Ein besonderer fotografischer Blick auf Indien

In der Städtischen Galerie Dortmund Torhaus Rombergpark gibt die Ausstellung „INDIA“ der Fotokünstlerin Anja Bohnhof (*1974) vom 13.11.2022 bis zum 04.12.2022 Einblick in vier ihrer Projekte, entstanden in den vergangenen zwölf Jahren in Indien zu sehen.



Mit ihrer starken Bildsprache und realistisch-dokumentarischen großformatigen Fotografien ermöglicht sie uns „europäischen“ Menschen, dieses riesige und unbekannte Land mit anderen Augen zu sehen. Dabei arbeitete Bohnhof immer mit viel Respekt vor den Persönlichkeiten vor ihrer Kamera. Die Fotografie regen zum Nachdenken, geben Raum für eigene Gedanken und weit über Indien hinausgehende gesellschaftliche Kritikpunkte.

Die Künstlerin arbeitet viel mit improvisierten oder mobilen Fotostudios.

Auszüge aus dem Projekt „BOOKS FOR SALE (2009)“ zeigen eindrucksvoll das große Verlagshandelszentrum rund um das Universitätsviertel in Kolkata (Kalkutta). Obwohl Indien drittgrößter Softwareexporteur ist, ist die Liebe zum Lesen und zum Buch dort groß.

Das Projekt „KRISHAK (2018)“zeigt Kleinbauern, die auf kleinsten Flächen den größten Teil aller Lebensmittel produzieren. Dies steht im Kontrast zur parallel laufenden Entwicklung immer größerer, energie- und rohstoffintensiver Bewirtschaftungsformen.

Bekannt sind in Indien beliebten „Daily Soaps“. Sie werden in den „Set Constructions“ in den Filmstudios produziert. Darin Einblick bietet das Projekt „DAILY CONSTRUCTIONS (2015)“. Es zeigt den „Lifestyletrend“ in der Mittel- und Oberschicht Indiens.

Das Projekt „BAHAK (2012) zeigt das harte Leben der Lastenträger und Tagelöhner aber auch den Stolz dieser Menschen, die Anja Bohnhof mit Hilfe eines improvisierten Studios aufgenommen hat.

Am Herzen liegt der Künstlerin aber ihr Langzeitprojekt über Lebens- und Wirkstationen Mahatma Gandhis, vor allem sein Weg des passiven Wiederstands.

Eine spannende Fotoausstellung mit einem diversen Blick auf das große südasiatische Land.

Die Vernissage findet am Sonntag, den 13.11.2022 um 11.00 Uhr im Torhaus Rombergpark statt.




Dortmunder Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert

Die Schauspielerin, Kabarettistin und Autorin Uta Rotermund gastierte am 06.11.2022 im Fletch Bizzel (Dortmund) mit ihrem neuen Programm „Dieser Mensch war ich“. Es ist kein gewöhnliches Kabarettprogramm, wie man es von ihr sonst kennt.



Inspiriert wurde sie unter anderen durch ihre Tätigkeit als Trauerrednerin in letzter Zeit. Viele Gespräche mit Menschen vor allem im Dortmunder Kreuzviertel bildeten die programmatische Grundlage. Rotermund selbst kennt das Viertel wegen ihrer eigenen Lebensgeschichte sehr gut.

Das zum größten Teil ältere Publikum brachte seine eigenen Erinnerungen an vergangene Zeiten in unserer Stadt ins Fletch Bizzel.

Uta Rotermund schlüpfte in die Rolle der über 90 Jahre alten Angelika, die eigentlich schon tot ist und samt Urne die Bühne betritt.

Sie blickt auf fast das ganze 20. Jahrhundert in ihrer Heimatstadt Dortmund zurück. Dabei erzählt sie ihre persönliche Geschichte und die ihrer Familie im Kontext der damaligen gesellschaftspolitischen Bedingungen. Kriegsgrauen des Zweiten Weltkriegs, Einfluss der katholischen Kirche, Wiederaufbau, der Errichtung der Mauer usw. sowie deren Einfluss auf die Menschen. Mit ein wenig Wehmut berichtet sie von dem alten Kolonialwarenladen, der Bäckerei Feldkamp sowie anderen kleinen Geschäften, die es nicht mehr gibt. Auch der Kampf starker Frauen um ihre Rechte wird teils humorvoll-ironisch thematisiert.

Wie alle Menschen stellt sich Angelika wichtige existentielle Fragen: Was bleibt von meinem Leben? Was wäre aus mir unter anderen Bedingungen und zu anderen Zeiten geworden? Was ist der Sinn des Lebens?

Ihre Antwort darauf: Unser Leben hat nur den Sinn, den wir ihm selber geben. Das ist manchmal anstrengend und erfordert Stärke und Kraft.

