5×5 – Projekt zum 25. Geburtstag des Dortmunder Konzerthauses 2027

Unterstützt von der Kulturstiftung unserer Stadt und unter der Schirmherrschaft des NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst ist unter dem Engagement des Gründungsintendanten und Kulturstiftungsvorstand Ulrich Andreas Vogt sowie dem aktuellen Intendanten des Dortmunder Konzerthauses Dr. Raphael von Hoensbroech ein spezielles Projekt in Gang gesetzt worden.



Viele Menschen kennen sicher das große Triptychon für das Komponistenfoyer und die bisher zehn eindrucksvollen Porträts bekannter Persönlichkeiten, so etwa die Geigerin Anne-Sophie Mutter, Leonard Bernstein, Paul Bernhard und andere von ihren Besuchen im Konzerthaus. Sie sind das Werk des Hausmalers Oliver Jordan.

Gerade erst wurde das 20-jährige Bestehen des Hauses gefeiert. Im letzten Jahr entstand die Idee für das Projekt „5 mal 5“. Dr. Raphael von Hoensbroech erklärte beim Pressegespräch, dass da noch etwas nicht vollendet war. Es sollen nun bis 2027, also in 5 Jahren 5 neue Porträts durch den Hausmaler entstehen und ihren Platz im Konzerthaus finden. Es geht um Persönlichkeiten, die für das stehen, was das Konzerthaus in der heutigen Zeit ausmacht und für die aktuelle Entwicklung steht.

Herr Vogt betonte, dass so Geschichte im Foyer erzählt werden. Nun will die Dortmunder Stadtgesellschaft mit „5 mal 5“ durchstarten.

Für das erste neue Porträt ist die international bekannte junge Dirigentin Mirga Gražynitė-Tyla (geb. 1986) vorgesehen.

Um seine eruptiven, mit hohem Risiko entwickelten Porträt-Gemälden erfolgreich bis zum Ende erfolgreich zu gestalten, muss er eine besondere Verbindung zu der Person aufbauen können. Er malt mit vielen Ölfarben-Schichtungen und Spachteltechnik. Inzwischen arbeitet er auch schon mal mit den Händen und Kohlefarbe. Die neuen Porträts werden wohl noch bunter werden.

Natürlich kostet so ein Projekt eine Menge Geld (im unteren sechsstelligen Bereich). Deshalb findet im Westfälischen Industrieclub der Startschuss für das Projekt mit einer Art Spendengala statt. Anmelden kann man sich dafür leider nicht mehr, aber zusätzlich soll es einen Spendenaufruf geben.




Gräfin Mariza – Operette zwischen Traumland und trister Realität

Im Opernhaus Dortmund hatte am 03.12.2022 die Operette „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kálmán (1882 – 1953) unter der Regie von Thomas Enzinger seine Premiere.

Musikalisch begleitet wurde der Abend von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Olivia Lee-Gundermann.



Der auf Operetten spezialisierte Regisseur hat sich auch diesmal wieder etwas Besonderes             für seine Inszenierung einfallen lassen. Gesehen wird die Geschichte mit den Augen eines Kindes (Liselotte Thiele) und ihren Fragen an den Erzähler. Eine große Rolle als atmosphärische Verstärkung trugen die Swings (Elisa Fuganti Pedoni und James Atkins) bei, die die Gesangseinlagen mit ihren Tänzen begleiteten. Außerdem begeisterten bei den Festtänzen und beim Charleston oder „Tabarin Step“ international renommierte Gast-Tänzer das Publikum.

Die Operette spielt in den 1920iger Jahren. Die Monarchie ist Vergangenheit und die Inflation macht auch dem Adel zu schaffen. Der hochverarmte Graf Tassilo arbeitet unter falschem Namen als Verwalter bei der reichen, nach außen lebenslustigen, aber launischen Gräfin Mariza. Sie ist verletzt, weil alle Männer es ja immer nur auf ihr Geld abgesehen haben. Tassilo fühlt sich wiederum erniedrigt und in seinem Stolz gekränkt.  Der Ausgangspunkt für eine Liebesgeschichte zwischen Traumland und Realität, nicht nur für diese beiden Menschen…

Mit vielen Wechsel des Bühnenbildes und schönen Installationen im Hintergrund werden melancholische-sentimentale Stimmungen oder durch das Handeln der Charaktere Wut, Streitereien, Liebe oder Verlustängste hervorgerufen. Mit überhöhter Bildsprache kommen auch Standesdünkel und Arroganz der Großstadt-Besucher und des Adels gegenüber der einfachen Landbevölkerung und den sogenannten „Zigeunern“ dargestellt.

