Berührendes Maskentheater im Fletch Bizzel

Am 24.02.2023 gab es im Dortmunder Theater Fletch Bizzel mit „LONELY HEARTS CLUB“ eine besondere Premiere. Die vier Darsteller*innen führten das ganz neue Genre des nonverbalen Musiktheaters unter der Regie von Björn Leese ein. Der Regisseur hat im Bereich Maskentheater schon einige Erfahrung (z.B. Familie Flöz).



Da die Gesichtsmimik wegen der Masken und die Sprache als Ausdrucksmittel wegfallen, spielen Gesten und genaues Timing der Akteure eine wesentliche Rolle. Als zusätzlicher „emotionaler Vermittler“ dient die Musik. Passgenau eingesetzt vom musikalischen Leiter Dixon Ra.

Der Lonely Hearts Club. Alle vier DarstellerInnen auf einen Blick. (Foto: (c) Fletch Bizzel)
Der Lonely Hearts Club. Alle vier DarstellerInnen auf einen Blick. (Foto: (c) Fletch Bizzel)

Nicht nur, dass die Schauspielenden – für sie ungewohnt – keine vorgegebenen Texte lernen mussten, sondern zudem mit Atmung und Orientierung durch ihre Masken zu kämpfen hatten. Eine physisch starke Beanspruchung. Außerdem spielten die Darstellenden nicht nur eine Rolle, sondern meisterten die Aufgabe, sich gleich in mehrere Charaktere hinein zu versetzten.

Ort der Handlung war eine zeitlose, liebevoll Retro (etwa mit zwei alten Telefonen mit Wählscheibe, oder einer Musik-Box) eingerichtete Bühne als „Club“. Dieser spezielle Ort im Bahnhofsviertel hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Kostüme sorgfältig ausgewählt.

Die (couragierte) Chefin Frau Hartmann spielte Rada Radojčić , zusätzlich noch den Gast Siggi. Ihre Nichte Dzaki Radojčić die Reinigungskraft Heidi und eine alte Dame. Cristiane Wilke begab sich in die Rollen des Geschäftsführers Fritz, einer schönen Dame in Blau sowie in die des Schlägers Carlo. Mika Kuruc übernahm die Rolle des Barkeepers Ernie und als albanischer Mafiosi. Allen gelang es gut, sich in die emotionalen Lagen ihrer Charaktere einzufühlen und für das Publikum rüber zu bringen.

Das Maskentheater changiert zwischen Komik und Tragik. Das erinnert uns an den Clown aus unserer Kindheit. Die ganz Palette der Gefühle, ob heimliche Liebe, Ängste, Melancholie oder Sucht fanden auf der Bühne ihren Platz. Scheitern mit Chance als Option inklusive.

Die verschiedenen Personen, die Angestellten, heimische Gäste oder auf der Durchreise verbindet die Sehnsucht nach Abenteuer und nach dem Tanz ihres Lebens.

Es blieb der Raum für die ganz persönlichen Interpretationen und wie es Björn Reese formulierte „Spiegelungen der eigenen Seele“.

Ein wunderbares Theatererlebnis über alle Sprachgrenzen hinweg. Ein kleiner Gegenpol zum  „Action-Trend“.  Informationen über weitere Aufführungstermine erhalten Sie unter www.fletch-bizzel.de oder Telefon: 0231/ 14 25 25




Eine queere Geistergeschichte

Mit „Tanz der Krähen“ zeigte das Theater im Depot am 24. und 25. Februar eine Produktion des Queeren Theater Kollektivs. Ars tremonia war am 24. Februar dabei und hat sich zwar nicht gegruselt, aber dafür viel über queere Lebenswelten erfahren.



„Tanz der Krähen“ basiert lose auf den Kurzgeschichtenband „Die Geisterjägerin“ von Chris* Lawaai. In einer Welt, die voller Magie ist, mit Tarotkarten und natürlich mit Geistern.

Kann sich noch jemand an den Aufschrei erinnern, als eine Neuauflage des „Ghostbuster“-Films erschien, weil die Protagonisten Frauen waren? Das Theaterstück dreht die Schraube nochmals weiter. Die Hauptfigur Robyn (keine Pronomen) identifiziert sich als genderfluid, demisexuell und demiromantisch. Stilsicher und in der Magie versiert, führt Robyn das familiäre Geschäft mit dem Übernatürlichen auf die eigene Art weiter. Eine weitere Hauptfigur Sammi (they/them) identifiziert sich als nicht-binär, androsexuell und mit emotionaler Anziehung. Sammi bezeichnet sich selbst als Geisterjäger*in und hat dabei eine besondere Bindung zu zwei Krähen. Hinzu kommt Cael, er identifiziert sich als androgyn, pansexuell und panromantisch. Hat aber ein Problem: Er ist tot und taucht als Geist auf dem Smartphone auf.

Es gibt bereits Filme, die sich dem Thema Geister auf Smartphones widmen, wie beispielsweise „Unfriended“ von 2014, aber die Geschichte orientiert sich eher an „klassischen“ Künsten, die dem Wicca-Kult“ ähneln. Es gibt Rituale mit den vier Elementen, Tarot-Karten, Kräuterbehandlungen und Tiermagie.  

Unterbrochen wurde das Stück durch kleine Choreografien, bei denen die Darstellenden ihre Gedanken zu emotionaler Nähe und Beziehungen ausdrücken.

Die Aufführung bestach nicht so sehr mit dem Gruselfaktor, sondern mit Informationen über queere Lebenswelten. Hier erfuhren die BesucherInnen einiges über nichtbinäre Geschlechteridentitäten, Demiromantik oder der chosen familiy.

Besonders gefiel mir die Bühne, die mit weißen Bannern gefüllt war. Auf diesen Bannern wurden Filme und Bilder projiziert und es gab eine Art Schattentheater.

Auf der Bühne standen Nys (Robyn), Francis Siefer (Sammy), Johanna Angona, Emir Ersoy, Nikola Asif, Lisa und Markus.