Es ist Zufall, in welche Zeit, Ort oder unter welchen Verhältnissen wir geboren werden. Das Beste aus seinen Lebensmöglichkeiten zu machen, darauf kommt es an. Wichtig ist, wenn möglich, die glücklichen Momente auch bewusst zu genießen und mit Mut auch neue Wege zu gehen.

Insgesamt vier großformatige Familienbilder oder Porträts bilden den Bühnenhintergrund. Sie dienen sowohl als persönlicher wie geschichtlicher Rückblick in ein vergangenes Jahrhundert.

Ein nachdenkliches, manchmal auch witzig-ironisches Solo-Programm über eine Frau, die ihre Geschichte mit vielen Frauen ihrer Generation im Ruhrgebiet teilt.




La Juive – Wenn Hass auf eine Minderheit zur Katastrophe führt

Opernpremiere mit Hindernissen. Eigentlich sollte die Premiere von „La Juive“ am 06. November 2022 schon um 18 Uhr beginnen, doch nachdem ein Sänger kurzfristig erkrankt war, musste sein Ersatz Denis Velev aus Paris nach Dortmund kommen. Die Autofahrt schaffte er in guter Zeit, so dass er 19:15 Uhr in Dortmund ankam und die Oper um 19:45 Uhr anfangen konnte. Nach so viel Aufregung konnten sich die Zuschauer*innen auf die Musik und die ebenso aufregende Oper „La Juive“ konzentrieren.  



Die Oper, uraufgeführt am 23. Februar 1835, hat leider immer noch ein aktuelles Hauptthema: Den Antisemitismus. Es spielt in Konstanz, zu Beginn des Konstanzer Konzils (1414). Der Juwelier Éléazar und seine Tochter Rachel geraten als Juden in den Fokus der judenhassenden Gesellschaft des Spätmittelalters. Éléazar arbeitet an einem christlichen Feiertag und seine Tochter Rachel will sich mit dem Christen Léopold verheiraten. Léopold fällt aber kurz vorher noch ein, dass er eigentlich mit Prinzessin Eudoxie, der Nichte von Kaiser Sigismund, verbandelt ist. Eine Verbindung zwischen Juden und Christen ist in der damaligen Zeit mit dem Tod bedroht. Eine weitere Rolle spielt der Kardinal de Brogni, der nachdem er Frau und Tochter verloren hat, sein Leben der Kirche gewidmet hat. Der Kardinal hat allerdings die beiden Söhne von Éléazar auf dem Gewissen, dafür will sich der Juwelier rächen. Denn die Tochter von de Brogni lebt und wer Opern kennt, wird vielleicht schon ahnen, wer seine Tochter ist.

Der Komponist Fromental Halévy war selbst Jude und zeigt in seiner bekanntesten Oper (er hat etwa 40 Opern komponiert) „La Juive“ die hässliche Fratze des Antisemitismus, die auch zu seinen Lebzeiten (1799-1862) nicht ausgerottet war und auch heute leider immer noch präsent ist.

Musikalisch ist „La Juive“ ein Meilenstein der Grand Opera und wurde zurecht von Gustav Mahler oder Richard Wagner hoch gelobt. In den dreieinhalb Stunden schwelgt die Musik, wird dramatisch und hat wundervolle Arien. Damit können die Sänger*innen glänzen wie Barbara Senator (Rachel), Mirko Roschkowski (Éléazar), Sungho Kim (Léopold) und natürlich Denis Velev (de Brogni). Unterstützt wurden die Akteure auf der Bühne von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Philipp Armbruster.

Der Regisseur Sybrand van der Werf inszenierte „La Juive“ in einem zeitgenössischen Setting, es gab also keine mittelalterlichen Kostüme, die auch besser auf dem Dortmunder Hansemarkt gepasst hätten. Die moderne Inszenierung sollte wohl auch darlegen, dass Antisemitismus kein historisches Phänomen ist, sondern immer noch in der heutigen Gesellschaft präsent ist.

Etwas historisch wurde es dennoch, als „Kampfszenen“ als schwarz-weiß Film auf die Leinwand projiziert wurden, der Film hatte etwas von „als die Bilder laufen lernten“.

Auch die Bühne war zweckmäßig modern, schön war die Szene im Garten der kaiserlichen Residenz, bei der die Bühne wie eine Gartenparty gestylt war, geschmückt mit einem riesigen Ball aus Blumen. „La Juive“ stand ja bis zur Zeit des Nationalsozialismus in München und Wien öfter auf dem Spielplan. John Dew hat die Oper 1994 bereits nach Dortmund gebracht. Vielleicht wird sie an dem Ort, wo sich früher die Alte Synagoge befand, öfters gespielt. Ein Besuch der aktuellen Inszenierung lohnt sich auf jeden Fall.