Was wäre diese Operette ohne die temperamentvolle oder melancholische Musik des Komponisten. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das einfühlsame Spiel des Geigers Wojciech Wieczorek. Er durfte immer aufspielen, wenn es den Herrschaften gefiel.

Tanja Christine Kuhn als Gräfin Mariza und Alexander Geller überzeugten mit ihren Stimmen und empathischen Spiel, Christian Pienaar als treuer Diener Tschekko (und Erzähler für das Kind).

Das Komödiantische kam nicht zu kurz. Fritz Steinbrecher als vermeintlicher Verlobte Baron Kolomán Zsupán und Morgan Moody als hartnäckiger Verehrer Fürst Moritz Dragomir Populescu gingen voll Spielfreude und Gesangkunst in ihre dargestellten Persönlichkeiten auf. Soyoon Lee, bekannt eher als ernsthafte Opernsängerin, betrat dagegen als Tassilos etwas liebevoll-naiv-komische Schwester Lisa ein unbekannteres Terrain.

Besonders humorvoll wurde es dann beim letzten Akt mit dem Auftritt von Johanna Schoppa als durch Schönheitschirurgie jung erhaltene reiche Tante und Retterin Tassilos. Ihr armer Kammerdiener, gespielt von Kammersänger Hannes Brock, musste die ihr verloren gegangene Mimik auf der Bühne darstellen. Das tat er mit Vergnügen und Inbrunst.

Nicht zu vergessen ist die grandiose Leistung und Begleitung durch den Opernchor (Theater Dortmund), eistudiert von Fabio Mancini und der Statisterie (Theater Dortmund).

Ein schönes Erlebnis für alle Operettenfreunde.

Infos zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel..0231/50 27 222




Druckgrafik im Künstlerhaus

Sechs Künstler*innen zeigen vom 03. Dezember 2022 bis zum 22. Januar 2023 zeitgenössische Druckgrafik im Dortmunder Künstlerhaus unter dem Titel „The point of truth, beauty and knowledge“. Der Titel stammt aus „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley und ist sicherlich auch eine gute Bescheirbung der Kunst der Druckgrafik. Das Zusammenspiel von Licht und Schatten, der Wechsel von Zwei- zu Dreidimensionalität machen diese Ausstellung sehenswert.



Der englische Künstler Ian Chamberlain ist fasziniert von Menschhand geschaffenen Strukturen, vor allem aus der Nachkriegszeit. Seine präzisen Arbeiten bestechen durch ihren Detailreichtum. In seinen aktuellen Arbeiten geht es viel um „Safe places“, die mit dicken schwarzen Strichen umrahmt werden.

„Ciceros Wahnsinn“ nennt Julienne Jattiot ihre Serie, die aus Buchdruckornamenten in der Gro-er 12pt (Cicero) besteht. Jede Linie, jedes Dreieck, jedes Quadrat wurde per Hand gesetzt und damit ist jedes Bild der Serie ein Unikat.

Fiona Kelly ist eine Landschaftskünstlerin. Die erschafft aus geometrischen Figuren, die Skalenoder, die dem Mineral Cacit nachempfunden sind, modulare Landschaftsbilder. Auf diese Flächen entwirft Fiona Kelly Siebdrucke oder sie benutzt sie als Projektionsfläche für Videos.

Mit der alten Kunst des Mezzotints beschäftigt sich Majla Zeneli. Ihre gezeigten Arbeiten in Schwarz-Weiß ähneln in frappierender Weise Röntgenaufnahmen, während ihre Farbmezzotintodrucke geometrische Motive präsentieren.

In einer Zwischenwelt von organischen und anorganischen Objekten befindet sich die Arbeit von Sosuke Ueta. Geboren in der Präfektur Kagawa sieht er die Welt der östlichen Sicht Japans. Dazu gehören sicherlich auch die Einflüsse der japanischen Pop-Kultur wie Pokémon. Insgesamt strahlt seine Fotoradierung „Shark“ eine starke psychedelische Wirkung aus.

