-Songschreiber*in mit fantastischer Stimme aus Afrika. „Zenzile“ ist eine Hommage an die große Miriam Makeba. Das Programm, die Lieder und Arrangements sprachen Makeba und ließ uns in die Welt eintauchen. Miriam Makeba musste der wegen der Apartheid für 31 Jahre im Exil. Somi hatte die beliebtesten Songs ihres Vorbilds Makeba einfühlsam, inspiriert und arrangiert.



Dafür aber mit Stimmkraft „Qongqothwane“ / „Pata Pata“ (The Click Song), in der Sprache der Xhosa und Malaika intoniert. Nicht nur diese „Gassenhauer“ von Makeba begeisterten das Publikum, Liebhaber des modern Jazz. Typisch für Modern Jazz ging das Publikum kommentierend bei den Intonationen von Somi, aber auch bei den zahlreichen Soli des begleitenden Musiktrios mit. Für Klassikfans sicher ungewohnt, aber der Groove bringt es eben so mit sich.

Die fabelhafte Stimme von Somi, jetzt in Chicago lebend, bringt die Makeba Songs authentisch und nicht in billigen Cross-over-Klischees versinkenden Arrangements. Modern Jazz und Worldmusic, Soul und Afrobeat finden hier perfekt zusammen.

Somi sieht sich, wie Makeba selbst, als Musikerin und Aktivistin. Mit ihrem Studioalbum „Petit Afrique“ (2017) etwa erzählte sie die Geschichte afrikanischer Einwanderer inmitten eines gentrifizierten Harlem in New York. Davon erzählte sie uns im Laufe des Konzerts. Wie auch, dass ihr die Entstehung von „Zenzile“ in vielerlei Hinsicht geholfen habe: als Künstlerin und als afrikanische Frau. Besonders in diesen außergewöhnlichen Zeiten, in denen der Mut, unsere Geschichten zu erzählen, von größter Bedeutung ist, berichtete uns Somi,  42 Jahre jung.

Somi knüpft mit Stimmkraft und Feingefühl bei Künstlerinnen und Makeba-Verehrerinnen wie Dianne Reeves, Nina Simone oder Dee Dee Bridgewater an. „Seit ich denken kann, kenne ich Miriam Makebas Stimme. Dadurch habe ich das Gefühl, sie persönlich zu kennen“, erklärte uns Somi zwischen den Songs. Das Programm, das Album „Zenzile“ ist Ergebnis ihrer Bewunderung und Achtung vor und für Makeba. Seit ihrem Debütalbum 2003 wird Somi immer wieder auch mit Makeba verglichen … die Verbindung besteht musikalisch und politisch. So trat Somi 2013 zum Gedenktag für die Opfer des transatlantischen Sklavenhandels vor der UN Vollversammlung auf. Zudem hat Somi eine NGO gegründet: New Afrika Live.

Diese Neubewertung der Makeba Songs durch Somi waren eine Offenbarung, auch durch ihre fantastische Stimme und die exzellenten Jazzmusiker. Schon im Vorbild von Somi waren Jazz und afrikanischer Groove vereint. Das zeigte sich besonders in „Pata Pata“, damals ein Modetanz in Südafrika, den auch weiße Apartheidsgegner tanzten. Diesen präsentierte Somi in einer ganz eigenen Art neu.

So wie Somi, hatten sich viele Künstler von Zenzile, der erste Taufname von Makeba, beeindrucken und inspirieren lassen. Sowohl in Afrika als auch im Rest der Welt. Und dieses Programm von Somi zeigte aber auch, wie das Album, dass sie das Zeug zur Inspiration hat. Das Publikum hat sie beeindruckt und mitgerissen.

Ovationen zum Abschluss und ein beständig mitgroovendes Publikum waren der Beweise für die Begeisterungskraft von Somi.

Somi                           Vocals

Jerry Leonide             Piano
Gino Chantoiseau       Bass
Otis Brown III            Drums




Klangkörper St. Reinoldi

Il Divino! Leonardo García Alarcón und die CAPELLA MEDITERRANEA eröffneten mit Claudio Monteverdis „Marienvesper“ das Klangvokal Musikfestival 2023 Dortmund. „Eine vielstimmige Messe für Kirchenchöre und mehrstimmige Vesper mit einigen geistlichen Gesängen für Kapellen oder fürstliche Privatgemächer“, so der endlose Untertitel des Werkes.