Zwei finnische Impressionen des Japaners Katsutoshi Yuasa zeigt dass Künstlerhaus Dortmund in seiner Ausstellung. Die beiden Holzschnitte stellen einen See in Finnland im Winter und im Sommer dar. Drei weitere abstrakte Arbeiten stellen Texturen in den Mittelpunkt, die durch ihre feine Arbeit dreidimensionale Effekte hervorrufen. Yuasa benutzt für seine Arbeiten zwei Arten von Tinte, darunter die japanische Sumi-Tinte.




Das Großstadtspektakel

Ein Workshop, der aus dem Ruder lief, um zu einem fulminanten Theaterstück unter der der Führung und Regie von Rada Radojčić zu wachsen. Wenn alle Workshops nur so fulminant aus dem Ruder liefen.



Helden und Mut in den Zeiten von Krisen … Aus einem Corona Workshop für Jugendliche erwuchs aus Rollenspielen, als Tiere, der Wunsch ein Stück zu inszenieren, in dem zuerst um Tiere geht … Das Dschungelbuch von Rudyard Kipling bot sich an … Die Interpretation der Kulturbrigaden mit den durchweg jungen Darstellern, keine Profis, aber exzellente Darsteller, transferierte das Stück mit Elementen aus der Disney Chemieküche in einen anderen Dschungel, als den der Autor, kolonial belastet, im Sinn hatte.

Der Großstadtdschungel und seine Gefahren, repräsentiert durch die grellen Neonfarben und zuweilen „punkigen“ Kostümen und Frisuren ist das Feld auf dem sich ein naiv, widerspenstig, trotziger Mowgli, Freya Erdmann und diabolisch, hinterlistiger Shere Khan, Nikke Wächter, duellieren.

Warum sollte bitte nicht eine Frau (XX) einen Mann (XY) darstellen können! Ein „Y“ ist wie ein kaputtes „X“. Man wird also zum Mann durch Mangel an Information … ich wünschte es wäre ein Joke.

Ausgefallen war EINEN Tag vor der Premiere Ida Ettinger, die den Mowgli spielen sollte, weil sie sich mit Covid19 infizierte. Im Laufe EINES Tages wurde umbesetzt, ein neues Kostüm besorgt etc. und Freya Erdmann übernahm das Dschungelkind, ohne, dass es irgendeinem Gast aufgefallen wäre … Eine erstaunliche Leistung! Nebenbei spielte sie den Mowgli fantastisch.

Baghira (Dzaki Radojčić) und Balou (Mika Kuruc) haben mit dem beratungsresistenten Mowgli so ihre Probleme, wie so manche Eltern mit ihren Sprösslingen oder besser Pubertieren.

Und wie bei manchen Pubertieren blitzen auch bei Mowgli Elemente des späteren Erwachsenen durch, die seine Stärke ausmachen.

Mowgli, eigentlich ein Antiheld wird zum Helden des Dschungels mit seinem Sieg über Shere Khan, der wunden leckend abzieht … geschlagen aber nicht überwältigt oder besiegt ist er immer noch eine Gefahr für die Zukunft von Mowgli, der von Baghira und Balou zu dem Menschen, vor denen sie ihn immer und immer gewarnt hatten, gebracht wird. Zu seinem Besseren? Zu seinem Schutz?

Versüßt wird der Übergang in die neue Kultur durch ein Mädchen, in das sich Mowgli verliebt.

Heute, vor allem nach der Flüchtlingskrise von 2015 kann man Mowgli wie einen Flüchtling in ein anderes Land und damit wie Mowgli eine andere Welt sehen. Der Dschungel als Großstadt ist nur allzu offensichtlich, auch wenn Kipling hier den Dschungel des kolonialen indischen Subkontinents sah … das Kronjuwel des Englischen Empire …

Alle Schauspieler haben zu keinem Zeitpunkt den Eindruck von Laien gemacht, im Gegenteil.
Die weiteren Darsteller*innen sind:
Kaa/ Rakscha/ Geier: Anikka Czaia
Oberst Hati/ King Lui: Milena Roganovic
Wolfskind/ Elefantentochter/Affe/ Geier/ Mädchen: Jamie Neumann
Wolfskind/ Elefantenfrau/Affe/ Geier: Hanna Christgen
Wolfskind/ Elefantensohn/Affe: Robin Galik

Die Kulturbrigaden haben ein vielschichtiges und absolut sehenswertes Stück Theater aus dem Ruder gelaufenen Workshop auf die Bühne gestellt.

Mehr Infos unter www.fletch-bizzel.de