Monteverdi komponierte vor mehr als 400 Jahren die „Marienvesper“ in Mantua. Er pilgerte mit dem Werk, das er Papst Paul V. widmete, als Bewerbung nach Rom. Dieses Opus Magnum, die „Vespero delle Beata Vergine“, sollte „Il Divino“, wie Zeitgenossen Monteverdi schon nannten, eine neue, beruflich bessere Alternative in Rom ermöglichen. Monteverdi wollte unter allen Umständen Mantua, nicht nur des Klimas wegen, verlassen. Die Gonzagas, Fürsten von Mantua, waren nicht nur knauserige Arbeitgeber, sondern auch sehr unzuverlässige Lohnzahler. Zudem fehlte Monteverdi die Wertschätzung seines Dienstherren. 1613 erst sollte Monteverdi dann eine neue Stelle in Venedig antreten, als Maestro della Capella die San Marco.

Das Werk zeigt eine stilistische, verwundernde Vielfalt auf. Was Leonardo García Alarcón mit seinem Ensemble und Orchester bewundernswert herausstrich. Dabei nutzte er die Reinoldi Kirche geschickt als einen eigenen Klangkörper, den er in das Orchester mit Leichtigkeit integrierte. Gerade gotische Kirchen bieten sich wegen ihrer speziellen Akustik an.

Alarcón setzte geschickt die Klangraummöglichkeiten der gotischen Reinoldi Kirche wie ein zusätzliches Instrument des CŒUER DE CHAMBRE NAMUR ein. Klangmöglichkeiten, die nur einer gotischen Kirche eigen sind. Auch ohne Rechenschieber oder gar Computer wussten die Baumeister genau, was sie machten und zu tun hatten, damit der Priester auch ganz hinten zu verstehen war. So drehten sich die Musiker z. B. in den Chor, mit dem Rücken zum Publikum, wie auch die Sänger. Dadurch wurde eine Klangfülle erreicht, die man so „frontal beschallt“ nicht kennt. Alarcón variierte dabei noch zusätzlich die Positionierung des Chorensembles, indem er den Chor sich an verschiedenen Stellen im Kirchenschiff zwischen dem Publikum oder auf der Empore im Turm platzierte und singen ließ.

Paul V. konnte irgendwie nichts mit dem genialen Werk von Monteverdi anfangen, denn zu sehr brach er mit der Tradition der Vokalpolyfonie, mit neuen konzertierenden und opernhaften Ideen. Es überforderte offensichtlich Paul V. wie den VI. die Pille.

Dafür konnte Alarcón mit seiner CAPELLA MEDITERRANEA und CŒUER DE CHAMBRE NAMUR das Dortmunder Publikum überraschen, mitreißen und begeistern.

Egal, ob das Werk so jemals zu „Il Divinos“ Lebzeiten so aufgeführt wurde, oder es sich tatsächlich „nur“ um eine Zusammenstellung der Musikstücke durch seinen Verleger ist … und welche Rolle dabei Paul V. wirklich hatte … 1612 jedenfalls entließen die Gonzagas Monteverdi in Mantua und der zunächst Mittellose brauchte einen neuen Dienstherren.

Tatsache ist aber, dass Monteverdi nicht ein Erneuerer der geistlichen Musik ist, sondern auch der Vater der modernen Oper, wie wir sie heute kennen. Denn sein „L´Orpheo“ ist DIE Oper schlechthin. Auch die Erste! Ist die „Marienvesper“ bahnbrechend? Nein! Aber sie ist fantastisch, egal welche Geschichte hinter ihr steckt.

Der Dirigat Alarcón, die CAPELLA MEDITERRANEA und das CŒUER DE CHAMBRE NAMUR zauberten einen Klang kräftigen Hörgenuss. Und dass es sowohl Alarcón, als auch den beiden Ensembles Spaß machte, konnte man nicht nur hören, sondern auch sehen.

Wir werden hoffentlich noch öfter Alarcón und seine Ensembles in Dortmund, vielleicht nicht nur bei Klangvokal erleben und hören dürfen. Denn nicht nur Monteverdi ist „Il Divino“.